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Globales
Der genozidale Milliardärsklüngel – Wieder einmal Bilderberg-Konferenz
Kein Wort, kein Bild vom Berge
Von Volker Bräutigam

Wenn 120 der reichsten und einflussreichsten Menschen dieser Welt vier Tage in Klausur gehen und wenn kein Sterbenswörtchen darüber verlauten darf, was Konzernchefs, Politiker, Geheimdienstler und sorgsam ausgeguckte Medienleute miteinander bereden, dann ist Bilderberg-Konferenz. Eine solche hat vom 3. bis 6. Juni wieder stattgefunden, diesmal im Luxushotel Dolce Sitges südlich von Barcelona. Der obskure Klüngel – Mitglieder und Gäste verpflichten sich zu striktem Stillschweigen – wurde dort von 350 spanischen Polizisten vor der Öffentlichkeit abgeschirmt.


Bilderberg-Gründer Prinz Bernhard der
Niederlande 1999
http://de.wikipedia.org/Sander Lamme
Immerhin informierten diesmal sogar etliche Massenmedien über die Zusammenkunft, von 3sat über SPIEGEL und n-tv bis Frankfurter Neue Presse. Sie hielten sich dabei allerdings weitgehend an Formulierungen einer dpa-Meldung, mit Sätzen wie diesem: „Manche sehen in ihr eine Art "Schatten-Welt- regierung", andere nur einen überholten elitären Debattierclub: Die Bilderberg-Gruppe ist zu ihrem jährlichen Treffen zusam-mengekommen...“
Mehr war außerhalb des Internets kaum zu erfahren, allenfalls etwas Historie, zum Beispiel: „Das elitäre Forum war 1954 von Prinz Bernhard der Niederlande ins Leben gerufen worden, um die Beziehungen zwischen Westeuropa und den USA zu stärken. Der Name Bilderberg entstammt dem ersten Konferenzort, einem Hotel im niederländischen Oosterbeek. Auch deutsche Politiker haben in der Vergangenheit an der Konferenz teilgenommen z.B. Kanzlerin Angela Merkel und FDP-Chef Guido Westerwelle. Die Presse war nie zugelassen, einzelne elitäre Meinungsmacher jedoch eingeladen (s.u.). Dies hat im Laufe der Jahrzehnte Verschwörungstheorien genährt, wonach die `Bilderberger´ globale Herrschaft anstrebten und eine neue Weltordnung begründen wollten...“ (Aachener Zeitung).


Erster Konferenzort der Welt-Eliten - Hotel de Bilderberg in Oosterbeek
Quelle: wikipedia

Wer gemeint hatte, dieser Ouvertüre werde eine spannende Enthüllungsstory oder wenigstens eine argumentative Widerlegung der „Verschwörungstheorie“ folgen, sah sich enttäuscht. Mehr Information gab es nicht. Der investigative Eifer der Leitmedien hielt sich mal wieder in bescheidenen Grenzen. Die meisten Redaktionen respektieren geradezu sklavisch das Schweigegelöbnis der elitären Logenbrüder. Kein Reporterteam rückt den Herrschaften auf die Pelle und forscht ihnen so intensiv hinterher, bis etwas von der Kungelei herauskommt. Dabei müsste es die Journaille doch eigentlich alarmieren, dass an Bilderberg-Treffen einflussreichste Spitzenkräfte aus Europa, Kanada, USA und internationalen Organisationen teilnehmen, die ihre Beweggründe, Absichten und Ergebnisse hermetisch verdunkeln - alarmieren, weil es Anlass zu schlimmsten Befürchtungen gibt.
 
Geheimbündelnde Logenbrüder
 
Ich kann nicht mit einem Bericht über Tagungsverlauf und Beschlüsse der Bilderberger aufwarten, will aber zumindest darüber unterrichten, wer die Teilnehmer der 2010-Bilderberg-Konferenz waren und dass sie allesamt aus Staaten bzw. internationalen Organisationen kamen, die für sich den Kampfbegriff „Westliche Wertegemeinschaft“ gelten lassen.
 
