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Inland
Folgt Angela Merkels „Revolution“ nun die zivile Gegenrevolution?
„Castor schottern!“
Von Hans-Dieter Hey
Protest auf dem Rudolfplatz in Köln
Atomtransporte auch über Köln
Die Folgen von Merkels Laufzeitverlängerung für Atomkraft sind 400 Tonnen hochgiftigen Atommülls mehr, und zwar jährlich. Doch bis jetzt weiß niemand eine Lösung, wo das Zeug langfristig hingekippt werden soll, das möglicherweise über viele Generationen unsere Kinder und Kindeskinder gesundheitlich massiv bedrohen kann. Und so wird weiter der Atommüll ziellos durchs Land gefahren. Das globalisierungskritische Netzwerk attac macht darauf aufmerksam, dass seit 25. Oktober Bewohner an den Strecken von LaHague über Karlsruhe nach Gorleben oder von Jülich über Köln und Duisburg nach Ahaus mit Atommülltransporten Nähe rechnen mussten. Das deutsche Streckennetz für den Castor ist über 3.200 Kilometer lang. An diesem Wochende wurde entlang der Strecke an mehr als 100 Orten protestiert.
Atommüll: auch an Köln vorbei
Quelle: Castorstrecken-Aktionstag
Gefordert wird, endlich mit dem Atomausstieg ernst zu machen:
- sofortiger Ausstieg statt längerer Laufzeiten
- kein Atommüll ins Wendland, kein Endlager in Gorleben
- keine neuen Kohlekraftwerke
- Stromkonzerne vergesellschaften, zerlegen und in kleine,
demokratisch kontrollierbare Einheiten überführen
Grüne von gemeinsamer Protestaktion verabschiedet
Siegfried Faust, Stadtratvertreter der Partei Die Linke in Jülich, kritisierte, dass sich die Grünen aus Jülich und Düren von der gemeinsamen Castor-Aktion verabschiedet hätten. Lieber seien sie statt dessen um das Forschungszentrum herum spaziert und hätten zum Protest als Atommeiler immitierte Mohrenköpfe verspeist. Faust erinnerte daran, dass es bereits 1978 im Reaktor AVR (Arbeitsgemeinschaft Versuchsreaktor Jülich) zu einer Katastrophe ähnlich wie in Tschernobyl hätte kommen können. Beim Bruch einer Kühlleitung traten 30 Tonnen Kühlwasser aus. Beim Abpumpen gelangten 300 Liter mit Strontium verseuchtes Wasser in das Erdreich. Bis heute könne nur spekuliert werden, „welche Ausmaße diese Bodenkontaminiertung tatsächlich angenommen hatte.“
Krebserkrankungen spielen für die Politik keine Rolle
1999 war man dort – eher durch Zufall – auf eine hohe Strahlung im gesamten Fundamentbereich gestoßen, die aus dem Vorfall von 1978 herrührte, aber vertuscht worden war. Im Januar diesen Jahres hatte die Fraktion Die Linke im Stadtrat ergebnislos den Antrag auf eine Kinderkrebsstudie eingebracht. „Durch die schwarz-gelbe Neonuklearpolitik bestärkt, haben die AVR-Betreiber dann am 31. März 2010 eine solche Studie abgelehnt.“ Offenbar konnte man ungünstige Nachrichten nicht gebrauchen, sollte der Reaktortyp doch nach China und Polen geliefert werden. „Aber dort, wo nur noch der Profit regiert, spielen an Krebs erkrankte Kinder keine Rolle“, erzürnte sich Faust. Es sei daher höchste Zeit, „das den Energieriesen das Handwerk gelegt wird.“
Häufung von Krebserkrankungen in Jülich? "Kleinigkeiten" zählten für die schwarz-gelbe NRW-Regierung wohl nicht
„Kath“, Sprecherin von Anarchie und Kekse, scheint auch in der Bevölkerung einen Sinneswandel auszumachen: “Und was sehen wir auf unseren Demonstrationen: Die Leute merken, das Atomstrom nicht durch Regierungen abgeschafft wird. Die nächste Zeit wird die gefährlichste werden. In manchen Atomkraftwerken müssen die Teile ausgetauscht werden.“ Jeden Monat gäbe es neue Meldungen darüber, was in den AKWs wieder schief gelaufen sei. Anlagen wie Krümmel oder Gronau sind eben nicht sicher. Ein verstrahlter Arbeiter habe nach einem zunächst vertuschten Unfall in Gronau eine „Odysse von Krankenhausaufenthalten hinter sich gehabt“. Doch Widerstand sei nicht einfach, denn „sobald wir gegen den Staat demonstrieren, nicht nur gestoppt werden, sondern nicht mehr als Menschen gesehen werden, sondern als irgendwas, was man beseitigen muss und gegen die man Gewalt anwenden kann. Die Schülerdemo in Lüchow hat schon das abbekommen, was die Schüler in Stuttgart abbekommen haben“.
