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Kommentar
Kommentar vom Hochblauen
Holocaust-Missbrauch für Kriegsdrohung gegen Iran
Von Evelyn Hecht-Galinski
Eine erschreckende Linie zieht sich inzwischen auch durch den deutschen Medien-Wald und hat deutsche Politiker mit in ihren Sog gezogen. In den USA, wo das "Abklatschen", d. h. die Gesinnungsprüfung durch AIPAC der Kongressabgeordneten zum guten Ton gehört und jetzt nochmals eins drauf gesetzt wird, indem alle Senats und Kongressabgeordneten einen
Online-Flyer Nr. 331 vom 07.12.2011
Kommentar vom Hochblauen
Holocaust-Missbrauch für Kriegsdrohung gegen Iran
Von Evelyn Hecht-Galinski
Eine erschreckende Linie zieht sich inzwischen auch durch den deutschen Medien-Wald und hat deutsche Politiker mit in ihren Sog gezogen. In den USA, wo das "Abklatschen", d. h. die Gesinnungsprüfung durch AIPAC der Kongressabgeordneten zum guten Ton gehört und jetzt nochmals eins drauf gesetzt wird, indem alle Senats und Kongressabgeordneten einen
Fragebogen dieser pro-israelischen Lobby-Organisation zu ihrer Einstellung gegenüber Iran und den Palästinensern auszufüllen haben. Merke: falsche Antworten bringen Ärger.
Da wird dann mit den altbekannten Stereotypen von Falschaussagen gearbeitet wie: "Wenn Iran die Atombombe hat, wird es das vollenden, was Hitler nicht geschafft hat?" Eine Attacke wird gerechtfertigt, mit dem Satz: "Was lehrt der Holocaust? Wir müssen leben!" Oder es wird mit den bekannten Unwahrheiten und bewussten Falschübersetzungen von Reden von Ahmadineschad gearbeitet wie: "Auslöschung von der Landkarte" und
anderem Schwachsinn. Hier wird also eine gezielte Rhetorik - den Holocaust missbrauchend - eingesetzt. Erfunden von Israel-Lobbyisten und Thinktanks weltweit. Nicht der Iran als Atommacht ist die Bedrohung, sondern Israel mit seinen mindestens 200 Atomwaffen am Boden, zur See und in der Luft - zu benutzen um Iran, oder andere Gegner zu vernichten.
Zeigt nicht wieder die Lieferung der mit Atomwaffen bestückbaren U-Boote, für die im deutschen Haushaltsplan für 2012 135 Millionen zurückgelegt wurden, unsere schreckliche Mitschuld an der Kriegstrommelei Israels? Klar, dieser Deal wurde schon im Jahr 2005 unter der damaligen rot-grünen Regierung Schröder eingefädelt. In diesem Zusammenhang scheint mir ein Kommentar des damaligen grünen Außenministers Joschka Fischer bemerkenswert. Unter dem Titel: Der iranische Albtraum" ließ Fischer wie schon so oft auch in seinen unsäglichen Außenansichten in der SZ, keinen Zweifel an seinen Intentionen. Er arbeitet mit Wörtern wie "angeblich", "meines Erachtens keinen vernünftigen Zweifel", und "würde", um die Gefährlichkeit Iran hervorzuheben und suggeriert so, dass die Verbindung der iranischen Außenpolitik mit Nuklearwaffen und Raketen zu einem Albtraum für Israel, die Türkei und die Golfstaaten führe.
Ein Albtraum sind für mich Politiker wie Fischer, der uns schon in den Balkan-Krieg führte und der sich auch nicht schämte, den Auschwitz-Begriff dafür zu missbrauchen. Damit befinden sie sich ja im trauten Miteinander mit ihren israelischen Freunden: "Nie wieder Auschwitz", "unsere Freiheit wird am Hindukusch verteidigt", "Kriegsteilnahme ein Quantensprung", "Iran mit seinen Atomwaffen eine Bedrohung von Israels Existenzrecht", "Israels Sicherheit als deutsche Staatsräson".
Das sind ein paar Kostproben bezeichnender Aussagen deutscher Politiker aus den letzten Jahren. Kann man es dem deutschen Steuerzahler eigentlich noch plausibel machen, dass im Zeichen der Finanzkrise und Verarmung großer Teile auch der deutschen Bevölkerung, von uns subventionierte Waffen an das hochgerüstete und reiche Israel gehen? Ja, Israel ist reich, als "Chonte" (Prostituierte) der USA ist es der Garant für die Machtansprüche und Gewährleistung der Hegemonie der westlichen Allianz in dieser Region. Und deshalb bezahlt der Westen gut, trotz vieler eigener Finanzprobleme. Für die Interessen des Statthalters Israel steht immer neues Geld zur Verfügung. Um das nicht zu ändern, wird mit aller Gewalt die Dämonisierung Irans und anderer arabischer und nordafrikanischer Staaten betrieben. Das kann nur solange gut gehen, wenn es immer wieder geschafft wird Regime zu kreieren oder sie fallen zu lassen. Eine Änderung dieser Zustände ist momentan nicht in Sicht. Erst wenn sich ein wirklicher Frühling, auch und besonders für die Palästinenser abzeichnen wird, ohne die alten Strippenzieher, wird sich da etwas ändern.
