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Inland
700 christliche Fundamentalisten, Rechte und orientalische Christen in Frankfurt
Islamfeindliche "Großdemonstration"
Von Hans Christoph Stoodt
Etwa 300 DemonstrantInnen einer Frankfurter Veranstaltung gegen "Christenverfolgungen in islamischen Ländern“ setzten sich am heutigen 12. März mit knapp einstündiger Verspätung vom Frankfurter Hauptbahnhof aus in Bewegung. Eine bunt zusammengewürfelte Gruppe: PI-Ortsgruppen aus München, Stuttgart und Frankfurt, Grüppchen der „Bürgerbewegung Pax Europa“, fundamentalistische Christen aus verschiedenen Städten, Anhänger der Frankfurter „Freien Wähler“ und Gruppen der Jungen Aramäischen Union und der Kopten – Gruppierungen, die ansonsten wenig miteinander zu tun haben dürften.
In einem Punkt aber waren sie sich einig: in ihrem Haß auf den Islam, dem sie unterwegs, in Diskussionsbeiträgen am Rand der Veranstaltung, in Sprechchören und Reden während der Abschlußkundgebung an der Hauptwache freien Lauf ließen. „Scharia ist Völkermord“ wurde rosenkranzartig-monoton wieder und wieder skandiert, gruselige Fotos mit Kruzifixen und gefolterten Menschen wurden geschwenkt, die an Bilder eines fehlgeschlagenen Exorzismus erinnerten, Transparente mit Bibelversen und zahlreiche zum Teil sehr seltsam ausgestaltete Kreuze mitgeführt. Eine Demonstration dieser bizarren Art dürfte bisher eine Seltenheit in Frankfurt gewesen sein – ein Treffen von antiislamischen Rassisten, Rechtspopulisten und reaktionären religiösen Fanatikern.
Auf der Hauptwache war die Demonstration inzwischen auf ca. 700 Personen angewachsen. Während der Abschlußkundgebung wurden diverse Grußworte verlesen, so zum Beispiel, um den politischen Standort der Aktion eindeutig zu machen, eines von Erika Steinbach (CDU, Bund der Vertriebenen), sowie von verschiedenen religiösen Führern orientalischer Kirchen in Deutschland, die die Verfolgung und Diskriminierung ihrer Kirchen in ihren jeweiligen Heimatländern anprangerten.
In der Organisationsleitung wirkten mit Müller und Hübner zwei Herren der Freien Wähler Frankfurt, denen für ihre Unterstützung auch herzlicher Dank gesagt wurde. Angehörige anderer politischer Parteien wurden weder erwähnt noch kamen sie zu Wort – am Rande der Kundgebung demonstrierte aber auch ein Wahlkampfstand der CDU/Jungen Union Präsenz, von denen einige Aktivisten zumindest in Diskussionen am Rande deutlich Partei für die Kundgebung und deren seltsames politisches Spektrum ergriffen.
Die etwa fünfzig anwesenden AntifaschistInnen aus verschiedenen Gruppen (Jusos, Grüne, LINKE, Antifa, ANK) demonstrierten mit Spruchbändern, Plakaten und Flugblättern während des Auftakts, der Demonstration und der Abschlußkundgebung für die Unteilbarkeit des demokratischen Grundrechts auf negative und positive Religionsfreiheit überall sowie gegen Rassismus.
Der Hass, der uns dabei von Einzelnen entgegenschlug, kann nur als pathologisch eingeordnet werden: offenbar ist das oben skizzierte Sammelbecken auch ein Ort für Sonderlinge aller Art. So wurden wir z.B. immer wieder geradezu geifernd als „islamische Kommunisten“ bezeichnet - was auch immer das sei: der Vorwurf des „jüdischen Bolschewismus“ ist da nicht weit. Martin Hohmann läßt grüßen.
Wir hatten im Vorfeld entschieden, mit dieser Veranstaltung keine direkte Konfrontation zu suchen, um die anwesenden MigrantInnenorganisationen nicht noch weiter in die Arme der Rechen zu treiben.
Es ist die Frage, ob dieses Herangehen nicht ein Fehler war: die Gruppierungen von Armeniern und Kopten machten durchaus den Eindruck, zu wissen, mit wem sie da demonstrierten. Offenbar wollen sie sich im Spektrum der deutschen Gesellschaft ganz bewußt am äußeren rechten Rand verorten – dementsprechend sollten sie dann auch von uns eingeordnet werden. Im Fall der Jungen Aramäischen Union (JAU) ist das ganz deutlich zu sehen: ein Schreiben an die Adresse von Antifa und ANK, mit dem sich diese Gruppe einige Tage vor der Demonstration dafür entschuldigt hatte, AntifaschistInnen mit NS-Antisemiten verglichen zu haben, war einen Tag vor der Demo plötzlich von der Homepage verschwunden, ist allerdings in einem Posting der ANK für die Nachwelt dokumentiert.
Der dort Unterzeichnende tat sich heute am Mikrofon als besonders lautstarker "Islamkritiker“ hervor. (PK)
Am kommenden Donnerstag, 17.3.: Abschlußveranstaltung der „Freien Wähler“ im Südbahnhof. Treffpunkt für AntifaschistInnen: vor dem Südbahnhof, 18:30 Uhr
Hans Christoph Stoodt ist evangelischer Pfarrer und engagiert in der Anti-Nazi-Koordination Frankfurt am Main.
