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Aktueller Online-Flyer vom 03. Dezember 2024  

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Globales
Tschechiens Präsident Klaus traf EU-Abgeordnete auf der Prager Burg
Eklat wegen Lissabon-Vertrag
Von Dr. Hans-Jürgen Falkenhagen

In einer Rede vor dem tschechischen Verfassungsgericht in Brünn (Brno) hatte der tschechische Präsident Václav Klaus am 9. Dezember die Gründe für seine Ablehnung des Lissabon-Vertrages der EU zusammengefasst. Die Entscheidung der Richter über die Vereinbarkeit des Lissabon-Vertrages mit der tschechischen Verfassung habe historische Bedeutung, sagte Klaus. Es gehe um nichts weniger als um den Grundsatz der staatlichen Souveränität.

Klaus Vaclav
Tschechiens Präsident Václav Klaus
Quelle: www.czech.cz
In vier grundlegenden Fragen, sagte Klaus, greife der Vertrag mit der Forderung auf seine Ratifizierung in die Souveränität der Tschechischen Republik ein. 1. der Vertrag verschiebe das Stimmengewicht im Europäischen Rat zugunsten der großen Mitgliedsländer; 2. er erweitere den Umfang der Kompetenzen, die der EU zustehen; 3. er gibt das Prinzip der Einstimmigkeit bei Beschlüssen auf; 4. er erlaube den von ihr selbst gegründeten Institutionen, ihn durch Novellierung soweit zu verändern, dass praktisch alle politischen Ziele von der EU auch gegen die Interessen einzelner Mitgliedsländer verfolgt werden können. Die EU verlange im Grunde die Kompetenzen-Kompetenz, die oberste Kompetenz.
 
Die fünf Verfassungsrichter sollten sich in ihren Entscheidungen nicht unter ausländischem Druck oder kurzfristigen Interessen einzelner Politiker beugen. Naive Illusionen hätten seine Nation in der Geschichte schon mehrfach in die Irre geführt. Die Tschechische Republik steht vor der Frage, ob sie ein souveräner demokratischer Rechtsstaat und ein vollberechtigtes Mitglied der internationalen Gemeinschaft bleiben wolle, oder ob sich die EU aus einer internationalen Organisation in einen föderalen Staat verwandeln wolle, was ja die Absicht der Väter des Lissaboner Vertrages ist.
 
Anmerkung: Eine späte richtige Erkenntnis des einstigen Verfechters der Wiedereinführung des Kapitalismus pur und des Anschlusses der einst sozialistischen Tschechoslowakei an den Westen! Dass seinerzeit in die tschechische Verfassung auch unter der Regie von Klaus hineinformuliert werden konnte, dass sie sich nicht an Föderationen beteiligen dürfe, gelang noch mit Zustimmung der maßgeblichen westlichen Politiker, weil man die Tschechoslowakei und dann die Tschechische Republik erst mal in das westliche Bündnis bis zur NATO hineinlocken wollte und dazu Köder erforderlich waren, um die demokratischen Kräfte und das Volk über die wahren Ziele zu täuschen.
 
Es liegt nun ein Ersuchen des Senats der Tschechischen Republik vor, den Lissaboner Vertrag auf seine Verfassungsmäßigkeit hin zu prüfen - seit April 2008 auf dem Tisch der tschechischen Verfassungsrichter. Ministerpräsident Topolánek hat den Vertrag bereits unterzeichnet, obgleich eine starke Gruppe der regierenden ODS ihn, so wie Klaus, ablehnt. Er konnte somit das Parlament noch nicht passieren.

Prager Burg
Prager Burg | Quelle: www.zamky-hrady.cz

Interessant ist in diesem Zusammenhang ein Treffen von Abgeordneten des Europa-Parlaments mit Präsident Klaus auf der Prager Burg am 5. Dezember 2008. Hier kam es zu einem Eklat, als sich der tschechische Präsident in einen grundsätzlichen Streit mit dem Europa-Abgeordneten der Grünen, Cohn-Bendit, mit dem Iren Brian Crowley und auch mit dem Chef der Delegation, Hans-Gert Pöttering, einließ, der das Problem der Souveränität verdeutlicht und beweist, dass schon jetzt seitens der EU-Oberen die Souveränität einzelner Mitgliedstaaten, wenn sie Brüssel und Strasbourg nicht zu Willen sind, mit Füßen getreten wird.
 