Ich habe einen außerordentlich interessanten Beitrag des American Enterprise Institute gelesen, in dem man die wahren Absichten gegenüber Iran analysierte. Darin stellte man eine These auf, die mir mehr als einleuchtend erscheint, nämlich dass nicht der Besitz von Atomwaffen Iran zum Problem machen würde, sondern die Tatsache, dass wenn Iran diese besäße, seine Regierung einen verantwortungsvollen Umgang mit diesen an den Tag legen
würde und damit die ganzen Hetz- und Unwahrheiten wie "1938 und Hitler ist auf dem Weg", oder "Die Mullahs würden auch nationalen Selbstmord begehen, um Israel zu vernichten" widerlegen würde. Dann würden sich alle Sanktionen und Kriegsdrohungen der West-Allianz als entlarvte Propaganda in Luft auflösen.
Diese Schlüsse erscheinen mir mehr als plausibel. Will Israel aus diesem Grund jetzt Studenten anheuern, um sie in einem dreijährigen Farsi-Kurs auszubilden um sie dann im Mossad zu beschäftigen? Versuchten nicht ähnliche Kreise von Neo-Kon Protagonisten diese Taktik, um die "Chemischen Waffen" Sadam Husseins zu beweisen und so den Irak-Krieg
anzuzetteln? Wissen wir, wie diese Neo Kons und Tea Party-Leute täglich schreckliche "Rumors" dieser Art erfinden, um dann nach Libyen Syrien oder andere strategisch oder Energie-wichtige Länder unter ihre Kontrolle zu bringen. Schreckliche Regime wie Saudi Arabien, Jemen, Bahrein und Kuwait sind die "Guten". Aber aufgepasst, von Gut zu Böse geht es schnell, da sollten sich manche Staaten keinen Illusionen hingeben.
In dem Zusammenhang beeindruckte mich ein Interview im Spiegel Online vom 2.Dezember. Es wurde mit dem iranischen Botschafter in Deutschland, Ali Resa Scheich Attar, geführt, einem Mann, der mich schon letztes Jahr während einer Lunch-Einladung in seine Privatresidenz tief beeindruckt hatte. Er beantwortete mir damals auch die strittigsten Fragen mit einer Offenheit und Intelligenz, die mir sein globales Denken offenbarte. Außerdem lud er mich und meinen Mann in den Iran ein, um dort jüdische Gemeinden und Rachels Grab zu besuchen.
Sein Spiegel-Interview ist eine lesenswerte Grundlage, um die Ziele und Vorstellungen des Iran zu verstehen. Ich möchte betonen, dass ich selbstverständlich als säkulare Person Probleme habe, manche dieser strengen Regeln nachzuvollziehen, die gewisse Freiheiten der Bürger einschränken. Doch das gilt für mich überall - von Saudi Arabien bis zum Iran und dem jüdischen Staat, wo Orthodoxe Juden und Gusch Emunim-Siedler die Regeln bestimmen wollen. Aber die Aussagen von Scheich Attar im Spiegel sind bemerkenswert und zeigen, dass er ein durch und durch gebildeter und feiner Mensch ist.(1) Ganz im Gegensatz dazu ein Interview in der Jüdischen Allgemeinen Wochenzeitung mit dem scheidenden israelischen Botschafter in Deutschland Ben Zeev, dessen Aussagen die israelische Politik und den Druck entlarven, den diese auf deutsche Politiker bis heute ausübt.
Der iranische Botschafter sagte, sein Land sei an Sanktionen gewöhnt. Den israelischen Botschafter und sein Land sollten wir auch an Sanktionen gewöhnen, gerade deshalb ist die BDS Kampagne auch so wichtig, für die ich gelegentlich werbe! (2) Für alle Englisch lesenden und verstehenden Leser möchte ich auch diese Problematik und natürlich auch z.B. das soeben erschienene Buch von David Cronin: "Europe`s Alliance with Israel. Aiding the Occupation" empfehlen, herausgekommen im Verlag Pluto Press.
Dagegen macht es mich mehr als wütend, dass die VW Stiftung eben einmal eine Million an die ADL (American Defense League) von Abraham Foxman spendet, damit dieser dann wieder seine Kampagnen für Israel und für die Diffamierung von Israel-Kritikern benutzen kann. Die VW Stiftung ist mir übrigens vor vielen Jahren schon anlässlich eines Israel Besuches unangenehm aufgefallen - wegen ihrer "Israel-Projekte".
Das Aufputschen und Anheizen der Kriegstrommel gegenüber dem Iran mit falschen Behauptungen und Unwahrheiten muss endlich aufhören. Lassen wir uns durch die Gehirnwäsche gewisser Medien und Politiker nicht mehr "verbrodern" und verblöden. Das gilt auch für den "Konjunktiv-Journalismus", der nur mit Vermutungen arbeitet. Wir wissen ja, wer dahinter steckt und welche Absichten damit verfolgt werden. (PK)
Evelyn Hecht-Galinski ist Publizistin und Tochter des 1992 verstorbenen Vorsitzenden des Zentralrats der Juden in Deutschland, Heinz Galinski. Mit diesem Kommentar setzt sie ihre Serie fort, die sie "vom Hochblauen", ihrem 1186 m hohen "Hausberg" im Badischen, schreibt.
Online-Flyer Nr. 331 vom 07.12.2011