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Nicht zufällig beginnt das Leben des Menschen im Garten Eden - im Paradies
"Gärten sind Lebensträume"
Von Carola Willbrand
Der in Köln lebende Bildhauer Hubert Schmitt baute in Lessenich/Eifel das ehemalige Gerätehaus der Feuerwehr zu seinem Atelier um. Vor der Werkstatttür stehen seine Metallskulpturen. Hubert Schmitt fragte seine Nachbarn, ob sie nicht auch gerne Kunst im ihren Gärten zeigen wollten. Überraschenderweise begeisterten sich Lessenicher für diese Projektidee und in Kürze entstand die Idee für "Lessenich privART". Nun bat Hubert Schmitt ihm bekannte KünstlerInnen um Ideen für "Kunst in Gärten von Lessenich". 17 KünstlerInnen beteiligten sich an dem Projekt in 22 Gärten oder Höfen – unterstützt von ihren Gastgebern, die für die Kunst ihre Privatsphäre öffneten. Der Besucherstrom am Eröffnungswochenende 27./28. August schien kein Ende zu finden. Das hoffen alle Beteiligten auch zum Ende der GartenKunst in Lessenich am 10./11. September noch einmal erleben zu dürfen! (1)
Ralph Kleiner
Birgit Sommer
Online-Flyer Nr. 318 vom 07.09.2011
Nicht zufällig beginnt das Leben des Menschen im Garten Eden - im Paradies
"Gärten sind Lebensträume"
Von Carola Willbrand
Der in Köln lebende Bildhauer Hubert Schmitt baute in Lessenich/Eifel das ehemalige Gerätehaus der Feuerwehr zu seinem Atelier um. Vor der Werkstatttür stehen seine Metallskulpturen. Hubert Schmitt fragte seine Nachbarn, ob sie nicht auch gerne Kunst im ihren Gärten zeigen wollten. Überraschenderweise begeisterten sich Lessenicher für diese Projektidee und in Kürze entstand die Idee für "Lessenich privART". Nun bat Hubert Schmitt ihm bekannte KünstlerInnen um Ideen für "Kunst in Gärten von Lessenich". 17 KünstlerInnen beteiligten sich an dem Projekt in 22 Gärten oder Höfen – unterstützt von ihren Gastgebern, die für die Kunst ihre Privatsphäre öffneten. Der Besucherstrom am Eröffnungswochenende 27./28. August schien kein Ende zu finden. Das hoffen alle Beteiligten auch zum Ende der GartenKunst in Lessenich am 10./11. September noch einmal erleben zu dürfen! (1)
Die Besucher freute der Blick ins private ‚Paradies’, denn Gärten sind wie Porträts ihrer Besitzer. Das Wort "Paradies" stammt aus dem Altiranischen und bedeutet "umgrenzter Bereich“. Einen Garten zu gestalten, tut der Seele gut.
Das hat eine lange Tradition, die weit ins Altertum reicht. Zurzeit läuft (noch bis November) eine kleine, feine Ausstellung über Ägyptische Gärten in der Antike im Römisch-Germanischen Museum Köln. (Vom Begleittext dieser Ausstellung ließ ich mich zum Titel für meinen Bericht anregen.) Der Nil trat damals mehrfach im Jahr über die Ufer und bescherte reiche Ernten. Aber nicht nur Nutzpflanzen wurden gesät, ein wesentliches Interesse galt der Schönheit. Penibel in geordneten Reihen wurde gepflanzt, wie wir es auf den Wandmalereien noch sehen können. Die Lieblingsblumen der alten Ägypter sind auch uns vertraut: Kornblumen, Mohnblumen, das zottige Weideröschen, Rittersporn (importiert aus Kleinasien), die Stockrose, Amaryllis. Als Halsschmuck und Grabbeigaben wurden diese Blumen zu herrlichen Kränzen – zuweilen mit Perlchen unterbrochen – geflochten. Der deutsche Begriff Garten leitet sich etymologisch von Gerte (indogermanisch gher und später ghortos) ab. Gemeint sind Weiden-, Haselnussruten oder andere, die früher – ineinander verflochten – den Garten umfriedeten. Das umfriedete Land zum Zweck des Anbaus von Pflanzen stand unter besonderem rechtlichem Schutz sowohl bei den Germanen als auch bei den Kelten (Gartenfrieden).
Eröffnung und Start der Ausstellung "Lessenich privART" fand 27.8. im Dorfgemeinschaftshaus statt. Hier ist auch ein Waldorfkindergarten. Extra für die Kinder stellte der Holzbildhauer Ralph Kleiner seinen riesigen Drachen als Reittier auf. Ralph Kleiner bespielte mehrere Gärten. Neben Holzstelen schaut auch ein Hase von einem Garagendach weit ins Land.
Ralph Kleiner
Alle Fotos: Carola Willbrand
Gegenüber dem Dorfgemeindehaus hat Birgit Sommer ihre kuriosen Parasiten (Geflechte aus unterschiedlichen Materialien des täglichen Gebrauchs) in einer alten Scheune installiert. Die vom Abriss bedrohte Scheune scheint nun "überleben" zu dürfen. Durch den Einsatz der Künstlerin wurde die Schönheit dieses speziellen Ortes sichtbar.
Birgit Sommer
Rüdiger A. D. Westphal baute Installationen aus gefundenen Gegenständen wie z.B. Handschuhen. Einige der Gegenstände erinnern an asiatische Tempelinstallationen. Westphal leitet und organisiert auch seit 1982 den Euskirchener Kunstverein. (2)
Rüdiger A.D. Westphal
In einem Vorgarten "Auf der Birke" sind zwei große Arbeiten von Hubert Schmitt, dem emsigen Organisator von Lessenich privART zu besichtigen. Seine Plastiken sind Gitterkonstruktionen aus massivem Rundstahl und Stahlrohren. Die Arbeiten wirken wie konzentrierte Zeichnungen. Die Linien des Metallrohrs beschreiben den erdachten Raum.
