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Kultur und Wissen
Walther Schliephake-Ausstellung in Burscheid
„Was kann man heute noch für die Menschheit tun?“
Von Manfred Demmer
Walther Schliephake - Selbstporträt
Titelbild des Ausstellungsbegleitheftes
„Was kann man heute noch für die Menschheit tun?“ - Diese Frage stellte sich nach den Schrecken des ersten imperialistischen Weltkrieges ein junger Mann aus Burscheid. Der Maler Walther Schliephake. In der bergischen Stadt war er am 7.11.1888 geboren worden – und diese Heimatverbundenheit hielt bis zu seinem Tod. Seine Eltern unterhielten ein Maler- und Anstreichergeschäft, ihr Junge war zeichnerisch begabt, erste Skizzen machte er mit 14 Jahren. In der Ausstellung sind mehrere Beispiele aus jenen Jahren zu sehen, die ihn als genauen Beobachter der gezeichneten Objekte und als guten handwerklichen Künstler auszeichnen. Er bekam eine Ausbildung an der Kunstgewerbe- und Handwerkerschule Köln und begann dann ein Studium an der Kunsthochschule München, - bis er zur „Fahne“ gerufen wurde, um im 1.Weltkrieg „für Kaiser, Volk und Vaterland“ an dem großen Gemetzel teilzunehmen. Der Tod seines Bruders Wilhelm in den ersten Kriegstagen ließ den jungen Mann über den Sinn des Lebens nachdenken. Bis dahin hatte er als evangelischer Christ missionarisch Bibelspruchplakate verbreitet.
Kaufmann, Anstreicher und Kommunist
Als er aus den Schützengräben zurück kam musste er anstatt Künstler zu werden, das elterliche Malergeschäft übernehmen, als Kaufmann und Anstreicher in einer kleinen Gemeinde arbeiten. In einem längeren Prozess löste er sich vom Christentum und wandte sich der revolutionären Arbeiterbewegung zu, um mit und in ihr für eine grundlegende Veränderung der Gesellschaft zu kämpfen. Er wollte etwas für die Menschen tun, wurde Mitglied der KPD und war bald ein führender Funktionär der Partei in Burscheid.
In der Ausstellung sind Kopien der „Burscheider Dorfzeitung“ zu sehen, die vom „Ortsausschuss der Werktätigen Burscheid“ herausgegeben wurde und für die Walther Schliephake verantwortlich zeichnete. Beim Lesen der damaligen Texte hat man heute einiges kritisch zu bewerten, zum Beispiel jene Passagen, die die Sozialdemokratie als Zwillingsbruder der Nazis darstellen. Hier hätten die Aussteller die historische Situation erläutern sollen, aus der diese „Sozialfaschismustheorie“ entstand, nämlich durch konkretes Handeln der Regierung und der in der Gewerkschaftsführung tätigen Sozialdemokraten. „Vergessen“ hat man auch, dass die KPD später diese Politik revidiert hat.
Widerstand in der „Burscheider Dorfzeitung“
Die ausgestellten Texte der „Burscheider Dorfzeitung“ belegen aber auch, dass die Kommunisten um Walther Schliephake Wege des gemeinsamen Widerstandes gegen den immer bedrohlicher werdenden Faschismus suchten. Sie wandten sich sogar an SA-Mitglieder, um Klarheit in deren Köpfe zu bringen, sie aufzuklären, was sie von einem „Nationalen Sozialismus“ zu erwarten hätten. Man erfährt aber auch etwas über den Kampf der Eisenbahner für ihren Kollegen Max Klein, der nach 13 Jahren Engagement für die Interessen der Eisenbahner der Burscheider Bahnmeisterei „geschasst“ wurde. Deutlich wird daran, dass man eingebunden war in die Kämpfe der Arbeiterbewegung vor Ort und dass man das Ohr am Volke hatte. Vertieft wird dies durch fiktive Gespräche zwischen „Wellem“ und „Kadel“ auf Platt, in denen mit Ironie und Humor aktuelle Ereignisse kommentiert wurden.
