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Lokales
Nach 41 Jahren und 89 Prozessen wegen eines profitablen Patent-Raubs:
Ein BAYER-Mann packt aus
Von Jan Pehrke und Peter Kleinert
Bei Süllhöfers Erfindung handelt es sich um eine Maschine zur Herstellung von Isolierplatten aus Polyurethan-Hartschaum, die er Mitte der 60er Jahre BAYER zum Kauf angeboten hatte. Der Chemie-Multi lehnte ab, ließ die Süllhöfer-Erfindung aber nachbauen und machte damit Milliarden-Umsätze, weil die Bauindustrie über die nun schnell, preiswert und präzise hergestellten Dämmplatten begeistert war.
Der erste Prozess
Süllhöfer ging wegen der Patent-Verletzung vor Gericht. Der erste Prozess endete mit einem Vergleich. Er sollte BAYER die Nutzung der Platten-Maschine überlassen und dafür Lizenz- Gebühren erhalten. Davon sah er allerdings nicht viel. Der Multi mogelte sich um die fälligen Zahlungen herum, indem er Unterlizenzen an andere Firmen vergab und diese mit deren Bestellungen von BAYER-Rohstoffen verrechnete. Süllhöfer reichte weitere Klagen ein, die ihm bisher nach eigenen Angaben etwa 15 Millionen Euro Prozesskosten einbrachten – peanuts im Vergleich zu den 500 Millionen, die der Konzern ihm schulde.
Längst verjährt?
Im Jahr 2002 schließlich untersagte das Oberlandesgericht Düsseldorf BAYER, weiter zu behaupten, dass Süllhöfer die Maschine nicht erfunden habe und stellte so immerhin seine Erfinder-Ehre wieder her. Den geforderten Schadensersatz wollten die Richter ihm damals aber noch nicht zugestehen. Um den geht es in einem Prozess, der im Januar 2008 vor dem Düsseldorfer Landgericht begann. Doch weil die Rechtsstreitigkeiten schon so viele Jahre dauern und immer mal wieder unterbrochen wurden, sind viele Unterlagen „ordnungsgemäß“ vernichtet worden. Deshalb will Süllhöfer durch diese Klage erreichen, dass BAYER aufdeckt, an wie viele Firmen man das Verfahren weitergegeben hat. Nur so könne er seinen Schadensersatzanspruch richtig beziffern. Die Vorsitzende Richterin Ulrike Voss verteilte Arbeitsaufträge an Süllhöfer und BAYER-Anwalt und Justiziar Joachim Strauß, der das Verfahren für den Konzern seit 22 Jahren führt, und vertagte eine Entscheidung. Selbst wenn das Gericht Süllhöfers Ansprüche eines Tages für begründet halten sollte, so der BAYER-Anwalt (der natürlich auch Vorstandsmitglied und Justiziar beim TSV Bayer 04 Leverkusen ist) zur Presse, wären diese doch längst verjährt.
Und nun die anonyme Post mit den geheimen BAYER-Unterlagen. „Ich habe gelesen, dass Sie wieder gegen BAYER prozessieren. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg, denn ich bin sicher, dass man Ihnen Unrecht getan hat" - mit diesen Worten beginnt der seine Identität nicht preisgebende Ehemalige des Leverkusener Multis sein Schreiben an Heinz Süllhöfer. Mit welch schmutzigen Tricks BAYER den heute 82jährigen im Laufe der Verfahren um die Früchte seiner Arbeit brachte, zeigen die von ihm beigefügten Dokumente. So befinden sich unter ihnen Angebotslisten mit detaillierten Beschreibungen der Maschine, die die BAYER-Tochterfirma HENNECKE ab 1964 an Firmen im In- und Ausland geliefert hatte und mit der der BAYER-Patentanspruch begründet wird. Nur entsprechen diese Maschinen weder der Konstruktionszeichnung noch sind sie baugleich mit der Süllhöfer-Erfindung, die 1965 zum Patent angemeldet wurde.
„Durchgehender Prozessbetrug“
Offenbar hatte der Chemie-Riese für die von HENNECKE vertriebene, der Süllhöfer-Maschine zwar ähnliche, technisch aber weit unterlegene Maschine Millionenverluste durch weg brechende Verkäufe und Lizenz-Einnahmen befürchtet, deshalb dessen Erfindung schließlich für sich reklamiert und zum Beweis eine Konstruktionszeichnung nebst dazu passender Anlage aus dem Hut gezogen.
