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Inland
PJAK-Chef in Köln stolz auf die jüngsten Anschläge im Iran:
„Überall zuschlagen“
Von Hans Georg
Kann überall zuschlagen – PJAK-
„Partisanen im Gebirge"
Quelle: www.caucaz.com
Beide aktuellen Attacken zielen darauf ab, die Kontrolle Teherans über größere Teile des Landes entscheidend zu schwächen. Dem Vorhaben, der Zentralregierung in Teheran Macht zu entreißen und ethnischen Minderheiten umfangreiche Sonderrechte zuzusprechen, hat sich jüngst auch die Friedrich Naumann-Stiftung der Partei des künftigen deutschen Außenministers (FDP) angeschlossen. Damit befördert sie eine Destabilisierung des Iran, der sich westlichen Ordungskonzepten verweigert. In deutschen Militärkreisen heißt es, die Unterstützung für zentrifugale Kräfte im Iran sei ein geeigneter "Hebel westlicher Iran-Politik unterhalb des eigenen militärischen Eingreifens".
Kooperiert auch mit der CIA – Jundallah im
Ostiran | Quelle: http://www.stratfor.com
Mit dem Bombenanschlag, der mehr als 40 Todesopfer forderte, haben die iranischen Sezessionisten vor zwei Wochen ihre Bemühungen um eine Destabilisierung des Landes fortgesetzt. Anschlagsziel waren hochrangige iranische Militärs; Schauplatz war die Region Sistan-Belutschistan im Südosten des Landes, die bereits seit Jahren Ort brutaler Sezessionskämpfe ist. Blutige Attentate verübt dabei vor allem die Organisation "Jundallah", die auch diesmal als Urheberin des Massakers genannt wird. Jundallah will Belutschistan aus dem iranischen Staat lösen. Teheran beschuldigt die Vereinigten Staaten und Großbritannien, Jundallah zu unterstützen, um das Regime zu schwächen und prowestliche Kräfte in die Regierung zu bringen. In der Tat haben US-Geheimdienstkreise in den vergangenen Jahren mehrfach Informationen an die Presse lanciert, die eine Kooperation zwischen der CIA und Jundallah sowie weiteren iranischen Sezessionisten bestätigen [1]; auch Insider aus dem Ostiran, etwa ein Bruder des Jundallah-Anführers, bekräftigen diese Vermutung [2].
„Partisanen im Gebirge“
Gleichzeitig mit dem blutigen Anschlag im Ostiran hat die "Partei für ein freies Leben in Kurdistan" (PJAK) ihre Attentate im Nordwestiran wieder aufgenommen.[3] Wie kurdische Medien berichten, erschossen PJAK-Mitglieder am vergangenen Freitag einen Repräsentanten des iranischen Staates in Salmas unweit der Grenze zur Türkei. Die PJAK steht den Separatisten von der türkischen PKK nahe und kämpft offiziell für eine Autonome Region Iranisch-Kurdistan ganz nach dem Modell der Autonomen Region Kurdistan im Irak.[4] Kritiker halten dies nur für eine Etappe auf dem Weg zur Schaffung eines kurdischen Großstaats. Die PJAK gibt an, in den letzten Jahren mehrere hundert iranische Repressionskräfte getötet zu haben. Ihr Chef hat unmittelbar vor dem jüngsten Attentat erklärt, die "Partisanen im Gebirge" des Nordwestiran seien "nur ein geringer Teil von PJAK".[5] Mit einem Angriff auf einen Militärflughafen bei Teheran habe seine Organisation im vergangenen Jahr bewiesen, "dass wir überall zuschlagen können".
Sitz in Deutschland
Die Tätigkeit der PJAK in Deutschland war in den vergangenen beiden Jahren mehrfach Gegenstand von Medienberichten. Demnach hat die Organisation nicht nur zahlreiche Milizionäre in der Bundesrepublik angeworben; auch ihr Vorsitzender residiert hier - in Köln. PJAK-Chef Haji Ahmadi gelingt es laut einer Fernsehdokumentation, regelmäßig aus Deutschland zu seinen Milizen zu reisen, die in der Autonomen Region Kurdistan im Irak stationiert sind - unter den Augen eines Berlin eng verbundenen Clans (Barzani), der gegenwärtig "Irakisch-Kurdistan" beherrscht.[6] Die deutschen Behörden sind ausweislich der offiziellen Verfassungsschutz-Berichte über die Tätigkeit der PJAK informiert, schreiten jedoch - anders als im Falle der türkischen PKK - nicht ein. Der BND soll laut Berichten Kontakte zu PJAK-Chef Haji Ahmadi unterhalten haben.[7] Auch in den Vereinigten Staaten genießt die PJAK laut mehreren Recherchen Unterstützung.[8] Zwar hat die Regierung Obama die Organisation zu Beginn ihrer Amtszeit auf die offizielle Washingtoner Terrorliste gesetzt, um gegenüber Teheran Gesprächsbereitschaft zu signalisieren; wirkungsvolle Sanktionen gegen sie sind bislang jedoch nicht bekannt.
