Pro Köln wurde beim Aufmarsch in Kalk wieder mal ihrem Ruf gerecht
Die Kölner und "Rheinwiesenlager“-Saubermänner
Von Hans-Dieter Hey und Peter Kleinert
In ihrem Veedel Köln-Kalk gegen den Aufmarsch der rechtspopulistischen Polit-Truppe von Pro Köln zu protestieren, wollten sich hunderte von Demonstranten am Samstag nicht nehmen lassen. Für den Zusammenhalt in einem Stadtteil mit vielen Bürgern ausländischer Herkunft bedeutet die Aussaat von Hass und rassistischer Spaltung nämlich nichts Gutes. Schon ab neun Uhr waren viele Menschen auf den Beinen, um Flagge gegen diese Propaganda zu zeigen.
Die selbsternannte Bürgerbewegung von Pro Köln...
„Bis 2003 bestanden die Auftritte von Pro Köln aus hartgesottenen Neonazis, die sich auch offen dazu bekannt haben. Erst mit der Kommunalwahl 2004 hat Pro Köln die demokratische Tarnkappe aufgesetzt und auf die aktive Unterstützung der offenen Nazischlägertruppen verzichtet und marschiert nun mit einem etwas kleineren Häufchen durch die Straßen unserer Stadt. An der Gesinnung von Pro Köln hat sich nichts geändert, an der Taktik eine Menge“, so Claus Ludwig, linker Stadtrat im Kölner Rathaus.
...und "Kalk macht dicht!"
Warnung vor den Freunden
Ludwig warnte vor allem wegen der Kontakte zu ausländischen rassistischen und faschistischen Bündnispartnern: „Da sieht man wieder die direkten Kontakte zu den Gewalttätern.“ Im Jahr 2008, auf dem sogenannten „Anti-Islamisierungskongress“, habe Pro Köln auf ihrer Veranstaltung den Italiener Mario Borghezio von der Lega Nord vorgezeigt, der Silvio Berlusconis Verbündeter in der Ausgrenzungspolitik in Italien war. „Dieser Mario Borghezio hat höchstpersönlich Zelte in Brand gesteckt, in denen Flüchtlinge gewohnt haben“, so Claus Ludwig. Für europaweite Aufregung sorgte die Äußerung von Mario Borghezio, der Norwegische Massenmörder Brejvik habe gute Ideen gehabt. „Die Verantwortung für die Toten läge nicht bei den sogenannten Islamgegnern, sondern sie läge bei der 'ungehinderten Massenzuwanderung' in Europa“, habe er behauptet, sagte Ludwig. Dass in Europa heute für Flüchtlinge das Tor der Rettung mehr und mehr verschlossen bleibt und eine zunehmend brutale Abschiebung stattfindet, spiele indessen weder für Borghezio noch für Pro Köln eine Rolle.
Jagd auf eine Roma
Joachim Römer von den Naturfreunden hat sich besonders geärgert. Als Redner wurde ihm zunächst der Zutritt zur Gegenkundgebung verweigert. Selbst Bewohnern des Stadtteils wurde von der Polizei per "Sichtprüfung“ der Zutritt gesperrt, wenn sie nach Demonstranten aussahen.
Römer erinnerte an Nidar Pampurova, die in Köln als sogenannte "Illegale“ wohnte, also ohne Papiere. „Die Vorläufertruppe von Pro Köln, in der Führungsetage identisch mit der von Pro Köln heute, ließ Steckbriefe drucken und lobte ein Kopfgeld von 1.000 DM zur Ergreifung der gebürtigen Romafrau aus. Skinheads lauerten ihr auf, um das Kopfgeld zu kassieren.“ Das sei Aufstacheln zum Hass und Blockwartmentalität.