Die nun ans Licht gebrachten Unterlagen beweisen: Wo Süllhöfers Maschine am Rand einen Spalt aufwies, um zu verhindern, dass das die Kunststoffplatten umgebende Kaschiermaterial während des Herstellungsprozesses Falten wirft, weisen die HENNECKE-Apparaturen eine geschlossene Seitenabdichtung auf. Einen Spalt wie bei Süllhövers Patent steht nur auf dem Papier einer von BAYER als Beweis in die Verfahren eingebrachten HENNECKE-„Werkstattzeichnung 13/465.02“. Und dies lässt nur einen Schluss zu: Er wurde nachträglich eingefügt, um die Anlage der Süllhöfer-Konstruktion anzugleichen und so vor Gericht die Vornutzung zu beweisen. Süllhöfers Kommentar: „Der zeichnerisch mit arglistiger Täuschung einer Vorbenutzung dargestellte Spalt in der manipulierten Werkstattzeichnung 13/465.02 vom 2. 6. 1965 ist von 1967 bis heute ein durchgehender Prozessbetrug."
Selbst der BAYER-Anwalt hat Zweifel
Dem Global Player BAYER selbst erschien dies schließlich offenbar auch zu heikel. Darum machte der Konzern für die Zeichnung bei späteren Gerichtsterminen eine neue Maschine passend - die kleinere Maße aufweisende 63er DTG-Anlage. BAYERs Justiziar und Anwalt Joachim Strauss hatte den nun vorliegenden Unterlagen zufolge allerdings arge Bedenken, ob sich diese Beweisführung als gerichtsfest erweisen würde. „Die informatorische Anhörung der ggf. als Zeugen zu benennenden HENNECKE-Mitarbeiter erweckt bei mir Zweifel, ob der Umbau der 63er DTG-Anlage wirklich entspr. der für mich nicht eindeutig zuordenbaren Werkstattzeichnungen erfolgt ist", schrieb er in einem Memo mit „vertraulich"-Vermerk. Abschließend resümierte der Jurist: „Die weitere Befragung/Vorbereitung unserer Zeugen auf Basis der Werkstattzeichnungen halte ich für äußerst riskant". Er sah sich deshalb zu der „dringenden Empfehlung" veranlasst, eine andere Prozess-Strategie zu wählen.
Doch die Chef-Etage befolgte seinen Rat nicht, weshalb Strauss Zweifel Zweifel sein ließ und die HENNECKE-Beschäftigten doch auf Basis der heiklen Konstruktionszeichnungen „vorbereitete". Mit Erfolg, denn die Zeugen überzeugten das Gericht 1984, aber nicht mit rechten Dingen, wie die jetzt vorliegenden Akten zeigen. Für Süllhöfer steht nach der Lektüre der geheimen Aufzeichnungen fest, „dass Strauss für den BAYER-Konzern einen Meineid initiierte". Einen nicht unwesentlichen Beitrag zum Gelingen seiner Prozessführung dürften dabei auch die gutnachbarschaftlichen Beziehungen geleistet haben, die Strauss zu dem von 1981 bis 2004 mit dem „Fall Süllhöfer" befassten Richter Gisbert Steinacker unterhielt.
Prozess Nummer 90
„So was haben die mit mir gemacht", entfährt es Heinz Süllhöfer einmal kopfschüttelnd beim Studium der brisanten Dokumente in seinem Düsseldorfer Bungalow. Aber er hält nicht lange inne, obwohl er allen Grund hätte zu resignieren, denn der Konflikt mit BAYER hat ihn fast sein gesamtes Vermögen und einen Gutteil seiner Gesundheit gekostet. Nach kurzer Zeit vertieft er sich wieder in die Akten-Berge, die sich während der 89 Prozesse in 41 Jahren aufgetürmt haben, und bereitet jetzt Prozess Nr. 90 vor.
Wahrscheinlich jetzt nicht allzu glücklich – Werner Wenning
Quelle: www.cbgnetwork.org
Genau das war offensichtlich auch das Anliegen des unbekannten Absenders. „Hoffentlich bekommen Sie endlich ihr Recht", schließt sein Anschreiben. Er hat dafür durch seine Post einige Vorarbeit geleistet – ähnlich wie der Mann, der die superreichen Steuerflüchtlinge enttarnte, die ihr Geld bei der Liechtensteinischen Landesbank profitabel angelegt hatten. BAYERs Vorstandsvorsitzender Werner Wenning wird jedenfalls nicht allzu glücklich darüber sein. (PK)
Online-Flyer Nr. 165 vom 24.09.2008
Nach 41 Jahren und 89 Prozessen wegen eines profitablen Patent-Raubs:
Ein BAYER-Mann packt aus
Von Jan Pehrke und Peter Kleinert
Bei Süllhöfers Erfindung handelt es sich um eine Maschine zur Herstellung von Isolierplatten aus Polyurethan-Hartschaum, die er Mitte der 60er Jahre BAYER zum Kauf angeboten hatte. Der Chemie-Multi lehnte ab, ließ die Süllhöfer-Erfindung aber nachbauen und machte damit Milliarden-Umsätze, weil die Bauindustrie über die nun schnell, preiswert und präzise hergestellten Dämmplatten begeistert war.