Eine Studienreise 1929 in die Sowjetunion bestärkte Schliekhake in seiner Haltung zu deren Politik. In der Ausgabe von Januar 1933 der „Burscheider Dorfzeitung“ wird von ihm eine Meldung der „New York Times“ vom 6. Dezember 1932 zitiert, wonach der Professor für öffentliches Gesundheitswesen an der Universität Michigan, Dr. John Sundwell erklärte, die glänzende gesundheitliche Lage, die er bei den russischen Kindern beobachtet habe, sei nur aus den gesundheitsfördernden Maßnahmen der Regierung zu erklären. Auch das untermauerte Schliephakes Überzeugung, dass der Kommunismus die richtige Antwort auf die Gebrechen des Kapitalismus sei, der in Deutschland immer mehr die Gestalt des Faschismus annahm. In der Dezember-Ausgabe 1932 findet sich unter der Überschrift „Kein Friede auf Erden!“ die Feststellung: „Es ist ein Hohn, ein Betrug und eine Lüge, vom Frieden auf Erden zu reden. Solange der Kapitalismus herrscht mit all seinen Gesetzen auf Betrug und der brutalen Gewalt, wird es Elend, Hunger und Krieg geben!“
Wie Clara Zetkin, die am 8. März 1932 in der Moskauer „Prawda“ den Standpunkt der Kommunisten zum Überfall der japanische Militaristen auf China kommentierte, war auch Walther Schliephake ein entschiedener Gegner des sich andeutenden zweiten imperialistischen Weltkriegs. Wie sie, die als Alterspräsidentin des Reichstages eine mutige Rede gegen die Nazis hielt, reihte sich der Burscheider Maler bei den Reichspräsidentenwahlen 1932 in die Reihen derjenigen ein, die unter der kommunistischen Losung: „Wer Hindenburg wählt, wählt Hitler, wer Hitler wählt wählt den Krieg!“ den Faschisten den Kampf ansagten.
Künstlervereinigung „Das junge Rheinland“
Trotz seiner Arbeit und seiner politischen Aktivitäten malte er nebenher weiter. Beeinflusst wurde sein Werk durch die 1919 in Düsseldorf entstandene Künstlervereinigung „Das junge Rheinland“, die neue Wege in der Kunst suchte und dem Pazifismus zugewandt war. Schliephake war es auch, der 1922 seinen damals sechszehnjährigen Freund Carl Lauterbach (der ebenfalls aus Burscheid stammte und dem vor einiger Zeit dort ebenfalls eine Ausstellung gewidmet war, siehe NRhZ 71 vom 21.11.2006) in die progressive Künstlervereinigung einführte. Die künstlerischen Arbeiten Schliephakes waren naturalistisch im Stile der neuen Sachlichkeit, wie es im Begleitheft zur Ausstellung heißt. Marie Luise Mettlach schreibt darin, dass er seine Themen aus dem eigenen Erleben, wie aus seiner Umgebung bezog: „Die traumatischen Erlebnisse aus dem ersten Weltkrieg fanden ebenso Form und Gestalt in Skizzen, Zeichnungen und Bildern, wie die Aufenthalte in KZ und Gefängnis. Immer wieder hat er sich selbst gemalt, und in zahlreichen Porträts, auch von Mitgliedern der Familie, bannte er seine humanistische Gesinnung auf die Leinwand. Aber auch die heimische Landschaft, Burscheider Häuser, das elterliche, von ihm weitergeführte Malergeschäft, waren ihm Thema. In Burscheid besonders bekannt ist das farbenfrohe Bild der Burscheider Kirmes. Auffallend oft verwendete Schliephake Buntstifte.“ Die Vielseitigkeit seines Schaffens wird in der Ausstellung durch über sechzig Exponate unterstrichen. Darunter befinden sich auch jene Bilder, die an seine Haftzeiten im Faschismus erinnern.
Gefängnis und KZ
Als aktiver Funktionär der KPD, der 1929 in den Rat der Stadt Burscheid gewählt worden war und sich dort für die Interessen der „kleinen Leute“ einsetzte, war er natürlich den Nazis verhasst. Nach der Naziprovokation des Reichstagsbrandes vom 28.2.1933 wurde er - der im März 1933 in der Rat der Stadt Burscheid gewählt worden war und der trotz Naziterror an der Sitzung des Rates am 31.März teilnahm - von der Ortspolizei in „Schutzhaft“ genommen. Dagegen protestierte er am 8.Mai schriftlich bei der Anklagebehörde: „Gegen diese Maßnahme erhebe ich hiermit Beschwerde, da ich die Begründung meiner Haft nicht als gerechtfertigt anerkennen kann. Die Organisationen denen ich angehörte, waren nicht verboten, es war also auch die Betätigung in diesen Organisationen nicht verboten. Gewaltakte habe ich keine ausgeführt oder geplant, wie als Begründung für die Verhaftung...angegeben wird.“
Am 5.Oktober 1933 wurde Anklage erhoben. Schliephake wurde wegen eines Streiks bei einer Burscheider Firma 1930, bei dem Streikbrecher eingesetzt waren, in das Konzentrationslager Kemna bei Wuppertal gebracht. In der Folgezeit stand er unter Beobachtung der Gestapo und wurde mehrfach in Haft genommen, so auch nach dem Attentat von Stauffenberg vom 20. Juli 1944. im Gefängnis Opladen inhaftiert.
