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Aktueller Online-Flyer vom 26. Dezember 2024  

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Inland
Motto: „Warum sachlich, wenn’s auch persönlich geht?“
Neues vom Stammtischbroder
Von Élise Hendrick

In seinem neuen Beitrag im Online-Cerebrolytikum „Achse des Guten“ („Israels kleine Helfer“) hat der von der NPD gefeierte Publizist Henryk M. Broder in einer Sache definitiv recht: Die Neue Rheinische Zeitung taugt nicht zum Einwickeln toter Fische. Da kann man ihm uneingeschränkt zustimmen. Seine “Achse des Guten“ eignet sich auch nicht zum Regenschutz.

In einem weiteren Punkt weiß ich mich mit dem Broder einig: Er hält seine Leser für Vollidioten, und ich kann mir kaum vorstellen, wer seine Hirnabgase sonst freiwillig einatmen würde. Getreu seinem Motto – „Warum sachlich, wenn’s auch persönlich geht?“ – langweilt er sein Publikum nicht mit irgendwelchen lästigen Tatsachen oder inhaltlichen Auseinandersetzungen. Stattdessen erfahren wir, daß die Friedensaktivistin Evelyn Hecht-Galinski eine „verzweifelte Hausfrau aus dem hinteren Kandertal“ ist und der neulich von der Rosa-Luxemburg-Stiftung in den Landwehrkanal abgeworfene Norman Finkelstein „seinerseits eher die Behauptung hinnehmen würde, daß er ein schwerst gestörter Soziopath ist, als damit einverstanden wäre, Israel helfend unter die Arme zu greifen". Dann wird mal schnell das Thema gewechselt.


Norman Finkelstein
NRhZ-Archiv

Vielleicht sieht Broder nur deshalb keinen Anlaß zur inhaltlichen Auseinandersetzung mit den Thesen Finkelsteins, weil er diese bereits an anderer Stelle verdreht hat. So heißt es auf seiner Homepage: „Was Finkelstein sagt, [...] ist in seiner Simplizität genial. Erstens: Es gibt jüdische Eliten, die in der Lage sind, eine Verschwörung zu organisieren. Zweitens: Die Juden nutzen den Holocaust aus, um damit Geld zu machen. Drittens: Wenn es heute Antisemitismus gibt, so sind daran die Juden mit ihrem Verhalten schuld.“

Natürlich weiß jeder, der „Die Holocaust-Industrie“ gelesen hat, daß diese Behauptungen zwar Broders neuesten Fans zugeschrieben werden können. Von Norman Finkelstein stammen sie jedenfalls nicht. Unter „jüdischen Eliten“ versteht Finkelstein nichts anderes als man unter „preußischen Eliten“, „russischen Eliten“ oder „japanischen Eliten“ versteht, also „Personen, die herausragende Stellungen im organisatorischen und kulturellen Leben des jüdischen Mainstreams innehaben" (Finkelstein, „Die Holocaust-Industrie“, Kap. 1 Fn. 1, Übersetzung von mir). „Die Juden“ tun bei Finkelstein natürlich gar nichts. Schließlich geht es ihm um konkrete Personen und Organisationen, die konkrete Dinge gesagt und getan haben. Von „Verschwörungen“ ist bei ihm auch keine Rede.

Wenn diese Behauptungen Broders (die auch von anderen plausibilitätsfernen Publizisten verbreitet werden) wahr wären, müßte man sich schon wundern, weshalb Finkelstein ausgerechnet vom Gründer der wissenschaftlichen Holocaustforschung und Autor des Standardwerks „Die Vernichtung der europäischen Juden“, Raul Hilberg, gelobt wird, während sich der Broder gezwungen sieht, die vom sächsischen NPD-Landesverband anzuflehen, sie mögen doch nicht so laut applaudieren.

Ich merke aber, daß ich wieder sachlich herangegangen bin. Das sollte ich mir dringend abgewöhnen. Tatsachen interessieren natürlich nur linksreaktionärfaschistische Gutmenschen, die Broders „erfrischende Überfremdungskritik“ „als ausländerfeindlich verteufeln“ (O-Ton NPD Sachsen). Dabei lehrt uns Broder, daß Kogitieren gleich Kapitulieren ist. Wir sollen doch nicht bei jeder Behauptung erst mal fragen, ob sie auch stimmt. Wir sollen einfach glauben. Das ist der wahre Geist der Aufklärung. Deswegen hat man beim Lesen mitunter das Gefühl, Broders Texteproduktion sei eigentlich eine Strafmaßnahme für Menschen, die irgendetwas wissen – das ist sie nämlich auch! (PK)

Élise Hendrick lebt als freiberufliche Übersetzerin, Lektorin und Publizistin im Exil in Cincinnati/USA. In ihrem deutschsprachigen Politblog "Meldungen aus dem Exil" http://meldungen-aus-dem-exil.noblogs.org/
veröffentlicht sie satirische und analytische Texte zu aktuellen Themen. Ihre Gedichte sind in ihrem Lyrikblog Versivitalotta [http://versivitalotta.noblogs.org]


Online-Flyer Nr. 240  vom 10.03.2010



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