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Aktueller Online-Flyer vom 22. Dezember 2024  

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Krieg und Frieden
Europas Rechtspopulisten und der japanische Geschichtsrevisionismus
Achsenmächte
Von Dr. Maryam Dagmar Schatz

Europas Rechtspopulisten lassen es sich in Japan gut gehen und besuchen eine nationale Institution, die den Kristallisationspunkt des japanischen Geschichtsrevisionismus darstellt, den Yasukuni-Schrein. Der ideologische Boost, den sie sich dort abholen, verdient es, näher betrachtet zu werden.



Ball des Wiener Kooperationsringes 2008, v.l.n.r: HCStrache, Mme Gollnisch, Frau Mölzer, Andreas Mölzer | Quelle: Andreas Mölzer

Wenn einer eine Reise tut…


Der europäische Rechtspopulisten-Zirkus hat einige feste Anlaufpunkte: Köln, Wien, Gent, Antwerpen, Brüssel, demnächst – nach dem Zugewinn an Macht – sicherlich auch Geert Wilders in Den Haag. Jetzt hat sich Bruno Gollnisch, Professor für Jura und Japanisch, mit einer Japanerin verheiratet, Europaabgeordneter und knapp einer Verurteilung wegen Holocaustleugnung entronnen,  etwas Hübsches einfallen lassen: man trifft sich in Japan. „Man“, zählt Gollnisch auf, das sind die ungarische „Jobbik“, der belgische Front National, der belgische Vlaams Belang, die italienische Fiamma Tricolore, die bulgarische Ataka, die britische BNP und die portugiesische Partido Nacional Renovador. Alle zusammengeschlossen in der im Herbst 2009 in Budapest gegründeten  Allianz der europäischen nationalen Bewegungen (1). Die Reise soll sicherlich dazu dienen, neben den Gründungsmitgliedern (2) noch andere Rechtsparteien einzusammeln.  

Hier 3) hatte ich, anlässlich seines früheren Versuches, eine europäische Rechtspartei auf die Beine zu stellen, einen Artikel des britischen antifaschistischen „searchlight-magazine“ übersetzt. Ich will mich jetzt nicht daran aufhalten, jede der neuen Parteien nun auch noch vorzustellen – das bleibt einem späteren Artikel vorbehalten. Nur soviel:  Jobbik 4), die die Nachfahren der Pfeilkreuzler 5), die „Ungarische Garde“ 6) marschieren lässt, dreht soeben Ungarn auf rechts und ist für Juden und „Zigeuner“ lebensgefährlich. Ich will mich auch nicht daran aufhalten, dass ich bei der Suche nach einem Bild von Mme. Gollnisch eines 7) gefunden hatte, auf dem sich das Ehepaar Gollnisch im traulichen Beisammensein mit dem russischen NATO-Botschafter Dimitri Rogosin zeigt, über den der belgische Journalist Tom Cochez 8)  schrieb, er sei ein Ultranationalist und das Bindeglied zwischen Regierung und Rechtsextremisten.

Und ich werde jetzt auch auf die Forderungen detailliert eingehen, „…unter anderem die Ablehnung eines "europäischen Superstaats", statt dessen sollen die europäischen Länder als souveräne und unabhängige Nationen zusammenarbeiten. Außerdem wird die Einhaltung der Bürgerrechte eingefordert, Totalitarismus abgelehnt und ein "effektiver Schutz" Europas gegen Terrorismus und religiösen und finanziellen Imperialismus gefordert. Gefordert wird auch eine Lösung des Immmigrationsproblems durch Förderung der dritten Welt sowie ein gemeinsamer Kampf der europäischen Völker gegen Sozialdumping und "zerstörerische Effekte" der Globalisierung“.



Yukio Mishima: sexy Faschismus | Quelle: Tamtam-Books-blog

Alte Kameraden

Was treibt die Herrschaften denn gerade in dieser Woche auf eine solche – wie das searchlight-magazine schrieb – Vergnügungsreise (junket)? Nun, man besucht selbstverständlich Gesinnungsgenossen, nämlich „Nippon Issuikai“ 9)  , die Mittwochsgesellschaft, die ebenfalls zur „Neuen Rechten“ gezählt wird. Und deren wesentliches Markenzeichen ist neben ihrem Wunsch, der Kaiser möge in die alte Hauptstadt Kyoto zurückkehren und ihrer Verdammung des US-Amerikanischen Einflusses, auch die Leugnung der von den Japanern begangenen Kriegsverbrechen. Sie sind mit der Trias: Nanking-Massaker, Trostfrauen und „Einheit 731“ beschrieben worden.  