VVN-Vorsitzender Rhein-Wupper
Nach der Befreiung von Krieg und Faschismus wurde der Nazigegner, der seine künstlerischen Arbeiten wieder aufgenommen hatte, von der britischen Besatzung in die Gemeindevertretung berufen und wirkte aktiv im Entnazifizierungsausschuss mit. Bei der ersten Wahl nach Kriegsende wurde er zwar nicht in den Rat der Stadt Burscheid gewählt, wurde aber sachkundiger Bürger im Entnazifizierungsausschuss, Kultur- und Schulausschuss. Auch in der folgenden Legistaturperiode stellte er seine Kraft in den Dienst der Kultur- und Schularbeit,doch das von der Adenauer-Regierung forcierte und vom Bundesverfassungsgericht ausgesprochene KPD-Verbot ließ eine organisierte kommunistische Organisationsarbeit nicht mehr zu. Trotzdem wirkte Walther Schliephake weiter für eine Gesellschaft ohne soziale Ungerechtigkeiten, Faschismus und Krieg. In den fünfziger und sechziger Jahren war er aktiv in der VVN, wo er bis zu seinem Tode am 28.Februar 1968 einige Jahre deren Vorsitzender im Kreis Rhein-Wupper war.
Ehrende Worte für Walter Schliephake fanden bei der Eröffnung der Ausstellung sowohl Burscheids Bürgermeister Hans Dieter Kahrl wie Rolf Engelhardt von der Paul Luchtenberg-Stiftung und des Bergischen Geschichtsvereins Burscheid. Zur Einführung hatte Susanne Bonenkamp, Kulturreferentin des Rheinisch-Bergischen Kreises, in einem sehr persönlich gehaltenen Vortrag, die künstlerische Entwicklung Schliephakes dargestellt und diese in den zeitgeschichtlichen Zusammenhang gestellt.
Aktion „Schliephakes gesucht“
Die Ausstellung schließt mit einem interessanten Projekt, welches Schülerinnen und Schüler einer Burscheider Realschule durchführten. Unter der Leitung ihrer Kunstlehrerin Christa Engstenberg begaben sie sich auf Spurensuche. Unter dem Motto „Seine Bilder – die heutige Ansicht“ gingen sie Bildern Schliephakes nach und gestalteten in Zeichnungen und Fotos beeindruckende Collagen.
Im Rahmen der Präsentation wurde an einem Tag auch die Aktion „Schliephakes gesucht“ durchgeführt, in der Besitzer von Arbeiten des Künstlers - der für viele Burscheider Bürger Auftragsarbeiten durchführte - eingeladen wurden, diese mitzubringen oder von ihnen zu berichten. Dadurch soll die, durch einen Dauerleihgabevertrag 2007 zwischen dem Sohn des Künstlers, Wilhelm Schliephake und der Stadt Burscheid in deren Besitz gelangte umfangreiche Sammlung komplettiert und ein Werkverzeichnis angelegt werden. Die Aktion war erfolgreich. Nun kann mit Hilfe der Experten des Rheinischen Museumsamtes des Landschaftsverbandes Rheinland und ehrenamtlicher Helfer des Bergischen Geschichtsvereins die Sammlung dokumentiert und archiviert werden. (PK)
Die sehenswerte Ausstellung ist leider nur noch bis 31.Janaur im Haus der Kunst zu sehen. Öffnungszeiten Montag von 19 bis 22 Uhr, Dienstag bis Freitag von 15 bis 17 Uhr, Samstag und Sonntag von 15 bis 18 Uhr. Der Eintritt ist frei.