Der erste Prozess
Süllhöfer ging wegen der Patent-Verletzung vor Gericht. Der erste Prozess endete mit einem Vergleich. Er sollte BAYER die Nutzung der Platten-Maschine überlassen und dafür Lizenz- Gebühren erhalten. Davon sah er allerdings nicht viel. Der Multi mogelte sich um die fälligen Zahlungen herum, indem er Unterlizenzen an andere Firmen vergab und diese mit deren Bestellungen von BAYER-Rohstoffen verrechnete. Süllhöfer reichte weitere Klagen ein, die ihm bisher nach eigenen Angaben etwa 15 Millionen Euro Prozesskosten einbrachten – peanuts im Vergleich zu den 500 Millionen, die der Konzern ihm schulde.
Längst verjährt?
Im Jahr 2002 schließlich untersagte das Oberlandesgericht Düsseldorf BAYER, weiter zu behaupten, dass Süllhöfer die Maschine nicht erfunden habe und stellte so immerhin seine Erfinder-Ehre wieder her. Den geforderten Schadensersatz wollten die Richter ihm damals aber noch nicht zugestehen. Um den geht es in einem Prozess, der im Januar 2008 vor dem Düsseldorfer Landgericht begann. Doch weil die Rechtsstreitigkeiten schon so viele Jahre dauern und immer mal wieder unterbrochen wurden, sind viele Unterlagen „ordnungsgemäß“ vernichtet worden. Deshalb will Süllhöfer durch diese Klage erreichen, dass BAYER aufdeckt, an wie viele Firmen man das Verfahren weitergegeben hat. Nur so könne er seinen Schadensersatzanspruch richtig beziffern. Die Vorsitzende Richterin Ulrike Voss verteilte Arbeitsaufträge an Süllhöfer und BAYER-Anwalt und Justiziar Joachim Strauß, der das Verfahren für den Konzern seit 22 Jahren führt, und vertagte eine Entscheidung. Selbst wenn das Gericht Süllhöfers Ansprüche eines Tages für begründet halten sollte, so der BAYER-Anwalt (der natürlich auch Vorstandsmitglied und Justiziar beim TSV Bayer 04 Leverkusen ist) zur Presse, wären diese doch längst verjährt.
Und nun die anonyme Post mit den geheimen BAYER-Unterlagen. „Ich habe gelesen, dass Sie wieder gegen BAYER prozessieren. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg, denn ich bin sicher, dass man Ihnen Unrecht getan hat" - mit diesen Worten beginnt der seine Identität nicht preisgebende Ehemalige des Leverkusener Multis sein Schreiben an Heinz Süllhöfer. Mit welch schmutzigen Tricks BAYER den heute 82jährigen im Laufe der Verfahren um die Früchte seiner Arbeit brachte, zeigen die von ihm beigefügten Dokumente. So befinden sich unter ihnen Angebotslisten mit detaillierten Beschreibungen der Maschine, die die BAYER-Tochterfirma HENNECKE ab 1964 an Firmen im In- und Ausland geliefert hatte und mit der der BAYER-Patentanspruch begründet wird. Nur entsprechen diese Maschinen weder der Konstruktionszeichnung noch sind sie baugleich mit der Süllhöfer-Erfindung, die 1965 zum Patent angemeldet wurde.
„Durchgehender Prozessbetrug“
Offenbar hatte der Chemie-Riese für die von HENNECKE vertriebene, der Süllhöfer-Maschine zwar ähnliche, technisch aber weit unterlegene Maschine Millionenverluste durch weg brechende Verkäufe und Lizenz-Einnahmen befürchtet, deshalb dessen Erfindung schließlich für sich reklamiert und zum Beweis eine Konstruktionszeichnung nebst dazu passender Anlage aus dem Hut gezogen.