Nippon Issuikai wurde von Gefolgsleuten des Schriftstellers Yukio Mishima 10)  gegründet, einem in Japan sehr bekannten und fast kultisch verehrten Schriftstellers, der als Protagonist eines „schönen, sexy“ Faschismus galt. 1970 scheiterte er mit einem Putschversuch „zur Verteidigung des Kaisers“ und der Zurückdrehen der Entwicklung Japans hinter 1945 zurück. Assistiert von seinem Liebhaber Mishima, der bekennend  homosexuell war und rituellen Selbstmord (seppuku - Harakiri) beging. 1972 gründete Kunio Suzuki 11) Nippon Issukai. Seit dem Jahr 2000 ist Mitsuhira Kimura Parteivorsitzender,  ein guter Kumpel des Saddam-Hussein-Sohnes Uday, den er seinerzeit genau wie Papa Saddam ganze sechs Mal im Irak besucht hat.

Kimura ist im japanischen Fernsehen sowie in den japanischen Leitmedien höchst präsent – die Verkündung rechtsextremer Ideologien fällt in Japan unter Meinungsfreiheit. In der Regierungspartei LDP sind die Mittwochsgesellen ebenfalls gut vernetzt und ihre nationalistischen Ideen sind längst in der Mitte angekommen.

Herr Gollnisch schreibt zwar auf seiner Website 12), „cette rencontre entre

Freunde: Propaganda für die
Achse 1938
Quelle: Wikipedia/Zeitungszeugen
(Zeitspiegel (Austrian Center) 1943
mouvements patriotiques japonais et européens est une première mondiale“, also das Zusammentreffen europäischer und japanischer Patrioten sei eine Weltpremiere. Aber so ganz stimmt das nicht. Ursprünglich wurde der Begriff nur für den Zusammenschluss des faschistischen Italiens, Nazideutschlands und Japans gebraucht. Das umfasste – wie freiwillig im Einzelnen sei dahingestellt – später wesentlich mehr Länder 13), darunter all die, die jetzt Abgesandte auf diese Juchu-Tour schicken. Wobei sie so vergnüglich ja auch wiederum nicht ist, denn man hat schließlich ein ernstes Anliegen. Und warum aber gerade in der Woche zwischen dem 11. und 18. August?





Kriegsverbrecher , Kriegspremier,  Generalstabschef  und vergöttlichte Heldenseele:  Generalissimus Tojo als "Moderne historische Figur"
Quelle: internetauftritt des japanischen Parlaments

Symbole…

Am 15. August 1945 kapitulierte das kaiserliche Japan nach der zweiten Atombombe auf Nagasaki (nach der ersten auf Hiroshima war das Kriegskabinett noch  der Meinung, das könne man wegstecken) und dem Kriegseintritt der Sowjetunion, die Kaiser Hirohito zur Vernunft gebracht und auf sein Kabinett hatte einwirken lassen. Sein Durchsetzen gegen die eigenen Kriegsfanatiker hatten einige der Herren mit sofortigem Harakiri quittiert.  Am Sonntag, den ersten August 2010, brachte Guido Knopp eine Sendung über die Atombombe und stellte fest, dass die beiden Atombomben auf Japan den Krieg keinesfalls entschieden hätten, da die Japaner schon kapitulationsreif waren. Er stellte die Frage, ob der Bombenabwurf ein „zynischer Menschenversuch“ gewesen sei. Ja, das war er, und aus meiner Sicht ein Kriegsverbrechen – aber das ist das Gleiche, wie mit Dresden: auch hier kehrte der Krieg an seinen Ausgangspunkt zurück. Vergleichbar den Nürnberger Prozessen in Deutschland gab es in Japan das „Internationale Militärtribunal für den Fernen Osten“ 14). Man folgte diversen Grundlagendokumenten und die angeklagten Verbrechen wurden in drei Kategorien eingeteilt:

Klasse A: Verschwörung gegen den Frieden –
Klasse B: Verbrechen gegen die Menschlichkeit –
Klasse C: Verbrechen gegen den Frieden durch Befehlsgebung und Planung.

