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Zweiter „Anti-Islamisierungskongress“ erfolgreich verhindert
Für Köln – gegen „Pro“
Von Christian Heinrici
Typisch kölscher Protest: „Pappnasen gegen Kacknazen“
Foto: Christian Heinrici
Etwa 5.000 Demonstranten hatte die rechte Gruppierung gegen sich aufgebracht, die am Samstag, den 9. Mai in gewohnt fantasievollem Protest die Straßen Kölns füllten – diesmal vor allem friedlich. Alles andere wäre bei dem Polizeiaufgebot in einer Proportion wie beim Straßburger NATO-Gipfel auch nur schwer möglich gewesen. „5.600 Beamte wären überhaupt nicht nötig gewesen. Die Polizei hat mit ihrer Einschätzung völlig daneben gelegen und viele Millionen Euro[1] bei einem repressionsfreien und transparenten Einsatzkonzept dem Steuerzahler ersparen können.“ kritisierte Jörg Detjen von der Kölner Linken. (Lesen Sie dazu auch den Kommentar von Hans-Detlef v. Kirchbach in dieser Ausgabe der NRhZ!)
Ob sich nun jeder Gegendemonstrant in Köln von einem persönlichen Polizisten „beschützt“ fühlen konnte, sei also dahingestellt. Die braune Bewegung dagegen brachte nur rund 200 Anhänger zu ihrem großspurig angekündigten „Anti-Islamisierungskongress“ auf; wobei zugebenen einige Militante des rechtsextremen Vlaams Belang aus Belgien im Zug stecken geblieben waren, weil wache Mitfahrer die Lichtschranken der Türen verklebt hatten. Doch ansonsten standen die Zeichen auf Seiten der antirassistischen Demonstranten nicht auf Blockieren.
...und eine ganze Menge mehr mussten vor
den Absperrungen protestieren
Foto: arbeiterfotografie.com
Vielmehr hatten sich wohl etwa 70 seriös gekleidete Gegner von „Pro Köln“ in die Kundgebung einsickern lassen, um die rechte Versammlung auf dem Barmer Platz durch lautes Pfeifen und andere Aktionen zivilen Ungehorsams von innen aufzurollen. Die gewagte Strategie ging wenigstens teilweise auf: Gegen 12:30 Uhr musste die rechte Gruppierung schließlich einpacken. Begleitet durch den „Segen“ einer evangelischen Pfarrerin aus der Schweiz, hatten Redner der europäischen extremen Rechten versucht, Hasstiraden und Hetze zu verbreiten, bevor der Spuk ein Ende fand.
Filip Dewinter vom Vlaams Belang hatte von der „Gefahr“ gesprochen, die „völkische Identität“ zu verlieren und Deutschland als „linke Diktatur“ bezeichnet, der Elsässer Robert Spieler von der „Nouvelle Droite Populaire“, dem die „Front National“ zu links ist, getönt: „Ich will ein deutsches Deutschland und ein europäisches Europa!“ Die Tschechin Edelmannova, die sich im „Wahlkampf“ für die „Endlösung der Zigeunerfrage“ ausgesprochen hatte, schlug auch in Köln offen rassistische Töne an: „Falls jemanden (sic) [...] unsere Spielregeln, unsere Sprachen, unser Gott, unsere Hautfarbe oder unsere europäische Kirche belästigen, dann soll der unseren wunderschönen Kontinent mit uns nicht teilen!“ was auch von „Pro Köln“ Vorsitzenden Markus Beisicht mit lautem Bravo bedacht wurde.[2]
Trotz merklicher Anwesenheit rechtskonservativer „pro-israelischer“ Kräfte und zeitweilig gegenteiliger Bekundungen (Beisicht: „Wir verteidigen unsere abendländisch christlich-jüdische Kultur gegenüber der schleichenden Islamisierung...“), erreichte doch so manche rassistische Kernaussage den glatzköpfigen Adressaten. Kein Wunder also, dass sich auch dieses Mal unzählige Kölner den Braunen die rote Karte zeigten.