Online-Flyer Nr. 182 vom 28.01.2009
Walther Schliephake-Ausstellung in Burscheid
„Was kann man heute noch für die Menschheit tun?“
Von Manfred Demmer
Walther Schliephake - Selbstporträt
Titelbild des Ausstellungsbegleitheftes
„Was kann man heute noch für die Menschheit tun?“ - Diese Frage stellte sich nach den Schrecken des ersten imperialistischen Weltkrieges ein junger Mann aus Burscheid. Der Maler Walther Schliephake. In der bergischen Stadt war er am 7.11.1888 geboren worden – und diese Heimatverbundenheit hielt bis zu seinem Tod. Seine Eltern unterhielten ein Maler- und Anstreichergeschäft, ihr Junge war zeichnerisch begabt, erste Skizzen machte er mit 14 Jahren. In der Ausstellung sind mehrere Beispiele aus jenen Jahren zu sehen, die ihn als genauen Beobachter der gezeichneten Objekte und als guten handwerklichen Künstler auszeichnen. Er bekam eine Ausbildung an der Kunstgewerbe- und Handwerkerschule Köln und begann dann ein Studium an der Kunsthochschule München, - bis er zur „Fahne“ gerufen wurde, um im 1.Weltkrieg „für Kaiser, Volk und Vaterland“ an dem großen Gemetzel teilzunehmen. Der Tod seines Bruders Wilhelm in den ersten Kriegstagen ließ den jungen Mann über den Sinn des Lebens nachdenken. Bis dahin hatte er als evangelischer Christ missionarisch Bibelspruchplakate verbreitet.
Kaufmann, Anstreicher und Kommunist
Als er aus den Schützengräben zurück kam musste er anstatt Künstler zu werden, das elterliche Malergeschäft übernehmen, als Kaufmann und Anstreicher in einer kleinen Gemeinde arbeiten. In einem längeren Prozess löste er sich vom Christentum und wandte sich der revolutionären Arbeiterbewegung zu, um mit und in ihr für eine grundlegende Veränderung der Gesellschaft zu kämpfen. Er wollte etwas für die Menschen tun, wurde Mitglied der KPD und war bald ein führender Funktionär der Partei in Burscheid.
In der Ausstellung sind Kopien der „Burscheider Dorfzeitung“ zu sehen, die vom „Ortsausschuss der Werktätigen Burscheid“ herausgegeben wurde und für die Walther Schliephake verantwortlich zeichnete. Beim Lesen der damaligen Texte hat man heute einiges kritisch zu bewerten, zum Beispiel jene Passagen, die die Sozialdemokratie als Zwillingsbruder der Nazis darstellen. Hier hätten die Aussteller die historische Situation erläutern sollen, aus der diese „Sozialfaschismustheorie“ entstand, nämlich durch konkretes Handeln der Regierung und der in der Gewerkschaftsführung tätigen Sozialdemokraten. „Vergessen“ hat man auch, dass die KPD später diese Politik revidiert hat.
Widerstand in der „Burscheider Dorfzeitung“
Die ausgestellten Texte der „Burscheider Dorfzeitung“ belegen aber auch, dass die Kommunisten um Walther Schliephake Wege des gemeinsamen Widerstandes gegen den immer bedrohlicher werdenden Faschismus suchten. Sie wandten sich sogar an SA-Mitglieder, um Klarheit in deren Köpfe zu bringen, sie aufzuklären, was sie von einem „Nationalen Sozialismus“ zu erwarten hätten. Man erfährt aber auch etwas über den Kampf der Eisenbahner für ihren Kollegen Max Klein, der nach 13 Jahren Engagement für die Interessen der Eisenbahner der Burscheider Bahnmeisterei „geschasst“ wurde. Deutlich wird daran, dass man eingebunden war in die Kämpfe der Arbeiterbewegung vor Ort und dass man das Ohr am Volke hatte. Vertieft wird dies durch fiktive Gespräche zwischen „Wellem“ und „Kadel“ auf Platt, in denen mit Ironie und Humor aktuelle Ereignisse kommentiert wurden.