Sieben Verurteilte wurden gehängt und einige starben während der Verbüßung ihrer lebenslangen Haft. Vielen passierte überhaupt nichts oder sie fielen im Nachkriegsjapan wieder auf die Füße – wie in Deutschland. Und auch wie in Deutschland schafften es einige, für ihre Kriegsverbrechen amnestiert zu werden. General Tojo schaffte es mittlerweile wieder in die Galerie der Persönlichkeiten des modernen Japan, abzulesen auf der Seite des japanischen Parlaments mit einem freundlich-neutralen Text. 15)


Yasukuni Shrine
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Der Schrein und die Kontroversen um ihn


Das sich betont neutral gebende Video gibt einen Eindruck, worum es beim Yasukuni-Schrein geht: er ist ein Wallfahrtsort der Ewiggestrigen, die der gefühlten „Größe“ Japans im 2. Weltkrieg hinterher trauern und sie gerne wiederbeleben möchten. Es sieht aus, wie – sagen wir –  irgendeine Veranstaltung der Pro’s oder der NPD: massives Polizeiaufgebot, damit gegen massive Proteste ein Haufen Rechte ihre Zusammenkunft durchziehen kann. In diesem Fall sogar in den Uniformen derjenigen Streitkräfte, die das Land im 2. Weltkrieg und davor in den Untergang geführt hatten. Kamikaze-Uniformen sieht man auch.

Der Schrein selbst wurde zu Zeiten der sogenannten Meiji-Restauration 16) errichtet,  in der Japan nach einer Zeit der Wirren, in denen die Lokalfürsten, die „Shogun”, sich bekämpften und die Zentralgewalt darnieder lag, wieder zu den „alten Werten“ des Kaisertums zurückkehrte, sich aber ansonsten der Moderne öffnete. Politischer Konservatismus, Zentralismus und technisch-wirtschaftliche Modernisierung sind nicht nur Programmpunkte der meisten Rechtspopulisten und –extremisten, sondern diese Kombination gilt als eines der konstituierenden Elemente des Faschismus, weswegen sich unsere Reisenden bei ihren japanischen Gesinnungsfreunden vermutlich sehr wohl fühlen werden.

Am Anfang der Meiji-Restauration wurde die Hauptstadt übrigens von Kyoto nach Tokio verlegt, weswegen die Mittwochs-Freunde auchz das jetzt wieder zurückdrehen wollen. Und der Yasukuni-Schrein 17), ebenfalls zu Zeiten der Meiji-Restauration erbaut, spielt dabei eine zentrale Rolle: hier werden seit 1869 nicht nur die Seelen der Toten der von Japan geführten Kriege als vergöttlichte Heldenseelen verehrt, sondern auch 1.068 nach dem 2. Weltkrieg verurteilte Kriegsverbrecher 18) sowie 14 im oben bereits erwähnten „Internationalen Militärtribunal für den Fernen Osten“ 19)  verurteilte und teilweise gehängte „Klasse A“-Kriegsverbrecher, also die japanischen Pendants der 19 Hauptkriegsverbrecher von Nürnberg. Man findet darüber hinaus nicht nur Gedenkstatuen für die Kamikaze-Piloten, sondern auch für die Heeresbrieftauben und die Heereshunde – sinnigerweise verbildlicht mittels eines deutschen Schäferhundes.
 


Die Vorderfront des Yazukuni-Schreins mit dem Kaiserlichen Siegel heute
Quelle: www.de.academic.ru


Lange Zeit galt der Schrein als rein rechte Kultstätte, und es gab einen Skandal, als Ministerpräsident Koizumi 20) den Schrein das erste Mal besuchte. Japanische Minister taten das schon längst.

Drei der Reisenden sprechen Japanisch:  Bruno Gollnisch vom Front National, Bela Kovacs von Jobbik und Adam Walker von der British National Party. Gollnisch war Professor für Japanisch und Jura an der Uni Lyon, Kovacs der Sohn eines in Japan stationierten Diplomaten des Ostblockstaats Ungarn und Adam Walker hat in Japan als Lehrer gearbeitet und betreibt jetzt eine Schule für „Martial Arts“ .