Schon gegen 10 Uhr hatte sich ein breites Bündnis sämtlicher Parteien, religiöser und nicht-religiöser Organisationen sowie viele besorgte Bürger auf dem Heumarkt eingefunden. Nach einer kurzen Auftaktkundgebung zogen die Demonstranten über die Deutzer Brücke zum Kundgebungsort vor dem KölnTriangle („LVR-Turm“), wo die Kölner SPD-Bundestagsabgeordnete Lale Akgün über „Pro Köln“ und den Rassisten-Kongress um die Ecke sagte:
„Keine Stimme für Nazis“ – Lale Akgün | Foto: Christian Heinrici
„...Sie werden so lange keine Chance haben, wie die breite Mehrheit der Gesellschaft ihnen entgegensteht, ...wie die breite Mehrheit zu ihnen sagt: ‚Wir lehnen eure Menschenfeindlichkeit ab! Wir wollen nichts zu tun haben, mit euch und eurem Rassismus! Wir wollen nichts zu tun haben, mit einem Rassismus, der sich gegen Muslime, gegen Schwule, gegen Lesben oder gegen irgendeine andere Bevölkerungsgruppe richtet!’ Liebe Freundinnen und Freunde, wenn es sein muss, stehen wir noch ein drittes, oder viertes oder fünftes Mal an diesem Platz, um zu demonstrieren: Mit euch zusammen, gegen die Unverbesserlichen. Denn wir sind Köln, und wir bleiben Köln. In diesem Sinne: Kölle Alaaf!“
Hören Sie hier
die Rede von Lale Akgün
im O-Ton
Rabea Müller – Vortrag mit Esprit
Foto: Christian Heinrici
Dass Köln mit der sogenannten „Pro-Bewegung“ nichts gemein hat, stellte auch Rabea Müller vom Zentrum für Islamische Frauenforschung und Frauenförderung klar: „Liebe kölsche Mitbürgerinnen und Mitbürger – ich denke alle, die sich heute nach Köln begeben haben, sind heute kölsch! (...) Wer für Köln ist, der kann nur gegen ‚Pro’ sein. Sowohl die nicht-muslimischen als auch die muslimischen Menschen in dieser Stadt verwahren sich auf das Entschiedenste dagegen, sich als Gruppe, als Religion, als Ideologie für eine rassistische und rechtsgerichtete Attacke instrumentalisieren zu lassen... Bei Rassismus hat das kölsche Grundgesetz – leicht abgewandelt – nur eine Antwort: Wulle mir nit, bruche mir nit, fott domit!“
Klare Analyse: Benjamin Wernigk
Foto: Christian Heinrici
Benjamin Wernigk, Mitglied im Kreisvorstand der Linken, wies in die Zukunft: „In den Stadtteilen brauchen wir Bündnisse, in welchen sich die Menschen vernetzen können. Diese dezentralen Strukturen sollen es möglich machen, schneller und besser zu handeln – nicht immer nur auf die Rechtsextremen zu reagieren, sondern selbst zu agieren.“ Und nach einer kurzen versuchten Störung durch zwei schwarzvermummte „Genossen“: „Geht in die Veedel, geht in die Betriebe, geht in die Schulen, geht zu den Menschen, sprecht mit ihnen und klärt sie darüber auf, was es mit dieser sogenannten Bürgerbewegung auf sich hat! Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen!“
Ayse Aydin, Sprecherin der DITIB-
Gemeinde | Foto: Christian Heinrici