Die nun ans Licht gebrachten Unterlagen beweisen: Wo Süllhöfers Maschine am Rand einen Spalt aufwies, um zu verhindern, dass das die Kunststoffplatten umgebende Kaschiermaterial während des Herstellungsprozesses Falten wirft, weisen die HENNECKE-Apparaturen eine geschlossene Seitenabdichtung auf. Einen Spalt wie bei Süllhövers Patent steht nur auf dem Papier einer von BAYER als Beweis in die Verfahren eingebrachten HENNECKE-„Werkstattzeichnung 13/465.02“. Und dies lässt nur einen Schluss zu: Er wurde nachträglich eingefügt, um die Anlage der Süllhöfer-Konstruktion anzugleichen und so vor Gericht die Vornutzung zu beweisen. Süllhöfers Kommentar: „Der zeichnerisch mit arglistiger Täuschung einer Vorbenutzung dargestellte Spalt in der manipulierten Werkstattzeichnung 13/465.02 vom 2. 6. 1965 ist von 1967 bis heute ein durchgehender Prozessbetrug."
Selbst der BAYER-Anwalt hat Zweifel
Dem Global Player BAYER selbst erschien dies schließlich offenbar auch zu heikel. Darum machte der Konzern für die Zeichnung bei späteren Gerichtsterminen eine neue Maschine passend - die kleinere Maße aufweisende 63er DTG-Anlage. BAYERs Justiziar und Anwalt Joachim Strauss hatte den nun vorliegenden Unterlagen zufolge allerdings arge Bedenken, ob sich diese Beweisführung als gerichtsfest erweisen würde. „Die informatorische Anhörung der ggf. als Zeugen zu benennenden HENNECKE-Mitarbeiter erweckt bei mir Zweifel, ob der Umbau der 63er DTG-Anlage wirklich entspr. der für mich nicht eindeutig zuordenbaren Werkstattzeichnungen erfolgt ist", schrieb er in einem Memo mit „vertraulich"-Vermerk. Abschließend resümierte der Jurist: „Die weitere Befragung/Vorbereitung unserer Zeugen auf Basis der Werkstattzeichnungen halte ich für äußerst riskant". Er sah sich deshalb zu der „dringenden Empfehlung" veranlasst, eine andere Prozess-Strategie zu wählen.
Doch die Chef-Etage befolgte seinen Rat nicht, weshalb Strauss Zweifel Zweifel sein ließ und die HENNECKE-Beschäftigten doch auf Basis der heiklen Konstruktionszeichnungen „vorbereitete". Mit Erfolg, denn die Zeugen überzeugten das Gericht 1984, aber nicht mit rechten Dingen, wie die jetzt vorliegenden Akten zeigen. Für Süllhöfer steht nach der Lektüre der geheimen Aufzeichnungen fest, „dass Strauss für den BAYER-Konzern einen Meineid initiierte". Einen nicht unwesentlichen Beitrag zum Gelingen seiner Prozessführung dürften dabei auch die gutnachbarschaftlichen Beziehungen geleistet haben, die Strauss zu dem von 1981 bis 2004 mit dem „Fall Süllhöfer" befassten Richter Gisbert Steinacker unterhielt.
Prozess Nummer 90
„So was haben die mit mir gemacht", entfährt es Heinz Süllhöfer einmal kopfschüttelnd beim Studium der brisanten Dokumente in seinem Düsseldorfer Bungalow. Aber er hält nicht lange inne, obwohl er allen Grund hätte zu resignieren, denn der Konflikt mit BAYER hat ihn fast sein gesamtes Vermögen und einen Gutteil seiner Gesundheit gekostet. Nach kurzer Zeit vertieft er sich wieder in die Akten-Berge, die sich während der 89 Prozesse in 41 Jahren aufgetürmt haben, und bereitet jetzt Prozess Nr. 90 vor.
Wahrscheinlich jetzt nicht allzu glücklich – Werner Wenning
Quelle: www.cbgnetwork.org
Genau das war offensichtlich auch das Anliegen des unbekannten Absenders. „Hoffentlich bekommen Sie endlich ihr Recht", schließt sein Anschreiben. Er hat dafür durch seine Post einige Vorarbeit geleistet – ähnlich wie der Mann, der die superreichen Steuerflüchtlinge enttarnte, die ihr Geld bei der Liechtensteinischen Landesbank profitabel angelegt hatten. BAYERs Vorstandsvorsitzender Werner Wenning wird jedenfalls nicht allzu glücklich darüber sein. (PK)
Online-Flyer Nr. 165 vom 24.09.2008