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Diskussionsbeitrag: Eines der beliebtesten Anti-Islam-Stereotype
Pädophilie ist eine moderne Erfindung
Von Eric Hulsens
Eines der beliebtesten Anti-Islam-Stereotype ist das vom “pädophilen Propheten“: die österreichische FPÖ-Abgeordnete Susanne Winter benutzte es und wurde verurteilt, im Anti-Islam-Diskurs wird es bei jeder Gelegenheit hervorgekramt – und niemand der heutigen “Islamkritiker“ weiß, daß damit die politische Agitation jener aufgewärmt wird, die gegen seine Lieblingsfrau Aïsha Stimmung machten, als diese nach dem Tod des dritten Kalifen selber - zuletzt mit militärischen Mitteln - nach der politischen Macht griff. Das angebliche Prophetenwort: „Eine Gesellschaft, die von einer Frau regiert wird, kann nicht blühen”, gehört genauso zu dieser Agitation wie der Vorwurf des Ehebruchs in der “Halsbandaffäre”. Aïsha gilt, neben drei männlichen Prophetengefährten, als die wichtigste Überlieferung der islamischen Tradition. Die historisch-kritische Betrachtungsweise, die von den Muslimen immer eingefordert wird, wird hier zum Nutzen antiislamischer Agitation zutiefst mißachtet. Eric Hulsens räumt damit auf. (A.d.Ü.)
Schwedens Muslime: Dauerbeleidigt oder zu Recht empört?
Den Drang, Muslime zu verletzen oder zu beleidigen, kann man nicht in den Griff bekommen. Nun ist es die Anti-Islamische Skåne-Partei im schwe-dischen Malmö, die sich da- durch profiliert, daß sie eine Abbildung des Propheten Muhammad und seiner Kind-Gemahlin Aïsha verbreitet, auf der die beiden nackt nebeneinander stehen. „Wir betrachten den Islam als sehr gefährlich und als eine psychosoziale infektiöse Krankheit”, sagte der Parteivorsitzende.
Der nackt(gemacht)e Feind - seit 1.200
Jahren die gleiche Propaganda
Es ist schon öfter versucht worden, den Propheten in Mißkredit dadurch zu bringen, daß man ihn wegen seiner Heirat mit Aïsha, der Tochter seines Freundes und Gefolgsmannes Abu Bakr, mit Pädophilie in Verbindung brachte. Diese Hochzeit wurde vertraglich festgelegt, als sie sechs Jahre alt war und vollzogen, als sie neun oder zehn Jahre alt war. Niemand nahm daran Anstoß. Denn es war eine Eheschließung nach den Regeln und Bräuchen von Zeit und Umgebung. Zum Vergleich denke man an den Bischof und Kirchenvater Augustinus, zwei Jahrhunderte vor Muhammad: in seinen “heidnischen” Jahren heiratete er ein präpubertäres Mädchen und musste dann noch zwei Jahre warten, bis sie das Alter für den Vollzug der Ehe erreichte.
Jerôme Duquesnoy der Jüngere: zwischen Frömmigkeit und Sünde
Online-Flyer Nr. 247 vom 28.04.2010
Diskussionsbeitrag: Eines der beliebtesten Anti-Islam-Stereotype
Pädophilie ist eine moderne Erfindung
Von Eric Hulsens
Eines der beliebtesten Anti-Islam-Stereotype ist das vom “pädophilen Propheten“: die österreichische FPÖ-Abgeordnete Susanne Winter benutzte es und wurde verurteilt, im Anti-Islam-Diskurs wird es bei jeder Gelegenheit hervorgekramt – und niemand der heutigen “Islamkritiker“ weiß, daß damit die politische Agitation jener aufgewärmt wird, die gegen seine Lieblingsfrau Aïsha Stimmung machten, als diese nach dem Tod des dritten Kalifen selber - zuletzt mit militärischen Mitteln - nach der politischen Macht griff. Das angebliche Prophetenwort: „Eine Gesellschaft, die von einer Frau regiert wird, kann nicht blühen”, gehört genauso zu dieser Agitation wie der Vorwurf des Ehebruchs in der “Halsbandaffäre”. Aïsha gilt, neben drei männlichen Prophetengefährten, als die wichtigste Überlieferung der islamischen Tradition. Die historisch-kritische Betrachtungsweise, die von den Muslimen immer eingefordert wird, wird hier zum Nutzen antiislamischer Agitation zutiefst mißachtet. Eric Hulsens räumt damit auf. (A.d.Ü.)
Schwedens Muslime: Dauerbeleidigt oder zu Recht empört?
Quelle: Diverse
Den Drang, Muslime zu verletzen oder zu beleidigen, kann man nicht in den Griff bekommen. Nun ist es die Anti-Islamische Skåne-Partei im schwe-dischen Malmö, die sich da- durch profiliert, daß sie eine Abbildung des Propheten Muhammad und seiner Kind-Gemahlin Aïsha verbreitet, auf der die beiden nackt nebeneinander stehen. „Wir betrachten den Islam als sehr gefährlich und als eine psychosoziale infektiöse Krankheit”, sagte der Parteivorsitzende.