Im Veedel ist sie schon seit über 20 Jahren, die Kölner DITIB-Gemeinde, und engagiert sich beispielsweise für „Integration“ sowie gegen häusliche Gewalt. Und dort, auf der Venloer Straße in Ehrenfeld, wo bald der Grundstein für die neue repräsentative Moschee gelegt wird, fand – musikalisch begleitet durch Rolly Brings und Söhne – die Anschlusskundgebung des Ehrenfelder Bündnisses gegen Rechtsextremismus statt. Ayse Aydin, Sprecherin der laizistisch ausgerichteten Gemeinde, bedankte sich bei den Anwesenden für die teilweise jahrelange Solidarität und konkretisierte: „Wir brauchen keine Rassisten, wir brauchen keine Hasskongresse! Was wir brauchen, ist das tägliche, das friedliche Miteinander, das funktionieren muss. Und das funktioniert – das war so, und das wird so bleiben. Danke an alle, die daran mitarbeiten: tagtäglich!“
Kölns Sozialdezernentin Marlies Bredehorst erklärte nach der Kundgebung der NRhZ: „Ich find das toll, dass wir ‚Pro Köln’ hier ein zweites Mal völlig verjagt haben. Die haben in Köln nichts zu suchen. Ich find das schön, dass ‚Pro Köln’ immerhin eins geschafft hat, dass nämlich Muslime und Nicht-Muslime viel näher zusammenrücken in Köln!“
Hören Sie das gesamte Interview
mit Marlies Bredehorst
hier (auf den Pfeil drücken)
Ob sich um das Thema „Anti-Islamismus" eine „neue Rechte“ in Europa zusammenrottet bleibt abzuwarten. Dass sie damit in Köln kein leichtes Spiel haben wird, steht wohl fest. (CH)
Beachten Sie in diesem Zusammenhang auch
Polizeibesatzung und Demokratieblockade
Die „Pro-Köln-Strategie“
in dieser Ausgabe der NRhZ.
Online-Flyer Nr. 197 vom 13.05.2009
Zweiter „Anti-Islamisierungskongress“ erfolgreich verhindert
Für Köln – gegen „Pro“
Von Christian Heinrici
Typisch kölscher Protest: „Pappnasen gegen Kacknazen“
Foto: Christian Heinrici
Etwa 5.000 Demonstranten hatte die rechte Gruppierung gegen sich aufgebracht, die am Samstag, den 9. Mai in gewohnt fantasievollem Protest die Straßen Kölns füllten – diesmal vor allem friedlich. Alles andere wäre bei dem Polizeiaufgebot in einer Proportion wie beim Straßburger NATO-Gipfel auch nur schwer möglich gewesen. „5.600 Beamte wären überhaupt nicht nötig gewesen. Die Polizei hat mit ihrer Einschätzung völlig daneben gelegen und viele Millionen Euro[1] bei einem repressionsfreien und transparenten Einsatzkonzept dem Steuerzahler ersparen können.“ kritisierte Jörg Detjen von der Kölner Linken. (Lesen Sie dazu auch den Kommentar von Hans-Detlef v. Kirchbach in dieser Ausgabe der NRhZ!)
Ob sich nun jeder Gegendemonstrant in Köln von einem persönlichen Polizisten „beschützt“ fühlen konnte, sei also dahingestellt. Die braune Bewegung dagegen brachte nur rund 200 Anhänger zu ihrem großspurig angekündigten „Anti-Islamisierungskongress“ auf; wobei zugebenen einige Militante des rechtsextremen Vlaams Belang aus Belgien im Zug stecken geblieben waren, weil wache Mitfahrer die Lichtschranken der Türen verklebt hatten. Doch ansonsten standen die Zeichen auf Seiten der antirassistischen Demonstranten nicht auf Blockieren.
