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Aktueller Online-Flyer vom 21. November 2024  

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Lokales
Die Kölner Presse spielt dazu freundliche Weisen
Rot-Grün: Die BARMER- Koalition
Von Rainer Kippe - SSM

In diesen Tagen erlebt die Kölner Linke, nach langen Jahren des Niedergangs und des Machtverlustes in Kommune, Land und teilweise auch Bund, frohe Stunden.

Endlich hat sich gefunden, was nach Ansicht vieler schon immer zusammenzugehören scheint, und wofür viele jahrelang gearbeitet haben, und Rot und Grün reichen sich die Hände zum historischen Bündnis. Die Parteitage von SPD und GRÜNEN werden mit großer Mehrheit besiegeln, was ihre Oberen ausgehandelt haben. Die Kölner Presse spielt dazu freundliche Weisen.

Martin Börschel, Barbara Moritz - Gemeinsam an die Macht und für den Abriss von 381 Wohnungen
Martin Börschel                          Barbara Moritz
Gemeinsam an die Macht und für den Abriss von 381 Wohnungen
Foto: NRhZ-Archiv



Große Erwartungen begleiten diese Koalition, will sie doch allen alles geben: den Schwachen Sozialleistungen, den Reichen neue fette Gewinne, den Unternehmenden Raum für ihre Unternehmungen, den Ungebildeten Bildung, den Künsten Förderung. Stadtplanung und Wirtschaftsentwicklung sollen endlich auf eine solide Basis gestellt werden. Und das alles soll geleistet werden bei gleichzeitiger notwendiger Sanierung der Finanzen. Und sogar ein neues Kongresszentrum ist drin, wenn auch vermutlich wieder nur von Oppenheim geleast.

Für die Roten bedeutet dieses Bündnis die Rückkehr an die kaum eingeschränkte Macht und an die damit verbundenen Futtertröge; für die GRÜNEN den erneuten Zugang zur Macht, den sie sich mühsam im Bündnis mit den Schwarzen errungen hatten, verbunden mit der Sicherung und Erweiterung der gewonnen Stellen.

Über allem schwebt der Finanzierungsvorbehalt: die Stadt muss seit Jahren ihre Haushalte beim Regierungspräsidenten zu Genehmigung vorlegen und hat damit ihre Selbständigkeit im eigentlichen Sinne bereits verloren. Beim geringsten Abweichen droht die Einsetzung eines Finanzkommissars und damit das tatsächliche, weil finanzielle Aus für die kommunale Selbstverwaltung, ein Schicksal, welches in den letzten Jahren immer mehr einstmals blühende Gemeinden in Nordrhein-Westfalen ereilt hat.

Nicht weniger als die Verfügungsgewalt über die städtischen Finanzen, und damit auch Beförderungen, Ämter usw. steht auf dem Spiel, wenn in den nächsten Wochen der Barmer-Deal platzen wird. 65 Millionen sind versenkt worden, und weniger als 20 werden wieder auftauchen. Mithin droht ein Verlust von an die 50 Millionen Euro. Geld, welches die Stadt nicht hat. Deshalb kamen die Aktionen von SSM und SSK zur unrechten Zeit, drohten sie doch die Koalitionsverhandlungen zu Makulatur zu machen. Und deshalb wurde in den letzten Wochen von Seiten der Verwaltung und der Politik alles versucht, um die Zahlen zu verwischen und die Aussichten zu vernebeln.

Nachdem die Kosten für den Ankauf des Geländes und die Verpflanzung der Bewohner nicht mehr zu verheimlichen waren, haben sich Desinformation und Lüge insbesondere auf zwei Gebiete konzentriert: die Aussichten für den Wiederverkauf und die Wiederverwertung des Geländes, und die Herkunft der Gelder. In beiden Bereichen wurde und wird bewusst die Unwahrheit gesagt, und zwar gegen die eigenen und veröffentlichten Zahlen. Es gehört zu den Wunderdingen der Politik, immer wieder zu erleben, wie das Leugnen weitergeht und von der Presse auch mitgemacht wird, obwohl die Wahrheit schon offen zutage liegt.

Interessant ist auch zu sehen, wie eine alte und bewährte Sachwalterin der Bürger, unsere grüne Ratsfrau Barbara Moritz, diese Desinformation mitmacht und sich sogar an deren Spitze stellt.