Übersetzung einer Mitschrift der Präsidentenkanzlei
 
Präsident Klaus sagte nach dem vorliegenden Protokoll (s Internet http//zpravy.idnes.cz/dokument-prepis-jednani-vaclava- klause-s-delegaci-europoslancu-pse-/domaci.asp?c=A081205_210455_domaci_dp) zu Beginn des Empfangs Folgendes: „Ich bin sehr froh, dass Sie die Prager Burg heute besuchen können. Ich freue mich sehr über unsere Diskussion, weil ich weiß, dass meine Ansichten und meine Haltung in den Medien oft dämonisiert und karikiert werden. Dies ist die Gelegenheit, dass wir direkt und unverfälscht unsere Standpunkte diskutieren können. Ich bin dafür, dass immer gesagt wird, dass es für die Tschechische Republik für die EU-Mitgliedschaft keine Alternative gibt. Ich war dafür, als im Jahre 1996 die Erklärung für den Beitritt übergeben wurde. Ich war es, der den Beitrittsvertrag unterschrieben hat. Die Tschechische Republik steht an der Schwelle der EU-Rats-Präsidentschaft. Ich bin überzeugt, dass wir das ohne Probleme bewältigen. Die Regierung und alle weiteren Organe der Tschechischen Republik bereiten sich verantwortungsbewusst auf die Präsidentschaft vor“.
 
Nach Ansprachen des Präsidenten des Europa-Parlaments Hans-Gert Pöttering und des Vorsitzenden der Sozialisten, dem deutschen Europa-Abgeordneten Martin Schulz sowie des britischen liberalen Europa-Abgeordneten Graham Watson ergriff der Grünen-Abgeordnete Daniel Cohn-Bendit das Wort. Er sagte: „Ich habe Ihnen die Europa-Flagge mitgebracht, die man auf der Prager Burg überall haben sollte. Das ist die Flagge der Europäischen Unon, die ich damit vor Ihnen aufstelle. Es wird dies jetzt. eine schwere Präsidentschaft. Die Tschechische Republik wird sich mit dem Entwurf der Arbeits-Rechts-Richtlinie und dem Klima-Paket befassen müssen. Das Klima-Paket der EU stellt weniger dar, als sich unsere Fraktion gewünscht hat. Es wird notwendig, wenigstens dieses Minimum einzuhalten. Ich bin überzeugt, dass die Klimaveränderungen nicht nur ein Risiko darstellen, sondern eine Gefahr für den ganzen Planeten. Ich stütze mich auf wissenschaftliche Ansichten und die mehrheitliche Zustimmung im Europa-Parlament und ich weiß, dass sie mit mir nicht übereinstimmen. Sie können glauben, was Sie wollen. Ich bin überzeugt, dass die globale Erwärmung eine Realität ist, es ist nicht Sache meines Glaubens.

Cohn Bendit 1968
Als er noch Revolutionär war – Daniel Cohn-Bendit 1968 | Quelle: NRhZ-Archiv

Was den Lissaboner Vertrag angeht, so interessieren mich nicht Ihre Ansichten, ich will wissen, was sie tun, damit ihn das tschechische Repräsentantenhaus und der Senat ratifizieren, Sie werden den demokratischen Willen der Volksvertreter respektieren. Sie werden das unterschreiben müssen. Des Weiteren wünsche ich, dass Sie erläutern, wie der Grad ihrer Freundschaft mit Herrn Ganley aus Irland ist. Wie können Sie mit einem Menschen zusammenkommen, bei dem nicht klar ist, wer ihn bezahlt? In Ihrer Funktion dürfen Sie mit ihm nicht zusammentreffen. Dass ist ein Mann, dessen Finanzen aus problematischen Quellen stammen und der sie jetzt für die Finanzierung seiner Wahlkampagne benutzen will.
 
