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Lokales
Abschied von einer starken Belegschaft
Das Ende von bauer druck köln
Von Franz Kersjes

Er zählt zu den reichsten Leuten der Republik. Das Vermögen des Verlegers Heinz Bauer wird aktuell auf etwa vier Milliarden Euro geschätzt. Diesen Reichtum haben Tausende von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in seinen Betrieben erarbeitet. Eine soziale Verpflichtung hat Bauer daraus nicht entwickelt. Die von ihm abhängig Beschäftigten werden geheuert und gefeuert wie es sein Gewinnstreben erfordert.


Im Kreise seiner Familie: Verleger und Milliardär Heinz Bauer
Quelle: Bauerverlag
 
Nun hat Heinz Bauer wieder Arbeitsplätze vernichtet. Sein Tiefdruckbetrieb In Köln wird Ende Dezember geschlossen. Rund 350 Beschäftigte werden in die Arbeitslosigkeit entlassen. In einer letzten Betriebsversammlung wurde noch einmal an die zahlreichen Kämpfe in der Vergangenheit erinnert. Es gab bewegende Augenblicke in den Ansprachen und Diskussionsbeiträgen der anwesenden Kolleginnen und Kollegen. Die über viele Jahre entstandene Verbundenheit war spürbar.
 
In zahlreichen Arbeitskämpfen hat sich die Belegschaft stets vorbildlich und geschlossen für gemeinsame Ziele in der IG Druck und Papier und später in der IG Medien eingesetzt. In zahlreichen Arbeitskämpfen folgten die Beschäftigten dem Streikaufruf in unterschiedlichsten Situationen immer solidarisch. Wenn gestreikt wurde, streikten alle! So beispielsweise im berühmten Arbeitskampf in der Druckindustrie im Jahr 1984 für Arbeitszeitverkürzung und eine neue Lohntarifstruktur. Wochenlang - insgesamt 22 Tage - waren die mehr als 1.000 Beschäftigten im Ausstand. Ebenso engagierte sich die Belegschaft 1989 im Kampf um die 5-Tage-Woche und in den folgenden Arbeitskämpfen für Einkommensverbesserungen und die Durchsetzung der tariflichen 35-Stunden-Woche, die zum 1. April 1995 endlich erreicht wurde. Auf die Kollegen und Kolleginnen bei bauer druck in Köln konnte sich ihre Gewerkschaft immer verlassen!
 
Der Kampf des Konzernherrn gegen den Betriebsrat
 
Konzernherr Heinz Bauer hat niemals eine vertrauensvolle Zusammenarbeit im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes ermöglicht. So wurde beispielsweise im Jahr 2002 das Ergebnis der Betriebsratswahlen von der Geschäftsleitung beim Arbeitsgericht angefochten. Nicht nur die Beschäftigten, sondern auch die Leiharbeitnehmer waren an die Wahlurne gegangen. Dagegen klagte die Geschäftsleitung. Und das Gericht gab der Klage statt. Der Betriebsrat legte gegen das Urteil des Gerichts Beschwerde ein. Doch diese Beschwerde ging nicht fristgemäß beim Landesarbeitsgericht ein, obwohl sie rechtzeitig abgeschickt worden war. Dadurch gab es zunächst keinen Betriebsrat mehr. Die IG Druck und Papier rief unverzüglich zur Wahl eines Wahlvorstandes auf, damit so rasch wie möglich ein neuer Betriebsrat gewählt werden konnte. Auch dagegen klagte das Management. Doch diesmal waren die Richter auf der Seite der Belegschaft. Mit Hilfe des Gerichts konnte die geforderte zeitnahe Betriebsversammlung stattfinden. Bevor aber die Neuwahl des Betriebsrates durchgeführt werden konnte, erhielt der langjährige Betriebsratsvorsitzende eine betriebsbedingte Kündigung, vom Konzernherrn Heinz Bauer persönlich unterzeichnet. Angeblich gab es zu diesem Zeitpunkt für den Kollegen keinen Arbeitsplatz mehr. Durch eine Entscheidung des Landesarbeitsgerichtes Köln im Juli 2003 über die nicht rechtzeitig beim Gericht eingegangene Beschwerde gegen die von der Geschäftsleitung in erster Instanz erfolgreiche Wahlanfechtung wurde der im März 2002 gewählte Betriebsrat rückwirkend in seinem Amt bestätigt. Es gab also keine betriebsratslose Zeit, die das Unternehmen zur Kündigung des Betriebsratsvorsitzenden nutzen wollte.


