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Kritik an den Zuständen in Frankreichs Strafvollzug
Kein vorbildlicher Moralapostel
Von Uwe Karsten Petersen
Aus diesem Grund verwundert es nicht, wenn der französische Justizminister Pascal Clément die in dieser Wocheerneut formulierten Anschuldigungendes Europarates bezüglich der Situation in französischen Gefängnissen und Polizeikommissariaten empört als "ungerecht" zurückgewiesen hat. Die Reaktion des Ministers täuscht aber nicht über die Tatsache hinweg, dass bereits verschiedene Untersuchungsausschüsse des Parlamentes die unannehmbaren Zustände in den französischen Strafvollzugsanstalten und Polizeigebäuden hervorgehoben und gerügt haben. Um die weitere Trübung des Ansehens Frankreichs zu vermeiden, haben sie prompt energische einschlägige Maßnahmen verlangt.
Die Versicherung von Minister Clément, bis 2010 dieser Aufforderung Rechnung zu tragen, dürfte aber kaum ausreichen, um die Pessimisten zu überzeugen. Die Gesamtkriminalität nimmt unverändert zu. Die inzwischen misstrauisch gewordene Bevölkerung will sich von den Erfolgsmeldungen bezüglich der Verbrechensbekämpfung nichtberuhigen lassen. Sie und die Politikerkaste wissen aus Erfahrung, dass Statistiken manipulierbar sind und gemäß den jeweiligen Interessen auch "korrigiert" werden. Polizei und Justizmüssen sichdaherauf eine vermehrte Arbeit vorbereiten.Mit der Erhöhung der Aufnahmekapazitäten der Gefängnisse und der Steigerung der Finanzmittel alleine ist es nicht getan.
Die Ursachen für die Kriminalität im Lande sind aus vielen dicken Gutachten schon seit geraumer Zeit bestens bekannt.Es fehlt auch nicht an Vorschlägen für ihre Beseitigung.Bislang fehlt jedoch der politische Wille, die Übel an der Wurzelanzupacken und die hierfür erforderlichen finanziellen und personellen Mittel zur Verfügung zu stellen.Der staatliche Ausgabenplan behandelt den Sicherheitsbereich - Polizei und Justiz - traditionell eher stiefmütterlich.Mit Hinblick auf dieöffentliche Meinungwerden bei der Geldverteilung andere Bereiche bevorzugt. Der soziale Wohnungsbau, das Bildungswesen, die Unterstützung der Bedürftigensowie Altenheime und Krankenhäuser wären wichtiger als die Qualität des Strafvollzuges, signalisiert die Mehrheit der Bevölkerung ihrer Politikerkaste.
Diese durchaus einleuchtende Einstellung ist jedoch nicht die optimale Antwort auf die vorhandenen Probleme. Jeder inhaftierte Straftäter hat gemäß der Pariser Regierung einen Anspruch auf die Hoffnung, früher oder späterwieder die Freiheit zu erlangen. Damit die hinter Schloss und Riegel vorgesehene Vorbereitung auf ein künftiges straffreies Leben gelingt, müssen die notwendigen Voraussetzungen geschaffen werden. Der vorhandene Mangel bestätigt die Vermutung,dassenorme Anstrengungen unabdingbar sind,damit die angestrebte Resozialisierung kein leeres Wort bleibt.
DemPolizei- und Justizpersonal muss zudem ein zweifelfreies Ja zur Respektierung der Menschenrechte und -würdeder ihm anvertrauten Personen abverlangt werden. Für die vielen Verstöße darf es keine Entschuldigungsgründe geben. Die Situation in den Gefängnissen und Polizeikommissariaten ist in der Tat recht aufschlussreich bezüglich des Zustandesim Land. Für Frankreich ist der Verbesserungsbedarf unleugbar. Bleibt er unerfüllt, dann verwirkt es den Anspruch, weltweit als Moralapostel und Lehrmeister akzeptiert zu werden.