Tauben-Schäferhunde-Pferde: die Seelen der Kriegstiere
Quelle: Wikimedia Commons


Wie dem auch sei…

All dies auf  deutsche Verhältnisse übertragen hieße in etwa: in einer großen katholischen Kirche – sagen wir dem Kölner Dom – würden die Täter zumindest seliggesprochen, wenn nicht gar zur Ehre der Altäre erhobenen, als ob ein heiliggesprochenen Nürnberger Hauptkriegsverbrecher mittels eines gesonderten Altars verehrt wird. Und ein Altärchen für die Pferde der Wehrmacht, besonders die von den Soldaten mangels Verpflegung verspeisten, wäre auch noch abgefallen. Und eines für die Hunde und eines für die Brieftauben. Die wurden von der britischen Besatzungsmacht nach dem 2. Weltkrieg als immerhin so kriegswichtig erachtet, dass sie im Erlass über die Abgabe von Schuss- und anderen Waffen mit aufgeführt wurden und ebenfalls abgegeben werden mussten.

Und dann könnte endlich frohgemut bestreiten, dass in den Konzentrationslagern sechs Millionen Juden ermordet wurden und würde nicht immer, wie Kamerad Gollnisch und andere gerichtlich belästigt. Und Kriegsverbrechen? Nein, wir doch nicht… Schließlich klappt das in Japan mit dem Leugnen  ja auch – zumindest teilweise. Und die Herrschaften von Nippon Issuikai und andere Extremnationalisten hätten gerne, dass das so bleibt. Wie sie das hingekriegt haben, werden sie sicherlich berichten. Im Austausch dafür, so nehmen unsere belgischen Freunde von AFF/Verzet 21) an, werden die Europäer ihnen berichten, wie man Wahlerfolge einfährt – obwohl Belgier und Briten da ja eher etwas schwächeln. Aber da ist ja Jobbik und da geht das ja sogar auf Japanisch.

Von beiden Seiten besteht das Bestreben, die alte „Achse“ wieder zu beleben. Das das wird man weiter beobachten und bekämpfen müssen.

Fortsetzung folgt. (HDH)

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(1) http://www.eubusiness.com/news-eu/politics-parties.13f
(2) http://de.wikipedia.orgwiki
Allianz_der_europäischen_nationalen_Bewegungen
(3) http://www.duckhome.de/tb/archives/3436-Aufgestanden!-Hingesetzt!-Blockiert!.html)
(4) http://www.welt.de/politik/ausland/article7153203/Ungarn-muss-notfalls-aus-der-EU-austreten.html
(5) http://de.wikipedia.org/wiki/Pfeilkreuzler
(6) (6)  (http://www.welt.de/debatte/article7114827/Die-Auferstehung-der-Pfeilkreuzler-in-Ungarn.html
(7) (http://www.nationspresse.info/?p=5443
(8) (http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=14487
(9) (http://euobserver.com/843/30466
(10) (http://www.zeit.de/2000/48/200048_l-mishima_kurz.xml?page=all
(11) (http://www.spikyart.org/atomicsunshine/ny/suzukiintroductione.html
(12) (http://www.gollnisch.com/2010/05/11/lavenir-des-mouvements-nationalistes-en-debat-a-tokyo/ )
(13) (http://en.wikipedia.org/wiki/Axis_powers
(14) (http://en.wikipedia.org/wiki/International_Military_Tribunal_for_the_Far_East
(15) (http://www.ndl.go.jp/portrait/e/datas/142.html?c=7
(16) (http://de.wikipedia.org/wiki/Meiji-Restauration
(17) (http://de.wikipedia.org/wiki/Yasukuni-Schrein
(18) (http://www.hopenothate.org.uk/news/article/1673/European-and-Japanese-far-right-to-hold-Tokyo-congress
(19) (http://en.wikipedia.org/wiki/International_Military_Tribunal_for_the_Far_East
(20) (http://bit.ly/bxssqL
(21) (http://aff.skynetblogs.be/archive/2010/08/02/vlaamse-regering-naar-china-vb-naar-japan.html

Online-Flyer Nr. 262  vom 11.08.2010



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