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BND-Verantwortliche müssen keine Konsequenzen befürchten
Aktenlage nicht vollständig
Von Peter Kleinert
"Amtlich bestätigt" und im Internet unter www.bundestag.de nachlesbar ist damit immerhin, dass der BND seit den 80er Jahren bis Ende 2005 Journalisten observiert, überwacht oder auch dafür bezahlt hat, damit diese ihre Kollegen bespitzelten oder ihm andere Informationen zutrugen. So erhielt der im Schäfer-Bericht anonymisierte "Journalist V" für seine "vor allem im Ausland...sehr erfolgreiche" BND-Arbeit von 1982 (damals noch unter dem später zum Außenminister avancierten Klaus Kinkel) bis zum Jahr 1998, in dem er "abgeschaltet" wurde, genau 652.738,91 DM. Ob er die versteuern musste, ist dem Bericht nicht zu entnehmen. Nachlesen kann man in dem Bericht allerdings einige seiner "Leistungen" für diesen Nebenverdienst. Unter dem Tarnnamen "Da" habe er z. B. ab 1995 Informationen darüber, "wie interne Unterlagen des BND zur Plutoniumaffäre an den Spiegel gelangten, beschafft und an den BND" weitergegeben.
Nach seiner "Abschaltung" wurde "Journalist V", Tarnname "Da", vom BND bis 2004 seinerseits observiert - möglicherweise, weil er laut Schäfer-Bericht seine BND-Arbeit im ORF und in der jüdischen Gemeinde Berlin offen gelegt hatte. Und damit nun auch die LeserInnen des Schäfer-Berichts erfahren, wer dieser "Journalist V" ist, der in einem Gespräch mit dem Sonderermittler am 22. Mai 2006 die ihm vorgehaltenen Spitzeleien bestritten und seine Anonymität per Gerichtsurteil durchgesetzt hat, enttarnt der Bericht ihn auf ganz simple Weise: "Da" habe nicht nur als freier Journalist bzw. als Redakteur für Spiegel, Stern, Quick und Focus gearbeitet, sondern auch - zusammen mit dem Ex-BNDler Norbert Juretzko - die Bücher "Bedingt dienstbereit", und "Im Visier" geschrieben. Diese Titel findet man via Google im Internet, und schon hat man seinen Namen: Wilhelm Dietl.
Gegen Dietls Co-Autor wird, weil er BND-Hauptmann war, schon länger "wegen Geheimnisverrats" bei der Bundesanwaltschaft ermittelt. Möglicherweise kommt er im Verlauf dieser "disziplinarrechtlichen Maßnahme" eines Tages sogar vor Gericht. Das müssen frühere BND-Präsidenten wie Klaus Kinkel (bis 1982) Heribert Hellenbroich (1985), Konrad Porzner (bis 1996), August Hanning (1998 bis 2005), inzwischen Staatssekretär im Innenministerium sowie Ernst Uhrlau (seit 2005), und die für den BND ehemals im Kanzleramt Verantwortlichen wie Bernd Schmidtbauer und Frank-Walter Steinmeier nicht befürchten. Sie haben "nichts gewusst". Otto Schily natürlich auch nicht.
Nichts gewusst haben sie beispielsweise von der ein Jahrzehnt anhaltenden Überwachung des Autors der Bücher "Der BND oder die unheimliche Macht im Staate", 1993, "Der Schattenkrieger - Klaus Kinkel und der BND", 1995, und "Undercover - Der BND und die deutschen Journalisten", 1998, und "Friedensforschers" Erich Schmidt-Eenboom, obwohl allein diese laut Schäfer-Bericht "mehrere hunderttausend Mark" kostete. Natürlich wussten sie auch nichts davon, dass es dem BND dann im Jahr 2002 endlich gelang, diesen bis dahin gefürchtetsten Kritiker, "für sich zu gewinnen". "Ein genialer Schachzug", so die Süddeutsche Zeitung schon einen Tag vor Veröffentlichung des aus vielen weißen Seiten bestehenden Schäfer-Berichts. Und keine Ahnung hatten BND-Obere und regierungsamtliche BND-Aufseher von der Bespitzelung des zunächst für den Spiegel und dann für die Süddeutsche Zeitung arbeitenden "Geheimdienstexperten" Hans Leyendecker, des Berliner Zeitung-Redakteurs Andreas Förster, des Focus-Redakteurs Josef Hufelschulte, weiterer Journalisten und eines Verlegers, dem ein Buch über den BND nur angeboten worden war.
