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Inland
Antideutsche versuchten 9/11- und Israel-kritische Veranstaltung zu verhindern
Angriff auf Club Voltaire
Von Christel Mertens
Freier Meinungsäußerung den Weg versperrt: Die Antideutschen
Die selbsternannten Antideutschen bedrohten am Wochenende BesucherInnen massiv und wollten sogar gewaltsam in den Club Voltaire eindringen. Von vornherein war klar: Zur Diskussion waren sie nicht angereist. Vor allem Elias Davidsson und die Hip-Hop-Gruppe Bandbreite waren ihnen offenbar ein Dorn im Auge. Zur Verwirrung vieler nennen sich die Antideutschen links, und diese Verwirrung ist offenbar gewollt.
Steinberg-Recherche schreibt dazu: „Sich links dünkende Antideutsche, in Wahrheit deutsche Anti-Linke und Zionisten verbreiten seit längerem Schrecken unter den Gegnern der israelischen Staats- und Regierungspolitik. Von der Propaganda-Abteilung (Hasbara-Abteilung) des israelischen Außenministeriums finanziert, überschwemmen sie Foren und Blogs meist anonym mit Unflat und Drohungen und greifen auch zu Gewalt. Sie setzen Zionisten mit Juden gleich – ein klassisches judäophobes Muster – und beschimpfen antizionistische Juden als Selbsthasser. Im gleichen Atemzug diffamieren sie die Zweifler an der hahnebüchenen Bush-Version über die Attentate vom 11. September 2001 mit dem zum Schimpfwort pervertierten Begriff Verschwörungstheoretiker, grenzen Muslime aus und preisen im übrigen, links bemäntelt, angebliche Freiheit und Demokratie in den USA und Israel.“
Elias Davidsson: Diskussion mit ihm war nicht gewünscht
Recht auf freie Meinungsäußerung?
Wie aggressiv die Antideutschen waren, berichtet auch der Publizist und Herausgeber der "Roten Fahne“, Stephan Steins: „Ein Antideutscher sagte mir: ‚Wir wollen dich hier in Frankfurt nicht, das nächste Mal könnten wir dich auch umbringen‘. Ähnlich erging es auch dem Sänger der ‚Bandbreite’. Die Stimmung war äußerst aufgeladen und gereizt." Kritik an der Politik Israels gegen die Palästinenser wurde als israelfeindlich und demnach antisemitisch angegriffen, die Infragestellung der offiziellen Darstellung der Vorgänge zu 9/11 und die Aufklärungsversuche dazu wurden diffamiert.
Vor allem die Texte der Gruppe Bandbreite mochten die Antideutschen nicht. Die hatten nämlich auf sie den Song „Der Antideutsche“ gedichtet und auf die Vorgänge zu 9/11 das Stück „Selbstgemacht“. Selbst wenn man sich in Details mit diesen Texten nicht identifizieren mag, widersprach der Auftritt der so Kritisierten der Freiheit der Kunst und dem Recht auf freie Meinungsäußerung. Wer auf Kritik durch derart aggressive Angriffe wie auf den Club Voltaire reagiert, macht deutlich, dass er beides nicht akzeptiert und hat sich damit selbst diskreditiert.
Steilvorlage für das gewünschte Feindbild
Auch die Arbeiterfotografie musste sich schon im Vorfeld gegen Angriffe der Antideutschen wehren. In einem Interview mit der Berliner Umschau vom 13. Oktober konterten Anneliese Fikentscher und Andreas Neumann: „Das war ein breites Spektrum von Vorwürfen, die immer wieder wechselten, wenn sich herausstellte, dass Vorwürfe nicht haltbar waren. Das waren Antisemitismus, Antizionismus, Antiamerikanismus, Sexismus. Der mitveranstaltenden Arbeiterfotografie wurde vorgeworfen, sie würde Faschisten nahe stehen, sei Freund des iranischen Präsidenten Ahmadinedschad und des ums Leben gekommenen österreichischen Politikers Jörg Haider und würde Verschwörungstheorien vertreten. Das alles entbehrt jeder Grundlage. Es geht um die Darstellung von Zusammenhängen, um das Stellen von Fragen, die meist nicht gestellt werden. Es geht z.B. um die Frage, wie Feindbilder geschaffen werden, um Kriege zu rechtfertigen. Es geht darum deutlich zu machen, dass sich jeder, der sich nicht dagegen stellt, mitschuldig macht, Mitschuld trägt am Tod der Menschen, den der Krieg verursacht.“
Hip-Pop-Hiphop-Rap: Die Bandbreite | Fotos: arbeiterfotografie.com
Doch mit einigen Veröffentlichungen von Anneliese Fikentscher und Andreas Neumann auf den Seiten der Arbeiterfotografie hatte man den Antideutschen prächtige Steilvorlagen geliefert. Natürlich war und ist es wichtig, zum Verbrechen von 9/11 die notwendige Aufklärung zu versuchen und Öffentlichkeit herzustellen. Für die Meinungs- und Pressefreiheit kann es aber zum Problem werden, wenn dann Berichterstattung, wie hier im Falle 9/11, so dogmatisch in quasi-religiösen Welterklärungsmodellen mit ausschließlichem Wahrheitsanspruch und damit in einer versimpelnden dualistischen Einteilung der Welt in Gut und Böse endet. Darüber sollte auch die Arbeiterfotografie mal nachdenken und gegebenenfalls ihre Weltsicht und solche Artikel korrigieren.