Online-Flyer Nr. 292 vom 12.03.2011
700 christliche Fundamentalisten, Rechte und orientalische Christen in Frankfurt
Islamfeindliche "Großdemonstration"
Von Hans Christoph Stoodt
Etwa 300 DemonstrantInnen einer Frankfurter Veranstaltung gegen "Christenverfolgungen in islamischen Ländern“ setzten sich am heutigen 12. März mit knapp einstündiger Verspätung vom Frankfurter Hauptbahnhof aus in Bewegung. Eine bunt zusammengewürfelte Gruppe: PI-Ortsgruppen aus München, Stuttgart und Frankfurt, Grüppchen der „Bürgerbewegung Pax Europa“, fundamentalistische Christen aus verschiedenen Städten, Anhänger der Frankfurter „Freien Wähler“ und Gruppen der Jungen Aramäischen Union und der Kopten – Gruppierungen, die ansonsten wenig miteinander zu tun haben dürften.
In einem Punkt aber waren sie sich einig: in ihrem Haß auf den Islam, dem sie unterwegs, in Diskussionsbeiträgen am Rand der Veranstaltung, in Sprechchören und Reden während der Abschlußkundgebung an der Hauptwache freien Lauf ließen. „Scharia ist Völkermord“ wurde rosenkranzartig-monoton wieder und wieder skandiert, gruselige Fotos mit Kruzifixen und gefolterten Menschen wurden geschwenkt, die an Bilder eines fehlgeschlagenen Exorzismus erinnerten, Transparente mit Bibelversen und zahlreiche zum Teil sehr seltsam ausgestaltete Kreuze mitgeführt. Eine Demonstration dieser bizarren Art dürfte bisher eine Seltenheit in Frankfurt gewesen sein – ein Treffen von antiislamischen Rassisten, Rechtspopulisten und reaktionären religiösen Fanatikern.
Auf der Hauptwache war die Demonstration inzwischen auf ca. 700 Personen angewachsen. Während der Abschlußkundgebung wurden diverse Grußworte verlesen, so zum Beispiel, um den politischen Standort der Aktion eindeutig zu machen, eines von Erika Steinbach (CDU, Bund der Vertriebenen), sowie von verschiedenen religiösen Führern orientalischer Kirchen in Deutschland, die die Verfolgung und Diskriminierung ihrer Kirchen in ihren jeweiligen Heimatländern anprangerten.
In der Organisationsleitung wirkten mit Müller und Hübner zwei Herren der Freien Wähler Frankfurt, denen für ihre Unterstützung auch herzlicher Dank gesagt wurde. Angehörige anderer politischer Parteien wurden weder erwähnt noch kamen sie zu Wort – am Rande der Kundgebung demonstrierte aber auch ein Wahlkampfstand der CDU/Jungen Union Präsenz, von denen einige Aktivisten zumindest in Diskussionen am Rande deutlich Partei für die Kundgebung und deren seltsames politisches Spektrum ergriffen.
Die etwa fünfzig anwesenden AntifaschistInnen aus verschiedenen Gruppen (Jusos, Grüne, LINKE, Antifa, ANK) demonstrierten mit Spruchbändern, Plakaten und Flugblättern während des Auftakts, der Demonstration und der Abschlußkundgebung für die Unteilbarkeit des demokratischen Grundrechts auf negative und positive Religionsfreiheit überall sowie gegen Rassismus.
Der Hass, der uns dabei von Einzelnen entgegenschlug, kann nur als pathologisch eingeordnet werden: offenbar ist das oben skizzierte Sammelbecken auch ein Ort für Sonderlinge aller Art. So wurden wir z.B. immer wieder geradezu geifernd als „islamische Kommunisten“ bezeichnet - was auch immer das sei: der Vorwurf des „jüdischen Bolschewismus“ ist da nicht weit. Martin Hohmann läßt grüßen.
Wir hatten im Vorfeld entschieden, mit dieser Veranstaltung keine direkte Konfrontation zu suchen, um die anwesenden MigrantInnenorganisationen nicht noch weiter in die Arme der Rechen zu treiben.
Es ist die Frage, ob dieses Herangehen nicht ein Fehler war: die Gruppierungen von Armeniern und Kopten machten durchaus den Eindruck, zu wissen, mit wem sie da demonstrierten. Offenbar wollen sie sich im Spektrum der deutschen Gesellschaft ganz bewußt am äußeren rechten Rand verorten – dementsprechend sollten sie dann auch von uns eingeordnet werden. Im Fall der Jungen Aramäischen Union (JAU) ist das ganz deutlich zu sehen: ein Schreiben an die Adresse von Antifa und ANK, mit dem sich diese Gruppe einige Tage vor der Demonstration dafür entschuldigt hatte, AntifaschistInnen mit NS-Antisemiten verglichen zu haben, war einen Tag vor der Demo plötzlich von der Homepage verschwunden, ist allerdings in einem Posting der ANK für die Nachwelt dokumentiert.
Der dort Unterzeichnende tat sich heute am Mikrofon als besonders lautstarker "Islamkritiker“ hervor. (PK)
Am kommenden Donnerstag, 17.3.: Abschlußveranstaltung der „Freien Wähler“ im Südbahnhof. Treffpunkt für AntifaschistInnen: vor dem Südbahnhof, 18:30 Uhr
Hans Christoph Stoodt ist evangelischer Pfarrer und engagiert in der Anti-Nazi-Koordination Frankfurt am Main.
Online-Flyer Nr. 292 vom 12.03.2011