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Literatur
„Verdunklungsgefahr“ Lesung der DGB-Jugend, NRhZ und Autoren des VS
„Vogelsang“
Von Thomas Geduhn
Hetze gegen Migrantinnen und Migranten, Muslime, Flüchtlinge und andere Minderheiten oder andere Benachteiligte ist wieder salonfähig geworden, in einem Deutschland, dessen Bewusstsein sozial erstarrt ist. In Köln bezogen unlängst Zehntausende mutig gegen eine rechtsextreme (selbsternannte) „Bürgerbewegung“ Position und verhinderten den Aufmarsch weniger hundert europäischer Rechtsradikaler, die dem Aufruf von „Pro Köln“ gefolgt waren.
Turm der NS-„Ordensburg“ Vogelsang [1]
Foto: Dikus
Doch, wie kann man nachhaltig Bewusstsein schaffen? Das fragten sich auch Mitglieder des Verbands deutscher Schriftstellerinnen und Schriftsteller (VS) und der DGB-Jugend aus Köln und antworteten mit einer Lesung.
Unter dem Titel „Verdunkelungsgefahr“ und in Kooperation mit der NRhZ lesen am Donnerstag, den 11. Dezember 2008 Adriana Stern, Karl Feldkamp, Karl C. Fischer, Thomas Geduhn und Ulla Klomp, begleitet mit Moderationen und Liedern von Nikolaus Gatter im Kölner DGB Haus Texte gegen rechts. Als Vorgeschmack veröffentlichen wir in den kommenden Ausgaben einige im Vorfeld:
„Vogelsang“
Wandelgänge, ewig lang,
Lebensborn und Ordensburg
eine Generation an der Mauer zerschellt
– ohne Selbstzweifel – uns gehört die Welt,
wir Heiden-Religiöse am Fackelzug
wir ruchlos Gläubige, wir unbedarften Eckzahnträger,
Hand in Hand in braun und schwarz gewandet
Eine Wolkenwüste wellt den Himmel
zu grauem Lebensteig
er zieht sich und er streckt sich, so als wollte er dem entfliehen
was er mit ansehen muss, die Elite dereinst
und ihr Vermächtnis handverlesen,
schwillt ihr das Glück der Tugend
ohne Erbarmen aus jeder Pore
Vor einem Dunkelwald ragt ein Turm
mehr als nur ein massives Rechteck,
vielmehr Gewaltquader hinauf zum Himmel,
stellt Ansprüche an die Ewigkeit
eine Koalition aus weiter Schneefläche und
steingewordenen Idealen
grau-braun-rot
Fenster überall und Fassaden
machtverheißend
Kameraden in den Gebäuden der Selbstgerechtigkeit
sie schwirren herum und schwitzen Substanzen
der Überlegenheit
und ihre Selbstgefälligkeit aus
gehen zum Schwimmen in den alten See
Größer sollte es werden, sollte weiter wachsen
Die baumlosen Höhen verdeckt, der See verschwunden
so war es gedacht
noch ein Geschwister in grau-braun-rot
der Dom zu Köln nur halb so hoch
wie dies Geschwister lang
seine Höhe miss in einhundert Metern
doch keinem ward bang
Dann rauschten, mit schrillem Schrei,
Wildgänse durch die Nacht
dann war die Welt voll Morden,
in Süd, in West, in Ost und Norden
wir sind der Furor, das wütende Rasen,
wir gut erlernt, wir unbedarften Horden
ein Spalt im Himmel zeigt sich,
wirft sein Licht auf dunkelgrüne Moose
keiner hört das Knochenklappern so,
wir, stolz erhobenen Hauptes
Ihr seid die Fackelträger der Nation,
ihr tragt das Licht des Geistes,
ihr, die Zivilisation im Kampf für mehr als tausend Jahre,
voran voran
Ach: was wäre der Mensch ohne Ritual, ohne Opferschüssel,
geliebter Thanatos
Wir schlafen nur, wir werden nur aus diesem Schlaf gerissen,
wir reißen
Und schlafen uns hinweg, wir schlafen in einem fort – nur fort – fort – fort ...
© Thomas Geduhn
[1] Anm. der Red. Titel und Bild verweisen auf die NS-„Ordensburg" Vogelsang bei Gmünd in der Eifel, die als Kaderschmiede der Nazis fungierte.