Völlig abwegig ist es zwar, den Arbeiterfotografen Anneliese Fikentscher und Andreas Neuman irgendeine Form von Rechtslastigkeit oder Antisemitismus anzudichten. Doch eine deutlichere Abgrenzung nach Rechts zum Beispiel im Fall ihrer Ursachendarstellung zum Unfalltod des besoffenen Rechtspopulisten Jörg Haider und in ihrem Umgang mit dem iranischen Präsidenten Ahmadinedschad wäre notwendig gewesen, wie scharf links am 8. Oktober schrieb: „Die naive, ja geradezu umarmende Würdigung des Faschisten Jörg Haider durch Anneliese Fikentscher und Andreas Neumann, dem u.a. zugute gehalten wird, dass er sich – wie alle Nazis – dem Finanzkapital entgegen stellen wollte, und die Rechtfertigung des Artikels durch den Bundesvorstand von ‚Arbeiterfotografie' sind alarmierend. Sie zeigen, auf welche Irrwege die Anwendung der schon immer auch unter Anti-Imperialisten umstrittenen These ‚Der Feind unseres Feindes ist unser Freund’ und die Zuwendung zu Verschwörungstheorien führen können. In diesem Fall ist die Trennschärfe zwischen rechts und links vollkommen verloren gegangen. Den Nutzen daraus zieht das Nazi-Spektrum.“ Das trifft den Kern, selbst wenn man diese Verkürzung des Freund-Feind-Bildes nicht unbedingt teilen muss.
Wen es interessiert, und wen nicht
Nicht nur Neonazis ziehen Nutzen aus solchen Kontroversen, und nicht zum ersten Mal. Vor allem die Machtausübenden – Bourgeoisie und Kapital im Lande – freuen sich über diese Selbstzerfleischung von Linken auf diversen Schauplätzen. Denn so geraten sie immer mehr in die Defensive. Geben wir’s doch zu: Sie ist bis auf weiteres besiegt worden und hat dazu weitgehend selbst beigetragen. Mit verbohrter Unerbittlichkeit suchte man auf Nebenschauplätzen Siege, wodurch Kräfte für andere tatsächlich wichtige Themen immer wieder vergeudet wurden.
Darin liegt doch die Gefahr: Während in diesem Land und anderswo soziale Konflikte immer mehr zunehmen und die Gesellschaft auseinander zu brechen droht, versperrt man sich selbst durch die Eröffnung von Nebenschauplätzen auch die letzen Möglichkeiten, Zuspruch zu gewinnen. Das ist sicher nicht gewollt, aber unweigerlich die Folge. Man entfernt sich von den Menschen und ihrer Lebenswirklichkeit, für deren gerechte Behandlung und Frieden man mit Recht eintreten will.
Und wenn sie sich Medienkritik auf die Fahne schreibt, könnte die Arbeiterfotografie auch an die Bertelsmannstiftung, die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft, den Bürgerkonvent, zweifelhafte Wissenschaftler und Experten und deren Kolporteure, die Mainstream-Medien, denken. Mit viel Geld stellen die in den meisten Köpfen alles auf den Kopf, verdrehen Ursachen und Wirkung und lügen über gesellschaftliche Zusammenhänge, um so die Menschen zum Stillhalten zu bringen. In diesen Zusammenhängen wäre Medienkritik wirklich angebracht.