Klaus antwortete darauf: Ich muss sagen, dass in dieser Stil und Ton mit mir in vielen Jahren bisher niemand gesprochen hat. Sie sind hier nicht auf den Pariser Barrikaden. Ich war der Meinung, dass diese Art und Weise für uns vor 19 Jahren zu Ende war. Ich weiß nun, dass ich mich irrte. Ich würde mir nicht erlauben zu fragen, woraus die Aktivitäten der Grünen finanziert werden. Wenn es Ihnen um eine vernünftige Diskussion in dieser halben Stunde geht, die wir für die Diskussion haben, so erteilen Sie, Herr Vorsitzender, bitte das weitere Wort.

Pöttering
Präsident des EU-Parlaments
Hans-Gert Pöttering | Quelle: www.europarl.ie
Pöttering: Nein, wir haben Zeit genug, mein Kollege wird fortfahren, weil jeder der Abgeordneten Sie zu fragen wünscht, was er wünscht (an Cohn Bendit) fahren Sie nur fort.
 
Klaus: das ist unglaublich. so was habe ich noch nicht erlebt.

Cohn Bendit: Weil Ihr so was, wie mich, noch nicht hattet. Mit Präsident Havel habe ich mich hier gut verstanden, Aber was sagen Sie mir über Ihre Haltung zum Antidiskriminierungs-Gesetz? Über unsere Finanzen können Sie ruhig Bescheid wissen.



Brian Crowley
Brian Crowley: Die Iren wollen den
Lissaboner Vertrag | Quelle: www.europarl.ie
Brian Crowley (irischer Europa-Abgeordneter): Ich bin aus Irland und bin Mitglied der dortigen Regierung, Mein Vater hat sein ganzes Leben für die irische Unabhängigkeit gegen die britische Vorherrschaft gekämpft. Viele meiner Verwandten verloren dabei ihr Leben. Deswegen erlaube ich mir zu sagen, dass die Iren den Lissaboner Vertrag wollen. Dadurch, dass Sie bei Ihrem Besuch in der Republik Irland mit Ganley zusammengetroffen sind, haben Sie eine Beleidigung des irischen Volkes begangen. Dieser Mensch weist nicht nach, woraus er seine Wahlkampagne finanziert. Das ist eine ungeheuerliche Beleidigung des irischen Volkes, sich mit jemandem zu treffen der kein Wählermandat hat. Ich möchte Sie informieren, wie das irische Volk empfindet. Ich wünsche Ihnen, dass Sie ihr Programm Ihrer Präsidentschaft in der EU durchsetzen, damit es Ihnen gelingt, durchzusetzen, was die europäischen Bürger wollen.
 
Francis Wurz (französischer linker Europa-Abgeordneter: Der Französische Präsident hat sich in diesem Sinne ausgedrückt, dass das Antiraketenschirm für Europa nicht gut ist. Ich möchte Sie, Herr Präsident, gerne fragen, wie Ihre Haltung dazu ist.
 
Hanne Dahlova (Europa-Abgeordnete aus Dänemark):Herr Präsident. ich bedanke mich. Ich gebe Ihnen keine Flagge, weil es in meinem Lande als dienlich angesehen wird, gemeinsam mit der eigenen Flagge auch die Flagge des Gastgeberlandes zu übergeben, es ist unhöflich, nur eine Flagge zu präsentieren. Herr Pöttering, ich sage Ihnen gewissermaßen, dass ich in vielen Fragen nicht die Meinung der Konferenz der Präsidenten der europäischen Parlamente vertrete, aber ich bin sehr froh, dass ich mich mit Ihnen persönlich treffe. Ich stimme nicht mit der Klima-Politik überein, auch nicht mit dem Begriff der Marktwirtschaft in der EU.

An den tschechischen Präsident gewandt: Wie Sie sagten, ist es notwendig, dass Sie nicht in Europa dämonisiert werden und was ich von Ihnen hörte, hat mich erfreut. Sie sind kein Dämon, sondern ein Staatspräsident, der seine Ansichten verteidigt. Ich stimme Ihnen zu, dass die Debatte in Europa fortgesetzt werden muss, dass es erforderlich ist, eine hohe Beteiligung der Wähler bei den kommenden Wahlen zum Europa-Parlament zu gewährleisten. Es ist unerlässlich notwendig, dass es in der Europäischen Union erlaubt ist, nicht zuzustimmen. Es ist erlaubt, jeglichen Richtlinien nicht zuzustimmen, aber nicht erlaubt ist es, Verträgen nicht zuzustimmen. Ich bin stolz darauf, dass Sie nicht alles akzeptiert haben, was aus Brüssel kommt.
 