Möglicherweise werden sie dieses NichtsGewußtHaben sogar unbeschadet durchhalten können, wenn es zu dem von Hans-Christian Ströbele (Bündnis 90/Die Grünen) und Wolfgang Neskovic (Linkspartei.PDS) für notwendig gehaltenen speziellen Untersuchungsausschuss kommen sollte. Ein Indiz dafür ist die bedauernde Anmerkung von Sonderermittler Schäfer gleich zu Anfang seines Berichts über "Themenkomplexe, in denen die vorgefundene Aktenlage nicht vollständig war". Schredder zur Bereinigung von heiklen "Aktenlagen" dürfte man auch im BND schon seit langem für den "Ernstfall" parat gehabt haben - nicht nur im Ministerium für Staatssicherheit der DDR.
Dem von Ströbele und Neskovic angesprochenen speziellen Untersuchungsausschuss in Sachen illegaler Indienststellung und Bespitzelung von Journalisten dürfte sich übrigens in den nächsten Tagen noch eine zweiter Aufgabenbereich eröffnen: Wie das Kölner Journalisten-Team "german-foreign-policy" am Sonntag aufdeckte, verstößt neben dem BND auch die Bundeswehr seit Jahren gegen die im Grundgesetzartikel 5 garantierte "Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film".
Unter der Verantwortung von Verteidigungsminister Franz Josef Jung zieht die Bundeswehr nämlich nicht nur - wie der BND angeblich nur gelegentlich zur "Eigensicherung" - Journalisten als Informationsquellen und Multiplikatoren heran, sondern unterhält nach gfp-Recherchen sogar "eine eigene Abteilung für die Anbahnung von Medienkontakten". Diese Einflussarbeit werde in der nahe Berlin angesiedelten Bundeswehr-"Akademie für Information und Kommunikation" (AIK) koordiniert. Dort arbeite ein "Forum Dialog", das "verschwiegene Kontakte zu Journalisten aus dem In- und Ausland" suche. Den angeworbenen Medienvertretern werde "strikte Vertraulichkeit" abverlangt. Leiter des militärischen Journalisten-Forums sei Guido M., Vorstandsmitglied des "Weltverbands Deutschsprachiger Journalisten" (WDJ), "einer Nachfolgeeinrichtung der von BND-Spitzeln durchsetzten "Internationalen Assoziation Deutschsprachiger Medien" (IADM)".
Lesen Sie dazu mehr in unserem Bericht: "Bundeswehr noch intensiver als BND"
Online-Flyer Nr. 46 vom 30.05.2006
BND-Verantwortliche müssen keine Konsequenzen befürchten
Aktenlage nicht vollständig
Von Peter Kleinert
"Amtlich bestätigt" und im Internet unter www.bundestag.de nachlesbar ist damit immerhin, dass der BND seit den 80er Jahren bis Ende 2005 Journalisten observiert, überwacht oder auch dafür bezahlt hat, damit diese ihre Kollegen bespitzelten oder ihm andere Informationen zutrugen. So erhielt der im Schäfer-Bericht anonymisierte "Journalist V" für seine "vor allem im Ausland...sehr erfolgreiche" BND-Arbeit von 1982 (damals noch unter dem später zum Außenminister avancierten Klaus Kinkel) bis zum Jahr 1998, in dem er "abgeschaltet" wurde, genau 652.738,91 DM. Ob er die versteuern musste, ist dem Bericht nicht zu entnehmen. Nachlesen kann man in dem Bericht allerdings einige seiner "Leistungen" für diesen Nebenverdienst. Unter dem Tarnnamen "Da" habe er z. B. ab 1995 Informationen darüber, "wie interne Unterlagen des BND zur Plutoniumaffäre an den Spiegel gelangten, beschafft und an den BND" weitergegeben.
Nach seiner "Abschaltung" wurde "Journalist V", Tarnname "Da", vom BND bis 2004 seinerseits observiert - möglicherweise, weil er laut Schäfer-Bericht seine BND-Arbeit im ORF und in der jüdischen Gemeinde Berlin offen gelegt hatte. Und damit nun auch die LeserInnen des Schäfer-Berichts erfahren, wer dieser "Journalist V" ist, der in einem Gespräch mit dem Sonderermittler am 22. Mai 2006 die ihm vorgehaltenen Spitzeleien bestritten und seine Anonymität per Gerichtsurteil durchgesetzt hat, enttarnt der Bericht ihn auf ganz simple Weise: "Da" habe nicht nur als freier Journalist bzw. als Redakteur für Spiegel, Stern, Quick und Focus gearbeitet, sondern auch - zusammen mit dem Ex-BNDler Norbert Juretzko - die Bücher "Bedingt dienstbereit", und "Im Visier" geschrieben. Diese Titel findet man via Google im Internet, und schon hat man seinen Namen: Wilhelm Dietl.