60 Millionen wurden bereits gezahlt, eine letzte Rate von 5 Mio. an den Erbbauverein steht noch aus. 16,4 Mio. wurden bisher für das Grundstück - geräumt - geboten. Bleibt wie gesagt ein Verlust von fast 50 Mio. Dennoch stellt sich der Kämmerer am letzten Donnerstag vor die Kamera des WDR und sagt, er gehe davon aus, dass beim Verkauf der Grundstücke die eingesetzten 65 Millionen wieder hereinkommen werden.

Besetzer in der Barmer - Gemeinsam gegen Kölner Klüngel
Besetzer in der Barmer - Gemeinsam gegen Kölner Klüngel
Foto: Kölner Sozialforum


Die Karte, welche als Anhang zur Vorlage im Liegenschaftsausschuss vom Dez. 05 verteilt wurde, weist aus, dass das Angebot von 16,4 Millionen sich auf fast das gesamte verwertbare Grundstück bezieht; dennoch sagt der Kämmerer vor den Kameras ins Gesicht der ganzen Öffentlichkeit, das Angebot beziehe sich nur auf einen kleinen Teil des Geländes, und deshalb sei es noch möglich, die gesamte ausgegebene Summe durch den Verkauf wieder hereinzuholen. Auch Frau Moritz will mit den verbliebenen Reststücken noch große Einnahmen tätigen.

Es ist uns in den letzten Wochen gelungen, diese Fragen gegen die Informationssperre von Rat und Verwaltung anhand der genauen Unterlagen bis hinein in die veröffentlichte Meinung zu thematisieren. Immerhin HAT der WDR, immerhin HAT die Rundschau ja gefragt, wie man den bitteschön angesichts solcher Angebote das Geld wieder hereinholen wolle.

Völlig im Dunkeln geblieben ist hingegen die Frage, WOHER das Geld stammt, welches die Stadt ausgegeben hat. Die Haushaltsrede des Kämmerers vom November 02 gibt an, dass 38,1 Millionen (also offensichtlich 100 000 Euro pro Wohnung), aus den Wohnungsbaumitteln der Stadt entnommen wurden, weitere Mittel aus den Schulsanierungsmitteln. Wie viel genau, ist nicht bekannt. Obwohl diese Rede im öffentlich zugängigen Netz steht, hat sich bisher niemand darauf bezogen. Frau Moritz hat sogar öffentlich gesagt und geschrieben, die Behauptung, es seien Wohnungsbau- und Schulsanierungsmittel verwendet worden, sei falsch. Im grün-offenen Ausschuss hat sie auf Vorhaltung geschickt hinzugefügt: "sonst hätte der Kämmerer uns das gesagt."

In Rede ist weiter, dass die Stadt einen Kredit aufgenommen habe, um die Lücke zwischen den Wohnungsbaumitteln und den Schulsanierungsmitteln einerseits und den bereits gezahlten 60 Millionen zu schließen. Entspricht dieser Betrag den ominösen 16,4 Millionen, welche angeblich geboten worden sind?

Die Wahrheit über die bereits gezahlten 60 Millionen, über ihre Herkunft und die Möglichkeiten der Rückzahlung schweben als Damoklesschwert über der gesamten Kölner Politik und mithin auch über der gerade geschlossenen Koalition. Kommen sie bald wieder herein, ist alles in Butter; kommen sie zu größten Teil NICHT wieder herein, dann hat die Stadt ein Problem, dann sind ihre gesamten Finanzen bedroht. Und deshalb muss die Beantwortung dieser Frage solange hinausgeschoben werden wie möglich.

Hinter den Kulissen wird nun verzweifelt nach einer Möglichkeit gesucht, das Loch, wenn nicht zu schließen, dann wenigstens kleiner zu machen. Und es wird jetzt bereits nach Schuldigen gesucht, denen man die Misere anhängen kann. In der letzteren Frage hat Frau Moritz den Pfeil bereits auf den Koalitionspartner von gestern, unseren wackeren Kämmerer gerichtet: "...sonst hätte der Kämmerer uns das gesagt." Er sah nicht gut aus, der Herr Stadtkämmerer Soénius, als er letzten Donnerstag in die Kamera erklärte, das Geld werde wieder hereinkommen. Aber was soll er sonst sagen?

Börschel, der neue Heugel der SPD, hat im Stadtanzeiger bereits mit der Vorwärtsverteidigung begonnen. Beim Barmer Viertel handele es sich um "ein Symbol für nicht funktionierendes Verwaltungshandeln." Und damit hat er die Begründung gegeben, warum jetzt ein Wirtschaftsdezernent seiner Wahl und ein neuer Stadtdirektor von der SPD gewählt werden sollen. Und so wie man Fritz Schramma den Messeskandal 1 angehängt hat, so will man nun Soénius den Messeskandal 2 anhängen und ihn so politisch kalt stellen, und dabei versuchen vergessen zu machen, dass alle, in Worten ALLE, Ratsmitglieder im Dezember 2002 in Kenntnis der Zahlen für diesen Deal gestimmt haben, auch die Mitglieder der SPD, und dass sie ALLE im Plenum gesessen haben, als der Kämmerer ihnen gesagt hat, woher er das Geld genommen hat.