Irina Belehorská (Slowakische Europa-Abgeordnete):Ich werde Englisch, auch wenn ich weiß, dass der Herr Präsident mich in Slowakisch versteht. Der Vertrag von Nizza ist ein Vertrag von 17 Staaten, aber die Union hat sich erweitert. Der Lissaboner Vertrag ist ein Vertrag von 27 Staaten, und deswegen bin ich nicht glücklich darüber, wenn der höchste Vertreter eines der neuen Mitgliedsländer gegen diesen Vertrag auftritt, an dem wir alle gemeinsam gearbeitet haben.
 
Klaus: Ich danke für diese Erfahrung, die ich aus der Begegnung mit ihnen gewonnen habe. Ich bin nicht erfreut, dass so etwas möglich ist, und in den letzten 19 Jahren habe ich derartiges noch nicht erlebt. Ich dachte, dass so etwas der Vergangenheit angehört, dass wir in einer Demokratie leben, aber in der EU besteht wahrlich eine Post-Demokratie. Sie sprachen über europäische Werte. Ein europäischer Wert ist vor allem Freiheit und Demokratie, und darum geht es den Bürgern der Mitgliedsstaaten der EU vor allem auch heutzutage, und davon verliert die EU sehr. Notwendig ist es, sie zu verteidigen und sich um diese Werte zu bemühen. Vor allem möchte ich das betonen, was die Mehrheit der Bürger der Tschechischen Republik denkt, nämlich dass es für unsere Mitgliedschaft in der EU keine Alternative gibt. Ich war es, der im Jahre 1996 die Erklärung zum Beitritt zur EU abgab und im Jahre 2003 den Beitrittsvertrag unterschrieben hat. Die Gestaltung der EU hat aber viele Alternativen. Eine davon für heilig und unantastbar zu halten, an der es nicht erlaubt ist, zu zweifeln und sie zu kritisieren, ist gegen das eigenständige Wesen Europas.
Was den Lissaboner Vertrag angeht, so möchte ich gerne daran erinnern, dass ihn auch Deutschland noch nicht ratifiziert hat. Den Verfassungsvertrag, von dem Lissabon ausgeht, haben die Wähler von zwei weiteren Länden abgelehnt. Wenn Herr Crowley über eine Beleidigung des irischen Volkes spricht, dann muss ich daran erinnern, dass die größte Beleidigung gegenüber den irischen Wählern ist, ihren Wählerwillen nicht zu respektieren und nicht zu respektieren, wie sie im Juni-Referendum über den Lissaboner Vertrag abgestimmt haben. Ich habe in Irland jemanden getroffen, der die Mehrheitsauffassung im Lande vertritt. Sie, Herr Crowley, vertreten eine Auffassung, die in Irland eine Minderheit hat. Das ist das spürbare Ergebnis des Referendums.
 
Crowley: Sie werden mir nicht sagen, welche Auffassung die Iren haben, das weiß ich als Ire am besten.
 