...und eine ganze Menge mehr mussten vor
den Absperrungen protestieren
Foto: arbeiterfotografie.com
Filip Dewinter vom Vlaams Belang hatte von der „Gefahr“ gesprochen, die „völkische Identität“ zu verlieren und Deutschland als „linke Diktatur“ bezeichnet, der Elsässer Robert Spieler von der „Nouvelle Droite Populaire“, dem die „Front National“ zu links ist, getönt: „Ich will ein deutsches Deutschland und ein europäisches Europa!“ Die Tschechin Edelmannova, die sich im „Wahlkampf“ für die „Endlösung der Zigeunerfrage“ ausgesprochen hatte, schlug auch in Köln offen rassistische Töne an: „Falls jemanden (sic) [...] unsere Spielregeln, unsere Sprachen, unser Gott, unsere Hautfarbe oder unsere europäische Kirche belästigen, dann soll der unseren wunderschönen Kontinent mit uns nicht teilen!“ was auch von „Pro Köln“ Vorsitzenden Markus Beisicht mit lautem Bravo bedacht wurde.[2]
Trotz merklicher Anwesenheit rechtskonservativer „pro-israelischer“ Kräfte und zeitweilig gegenteiliger Bekundungen (Beisicht: „Wir verteidigen unsere abendländisch christlich-jüdische Kultur gegenüber der schleichenden Islamisierung...“), erreichte doch so manche rassistische Kernaussage den glatzköpfigen Adressaten. Kein Wunder also, dass sich auch dieses Mal unzählige Kölner den Braunen die rote Karte zeigten.
Schon gegen 10 Uhr hatte sich ein breites Bündnis sämtlicher Parteien, religiöser und nicht-religiöser Organisationen sowie viele besorgte Bürger auf dem Heumarkt eingefunden. Nach einer kurzen Auftaktkundgebung zogen die Demonstranten über die Deutzer Brücke zum Kundgebungsort vor dem KölnTriangle („LVR-Turm“), wo die Kölner SPD-Bundestagsabgeordnete Lale Akgün über „Pro Köln“ und den Rassisten-Kongress um die Ecke sagte:
„Keine Stimme für Nazis“ – Lale Akgün | Foto: Christian Heinrici
„...Sie werden so lange keine Chance haben, wie die breite Mehrheit der Gesellschaft ihnen entgegensteht, ...wie die breite Mehrheit zu ihnen sagt: ‚Wir lehnen eure Menschenfeindlichkeit ab! Wir wollen nichts zu tun haben, mit euch und eurem Rassismus! Wir wollen nichts zu tun haben, mit einem Rassismus, der sich gegen Muslime, gegen Schwule, gegen Lesben oder gegen irgendeine andere Bevölkerungsgruppe richtet!’ Liebe Freundinnen und Freunde, wenn es sein muss, stehen wir noch ein drittes, oder viertes oder fünftes Mal an diesem Platz, um zu demonstrieren: Mit euch zusammen, gegen die Unverbesserlichen. Denn wir sind Köln, und wir bleiben Köln. In diesem Sinne: Kölle Alaaf!“
die Rede von Lale Akgün
im O-Ton
Rabea Müller – Vortrag mit Esprit
Foto: Christian Heinrici
Klare Analyse: Benjamin Wernigk
Foto: Christian Heinrici
Ayse Aydin, Sprecherin der DITIB-
Gemeinde | Foto: Christian Heinrici
Kölns Sozialdezernentin Marlies Bredehorst erklärte nach der Kundgebung der NRhZ: „Ich find das toll, dass wir ‚Pro Köln’ hier ein zweites Mal völlig verjagt haben. Die haben in Köln nichts zu suchen. Ich find das schön, dass ‚Pro Köln’ immerhin eins geschafft hat, dass nämlich Muslime und Nicht-Muslime viel näher zusammenrücken in Köln!“
mit Marlies Bredehorst
hier (auf den Pfeil drücken)
Ob sich um das Thema „Anti-Islamismus" eine „neue Rechte“ in Europa zusammenrottet bleibt abzuwarten. Dass sie damit in Köln kein leichtes Spiel haben wird, steht wohl fest. (CH)
Beachten Sie in diesem Zusammenhang auch
Polizeibesatzung und Demokratieblockade
Die „Pro-Köln-Strategie“
in dieser Ausgabe der NRhZ.
Online-Flyer Nr. 197 vom 13.05.2009