Menschen aller Altersgruppen stellten sich gegen Pro Köln
Nachdenkliche wie Römer treibt auch ein Spruch um, der seit kurzem die Öffentlichkeit beherrscht: "Dönermorde". „Soll das die Ermordung von neun Menschen beschreiben, die Dönerbuden betrieben haben? Die Menschen, die ermordet wurden, betrieben ein Internet-Caffee, einen Blumenladen, ein Schneidergeschäft, einen Gemüseladen und einen Schlüsseldienst. Zwei Menschen haben Döner verkauft. Die offizielle Bezeichnung für die Ermordung dieser Menschen heißt 'Dönermorde'“ Römer fragt sich zu Recht, welches geistige Gut Menschen anlässlich dieser dramatischen Situation in sich tragen, um auf diesen Begriff zu kommen. In purer Vorverurteilung kamen die polizeilichen Ermittler auf den Namen "Bosporus" und hatten dabei natürlich ausländische Kriminalität im Kopf. „Nicht etwa Ostsee, Wattenmeer oder Schwarzwald, nein, es musste schon Bosporus sein, um klar zu kennzeichnen, dass die Getöteten Ausländer seien", so Römer.
Die Rechtspopulisten von Pro Köln stellten sich gegen jegliche alternativen Lebensentwürfe, „gegen Moscheen und Homosexuelle, gegen Selbstorganisation von Drogenabhängigen oder Migranten, überhaupt gegen alle, die nicht in ihr 'sauberes' Weltbild passen“, erklärte Römer. Und als hätte man es geahnt, wurde Pro Köln auch während dieser Aktion ihrem Namen gerecht. Einen anwesenden Bundestagsabgeordneten der Grünen beschimpfte eins ihrer Mitglieder als "Verbrecher, Drecksack" und "schwule Sau". Soviel zu den Saubermännern von Pro Köln am Samstag in Köln-Kalk. (PK)
Performance des Autonomen Zentrums in Köln-Kalk, hier zum Anhören:
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Augeregtheit und Anspannung: Bürger kamen nicht in ihre Wohnungen, konnten die Straße nicht überqueren...
...Fotografen fühlten sich behindert
Eine drei andauernde Mobilisierungskampagne des Bündnisses "Rheinwiesenlager“, zu deren Unterstützern unter anderem das „Aktionsbüro Mittelrhein gehörte, hatte den Aufmarsch vorbereitet. Im Vorfeld war es zu Übergriffen auf vermeintliche AntifaschistInnen im Kreis Ahrweiler gekommen; so wurden mehrmals Autos erheblich beschädigt und Morddrohungen ausgesprochen.
Die Neonazis hatten ihre Demo stark in der gesamten Region beworben; so wurden im Kreisgebiet, sowie in den umliegenden Städten, massenhaft Plakate verklebt und Flugblätter verteilt. Den Höhepunkt der Mobilsierung stellte ein spontaner Aufmarsch von ca. 50 Nazis in Sinzig dar, zu dessen Abschluss ein "Heldengedenken“ zelebriert wurde. Sehr stark bemerkbar machten sich auch die Flugblatt-Verteilaktionen vor diversen Schulen in Remagen und Sinzig.
Antifaschistische Gruppen aus der Region riefen zu Gegenprotesten auf, und das „Bündnis Remagen für Frieden und Demokratie“ organisierte eine Mahnwache an der Friedenskirche in Remagen. Die Zahl der GegendemonstrantInnen lag bei ca. 150 bis 200. Die Polizei vor Ort führte wie schon letztes Jahr massive Vorkontrollen an Autos auf der B9 durch, ein Polizei-Hubschrauber flog den gesamten Tag über die Stadt, und sogar auf dem Rhein patrouillierten Polizeiboote. Außerdem standen wieder mehrere Wasserwerfer sowie Räumpanzer bereit.
Schon zu Beginn der Mahnwache versuchten einige GegendemonstrantInnen auf die Route der Neonazis zu kommen, was jedoch aufgrund der starken Polizeipräsenz nicht gelang. Dabei gab es auch einige Auseinandersetzungen, bei denen einige GegendemonstrantInnen durch Schlagstockeinsatz und Tränengas verletzt wurden. Wenig später begann die Polizei willkürlich GegendemonstrantInnen festzunehmen und Platzverweise zu erteilen. So wurden insgesamt 14 Menschen unter fadenscheinigen Begründungen vorläufig festgenommen und in eine Gefangenensammelstelle abtransportiert. (PK)
(1) http://de.indymedia.org/2010/11/294947.shtml
http://www.demoplaner.de/index.php?option=com_content&view=article&id=132:201110-remagen-naziaufmarsch&catid=1:antifa
Online-Flyer Nr. 328 vom 19.11.2011