Klaus: Ich würde die Auffassung der Iren nicht respektieren, das ist unwahr. Ich gebe messbare Zahlen über Auffassung an, die das Referendum erbrachte.
Zum Lissaboner Vertrag - bei uns ist er deswegen nicht ratifiziert, weil das Parlament über ihn bis jetzt noch nicht beraten und verhandelt hat. Das ist nicht die Schuld des Präsidenten. Wir erwarten die Entscheidung beider Kammern des Parlaments, das ist die gegenwärtige Phase des Ratifizierungsprozesses, in dem der Präsident keine Rolle spielt. Heute kann ich den Vertrag noch nicht unterschreiben, weil er noch nicht auf meinem Tisch liegt, sondern im Parlament, damit es über ihn entscheidet. Meine Rolle kommt erst mit der eventuellen Billigung des Vertrages im Parlament ins Spiel.
Was das Klima-Paket anbetrifft, so wird die tschechische Regierung in dieser Sache noch in rationellerer Hinsicht entscheiden.
Das Antidiskriminierungsgesetz, so bin ich überzeugt, ist ein sehr schlechtes Gesetz, aber ich werde es annehmen, und auch wenn ich es wollte, könnte ich es nicht beeinflussen. Es ist das Parlament, in dem sich die notwendige Mehrheit bis jetzt noch nicht ergeben hat.
Herr Watson erwähnte die Lissaboner Agenda, das ist schon eine schnell vergessene Sache und sie ist zu Recht vergessen.
Die Finanzkrise: ich bin überzeugt, dass die tschechische Regierung in der Frage der Finanzkrise auf der Seite der Vertreter eines rationalen Vorgehens stehen wird. Es wäre nicht weise, unter den Bedingungen des Kampfes mit der Krise den freien Markt zu beseitigen. Ich denke, dass die Tschechische Republik einen gewissen Vorteil hat. Sie hat in den Jahren 1997/1998 eine Finanzkrise durchgemacht. Die Banken verhalten sich seit dieser Zeit sehr verantwortungsbewusst und sind auch heute nicht übermäßigen Risiken ausgesetzt. Das erweist sich jetzt als Vorteil.
Zum Radar möchte ich sagen, dass darüber die Tschechische Republik die freie Entscheidung hatte und selbst wählen konnte, was sie für relevant hält. Für eine Reihe von  Menschen und für mich ist dies eine Frage der Unterstützung der transatlantischen Beziehungen. Ich erwarte, dass ein entsprechender Vertrag in absehbarer Zeit ratifiziert wird.
 
Pöttering: Vor meinem Abschlusswort übergebe ich das Wort an den Kollegen Schulz.
 
Schulz: Die EU ist eine Union souveräner Staaten und keine Föderation. Ich verstehe das, was Sie über das irische NEIN sagten und dass man es respektieren muss. Aber was ist mit dem Respekt gegenüber den Wählern in Spanien und Luxemburg, die in ihrer bedeutenden Mehrheit zum Vertrag JA gesagt haben?
 
Klaus: In der EU gilt bisher die Regel der Einstimmigkeit, und das muss respektiert werden. Die EU kann nur dann funktionieren, wenn sie ihre eigenen Regeln und Prinzipien respektieren wird. Notwendig ist, zur Deklaration von Laeken zurückzukehren und den Lissaboner Vertrag neu zu verhandeln, Notwendig ist eine Dezentralisierung und darüber zu sprechen, wie man Vollmachten zurück in die Ebene der Mitgliedsstaaten näher an ihre Bürger gibt, wie die Bewegung vom Supranationalismus zum Intergouvermentalismus umgeleitet wird.
 
Pöttering: Bevor ich das Schlusswort ergreife, möchte ich sagen, dass die Konferenz der Vorsitzenden des europäischen Parlaments über den Termin für Ihren Beitritt in die EP diskutiert hat und Ihnen den 19. Februar 2009 anbietet. Im April bemühen wir uns um den amerikanischen Präsidenten, mit dem wir sprechen wollen, und das Parlament tagt zuletzt am 7. Mai.
Zum Abschluss möchte ich sagen, dass ich von diesem Ort im Guten gehen will. Das, dass Sie uns mit der Sowjetunion verglichen haben, ist mehr als unakzeptabel. Jeder von uns hat tiefe Wurzeln in seinem Land und in unseren Wahlkreisen. Es geht uns um Freiheit und Demokratie, um Versöhnung in Europa. Wir unterstützen die tschechische Präsidentschaft und haben einen guten Willen und wir sind nicht naiv.
 
Klaus:Ich habe sie nicht mit der Sowjetunion verglichen. Das Wort Sowjetunion habe ich nicht ausgesprochen. Ich sagte, dass ich eine solche Atmosphäre und solchen Gesprächsstil wie heute in den vergangenen 19 Jahren in der Tschechischen Republik nicht erlebt habe. Ich danke Ihnen für die Möglichkeit, sich mit Ihnen als Abgeordnete des Europäischen Parlaments zu treffen. (Quelle. www.hrad.cz)
 
Tschechische Europa-Abgeordnete fordern Entschuldigung
 
Die Auseinandersetzung der Delegation der ausländischen Europa-Abgeordneten mit Präsident Vaclav Klaus auf der Prager Burg hat auch ein Gutes. Die tschechischen Europa-Abgeordneten beschweren sich beim Präsidenten des Europa-Parlaments und fordern eine Entschuldigung. Nach Ansicht des Abgeordneten železny hat sich sein Grünen-Kollege Cohn-Bendit ähnlich wie Reinhard Heydrich (der ehemalige Reichsprotektor für Böhmen und Mähren des Großdeutschen Reiches) verhalten.