Im Dolce Sitges versammelt: Staatliche Repräsentanten aus USA, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Spanien, Italien, Portugal, Schweiz, Irland, Niederlande, Belgien, Kanada, Dänemark, Finnland, Griechenland, Norwegen, Schweden und der Türkei. Folgende internationale Organisationen waren mit Führungskräften vertreten: Weltbank WB, EU-Kommission, NATO, UN-Welternährungsprogramm. Außerdem die Chefs global tätiger Konzerne: u.a. Shell, Coca-Cola. Und der Banken: u.a. Deutsche Bank, Chase Manhattan Bank (USA), Société Générale (Frankreich), Goldman Sachs (USA), Europäische Zentralbank. Dazu die Geheimdienste, u.a. National Security Agency NSA (USA).
 
Die Liste der deutschen Teilnehmer in diesem Jahr: Josef Ackermann, Vorstandsvorsitzender der Deutsche Bank AG (ständiges Mitglied der Bilderberg-Gruppe, nimmt regelmäßig teil), Thomas Enders, Vorstandsvorsitzender der Airbus Industries, Peter Löscher, Siemens AG., Olaf Scholz, stellvertretender Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion, Dieter Zetsche, Vorstandsvorsitzender der Daimler-Benz AG.
 
Matthias Nass, Stellv. Chefredakteur der Wochenzeitung Die Zeit, gehört zum Bilderberg-Lenkungsausschuss. Ob er deshalb nicht auf der Gästeliste auftaucht? Gleichviel: Ich sehe in ihm auch so einen Journalisten, der nach den Treffen nicht über Inhalte und Ergebnisse informiert, sondern die Klappe hält, weil er sich vom Milieu einwickeln ließ, um bei den vermeintlich „Großen“ mitspielen zu dürfen. Weshalb man ihm auch nachsagen darf, dass er wahrscheinlich die Informationspolitik seines Blattes auf die Pläne der Bilderberg-Bande abstellt. Womit er sich grundsätzlich nicht von den Politikern unterscheidet, die sich zu Lakaien des Bilderberg-Geldadels machen lassen).
 
Blick auf die Liste der übrigen illustren Gäste: USA: Richard C. Holbrooke, Investmentbanker und US-Sonderbeauftragter (für geheime Operationen) in Afghanistan und Pakistan. Paul A. Volcker, Vorstandsvorsitzender der US-Wirtschaftsförderungskommission. David Rockefeller, ehemaliger Chef der Chase Manhattan Bank, Mitbegründer der Bilderberg-Konferenz. Richard N. Perle, Präsidentenberater. George A. David, Vorstandsmitglied der Coca-Cola Company. Schweiz: Daniel L. Vasella, Vorstandsvorsitzender des Chemieriesen Novartis AG. Irland: Peter D. Sutherland, Vorstandsmitglied Goldman Sachs International. Italien: Franco Bernabè, Chef der Telecom Italia. Griechenland: George Papaconstantinou, Finanzminister. Großbritannien: John Kerr, Mitglied des britischen Oberhauses und Chef der Royal Dutch Shell. Belgien: International: Gertrude Tumpel-Gugerell, Direktorium der Europäischen Zentralbank. EU-Kommissionsmitglieder Joaquín Almunia, Karel de Gucht und Neelie Kroes.
 
Verschwörungstheorien?
 
Denken wir daran: Zur Bilderberg-Konferenz trifft sich eine internationale Elite egoistischer „Weltherren“, der jegliche demokratische Legitimation ihres spezifischen Treibens fehlt. In ihren Kreisen wurde schon über eine gewaltsame Reduzierung der Weltbevölkerung auf das gewünschte Maß von maximal 2 Milliarden Menschen bramarbasiert, über „Schutzmaßnahmen“ gegen aus der „Dritten Welt“ befürchtete „Überbevölkerung“ und „Umweltzerstörung“. Nur eine Verschwörungstheorie?
 