Innenpolitisch labil
Nicht-militante Organisationen iranischer Sezessionisten erhalten mittlerweile auch Unterstützung von der Friedrich-Naumann-Stiftung (FDP). Im Juni hielt die Stiftung in Zusammenarbeit mit der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) eine Konferenz ab, die der "Nationalitätenfrage" im Iran gewidmet war. Es sei an der "Zeit", die Belange ethnischer Minoritäten im Iran "verstärkt in den Fokus der internationalen Öffentlichkeit zu rücken", hieß es in den Tagungsunterlagen; genannt wurden unter anderem "Kurden" im Nordwestiran sowie "Belutschen" im Osten des Landes.[9] "Bis zu 60%" der iranischen Bevölkerung gehörten ethnischen Minderheiten an und müssten Sonderrechte erhalten, erklärten die Veranstalter nach der Tagung - eine Stärkung zentrifugaler Kräfte, die in Verbindung mit äußerer Einmischung den Bestand des Staates ernstlich gefährden kann.[10] Kritiker des Teheraner Militärregimes warnen vor solcher Einmischung - die inneriranische Opposition laufe dabei höchste Gefahr, "sofort als westlich gesteuert und ihre Führer als Kollaborateure gebrandmarkt" zu werden.[11] Tatsächlich erklärt ein Professor der Bundeswehr-Universität in München, völkische Sezessionsbewegungen seien ein geeigneter "Destabilisierungshebel": Iran sei ein "Vielvölkerstaat"; "diese innenpolitische Labilität könnte - und sollte (geheimdienstlich verdeckt, versteht sich) - der Hebel westlicher Iran-Politik unterhalb des eigenen militärischen Eingreifens sein."[12]
Abnehmende Bindungen
Bislang hatte Berlin wegen der beträchtlichen deutschen Wirtschaftsinteressen im Iran immer wieder versucht, einen Ausgleich zwischen Umsturzdrohungen und Kooperationsangeboten an Teheran zu finden (german-foreign-policy.com berichtete [13]). Mittlerweile beginnen sich die Gewichte zu verschieben. Neben der zunehmenden Unterstützung für iranische Sezessionisten fängt Berlin nun auch an, gegen die Spionageapparate des Teheraner Militärregimes vorzugehen. Letzte Woche teilte das Hamburger Landesamt für Verfassungsschutz mit, der Geheimdienst des Iran suche iranische Exiloppositionelle in Deutschland auszuspionieren - eine Praxis, die seit Jahren bekannt und von Berlin bislang geduldet worden ist, mit für Regimekritiker oft blutigen Folgen. Selbst in Wirtschaftskreisen, die während der vergangenen Jahre zu den entschiedensten Befürwortern einer Kooperation mit Iran gehörten, kippt inzwischen die Stimmung: Die "Entmutigungsstrategie" - eine Anstrengung der Bundesregierung, Unternehmen zur Einschränkung ihrer Iran-Geschäfte zu drängen - hat Erfolg; die Ausfuhren in den Iran brachen in den ersten sieben Monaten 2009 um zehn Prozent gegenüber dem Vorjahr ein.[14] Die zunehmenden Umsturzaktivitäten bei gleichzeitig abnehmenden Bindungen erhöhen die Spannungen und lassen eine weitere Eskalation befürchten. (PK)
[1] US funds terror groups to sow chaos in Iran; The Daily Telegraph 25.02.2007. Bush sanctions 'black ops' against Iran; The Daily Telegraph 27.05.2007
[2] Rigi's brother exposes US ties with Jundullah; presstv.ir 09.06.2009
[3] Kurdish PJAK rebels resume attacks in Iranian Kurdistan; www.ekurd.net 17.10.2009
[4] s. dazu Feudale Sonderbeziehungen, (Irakisch) Kurdistan und Deutsche Brückenbauer