Eine Studienreise 1929 in die Sowjetunion bestärkte Schliekhake in seiner Haltung zu deren Politik. In der Ausgabe von Januar 1933 der „Burscheider Dorfzeitung“ wird von ihm eine Meldung der „New York Times“ vom 6. Dezember 1932 zitiert, wonach der Professor für öffentliches Gesundheitswesen an der Universität Michigan, Dr. John Sundwell erklärte, die glänzende gesundheitliche Lage, die er bei den russischen Kindern beobachtet habe, sei nur aus den gesundheitsfördernden Maßnahmen der Regierung zu erklären. Auch das untermauerte Schliephakes Überzeugung, dass der Kommunismus die richtige Antwort auf die Gebrechen des Kapitalismus sei, der in Deutschland immer mehr die Gestalt des Faschismus annahm. In der Dezember-Ausgabe 1932 findet sich unter der Überschrift „Kein Friede auf Erden!“ die Feststellung: „Es ist ein Hohn, ein Betrug und eine Lüge, vom Frieden auf Erden zu reden. Solange der Kapitalismus herrscht mit all seinen Gesetzen auf Betrug und der brutalen Gewalt, wird es Elend, Hunger und Krieg geben!“
Wie Clara Zetkin, die am 8. März 1932 in der Moskauer „Prawda“ den Standpunkt der Kommunisten zum Überfall der japanische Militaristen auf China kommentierte, war auch Walther Schliephake ein entschiedener Gegner des sich andeutenden zweiten imperialistischen Weltkriegs. Wie sie, die als Alterspräsidentin des Reichstages eine mutige Rede gegen die Nazis hielt, reihte sich der Burscheider Maler bei den Reichspräsidentenwahlen 1932 in die Reihen derjenigen ein, die unter der kommunistischen Losung: „Wer Hindenburg wählt, wählt Hitler, wer Hitler wählt wählt den Krieg!“ den Faschisten den Kampf ansagten.
Künstlervereinigung „Das junge Rheinland“
Trotz seiner Arbeit und seiner politischen Aktivitäten malte er nebenher weiter. Beeinflusst wurde sein Werk durch die 1919 in Düsseldorf entstandene Künstlervereinigung „Das junge Rheinland“, die neue Wege in der Kunst suchte und dem Pazifismus zugewandt war. Schliephake war es auch, der 1922 seinen damals sechszehnjährigen Freund Carl Lauterbach (der ebenfalls aus Burscheid stammte und dem vor einiger Zeit dort ebenfalls eine Ausstellung gewidmet war, siehe NRhZ 71 vom 21.11.2006) in die progressive Künstlervereinigung einführte. Die künstlerischen Arbeiten Schliephakes waren naturalistisch im Stile der neuen Sachlichkeit, wie es im Begleitheft zur Ausstellung heißt. Marie Luise Mettlach schreibt darin, dass er seine Themen aus dem eigenen Erleben, wie aus seiner Umgebung bezog: „Die traumatischen Erlebnisse aus dem ersten Weltkrieg fanden ebenso Form und Gestalt in Skizzen, Zeichnungen und Bildern, wie die Aufenthalte in KZ und Gefängnis. Immer wieder hat er sich selbst gemalt, und in zahlreichen Porträts, auch von Mitgliedern der Familie, bannte er seine humanistische Gesinnung auf die Leinwand. Aber auch die heimische Landschaft, Burscheider Häuser, das elterliche, von ihm weitergeführte Malergeschäft, waren ihm Thema. In Burscheid besonders bekannt ist das farbenfrohe Bild der Burscheider Kirmes. Auffallend oft verwendete Schliephake Buntstifte.“ Die Vielseitigkeit seines Schaffens wird in der Ausstellung durch über sechzig Exponate unterstrichen. Darunter befinden sich auch jene Bilder, die an seine Haftzeiten im Faschismus erinnern.
Gefängnis und KZ
Als aktiver Funktionär der KPD, der 1929 in den Rat der Stadt Burscheid gewählt worden war und sich dort für die Interessen der „kleinen Leute“ einsetzte, war er natürlich den Nazis verhasst. Nach der Naziprovokation des Reichstagsbrandes vom 28.2.1933 wurde er - der im März 1933 in der Rat der Stadt Burscheid gewählt worden war und der trotz Naziterror an der Sitzung des Rates am 31.März teilnahm - von der Ortspolizei in „Schutzhaft“ genommen. Dagegen protestierte er am 8.Mai schriftlich bei der Anklagebehörde: „Gegen diese Maßnahme erhebe ich hiermit Beschwerde, da ich die Begründung meiner Haft nicht als gerechtfertigt anerkennen kann. Die Organisationen denen ich angehörte, waren nicht verboten, es war also auch die Betätigung in diesen Organisationen nicht verboten. Gewaltakte habe ich keine ausgeführt oder geplant, wie als Begründung für die Verhaftung...angegeben wird.“
Am 5.Oktober 1933 wurde Anklage erhoben. Schliephake wurde wegen eines Streiks bei einer Burscheider Firma 1930, bei dem Streikbrecher eingesetzt waren, in das Konzentrationslager Kemna bei Wuppertal gebracht. In der Folgezeit stand er unter Beobachtung der Gestapo und wurde mehrfach in Haft genommen, so auch nach dem Attentat von Stauffenberg vom 20. Juli 1944. im Gefängnis Opladen inhaftiert.