Verglichen damit ist der jetzt in der linken Online-Medienszene heftig diskutierte Vorfall im Club Voltaire – der für sich genommen natürlich durchaus ernst zu nehmen ist – für die Menschen, die ein immer schwieriger werdendes Leben bewältigen müssen, nicht sonderlich interessant. Deren Lebenszusammenhänge darzustellen und die dafür Verantwortlichen klar zu benennen, ist hingegen die eigentliche Aufgabe kritischer Gegenöffentlichkeit. (PK)
Online-Flyer Nr. 219 vom 14.10.2009
Antideutsche versuchten 9/11- und Israel-kritische Veranstaltung zu verhindern
Angriff auf Club Voltaire
Von Christel Mertens
Freier Meinungsäußerung den Weg versperrt: Die Antideutschen
Die selbsternannten Antideutschen bedrohten am Wochenende BesucherInnen massiv und wollten sogar gewaltsam in den Club Voltaire eindringen. Von vornherein war klar: Zur Diskussion waren sie nicht angereist. Vor allem Elias Davidsson und die Hip-Hop-Gruppe Bandbreite waren ihnen offenbar ein Dorn im Auge. Zur Verwirrung vieler nennen sich die Antideutschen links, und diese Verwirrung ist offenbar gewollt.
Steinberg-Recherche schreibt dazu: „Sich links dünkende Antideutsche, in Wahrheit deutsche Anti-Linke und Zionisten verbreiten seit längerem Schrecken unter den Gegnern der israelischen Staats- und Regierungspolitik. Von der Propaganda-Abteilung (Hasbara-Abteilung) des israelischen Außenministeriums finanziert, überschwemmen sie Foren und Blogs meist anonym mit Unflat und Drohungen und greifen auch zu Gewalt. Sie setzen Zionisten mit Juden gleich – ein klassisches judäophobes Muster – und beschimpfen antizionistische Juden als Selbsthasser. Im gleichen Atemzug diffamieren sie die Zweifler an der hahnebüchenen Bush-Version über die Attentate vom 11. September 2001 mit dem zum Schimpfwort pervertierten Begriff Verschwörungstheoretiker, grenzen Muslime aus und preisen im übrigen, links bemäntelt, angebliche Freiheit und Demokratie in den USA und Israel.“
Elias Davidsson: Diskussion mit ihm war nicht gewünscht
Recht auf freie Meinungsäußerung?
Wie aggressiv die Antideutschen waren, berichtet auch der Publizist und Herausgeber der "Roten Fahne“, Stephan Steins: „Ein Antideutscher sagte mir: ‚Wir wollen dich hier in Frankfurt nicht, das nächste Mal könnten wir dich auch umbringen‘. Ähnlich erging es auch dem Sänger der ‚Bandbreite’. Die Stimmung war äußerst aufgeladen und gereizt." Kritik an der Politik Israels gegen die Palästinenser wurde als israelfeindlich und demnach antisemitisch angegriffen, die Infragestellung der offiziellen Darstellung der Vorgänge zu 9/11 und die Aufklärungsversuche dazu wurden diffamiert.
Vor allem die Texte der Gruppe Bandbreite mochten die Antideutschen nicht. Die hatten nämlich auf sie den Song „Der Antideutsche“ gedichtet und auf die Vorgänge zu 9/11 das Stück „Selbstgemacht“. Selbst wenn man sich in Details mit diesen Texten nicht identifizieren mag, widersprach der Auftritt der so Kritisierten der Freiheit der Kunst und dem Recht auf freie Meinungsäußerung. Wer auf Kritik durch derart aggressive Angriffe wie auf den Club Voltaire reagiert, macht deutlich, dass er beides nicht akzeptiert und hat sich damit selbst diskreditiert.
Steilvorlage für das gewünschte Feindbild
Auch die Arbeiterfotografie musste sich schon im Vorfeld gegen Angriffe der Antideutschen wehren. In einem Interview mit der Berliner Umschau vom 13. Oktober konterten Anneliese Fikentscher und Andreas Neumann: „Das war ein breites Spektrum von Vorwürfen, die immer wieder wechselten, wenn sich herausstellte, dass Vorwürfe nicht haltbar waren. Das waren Antisemitismus, Antizionismus, Antiamerikanismus, Sexismus. Der mitveranstaltenden Arbeiterfotografie wurde vorgeworfen, sie würde Faschisten nahe stehen, sei Freund des iranischen Präsidenten Ahmadinedschad und des ums Leben gekommenen österreichischen Politikers Jörg Haider und würde Verschwörungstheorien vertreten. Das alles entbehrt jeder Grundlage. Es geht um die Darstellung von Zusammenhängen, um das Stellen von Fragen, die meist nicht gestellt werden. Es geht z.B. um die Frage, wie Feindbilder geschaffen werden, um Kriege zu rechtfertigen. Es geht darum deutlich zu machen, dass sich jeder, der sich nicht dagegen stellt, mitschuldig macht, Mitschuld trägt am Tod der Menschen, den der Krieg verursacht.“
Hip-Pop-Hiphop-Rap: Die Bandbreite | Fotos: arbeiterfotografie.com
Doch mit einigen Veröffentlichungen von Anneliese Fikentscher und Andreas Neumann auf den Seiten der Arbeiterfotografie hatte man den Antideutschen prächtige Steilvorlagen geliefert. Natürlich war und ist es wichtig, zum Verbrechen von 9/11 die notwendige Aufklärung zu versuchen und Öffentlichkeit herzustellen. Für die Meinungs- und Pressefreiheit kann es aber zum Problem werden, wenn dann Berichterstattung, wie hier im Falle 9/11, so dogmatisch in quasi-religiösen Welterklärungsmodellen mit ausschließlichem Wahrheitsanspruch und damit in einer versimpelnden dualistischen Einteilung der Welt in Gut und Böse endet. Darüber sollte auch die Arbeiterfotografie mal nachdenken und gegebenenfalls ihre Weltsicht und solche Artikel korrigieren.