[5] PJAK-Rebellen: "Wir können überall im Iran zuschlagen"; Die Presse 15.10.2009
[6], [7] s. dazu Destabilisierungshebel
[8] Seymur M. Hersh: The Next Act; The New Yorker 27.11.2006. US wages covert war on Iraq-Iran border; Asia Times 28.11.2007
[9] s. dazu Destabilisierungshebel (II)
[10] s. dazu Umsturzerwartungen
[11] "Endlich Freiheit"; www.boell.de 18.06.2009
[12] Die Zerrissenheit des Iran; Die Welt 07.03.2007
[13] s. dazu Zwei Feuer, Die traditionelle Rolle, Balance statt Exklusion und Potenzial zum Partner
[14] Die Deutsche Wirtschaft zieht aus dem Iran ab; Die Welt 04.10.2009
Mehr http://www.german-foreign-policy.com/de/fulltext/57651
Online-Flyer Nr. 221 vom 28.10.2009
PJAK-Chef in Köln stolz auf die jüngsten Anschläge im Iran:
„Überall zuschlagen“
Von Hans Georg
Kann überall zuschlagen – PJAK-
„Partisanen im Gebirge"
Quelle: www.caucaz.com
Kooperiert auch mit der CIA – Jundallah im
Ostiran | Quelle: http://www.stratfor.com
„Partisanen im Gebirge“
Gleichzeitig mit dem blutigen Anschlag im Ostiran hat die "Partei für ein freies Leben in Kurdistan" (PJAK) ihre Attentate im Nordwestiran wieder aufgenommen.[3] Wie kurdische Medien berichten, erschossen PJAK-Mitglieder am vergangenen Freitag einen Repräsentanten des iranischen Staates in Salmas unweit der Grenze zur Türkei. Die PJAK steht den Separatisten von der türkischen PKK nahe und kämpft offiziell für eine Autonome Region Iranisch-Kurdistan ganz nach dem Modell der Autonomen Region Kurdistan im Irak.[4] Kritiker halten dies nur für eine Etappe auf dem Weg zur Schaffung eines kurdischen Großstaats. Die PJAK gibt an, in den letzten Jahren mehrere hundert iranische Repressionskräfte getötet zu haben. Ihr Chef hat unmittelbar vor dem jüngsten Attentat erklärt, die "Partisanen im Gebirge" des Nordwestiran seien "nur ein geringer Teil von PJAK".[5] Mit einem Angriff auf einen Militärflughafen bei Teheran habe seine Organisation im vergangenen Jahr bewiesen, "dass wir überall zuschlagen können".
Sitz in Deutschland
Die Tätigkeit der PJAK in Deutschland war in den vergangenen beiden Jahren mehrfach Gegenstand von Medienberichten. Demnach hat die Organisation nicht nur zahlreiche Milizionäre in der Bundesrepublik angeworben; auch ihr Vorsitzender residiert hier - in Köln. PJAK-Chef Haji Ahmadi gelingt es laut einer Fernsehdokumentation, regelmäßig aus Deutschland zu seinen Milizen zu reisen, die in der Autonomen Region Kurdistan im Irak stationiert sind - unter den Augen eines Berlin eng verbundenen Clans (Barzani), der gegenwärtig "Irakisch-Kurdistan" beherrscht.[6] Die deutschen Behörden sind ausweislich der offiziellen Verfassungsschutz-Berichte über die Tätigkeit der PJAK informiert, schreiten jedoch - anders als im Falle der türkischen PKK - nicht ein. Der BND soll laut Berichten Kontakte zu PJAK-Chef Haji Ahmadi unterhalten haben.[7] Auch in den Vereinigten Staaten genießt die PJAK laut mehreren Recherchen Unterstützung.[8] Zwar hat die Regierung Obama die Organisation zu Beginn ihrer Amtszeit auf die offizielle Washingtoner Terrorliste gesetzt, um gegenüber Teheran Gesprächsbereitschaft zu signalisieren; wirkungsvolle Sanktionen gegen sie sind bislang jedoch nicht bekannt.