Gegen Dietls Co-Autor wird, weil er BND-Hauptmann war, schon länger "wegen Geheimnisverrats" bei der Bundesanwaltschaft ermittelt. Möglicherweise kommt er im Verlauf dieser "disziplinarrechtlichen Maßnahme" eines Tages sogar vor Gericht. Das müssen frühere BND-Präsidenten wie Klaus Kinkel (bis 1982) Heribert Hellenbroich (1985), Konrad Porzner (bis 1996), August Hanning (1998 bis 2005), inzwischen Staatssekretär im Innenministerium sowie Ernst Uhrlau (seit 2005), und die für den BND ehemals im Kanzleramt Verantwortlichen wie Bernd Schmidtbauer und Frank-Walter Steinmeier nicht befürchten. Sie haben "nichts gewusst". Otto Schily natürlich auch nicht.
Nichts gewusst haben sie beispielsweise von der ein Jahrzehnt anhaltenden Überwachung des Autors der Bücher "Der BND oder die unheimliche Macht im Staate", 1993, "Der Schattenkrieger - Klaus Kinkel und der BND", 1995, und "Undercover - Der BND und die deutschen Journalisten", 1998, und "Friedensforschers" Erich Schmidt-Eenboom, obwohl allein diese laut Schäfer-Bericht "mehrere hunderttausend Mark" kostete. Natürlich wussten sie auch nichts davon, dass es dem BND dann im Jahr 2002 endlich gelang, diesen bis dahin gefürchtetsten Kritiker, "für sich zu gewinnen". "Ein genialer Schachzug", so die Süddeutsche Zeitung schon einen Tag vor Veröffentlichung des aus vielen weißen Seiten bestehenden Schäfer-Berichts. Und keine Ahnung hatten BND-Obere und regierungsamtliche BND-Aufseher von der Bespitzelung des zunächst für den Spiegel und dann für die Süddeutsche Zeitung arbeitenden "Geheimdienstexperten" Hans Leyendecker, des Berliner Zeitung-Redakteurs Andreas Förster, des Focus-Redakteurs Josef Hufelschulte, weiterer Journalisten und eines Verlegers, dem ein Buch über den BND nur angeboten worden war.
Möglicherweise werden sie dieses NichtsGewußtHaben sogar unbeschadet durchhalten können, wenn es zu dem von Hans-Christian Ströbele (Bündnis 90/Die Grünen) und Wolfgang Neskovic (Linkspartei.PDS) für notwendig gehaltenen speziellen Untersuchungsausschuss kommen sollte. Ein Indiz dafür ist die bedauernde Anmerkung von Sonderermittler Schäfer gleich zu Anfang seines Berichts über "Themenkomplexe, in denen die vorgefundene Aktenlage nicht vollständig war". Schredder zur Bereinigung von heiklen "Aktenlagen" dürfte man auch im BND schon seit langem für den "Ernstfall" parat gehabt haben - nicht nur im Ministerium für Staatssicherheit der DDR.
Dem von Ströbele und Neskovic angesprochenen speziellen Untersuchungsausschuss in Sachen illegaler Indienststellung und Bespitzelung von Journalisten dürfte sich übrigens in den nächsten Tagen noch eine zweiter Aufgabenbereich eröffnen: Wie das Kölner Journalisten-Team "german-foreign-policy" am Sonntag aufdeckte, verstößt neben dem BND auch die Bundeswehr seit Jahren gegen die im Grundgesetzartikel 5 garantierte "Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film".
Unter der Verantwortung von Verteidigungsminister Franz Josef Jung zieht die Bundeswehr nämlich nicht nur - wie der BND angeblich nur gelegentlich zur "Eigensicherung" - Journalisten als Informationsquellen und Multiplikatoren heran, sondern unterhält nach gfp-Recherchen sogar "eine eigene Abteilung für die Anbahnung von Medienkontakten". Diese Einflussarbeit werde in der nahe Berlin angesiedelten Bundeswehr-"Akademie für Information und Kommunikation" (AIK) koordiniert. Dort arbeite ein "Forum Dialog", das "verschwiegene Kontakte zu Journalisten aus dem In- und Ausland" suche. Den angeworbenen Medienvertretern werde "strikte Vertraulichkeit" abverlangt. Leiter des militärischen Journalisten-Forums sei Guido M., Vorstandsmitglied des "Weltverbands Deutschsprachiger Journalisten" (WDJ), "einer Nachfolgeeinrichtung der von BND-Spitzeln durchsetzten "Internationalen Assoziation Deutschsprachiger Medien" (IADM)".
Lesen Sie dazu mehr in unserem Bericht: "Bundeswehr noch intensiver als BND"
Online-Flyer Nr. 46 vom 30.05.2006