Völlig abwegig ist es zwar, den Arbeiterfotografen Anneliese Fikentscher und Andreas Neuman irgendeine Form von Rechtslastigkeit oder Antisemitismus anzudichten. Doch eine deutlichere Abgrenzung nach Rechts zum Beispiel im Fall ihrer Ursachendarstellung zum Unfalltod des besoffenen Rechtspopulisten Jörg Haider und in ihrem Umgang mit dem iranischen Präsidenten Ahmadinedschad wäre notwendig gewesen, wie scharf links am 8. Oktober schrieb: „Die naive, ja geradezu umarmende Würdigung des Faschisten Jörg Haider durch Anneliese Fikentscher und Andreas Neumann, dem u.a. zugute gehalten wird, dass er sich – wie alle Nazis – dem Finanzkapital entgegen stellen wollte, und die Rechtfertigung des Artikels durch den Bundesvorstand von ‚Arbeiterfotografie' sind alarmierend. Sie zeigen, auf welche Irrwege die Anwendung der schon immer auch unter Anti-Imperialisten umstrittenen These ‚Der Feind unseres Feindes ist unser Freund’ und die Zuwendung zu Verschwörungstheorien führen können. In diesem Fall ist die Trennschärfe zwischen rechts und links vollkommen verloren gegangen. Den Nutzen daraus zieht das Nazi-Spektrum.“ Das trifft den Kern, selbst wenn man diese Verkürzung des Freund-Feind-Bildes nicht unbedingt teilen muss.
Wen es interessiert, und wen nicht
Nicht nur Neonazis ziehen Nutzen aus solchen Kontroversen, und nicht zum ersten Mal. Vor allem die Machtausübenden – Bourgeoisie und Kapital im Lande – freuen sich über diese Selbstzerfleischung von Linken auf diversen Schauplätzen. Denn so geraten sie immer mehr in die Defensive. Geben wir’s doch zu: Sie ist bis auf weiteres besiegt worden und hat dazu weitgehend selbst beigetragen. Mit verbohrter Unerbittlichkeit suchte man auf Nebenschauplätzen Siege, wodurch Kräfte für andere tatsächlich wichtige Themen immer wieder vergeudet wurden.
Darin liegt doch die Gefahr: Während in diesem Land und anderswo soziale Konflikte immer mehr zunehmen und die Gesellschaft auseinander zu brechen droht, versperrt man sich selbst durch die Eröffnung von Nebenschauplätzen auch die letzen Möglichkeiten, Zuspruch zu gewinnen. Das ist sicher nicht gewollt, aber unweigerlich die Folge. Man entfernt sich von den Menschen und ihrer Lebenswirklichkeit, für deren gerechte Behandlung und Frieden man mit Recht eintreten will.
Und wenn sie sich Medienkritik auf die Fahne schreibt, könnte die Arbeiterfotografie auch an die Bertelsmannstiftung, die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft, den Bürgerkonvent, zweifelhafte Wissenschaftler und Experten und deren Kolporteure, die Mainstream-Medien, denken. Mit viel Geld stellen die in den meisten Köpfen alles auf den Kopf, verdrehen Ursachen und Wirkung und lügen über gesellschaftliche Zusammenhänge, um so die Menschen zum Stillhalten zu bringen. In diesen Zusammenhängen wäre Medienkritik wirklich angebracht.
Verglichen damit ist der jetzt in der linken Online-Medienszene heftig diskutierte Vorfall im Club Voltaire – der für sich genommen natürlich durchaus ernst zu nehmen ist – für die Menschen, die ein immer schwieriger werdendes Leben bewältigen müssen, nicht sonderlich interessant. Deren Lebenszusammenhänge darzustellen und die dafür Verantwortlichen klar zu benennen, ist hingegen die eigentliche Aufgabe kritischer Gegenöffentlichkeit. (PK)
Online-Flyer Nr. 219 vom 14.10.2009