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Aktueller Online-Flyer vom 27. Dezember 2024  

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Arbeit und Soziales
15.000 demonstrierten in Strasbourg
Kein sozialer Rückschritt!
Von Hans-Dieter Hey

Lediglich halb voll war ein einsamer Bus, den der DGB und Einzelgewerkschaften aus Köln zur Demonstration gegen die geplante Änderung der Arbeitszeitrichtlinie der EU geschickt hatte. Einige sprachen von „gebremster Mobilisierung“. Dabei ging es um nicht weniger als um die Verschlechterung der Arbeitsbedingungen, aber auch um weitere Angriffe auf soziale Errungenschaften in Europa.

Mehr als 15.000 Gewerkschafter europäischer Gewerkschaften und politisch orientierte Demonstranten aus Deutschland, Frankreich, Polen, Spanien, Litauen, Rumänien, Chechenien, Schweiz, Österreich, Belgien, Italien und den Niederlanden haben stellvertretend für die hunderte von Millionen Beschäftigten in Europa in der Nähe des Europäischen Parlaments in Strasbourg dagegen protestiert, dass die neue Arbeitszeitrichtlinie in Kraft tritt, auf die sich die Arbeits- und Sozialminister in Europa bereits 2007 verständigt hatten.

Schutz der Beschäftigten wurde vernachlässigt

Darin sollte nicht nur die mögliche Verlängerung der Arbeitszeit auf bis zu 65 Stunden in der Woche einzelvertraglich vereinbart werden können, sondern auch der Ausgleichszeitraum für die durchschnittliche Arbeitszeit von vier auf 12 Monate verlängert werden. Vor allem Beschäftigte in sozialen und medizinischen Diensten wehren sich gegen diese Ausweitung der Arbeitszeit. Auf Plakaten der Demonstranten war deshalb auch zu lesen „Ein müder Arbeiter ist ein gefährlicher Arbeiter“. Der Widerstand richtete sich aber auch dagegen, dass bei Bereitschaftsdiensten künftig nur die Zeit bezahlt wird, in der auch tatsächlich gearbeitet wird. Der Rest soll als Ruhezeit nicht vergütet werden. Einen Tag zuvor hatten bereits 300 Ärzte vor dem EU-Parlament gegen die geplante Arbeitszeitrichtlinie demonstriert. Während aber für Bundesarbeitsminister Olaf Scholz (SPD) die neue Richtlinie völlig in Ordnung schein, wird von anderen europäischen Ländern beklagt, dass der Schutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vernachlässigt wird.

Sollte dieser Gesetzesentwurf in Kraft treten, könnte das eine Ausweitung der Arbeitszeiten in ganz Europa bedeuten - angesichts der Weltwirtschaftskrise eine völlig kontraproduktive Entwicklung. Stattdessen sollte man wieder über die Einführung der 30-Stunden-Woche nachdenken, die die Gewerkschaften vor einiger Zeit ad acta gelegt hatten, forderten die DemonstrantInnen.

In dieser Woche geht es im Europäischen Parlament aber nicht nur um die Arbeitszeitrichtlinie, sondern vor allem auch um die Verankerung sozialer Grundrechte, der Regelung von gleicher Bezahlung für gleiche Arbeit, das Verbot von Lohn- und Sozialdumping und um die Regulierung der Finanzmärkte. Sowohl der Europäischen Kommission als auch dem Europäischen Gerichtshof wird vorgeworfen, durch ihre Politik Arbeitnehmerrechte und arbeitsrechtliche Standards ständig zu verschlechtern und soziale Grundrechte auszuhöhlen.

Zügellose Globalisierung muss ein Ende haben

Ein Problem stellte auch die europäische Mitbestimmung dar, die deutlich verbessert werden müsse. Stephan Otten, Jungendbildungsreferent vom DGB Köln: „Gerade der allen bekannte Fall Nokia hat ja gezeigt, wo europäische Mitbestimmung an ihre Grenzen gestoßen ist und nicht handlungsfähig gewesen ist.“ Seit dem 16. Dezember gebe es nun eine „bessere Definition über länderübergreifende Angelegenheiten, damit sich solche Fälle wie Nokia nicht wiederholen können. Auf der Veranstaltung stellte Ingrid Sehrbrock vom DGB klar, dass „das Europäische Parlament dafür gesorgt hat, dass es wirksame Sanktionen gegen Arbeitgeber geben muss“. Mit 400 Stimmen sei diese verbesserte Betriebsräte-Richtline nun beschlossen. Sehrbrock betonte, dass es sich lohne, im nächsten Jahr bei den Europäischen Wahlen mitzumachen.

Sehrbrock weiter: „Wir sind in den schwierigsten Zeiten seit den letzten 30 oder 40 Jahren, da brauchen wir die Mitbestimmung der Kolleginnen und Kollegen in den Betrieben. Den auf der Demonstration anwesenden Abgeordneten gab sie auf den Weg: „Sie haben es in der Hand, sie können dafür sorgen, dass wir nicht in alte Standards in der Arbeitzeitpolitik zurück fallen. Sie können dafür sorgen, dass es keine Verschlechterungen gibt. Wir brauchen Europäische Mindeststandards, aber nicht solche, die wie ein Schweizer Käse durchlöchert werden können.“ Es dürfe deshalb nicht sein, dass mit jeder Arbeitnehmerin und jedem Arbeitnehmer eine individuelle Lösung verhandelt werden könne.

Jean-Claude Reding, Präsident der Luxemburgischen Gewerkschaft OGBL brachte es politisch auf den Punkt: „Wir demonstrieren hier heute einmal mehr um ein soziales Europa. Wir brauchen kein Europa des Knock-out, wir brauchen keine 60-Stunden-Woche, wir brauchen keine grenzenlose Flexibilität. Die Arbeitnehmer und ihre Gewerkschaften haben nicht die Krise verursacht. Im Gegenteil: Schuld ist die neoliberale Politik, die zügellose Globalisierungspolitik. Und dieser Politik muss Einhalt geboten werden. Auch darum geht es im Kampf um die Arbeitszeitrichtlinie. Die Zustimmung der Menschen zu Europa hängt von der Entscheidung des Europäischen Parlaments ab.“ (HDH)


Wie am Mittwoch Abend bekannt wurde, ist die Arbeitszeitrichlinie durch das Europäische Parlament erst einmal gestoppt worden. Die Redaktion.

















































































Ingrid Sehrbrock, DGB


Jean-Claude Reding, OGBL

Online-Flyer Nr. 177  vom 17.12.2008



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