Innenpolitisch labil
Nicht-militante Organisationen iranischer Sezessionisten erhalten mittlerweile auch Unterstützung von der Friedrich-Naumann-Stiftung (FDP). Im Juni hielt die Stiftung in Zusammenarbeit mit der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) eine Konferenz ab, die der "Nationalitätenfrage" im Iran gewidmet war. Es sei an der "Zeit", die Belange ethnischer Minoritäten im Iran "verstärkt in den Fokus der internationalen Öffentlichkeit zu rücken", hieß es in den Tagungsunterlagen; genannt wurden unter anderem "Kurden" im Nordwestiran sowie "Belutschen" im Osten des Landes.[9] "Bis zu 60%" der iranischen Bevölkerung gehörten ethnischen Minderheiten an und müssten Sonderrechte erhalten, erklärten die Veranstalter nach der Tagung - eine Stärkung zentrifugaler Kräfte, die in Verbindung mit äußerer Einmischung den Bestand des Staates ernstlich gefährden kann.[10] Kritiker des Teheraner Militärregimes warnen vor solcher Einmischung - die inneriranische Opposition laufe dabei höchste Gefahr, "sofort als westlich gesteuert und ihre Führer als Kollaborateure gebrandmarkt" zu werden.[11] Tatsächlich erklärt ein Professor der Bundeswehr-Universität in München, völkische Sezessionsbewegungen seien ein geeigneter "Destabilisierungshebel": Iran sei ein "Vielvölkerstaat"; "diese innenpolitische Labilität könnte - und sollte (geheimdienstlich verdeckt, versteht sich) - der Hebel westlicher Iran-Politik unterhalb des eigenen militärischen Eingreifens sein."[12]
Abnehmende Bindungen
Bislang hatte Berlin wegen der beträchtlichen deutschen Wirtschaftsinteressen im Iran immer wieder versucht, einen Ausgleich zwischen Umsturzdrohungen und Kooperationsangeboten an Teheran zu finden (german-foreign-policy.com berichtete [13]). Mittlerweile beginnen sich die Gewichte zu verschieben. Neben der zunehmenden Unterstützung für iranische Sezessionisten fängt Berlin nun auch an, gegen die Spionageapparate des Teheraner Militärregimes vorzugehen. Letzte Woche teilte das Hamburger Landesamt für Verfassungsschutz mit, der Geheimdienst des Iran suche iranische Exiloppositionelle in Deutschland auszuspionieren - eine Praxis, die seit Jahren bekannt und von Berlin bislang geduldet worden ist, mit für Regimekritiker oft blutigen Folgen. Selbst in Wirtschaftskreisen, die während der vergangenen Jahre zu den entschiedensten Befürwortern einer Kooperation mit Iran gehörten, kippt inzwischen die Stimmung: Die "Entmutigungsstrategie" - eine Anstrengung der Bundesregierung, Unternehmen zur Einschränkung ihrer Iran-Geschäfte zu drängen - hat Erfolg; die Ausfuhren in den Iran brachen in den ersten sieben Monaten 2009 um zehn Prozent gegenüber dem Vorjahr ein.[14] Die zunehmenden Umsturzaktivitäten bei gleichzeitig abnehmenden Bindungen erhöhen die Spannungen und lassen eine weitere Eskalation befürchten. (PK)
[1] US funds terror groups to sow chaos in Iran; The Daily Telegraph 25.02.2007. Bush sanctions 'black ops' against Iran; The Daily Telegraph 27.05.2007
[2] Rigi's brother exposes US ties with Jundullah; presstv.ir 09.06.2009
[3] Kurdish PJAK rebels resume attacks in Iranian Kurdistan; www.ekurd.net 17.10.2009
[4] s. dazu Feudale Sonderbeziehungen, (Irakisch) Kurdistan und Deutsche Brückenbauer
[5] PJAK-Rebellen: "Wir können überall im Iran zuschlagen"; Die Presse 15.10.2009
[6], [7] s. dazu Destabilisierungshebel
[8] Seymur M. Hersh: The Next Act; The New Yorker 27.11.2006. US wages covert war on Iraq-Iran border; Asia Times 28.11.2007
[9] s. dazu Destabilisierungshebel (II)
[10] s. dazu Umsturzerwartungen
[11] "Endlich Freiheit"; www.boell.de 18.06.2009
[12] Die Zerrissenheit des Iran; Die Welt 07.03.2007
[13] s. dazu Zwei Feuer, Die traditionelle Rolle, Balance statt Exklusion und Potenzial zum Partner
[14] Die Deutsche Wirtschaft zieht aus dem Iran ab; Die Welt 04.10.2009
Mehr http://www.german-foreign-policy.com/de/fulltext/57651
Online-Flyer Nr. 221 vom 28.10.2009