Hubert Schmitt
Am Ortsende angekommen laufen wir die Stephanusstraße zurück. (3) Eine junge Frau mit ihrem Kind auf dem Arm von Peter Nettesheim erwartet uns. Obwohl aus Holz wirkt sie so lebendig als würde sie gleich weiterlaufen. Peter Nettesheim hat mehrere seiner Holzskulpturen in verschiedenen Gärten installiert.
Peter Nettesheim
Auch von seiner kürzlich verstorbenen Frau, der Bildhauerin und Klangkünstlerin Gerda Nettesheim, installierte er in einem wunderschönen alten Hof eine anrührende Arbeit. Stoisch wirkende Zwillingsschwestern, die mich unwillkürlich an Gerda Nettesheim erinnerten, bewachen eine Ansammlung von Zinkwannen und Gießkannen, teilweise mit Saiten bezogen, die zum Spiel einladen.
Gerda Nettesheim
Den performativen Charakter von Gerda Nettesheims Arbeit setzte der niederländische Künstler Mark Met aus Amsterdam real um. In einem Gorillakostüm kletterte er auf einen abgesägten Baumstamm. Mehrere gefällte Baumstämme setzte der Gartenbesitzer hintereinander auf eine großzügige Rasenfläche. Auf diese Baumstämme zeichnete Mark Met mit Öl- und Signierkreide Porträts von Affen. Diese Arbeit will beispielhaft an die Affen der Welt, deren Lebensraum zerstört wird, erinnern. Die Affen verlieren durch die Abholzung des Regenwaldes ihr Zuhause, die Menschen hungern. Nur die Großinvestoren verdienen.
Mark Met
Martin Knipphals hat in einem Vorgarten eine starkfarbige Arbeit aus Holzlatten entwickelt, die nicht geklebt sondern gesteckt hält. Das Wissen um ökologisches Bauen und die Auseinandersetzung mit japanischem Denken und Philosophie scheinen in dieser Arbeit einen Einklang gefunden zu haben.
Martin Knipphals
Anne-Ruth Kieschnick stellte in einem schlauchartigen Riesenrasenstück ihre Rosen aus Metallgehäusen und LKW-Planen auf. Sie sehen aus wie Iglus. Das künstliche Denken über die Natur in der gestalteten Natur. Die Künstlerin bespielte noch einen weiteren Garten mit Steinskulpturen.
Anne-Ruth Kieschnick
Manuela Krekeler-Marx bespielt mit ihren gehäkelten Drahtskulpturen Hof und Garten einer historischen Hofanlage. Menschliche und tierische Ensembles sind hier zu finden, eine Vielzahl von Lebenserzählungen zu entdecken oder gar zu erlauschen?
Manuela Krekeler Marx
Auch Hermann J. Kassel bearbeitete zwei Baumstämme, die den Eingang eines Gartengrundstücks markieren. Eine Vielzahl von Äxten schlug er in die abgeschnittene Oberseite der Baumstücke, die wie zwei Riesenblumen wirken.
Hermann J. Kassel
Ricarda Büttgen fand einen ungewöhnlichen Ort für ihre Malerei. Sie installierte ihre Gemälde in das Fachwerk eines Innenhofs. Die Bilder beschreiben landschaftliche Eindrücke aus der Eifel.
Ricarda Büttgen
Reta Reinl, Spezialistin für Windinstallationen, schuf aus lichten Tüchern ein luftig-leichtes Ensemble, das zierlich im Garten flattert.
Reta Reinl
Windbräute schuf auch Dorothea Kirsch. Aus Strumpfhosen, die sie mit allerlei füllte, schaffte sie eine leichte Installation, die verträumt an Bäumen schaukelt.
Dorothea Kirsch
Mit zartem Material beschäftigte auch ich, Carola Willbrand, mich. Dank meiner Gastgeber erhielt ich aus ihrem Raumtextilienbedarf soviel Gardinenstoffe mit floralen Motiven zur Verfügung, dass ich die familieneigene Wäschespinne zur Installation umwandeln konnte. "Meine schöne Gärtnerin" erinnert mit ihren genähten Zeichnungen an den französischen Zeichner Grandville (1803-1847), der Menschen als Blumen charakterisierte.
Carola Willbrand
Auch Elke Wessel fand Gefallen an der Wäschespinne im Garten, die sie in ihr künstlerisches Gartenkonzept mit einbaute. Elke Wessel verwendet höchst unterschiedliche Materialien – seien es CDs oder zu bekleidende Gummibälle aus Radar Tracks, die vermutlich geheime Botschaften enthalten.
Elke Wessel
Schon seit 1991 kümmert sich Ivo Weber liebevoll mit seiner Aktion "Waldfegen" im Kölner Grüngürtel um die Bedürfnisse gestalteter Natur. In Lessenich lässt er Schäfchen grasen. Diese Schäfchen sind noch in ihrer österlichen Schäfchenform gefangen. An die christliche Bedeutung erinnert nicht nur diese Kuchenform, sondern auch die Lanze, die ihnen im Rücken steckt. Die Kirchenfahne der Lanze ist ganz pragmatisch mit dem Preisschild bestickt.
Ivo Weber
Das Schönste an diesem Gartenprojekt in Lessenich ist der freundliche Kontakt der Menschen untereinander. Danke allen Lessenichern, die den KünstlerInnen so exzellente GastgeberInnen sind. (PK)
(3) der Ortsplan ist auf der Website zu finden!
Online-Flyer Nr. 318 vom 07.09.2011