Hinter Klaus stellte sich noch am Wochenende der Kongress der ODS, der Demokratischen Bürgerpartei. Der Europa-Abgeordnete Jan Zahradil setzte einen Beschluss durch, in dem die Partei das Verhalten der europäischen Delegation verurteilte, obgleich. Klaus bekannt gab, dass er die Funktion des Ehrenvorsitzenden der ODS abgibt. „Der Präsident des Europa-Parlaments, Hans-Gert Pöttering, war bei den Verhandlungen mit dem Präsidenten der Tschechischen Republik nicht fähig, ein würdiges Niveau der Diskussion und des Meinungsaustausches über Fragen der EU zu garantieren“, sagte Zahradil. Der Europa-Abgeordnete der ODS, Hynek Fajmon, adressierte an Pöttering einen offenen Brief: „Nach dem Durchlesen des Protokolls dieser Verhandlungen rufe ich Sie dringend auf, dass Sie sich für das Auftreten der Delegation des europäischen Parlaments entschuldigen.“

Noch weiter ging sein Kollege Vladimir železny, Stellvertreter der Fraktion IND/DEM. „Ein so aufgeblasener, arroganter Ton erklang auf der Prager Burg in der Geschichte nur selten“, schrieb železny. „Genau in diesem Ton und letztlich mit gleichem Inhalt sprach nur der Reichsprotektor der Nazis, Reinhard Heydrich, gegenüber dem Protektorats-Präsidenten, Emil Hacha, und dann sehr ähnlich 30 Jahre später auch die Delegation der sowjetischen Vertreter mit dem Präsidenten Ludvig Svoboda“.

Ähnlich äußerte sich auch der Vorsitzende der slowakischen KDS, Vladimir Palko: „So verhielt sich der kommunistische Präsident Antonin Novotny gegenüber den Slowaken in den 60er Jahren. So sprachen auch die Vertreter des Warschauer Vertrages mit den tschechoslowakischen Vertretern im Jahr 1968.“
 
Cohn Bendit: „Dieser Vergleich ist lächerlich“
 
Der Grünen-Abgeordnete und ehemaliger Revolutionär Daniel Cohn-Bendit lehnte einen solchen Vergleich ab. „Der Vergleich mit Hitler oder Breschnew ist nicht nur verletzend, sondern auch unangebracht und unpassend. Meine Großeltern starben in Konzentrationslagern. Meine Eltern mussten aus Deutschland im Jahre 1933 fliehen. Sie müssen mit meinen Fragen nicht übereinstimmen, aber ihre Vergleiche sind lächerlich“, schrieb er an die Leser der iDNES.cz. „Die Bemerkung von železny, über Heydrich ist dann auch seltsam. Das ist Blödsinn“, erklärte er an die Adresse des Abgeordneten.
 
Die slowakische Europa-Abgeordnete Irena Belohorská, die der Delegation angehörte und an dem Treffen auf der Prager Burg teilnahm, verteidigte Cohn Bendit bezüglich der Auseinandersetzung. Sie behauptete, dass das Protokoll, die Reinschrift, die die Prager Burg veröffentliche, etwas durcheinander gebracht habe. Der Sprecher des Präsidenten, Radim Ochvat, wies das für iDNES cz. zurück und versprachen, die englische Original-Reinschrift zu senden. Das hat das Büro aber bisher noch nicht getan. (PK)

Quelle: www.idnes.cz, veröffentlicht in der tschechischen Tageszeitung DNES, Prag vom 11. 12. 2008, Übersetzung aus dem Tschechischen:
Dr. Hans-Jürgen Falkenhagen

Online-Flyer Nr. 179  vom 07.01.2009



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