Online-Flyer Nr. 32 vom 21.02.2006
Kritik an den Zuständen in Frankreichs Strafvollzug
Kein vorbildlicher Moralapostel
Von Uwe Karsten Petersen
Aus diesem Grund verwundert es nicht, wenn der französische Justizminister Pascal Clément die in dieser Wocheerneut formulierten Anschuldigungendes Europarates bezüglich der Situation in französischen Gefängnissen und Polizeikommissariaten empört als "ungerecht" zurückgewiesen hat. Die Reaktion des Ministers täuscht aber nicht über die Tatsache hinweg, dass bereits verschiedene Untersuchungsausschüsse des Parlamentes die unannehmbaren Zustände in den französischen Strafvollzugsanstalten und Polizeigebäuden hervorgehoben und gerügt haben. Um die weitere Trübung des Ansehens Frankreichs zu vermeiden, haben sie prompt energische einschlägige Maßnahmen verlangt.
Die Versicherung von Minister Clément, bis 2010 dieser Aufforderung Rechnung zu tragen, dürfte aber kaum ausreichen, um die Pessimisten zu überzeugen. Die Gesamtkriminalität nimmt unverändert zu. Die inzwischen misstrauisch gewordene Bevölkerung will sich von den Erfolgsmeldungen bezüglich der Verbrechensbekämpfung nichtberuhigen lassen. Sie und die Politikerkaste wissen aus Erfahrung, dass Statistiken manipulierbar sind und gemäß den jeweiligen Interessen auch "korrigiert" werden. Polizei und Justizmüssen sichdaherauf eine vermehrte Arbeit vorbereiten.Mit der Erhöhung der Aufnahmekapazitäten der Gefängnisse und der Steigerung der Finanzmittel alleine ist es nicht getan.
Die Ursachen für die Kriminalität im Lande sind aus vielen dicken Gutachten schon seit geraumer Zeit bestens bekannt.Es fehlt auch nicht an Vorschlägen für ihre Beseitigung.Bislang fehlt jedoch der politische Wille, die Übel an der Wurzelanzupacken und die hierfür erforderlichen finanziellen und personellen Mittel zur Verfügung zu stellen.Der staatliche Ausgabenplan behandelt den Sicherheitsbereich - Polizei und Justiz - traditionell eher stiefmütterlich.Mit Hinblick auf dieöffentliche Meinungwerden bei der Geldverteilung andere Bereiche bevorzugt. Der soziale Wohnungsbau, das Bildungswesen, die Unterstützung der Bedürftigensowie Altenheime und Krankenhäuser wären wichtiger als die Qualität des Strafvollzuges, signalisiert die Mehrheit der Bevölkerung ihrer Politikerkaste.
Diese durchaus einleuchtende Einstellung ist jedoch nicht die optimale Antwort auf die vorhandenen Probleme. Jeder inhaftierte Straftäter hat gemäß der Pariser Regierung einen Anspruch auf die Hoffnung, früher oder späterwieder die Freiheit zu erlangen. Damit die hinter Schloss und Riegel vorgesehene Vorbereitung auf ein künftiges straffreies Leben gelingt, müssen die notwendigen Voraussetzungen geschaffen werden. Der vorhandene Mangel bestätigt die Vermutung,dassenorme Anstrengungen unabdingbar sind,damit die angestrebte Resozialisierung kein leeres Wort bleibt.
DemPolizei- und Justizpersonal muss zudem ein zweifelfreies Ja zur Respektierung der Menschenrechte und -würdeder ihm anvertrauten Personen abverlangt werden. Für die vielen Verstöße darf es keine Entschuldigungsgründe geben. Die Situation in den Gefängnissen und Polizeikommissariaten ist in der Tat recht aufschlussreich bezüglich des Zustandesim Land. Für Frankreich ist der Verbesserungsbedarf unleugbar. Bleibt er unerfüllt, dann verwirkt es den Anspruch, weltweit als Moralapostel und Lehrmeister akzeptiert zu werden.
Online-Flyer Nr. 32 vom 21.02.2006