Vom Protest abbringen lassen will man sich dennoch nicht. „Wir werden weiter Atomkraft stoppen. Sie werden irgendwann feststellen, dass sie ihre Laufzeiten nicht durchsetzen können. Wir können uns nicht auf irgendwelche Volksvertreter verlassen, denn die haben eigene Interessen.“ Beispielsweise sei durch Bürgerproteste das Atomkraftwerk in Mülheim-Kärlich damals stillgelegt worden, doch anschließend hätte die Regierung von Rot-Grün dieses Kraftwerk in die Restlaufzeit von 30 Jahren mit einbezogen. Gleich ob Rot-Grün oder Schwarz-Gelb, meint „Kath“, würde „diese Verarschung uns immer wieder passieren.“
„Unter dem Pflaster ist der Strand“
Reiner Schmidt von der Interventionistischen Linken bezieht sich auf diesen Spruch der 68er Generation und formuliert ihn neu: „Unter dem Schotter liegt der Strand. Und wir werden diesen Ausspruch ab dem 6. November im Wendland in Gänze beweisen“. Unter vielen Künstlern hatten bereits Konstantin Wecker, Hannes Wader, Klaus der Geiger den Aufruf „Castor schottern“ unterzeichnet. Mit ihnen auch Gewerkschaftsfunktionäre, Bundestagsabgeordnete, Landtagsabgeordnete, Pfadfinder, Studenten, Umweltaktivisten, Kirchenleute - weit über 1.000 Menschen. Manche bekamen Post von der Staatsanwaltschaft. Trotzdem – so Schmidt – sollten die Menschen sich nicht scheuen, möglichst zahlreich diesen Aufruf zu unterschreiben.
Nachahmer gesucht: Klaus der Geiger hat den Protest mit unterzeichnet
Fotos: Hans-Dieter Hey
Das Schottern des Castor-Zuges wurde bereits in der Vergangenheit erfolgreich durchgeführt, und der Castor konnte gestoppt werden. An frühere Erfolge anknüpfend wolle man aber nun die Polizeiketten „durchfließen, umgehen und sich dann am Bahndamm in Dannenberg treffen, um dort die Steine wegzubringen. Dann ist das Gleis für den Zug nicht mehr befahrbar.“ Das dieses Schottern als Störung einer öffentlichen Einrichtung nicht erlaubt ist, nehmen die Aktivisten in Kauf. „Doch je mehr wir werden, umso schwieriger wird das für die Staatsanwaltschaft.“ Auch die Polizei werde wohl massiv gegen das Schottern einschreiten. Aufforderungen der Staatsanwaltschaft zur Stellungnahme könne man aber getrost in den Papierkorb werfen. Eine Rechtshilfe ist bereits für den Fall der Fälle vorgesehen. Ein nächstes Treffen zur Vorbereitung der Kampagne „Castor schottern“ findet in der Alten Feuerwache in Köln am 29. Oktober um 19 Uhr statt.
Eine andere Möglichkeit der politischen Einflussnahme sehen die Aktivisten trotz der Verbotswidrigkeit nicht mehr. „Wir werden es trotzdem tun, weil es angesichts der Atompläne der Energiekonzerne und der Atomregierung einfach notwendig ist. Dieses Jahr bringen wir die Atompläne der Bundesregierung und der Atomkonzerne zu Fall. Dieses Jahr werden wir beweisen: Unter dem Schotter liegt der Strand.“ (HDH)
Die Petition "Bürger gegen Atomlobby" kann hier unterzeichnet werden:
Online-Flyer Nr. 273 vom 24.10.2010
Folgt Angela Merkels „Revolution“ nun die zivile Gegenrevolution?