Am 5. Mai 2009, so berichtete die Londoner Sunday Times, seien die (laut Forbes-Magazin) „vierzehn reichsten Menschen der Welt“ auf Einladung von Bill Gates zusammengekommen, um zu überlegen, „wie das Wachstum der Weltbevölkerung zu verlangsamen“ sei. Die Times erwähnte Maurice Strong, den ersten Vorsitzenden des Umweltprogramms der UN, der schon in den 90er Jahren darauf hingewiesen hatte, dass sich eine reiche Elite Sorgen wegen der Bevölkerungsexplosion mache.
 
Im Corbett-Report 4/2009 hatte Autor Paul J. Watson auf einen geheim gehaltenen britischen Regierungsbericht verwiesen, wonach Biowaffen eingesetzt werden könnten, um die Überbevölkerung zu bekämpfen; Watson berichtete in den Schweizer Zeit-Fragen (Nr. 53/2009) unter Verweis auf seine Gespräche mit dem Multimilliardär Kevin Trudeau, einige Bilderberger hätten sich mit Eugenik-Programmen befasst (Titel des Watson-Beitrags: "Oligarchen planen Genozid an zwei Dritteln der Menschheit").
 
Der Sunday Times zufolge sagte Bill Gates während des Milliardärstreffens, das Problem der Überbevölkerung bestimme alle anderen Probleme ("the umbrella cause"). Ein weiterer Teilnehmer des Geheimtreffens gab später bekannt, man sei sich einig gewesen, daß Bevölkerungswachstum potenziell die schlimmste Umwelt-, soziale und industrielle Bedrohung darstelle. Alle Anwesenden müssten unabhängig von Regierungseinrichtungen operieren, "die nicht in der Lage sind, das Desaster, das uns bevorsteht, zu verhindern."
Als humanistisch, pazifistisch, sozial, demokratisch wird man solche Ideen nicht unbedingt bezeichnen können. Eher darf man bescheinigen: Hier leuchten unübersehbar faschistische Denkmuster.

Nicht Welt-Regierung, aber Welt-Wirtschaftsregierung

Als „Verschwörungstheorie“ kann man derartige Berichte nicht mehr abtun: In einem Radiobericht des belgischen Nachrichtenportals Zonnewind bestätigte der einstige NATO-Generalsekretär (1994-1995) Willy Claes dem Moderator Koen Fillet, dass die Bilderberger in der Tat über die Politik des darauffolgenden Jahres entscheiden. Claes weiß, wovon er spricht, da er selbst zweimal Teilnehmer der Bilderberg-Konferenz war.
 
Verschwörungstheorien stören, wenn man sich eine halbwegs fundierte Vorstellung von den Bilderbergern machen will. Die Konferenzteilnehmer diskutieren ganz sicher nicht über eine gewaltsam zu errichtende Welt-Regierung, wie ihnen oft unterstellt wurde. Sie sind schließlich die Emporkömmlinge einer multilateral regierten Welt; warum sollten sie daran etwas ändern wollen? Sie informieren sich bei ihren Konferenzen gegenseitig über wirtschaftliche Trends, über Geld- und Warenströme, Mittel und Methoden zur Wahrung ihrer elitären Interessen. Finanzbarone, Wirtschaftsbonzen und Politiker stimmen sich untereinander ab. So ereignet sich Politik-Steuerung im großen Maßstab.
 
Dass diese Leute sich treffen und ihre Geschäfte miteinander bereden, ist legal. Illegitim hingegen ist die Praxis des Klüngels, allumfassend global hineinzureden, ja kraft Geldmacht heimlich „mitzuregieren“ im Interesse einer abgekarteten Weltordnung. Wer ihn als den Schoß betrachtet, aus dem die schlimmsten Übel unserer Zeit kriechen, dürfte der Wahrheit ziemlich nahe kommen.
 
ARD-Tagesschau und ZDF-heute übrigens haben das Treffen nicht einmal vermeldet, geschweige denn berichtet, wer warum daran teilnahm und in welchem Bezug zur jeweiligen öffentlichen Funktion. Bei der Erfüllung ihres Informationsauftrags versagten sie wieder einmal besonders kläglich. (PK)   
 
Eine kürzere Version dieses Beitrags ist in der sehr empfehlenswerten Zweiwochenschrift Ossietzky http://www.ossietzky.net erschienen


Online-Flyer Nr. 254  vom 16.06.2010



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