Die ersten Bäume sind bereits abgesägt
Die ersten Bäume sind bereits abgesägt
Foto: Kölner Sozialforum


Schwieriger ist es da schon, das Finanzloch zu stopfen, bevor die Frage nach der Rückzahlung der entfremdeten Sozialmittel und des Kredites auftaucht. An einer Stelle ist man schon aktiv geworden. Es wird laut Koalitionsvertrag ein Kongresszentrum gebaut, und zwar an der Stelle, die vom neuen Dezernenten als schwer zu vermarkten bezeichnet worden ist, im westlichen Zipfel des Barmer Geländes also, in der Sackgasse zwischen zwei Bahnlinien und der Messe, abgeschnitten vom Rhein und zugänglich nur von der Deutz-Mülheimer Straße. Für dieses unter normalen Umständen unverkäufliche Gelände wird man nun als Käufer die neu zu gründende Kongresshallen-Gesellschaft aktivieren. Da kann man dann auch einen etwas höheren Bodenpreis einsetzen, weil der ja wieder in die Gesamtkalkulation eingeht, und die wiederum wird von der Stadt als Hauptgesellschafter abgedeckt.

Bauen darf vermutlich wieder der Esch-Fonds, und so wird sichergestellt, dass das Geld, das die verdienten Bürger unserer Stadt uns im Laufe der Jahre aus den Taschen gezogen haben, wieder zu uns zurückkehrt: in Form von Krediten, die wir in alle Ewigkeit bedienen. Man könnte auch sagen: nachdem sie uns ausgeplündert haben, verpfänden sie nun die Zukunft unserer Kinder.

So betrachtet wird auch klar, welches freundliche Interesse die Kölner Oligarchie, vertreten durch ihr offizielles Organ, den Kölner Stad-Anzeiger, am Gelingen von Rot-Grün hat. Sichert doch keine Koalition derartig perfekt ihr Wohlergehen, und zwar immer ganz knapp an der höchstmöglichen Ausbeutungsrate, und das ist das knappe Überleben der Kommune.

Es ist auch interessant zu beobachten, dass bisher niemand auf die Bemerkung des SSM eingegangen ist, dass es bei einem Kaufpreis von 16,4 Millionen sinnvoller ist, die Häuser des Barmer-Blocks stehen zu lassen, weil ihr Wert den Bodenwert mindestens verdoppelt. Offensichtlich geht es schon lange nicht mehr um Werte und Vermögen, sondern nur noch darum, möglichst schnell Bares in die Hand zu kriegen, um den Kredit nicht platzten zu lassen. Wie ein Schuldner kurz vor der Insolvenz, oder wie die DDR kurz vor dem Mauerfall, kommt es bei der Stadt offensichtlich nicht mehr darauf an, WIEVIEL gezahlt wird, sondern dass ÜBERHAUPT noch Geld fließt.

Der kühne Kampf der Grünen für die Vernichtung des Barmer Blocks und damit von allem, was sie jemals kommunalpolitisch vertreten haben, ist ein Hinweis darauf, wie tief sie in den Deal verstrickt sind. Während SPD-Ott von einer "Altlast von Schwarz-Grün" spricht, der sich die SPD vorurteilsfrei zu nähern habe, sind die GRÜNEN selbst bedroht. Ihr zweites Machtzentrum ist nicht der Aufsichtsrat der Messe. Es ist ihre Politik, die sie zusammen mit der CDU in der Messe, mit der Messe und um die Messe getrieben haben und treiben, welche nicht nur zum Messeskandal 1, sondern auch zum Barmer Desaster geführt hat. Vor diesem Desaster haben sie sich in die neue Koalition geflüchtet. Wir bezweifeln, dass dieser Schachzug genügen wird, um auf die Dauer ihr ganzes politisches Versagen der letzten Jahre zu bemänteln.

Siehe auch die aktuelle Fotogalerie und den Beitrag "Erste Erfolge im Barmer Viertel".

Weitere Informationen unter www.koelner-sozialforum.de und barmerviertel.ina-koeln.org


Online-Flyer Nr. 36  vom 21.03.2006



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