„Castor schottern!“
Von Hans-Dieter Hey
Protest auf dem Rudolfplatz in Köln
Atomtransporte auch über Köln
Die Folgen von Merkels Laufzeitverlängerung für Atomkraft sind 400 Tonnen hochgiftigen Atommülls mehr, und zwar jährlich. Doch bis jetzt weiß niemand eine Lösung, wo das Zeug langfristig hingekippt werden soll, das möglicherweise über viele Generationen unsere Kinder und Kindeskinder gesundheitlich massiv bedrohen kann. Und so wird weiter der Atommüll ziellos durchs Land gefahren. Das globalisierungskritische Netzwerk attac macht darauf aufmerksam, dass seit 25. Oktober Bewohner an den Strecken von LaHague über Karlsruhe nach Gorleben oder von Jülich über Köln und Duisburg nach Ahaus mit Atommülltransporten Nähe rechnen mussten. Das deutsche Streckennetz für den Castor ist über 3.200 Kilometer lang. An diesem Wochende wurde entlang der Strecke an mehr als 100 Orten protestiert.
Atommüll: auch an Köln vorbei
Quelle: Castorstrecken-Aktionstag
Gefordert wird, endlich mit dem Atomausstieg ernst zu machen:
- sofortiger Ausstieg statt längerer Laufzeiten
- kein Atommüll ins Wendland, kein Endlager in Gorleben
- keine neuen Kohlekraftwerke
- Stromkonzerne vergesellschaften, zerlegen und in kleine,
demokratisch kontrollierbare Einheiten überführen
Grüne von gemeinsamer Protestaktion verabschiedet
Siegfried Faust, Stadtratvertreter der Partei Die Linke in Jülich, kritisierte, dass sich die Grünen aus Jülich und Düren von der gemeinsamen Castor-Aktion verabschiedet hätten. Lieber seien sie statt dessen um das Forschungszentrum herum spaziert und hätten zum Protest als Atommeiler immitierte Mohrenköpfe verspeist. Faust erinnerte daran, dass es bereits 1978 im Reaktor AVR (Arbeitsgemeinschaft Versuchsreaktor Jülich) zu einer Katastrophe ähnlich wie in Tschernobyl hätte kommen können. Beim Bruch einer Kühlleitung traten 30 Tonnen Kühlwasser aus. Beim Abpumpen gelangten 300 Liter mit Strontium verseuchtes Wasser in das Erdreich. Bis heute könne nur spekuliert werden, „welche Ausmaße diese Bodenkontaminiertung tatsächlich angenommen hatte.“
Krebserkrankungen spielen für die Politik keine Rolle
1999 war man dort – eher durch Zufall – auf eine hohe Strahlung im gesamten Fundamentbereich gestoßen, die aus dem Vorfall von 1978 herrührte, aber vertuscht worden war. Im Januar diesen Jahres hatte die Fraktion Die Linke im Stadtrat ergebnislos den Antrag auf eine Kinderkrebsstudie eingebracht. „Durch die schwarz-gelbe Neonuklearpolitik bestärkt, haben die AVR-Betreiber dann am 31. März 2010 eine solche Studie abgelehnt.“ Offenbar konnte man ungünstige Nachrichten nicht gebrauchen, sollte der Reaktortyp doch nach China und Polen geliefert werden. „Aber dort, wo nur noch der Profit regiert, spielen an Krebs erkrankte Kinder keine Rolle“, erzürnte sich Faust. Es sei daher höchste Zeit, „das den Energieriesen das Handwerk gelegt wird.“
Häufung von Krebserkrankungen in Jülich? "Kleinigkeiten" zählten für die schwarz-gelbe NRW-Regierung wohl nicht
„Kath“, Sprecherin von Anarchie und Kekse, scheint auch in der Bevölkerung einen Sinneswandel auszumachen: “Und was sehen wir auf unseren Demonstrationen: Die Leute merken, das Atomstrom nicht durch Regierungen abgeschafft wird. Die nächste Zeit wird die gefährlichste werden. In manchen Atomkraftwerken müssen die Teile ausgetauscht werden.“ Jeden Monat gäbe es neue Meldungen darüber, was in den AKWs wieder schief gelaufen sei. Anlagen wie Krümmel oder Gronau sind eben nicht sicher. Ein verstrahlter Arbeiter habe nach einem zunächst vertuschten Unfall in Gronau eine „Odysse von Krankenhausaufenthalten hinter sich gehabt“. Doch Widerstand sei nicht einfach, denn „sobald wir gegen den Staat demonstrieren, nicht nur gestoppt werden, sondern nicht mehr als Menschen gesehen werden, sondern als irgendwas, was man beseitigen muss und gegen die man Gewalt anwenden kann. Die Schülerdemo in Lüchow hat schon das abbekommen, was die Schüler in Stuttgart abbekommen haben“.