Bauer-Kollegen im Widerstand auf dem Kölner Wallraffplatz
NRhZ-Archiv
 
Auch in der jüngeren Vergangenheit wurde die Belegschaft von ihrem Chef Heinz Bauer unter Druck gesetzt. Er forderte von den Beschäftigten immer mehr Leistung mit weniger Personal bei längeren Arbeitszeiten. Die Rechte der Arbeitnehmer waren ihm lästig. So teilte die Geschäftsleitung in Köln in einer Betriebsversammlung im April 2008 mit, dass bauer druck köln KG dem Arbeitgeberverband nur noch ohne Tarifbindung angehört. Von heute auf morgen war die Firma in eine OT-Mitgliedschaft gewechselt. Unverzüglich wurde die Geschäftsleitung von der Gewerkschaft zur Fortsetzung der Tarifbindung durch Abschluss eines Firmentarifvertrages aufgefordert. Aber Bauer weigerte sich. Erst durch Streikaktionen im Frühjahr 2009 konnte der geforderte Firmentarifvertrag erkämpft werden.(1) Kurze Zeit später wurde die Schließung des Betriebes, zunächst ohne konkreten Termin, angekündigt. Heinz Bauer will seine Zeitschriften nun in anderen Betrieben der 25 Tiefdruckunternehmen in Europa herstellen lassen. Durch Überkapazitäten ist die Auswahl relativ groß.
 
Subventionen für Druckereien in Polen
 
Die Überkapazitäten in der Tiefdruckbranche Europas hat Heinz Bauer mit geschaffen. In Polen errichtete er mit hohen EU-Zuschüssen aus Steuermitteln zwei neue Tiefdruckereien, die nicht nur für den polnischen Markt produzieren, sondern zunehmend auch Aufträge aus Köln übernommen haben. Der Bau seiner neuen Tiefdruckerei im polnischen Nowogrodziec wurde mit 40 Millionen Euro an Steuergeldern subventioniert. Im Kölner Betrieb, der in den 1990er Jahren noch mehr als 2.000 Mitarbeiter beschäftigte, wurde die Belegschaft durch konsequenten Personalabbau auf derzeit rund 350 Beschäftigte reduziert.
 
Alleinherrscher im Konzern
 
Die Bauer Media Group (rechtlicher Name: Heinrich Bauer Verlag KG) zählt zu Europas führenden und profitabelsten Zeitschriftenverlagen. Sie publiziert 308 Titel in 14 Ländern und beschäftigt rund 9.000 Menschen. Allein in Deutschland gibt das Familienunternehmen 46 Zeitschriften heraus und erreicht damit rund 31 Millionen Leserinnen und Leser. Heinz Bauer hält 96 Prozent der Anteile an der Bauer KG und führt seinen Konzern als Vorstand und Aufsichtsrat in Personalunion. Kein anderer deutscher Verleger nimmt in seinem Unternehmen eine ebenso dominante Stellung ein. Oberster Buchhalter, strategischer Ideengeber, verlegerischer Kopf - der Chef spielt alle wichtigen Rollen selbst, seit er 1984 die Führung des vor 129 Jahren gegründeten und immer in Familienhand befindlichen Unternehmens übernahm, schrieb das Manager-Magazin bereits 2004 in einem Beitrag über den ausgekochten Erbsenzähler.
 
Heinz Bauer hat im Umgang mit den von ihm abhängig Beschäftigten schon oft für Empörung gesorgt. Bereits im Jahr 2005 fand bei bauer druck köln eine Teilschließung statt, bei der vier von acht Tiefdruckrotationsmaschinen stillgelegt wurden und 480 von 950 (ehemals 2.300) Beschäftigte ihren Arbeitsplatz verloren. Die Umsetzung vereinbarter Eckpunkte zur Standort- und Beschäftigungssicherung wurde von Heinz Bauer verweigert. Im Jahr 2008 erfolgte ein weiterer Personalabbau um etwa 90 Beschäftigte, der mit Rationalisierungsmaßnahmen in der Weiterverarbeitung begründet wurde.
 
Wie wenig Bauer die gesetzlichen Rechte der Beschäftigten respektiert, zeigt das folgende Beispiel: Mitte der siebziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts konnte ein Konzernbetriebsrat erst nach jahrelanger Prozessiererei durch eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes durchgesetzt werden.
 
In Verhandlungen mit Betriebsräten oder in Betriebsversammlungen ist Heinz Bauer noch nie gesehen worden. Für seine menschenverachtenden Personalentscheidungen will er sich offensichtlich nicht verantworten. Ein Mann ohne soziales Gewissen. (PK)
 
(1) http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=14432

Franz Kersjes war viele Jahre Landesvorsitzender der Industriegewerkschaft Druck und Papier und der IG Medien in NRW und macht nun die www.welt-der-arbeit.de/


Online-Flyer Nr. 279  vom 08.12.2010



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