Der nackt(gemacht)e Feind - seit 1.200
Jahren die gleiche Propaganda
Quelle: Claudio Lange
Es ist anachronistisch, diese Dinge mit Pädophilie in Zusammenhang zu bringen, denn dieser Begriff ist eine Erfindung der relativ jungen Sexualwissenschaft. Im Englischen taucht das Wort “paedophilia“ oder “pedophilia“ das erste Mal bei dem englischen Sexualforscher Havelock Ellis (1859-1939) im Jahr 1906 auf, das Wort “pedophile“ wurde seit 1951 benutzt. Es gehörte zunächst der wissenschaftlichen Sprache an und wurde erst in den siebziger Jahren in der Boulevardpresse popularisiert.
Doch das sind bloß Worte - die Sache hat es aber doch bestimmt gegeben? Das kann man nicht sagen, denn die Sache gibt es nicht ohne die Worte, sie ist immer eine Interpretationsfrage. Die Kultur der alten Griechen, die als ein Grundpfeiler der Kultur Europas gilt, kannte die Päderastie, sexuelle Beziehungen zwischen Männern und präpubertären Jungen, doch das kann man schwerlich Pädophilie nennen. Der Begriff “Pädophilie” beruht nämlich auf der Idee einer sexuellen Abweichung, ja, einer Krankheit , und einer Überschreitung von Gesetzen und ethischen Normen. Der Begriff “Päderastie” hingegen beruhte auf der Idee, daß die sexuelle Anziehung zwischen Männern und Jungen normal und selbstverständlich ist, und folglich auch neben einem heterosexuellen Eheleben bestehen konnte. (Man erinnert sich an Sokrates, dessen Ehefrau Xanthippe zu Hause war, während er sich bei den hübschen Jungen Athens aufhielt.) Päderastie war im alten Griechenland institutionalisiert, und obwohl in der antiken Literatur darüber auch viel gelacht und diskutiert wurde, war sie nicht, wie die Pädophilie, gesellschaftlich verpönt.
Jerôme Duquesnoy der Jüngere: zwischen Frömmigkeit und Sünde
Quelle: http://users.skynet.be/sintbaafskathedraal-gent/
Auch Sodomie ist etwas anderes als Pädophilie. In einem Buch über die Geschichte der Stadt Gent, Het Gentboek, lese ich: „Jerôme Duquesnoy wegen Pädophilie auf dem Scheiterhaufen.“ Der Brüsseler Bildhauer, Sohn des gleichnamigen Schöpfers des Manneken Pis, und Bruder des ebenfalls berühmten François Duquesnoy, schuf das Grabmonument des Bischofs von Triest in der Genter Sankt-Bavo-Kathedrale. Während der Arbeiten hatte er sich mit Jungs amüsiert: “...hy alsdan stack int het fondament van hem confessant syn dijnckxken ofte kulleken.” („Dann steckte er sein Glied in den Hintern des Schuldbekenntnis ablegenden.“) Er wurde 1654 auf dem Freitagsmarkt von Gent verbrannt, nicht wegen des Alters der Jungen - acht und elf Jahre -, sondern wegen Analverkehr oder Sodomie. Dies Pädophilie zu nennen ist wieder ein Anachronismus. Het Gentboek spricht über die Jungen als “kleine Opfer”, einen Begriff aus der modernen Ideologie der Pädophilie, also genauso anachronistisch. Die Jungen galten nicht als unschuldige Opfer, sie wurden bestraft, und wären, wären sie älter gewesen, sicherlich wahrscheinlich ebenfalls hingerichtet worden.
Nichts weist darauf hin, daß Aïsha sich als Opfer gefühlt hätte oder psychisch verstümmelt gewesen wäre. Sie war eine starke Frau, die nicht auf den Mund gefallen war. Als der Prophet ihr mitteilte, er habe von Gott eine Offenbarung erhalten, die ihm erlaubte, Ehen einzugehen, die anderen Männern verboten waren, sagte sie: „Es kommt mir vor, als ob Allah sich beeilt, Deinen Wünschen entgegenzukommen!” Sie wurde zur prominenten Figur in der Geschichte des Islam und zur Quelle einer großen Zahl von Überlieferungen über den Propheten. Lange nach seinem Tod führte sie von einem Kamel herab ein Heer in der “Kamelschlacht” gegen Ali, den Schwiegersohn des Propheten, der als “Vierter Rechtgeleiteter Kalif“ in die Geschichte einging.
Aïsha war somit nicht das mißbrauchte Dummerchen der schwedischen Karikatur. Sie wurde die Lieblingsfrau des Propheten. Er nannte sie einmal “Datteln mit Butter” (arabisches Festessen A.d.Ü.) Ein leckeres Mädchen! (PK)
Eric Hulsens, geb. 1949, studierte Philosophie und Germanistik an der Katholischen Universität Löwen. Er lebt als freier Schriftsteller in Gent (Belgien).
Die Übersetzung des Textes hat unsere Autorin Dr. Maryam Dagmar Schatz gemacht.
Online-Flyer Nr. 247 vom 28.04.2010