Vom Protest abbringen lassen will man sich dennoch nicht. „Wir werden weiter Atomkraft stoppen. Sie werden irgendwann feststellen, dass sie ihre Laufzeiten nicht durchsetzen können. Wir können uns nicht auf irgendwelche Volksvertreter verlassen, denn die haben eigene Interessen.“ Beispielsweise sei durch Bürgerproteste das Atomkraftwerk in Mülheim-Kärlich damals stillgelegt worden, doch anschließend hätte die Regierung von Rot-Grün dieses Kraftwerk in die Restlaufzeit von 30 Jahren mit einbezogen. Gleich ob Rot-Grün oder Schwarz-Gelb, meint „Kath“, würde „diese Verarschung uns immer wieder passieren.“
„Unter dem Pflaster ist der Strand“
Reiner Schmidt von der Interventionistischen Linken bezieht sich auf diesen Spruch der 68er Generation und formuliert ihn neu: „Unter dem Schotter liegt der Strand. Und wir werden diesen Ausspruch ab dem 6. November im Wendland in Gänze beweisen“. Unter vielen Künstlern hatten bereits Konstantin Wecker, Hannes Wader, Klaus der Geiger den Aufruf „Castor schottern“ unterzeichnet. Mit ihnen auch Gewerkschaftsfunktionäre, Bundestagsabgeordnete, Landtagsabgeordnete, Pfadfinder, Studenten, Umweltaktivisten, Kirchenleute - weit über 1.000 Menschen. Manche bekamen Post von der Staatsanwaltschaft. Trotzdem – so Schmidt – sollten die Menschen sich nicht scheuen, möglichst zahlreich diesen Aufruf zu unterschreiben.
Nachahmer gesucht: Klaus der Geiger hat den Protest mit unterzeichnet
Fotos: Hans-Dieter Hey
Das Schottern des Castor-Zuges wurde bereits in der Vergangenheit erfolgreich durchgeführt, und der Castor konnte gestoppt werden. An frühere Erfolge anknüpfend wolle man aber nun die Polizeiketten „durchfließen, umgehen und sich dann am Bahndamm in Dannenberg treffen, um dort die Steine wegzubringen. Dann ist das Gleis für den Zug nicht mehr befahrbar.“ Das dieses Schottern als Störung einer öffentlichen Einrichtung nicht erlaubt ist, nehmen die Aktivisten in Kauf. „Doch je mehr wir werden, umso schwieriger wird das für die Staatsanwaltschaft.“ Auch die Polizei werde wohl massiv gegen das Schottern einschreiten. Aufforderungen der Staatsanwaltschaft zur Stellungnahme könne man aber getrost in den Papierkorb werfen. Eine Rechtshilfe ist bereits für den Fall der Fälle vorgesehen. Ein nächstes Treffen zur Vorbereitung der Kampagne „Castor schottern“ findet in der Alten Feuerwache in Köln am 29. Oktober um 19 Uhr statt.
Eine andere Möglichkeit der politischen Einflussnahme sehen die Aktivisten trotz der Verbotswidrigkeit nicht mehr. „Wir werden es trotzdem tun, weil es angesichts der Atompläne der Energiekonzerne und der Atomregierung einfach notwendig ist. Dieses Jahr bringen wir die Atompläne der Bundesregierung und der Atomkonzerne zu Fall. Dieses Jahr werden wir beweisen: Unter dem Schotter liegt der Strand.“ (HDH)
Die Petition "Bürger gegen Atomlobby" kann hier unterzeichnet werden:
Online-Flyer Nr. 273 vom 24.10.2010