VVN-Vorsitzender Rhein-Wupper
Nach der Befreiung von Krieg und Faschismus wurde der Nazigegner, der seine künstlerischen Arbeiten wieder aufgenommen hatte, von der britischen Besatzung in die Gemeindevertretung berufen und wirkte aktiv im Entnazifizierungsausschuss mit. Bei der ersten Wahl nach Kriegsende wurde er zwar nicht in den Rat der Stadt Burscheid gewählt, wurde aber sachkundiger Bürger im Entnazifizierungsausschuss, Kultur- und Schulausschuss. Auch in der folgenden Legistaturperiode stellte er seine Kraft in den Dienst der Kultur- und Schularbeit,doch das von der Adenauer-Regierung forcierte und vom Bundesverfassungsgericht ausgesprochene KPD-Verbot ließ eine organisierte kommunistische Organisationsarbeit nicht mehr zu. Trotzdem wirkte Walther Schliephake weiter für eine Gesellschaft ohne soziale Ungerechtigkeiten, Faschismus und Krieg. In den fünfziger und sechziger Jahren war er aktiv in der VVN, wo er bis zu seinem Tode am 28.Februar 1968 einige Jahre deren Vorsitzender im Kreis Rhein-Wupper war.
Ehrende Worte für Walter Schliephake fanden bei der Eröffnung der Ausstellung sowohl Burscheids Bürgermeister Hans Dieter Kahrl wie Rolf Engelhardt von der Paul Luchtenberg-Stiftung und des Bergischen Geschichtsvereins Burscheid. Zur Einführung hatte Susanne Bonenkamp, Kulturreferentin des Rheinisch-Bergischen Kreises, in einem sehr persönlich gehaltenen Vortrag, die künstlerische Entwicklung Schliephakes dargestellt und diese in den zeitgeschichtlichen Zusammenhang gestellt.
Aktion „Schliephakes gesucht“
Die Ausstellung schließt mit einem interessanten Projekt, welches Schülerinnen und Schüler einer Burscheider Realschule durchführten. Unter der Leitung ihrer Kunstlehrerin Christa Engstenberg begaben sie sich auf Spurensuche. Unter dem Motto „Seine Bilder – die heutige Ansicht“ gingen sie Bildern Schliephakes nach und gestalteten in Zeichnungen und Fotos beeindruckende Collagen.
Im Rahmen der Präsentation wurde an einem Tag auch die Aktion „Schliephakes gesucht“ durchgeführt, in der Besitzer von Arbeiten des Künstlers - der für viele Burscheider Bürger Auftragsarbeiten durchführte - eingeladen wurden, diese mitzubringen oder von ihnen zu berichten. Dadurch soll die, durch einen Dauerleihgabevertrag 2007 zwischen dem Sohn des Künstlers, Wilhelm Schliephake und der Stadt Burscheid in deren Besitz gelangte umfangreiche Sammlung komplettiert und ein Werkverzeichnis angelegt werden. Die Aktion war erfolgreich. Nun kann mit Hilfe der Experten des Rheinischen Museumsamtes des Landschaftsverbandes Rheinland und ehrenamtlicher Helfer des Bergischen Geschichtsvereins die Sammlung dokumentiert und archiviert werden. (PK)
Die sehenswerte Ausstellung ist leider nur noch bis 31.Janaur im Haus der Kunst zu sehen. Öffnungszeiten Montag von 19 bis 22 Uhr, Dienstag bis Freitag von 15 bis 17 Uhr, Samstag und Sonntag von 15 bis 18 Uhr. Der Eintritt ist frei.
Online-Flyer Nr. 182 vom 28.01.2009