Zum gleichen Zeitpunkt startet auch „Linksschreibung“, ein Schreibwettbewerb der NRhZ zum gleichen Thema: Wir wollen junge Menschen ermutigen, ihre Gedanken auszudrücken, zu Rechtsradikalismus, Diskriminierung, Hetze gegen Minderheiten oder positiv zur Vielfalt der Menschen und ihrer Bedürfnisse, für die Wahrung ihrer Rechte und Verwirklichung ihrer Chancen. Ihr dürft alles schicken, vom Gedicht, Lied, der Text-Collage, über Kurzgeschichten, Novellen, Romane, Theaterstücke, Hörspiele, Videos bis zu experimentellen Texten. Alle Texte, die der Redaktion gefallen, werden veröffentlicht, die besten drei erhalten einen Lyrikband mit Illustrationen. (CH)
Online-Flyer Nr. 173 vom 19.11.2008
„Verdunklungsgefahr“ Lesung der DGB-Jugend, NRhZ und Autoren des VS
„Vogelsang“
Von Thomas Geduhn
Hetze gegen Migrantinnen und Migranten, Muslime, Flüchtlinge und andere Minderheiten oder andere Benachteiligte ist wieder salonfähig geworden, in einem Deutschland, dessen Bewusstsein sozial erstarrt ist. In Köln bezogen unlängst Zehntausende mutig gegen eine rechtsextreme (selbsternannte) „Bürgerbewegung“ Position und verhinderten den Aufmarsch weniger hundert europäischer Rechtsradikaler, die dem Aufruf von „Pro Köln“ gefolgt waren.

Turm der NS-„Ordensburg“ Vogelsang [1]
Foto: Dikus
Unter dem Titel „Verdunkelungsgefahr“ und in Kooperation mit der NRhZ lesen am Donnerstag, den 11. Dezember 2008 Adriana Stern, Karl Feldkamp, Karl C. Fischer, Thomas Geduhn und Ulla Klomp, begleitet mit Moderationen und Liedern von Nikolaus Gatter im Kölner DGB Haus Texte gegen rechts. Als Vorgeschmack veröffentlichen wir in den kommenden Ausgaben einige im Vorfeld:
„Vogelsang“
Wandelgänge, ewig lang,
Lebensborn und Ordensburg
eine Generation an der Mauer zerschellt
– ohne Selbstzweifel – uns gehört die Welt,
wir Heiden-Religiöse am Fackelzug
wir ruchlos Gläubige, wir unbedarften Eckzahnträger,
Hand in Hand in braun und schwarz gewandet
Eine Wolkenwüste wellt den Himmel
zu grauem Lebensteig
er zieht sich und er streckt sich, so als wollte er dem entfliehen
was er mit ansehen muss, die Elite dereinst
und ihr Vermächtnis handverlesen,
schwillt ihr das Glück der Tugend
ohne Erbarmen aus jeder Pore
Vor einem Dunkelwald ragt ein Turm
mehr als nur ein massives Rechteck,
vielmehr Gewaltquader hinauf zum Himmel,
stellt Ansprüche an die Ewigkeit
eine Koalition aus weiter Schneefläche und
steingewordenen Idealen
grau-braun-rot
Fenster überall und Fassaden
machtverheißend
Kameraden in den Gebäuden der Selbstgerechtigkeit
sie schwirren herum und schwitzen Substanzen
der Überlegenheit
und ihre Selbstgefälligkeit aus
gehen zum Schwimmen in den alten See
Größer sollte es werden, sollte weiter wachsen
Die baumlosen Höhen verdeckt, der See verschwunden
so war es gedacht
noch ein Geschwister in grau-braun-rot
der Dom zu Köln nur halb so hoch
wie dies Geschwister lang
seine Höhe miss in einhundert Metern
doch keinem ward bang
Dann rauschten, mit schrillem Schrei,
Wildgänse durch die Nacht
dann war die Welt voll Morden,
in Süd, in West, in Ost und Norden
wir sind der Furor, das wütende Rasen,
wir gut erlernt, wir unbedarften Horden
ein Spalt im Himmel zeigt sich,
wirft sein Licht auf dunkelgrüne Moose
keiner hört das Knochenklappern so,
wir, stolz erhobenen Hauptes
Ihr seid die Fackelträger der Nation,
ihr tragt das Licht des Geistes,
ihr, die Zivilisation im Kampf für mehr als tausend Jahre,
voran voran
Ach: was wäre der Mensch ohne Ritual, ohne Opferschüssel,
geliebter Thanatos
Wir schlafen nur, wir werden nur aus diesem Schlaf gerissen,
wir reißen
Und schlafen uns hinweg, wir schlafen in einem fort – nur fort – fort – fort ...
© Thomas Geduhn
[1] Anm. der Red. Titel und Bild verweisen auf die NS-„Ordensburg" Vogelsang bei Gmünd in der Eifel, die als Kaderschmiede der Nazis fungierte.
Zum gleichen Zeitpunkt startet auch „Linksschreibung“, ein Schreibwettbewerb der NRhZ zum gleichen Thema: Wir wollen junge Menschen ermutigen, ihre Gedanken auszudrücken, zu Rechtsradikalismus, Diskriminierung, Hetze gegen Minderheiten oder positiv zur Vielfalt der Menschen und ihrer Bedürfnisse, für die Wahrung ihrer Rechte und Verwirklichung ihrer Chancen. Ihr dürft alles schicken, vom Gedicht, Lied, der Text-Collage, über Kurzgeschichten, Novellen, Romane, Theaterstücke, Hörspiele, Videos bis zu experimentellen Texten. Alle Texte, die der Redaktion gefallen, werden veröffentlicht, die besten drei erhalten einen Lyrikband mit Illustrationen. (CH)
Online-Flyer Nr. 173 vom 19.11.2008