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Aktuelles Ergebnis des Berliner Wassertisch-Untersuchungsausschusses:
Beutegemeinschaft auf Kosten der Wasserkunden
Von Ulrike von Wiesenau
Seit der Berliner Wassertisch durch den Volksentscheid der 666.000 Berlinerinnen und Berliner die Veröffentlichung der geheimen Wasserverträge durchgesetzt hat (1), beschäftigt sich seine Arbeitsgruppe "Klaerwerk“ mit den Verträgen zur Teilprivatisierung der Berliner Wasserbetriebe. Die Arbeitsgruppe bringt in regelmäßigen Abständen Flugblätter zu ihren Untersuchungsergeb-nissen heraus(2), die sie einer interessierten Öffentlichkeit vorstellt. Nicht zuletzt auf Basis der Arbeit von "Klaerwerk“ hat der Wassertisch schon vor den Wahlen zum Abgeordnetenhaus im September mit den verschiedenen Fraktionen Gespräche über die Umsetzung des Volksentscheids geführt, die er nun, nach den Wahlen, mit den neu zusammengesetzten Fraktionen fortsetzt.
Online-Flyer Nr. 333 vom 21.12.2011
Aktuelles Ergebnis des Berliner Wassertisch-Untersuchungsausschusses:
Beutegemeinschaft auf Kosten der Wasserkunden
Von Ulrike von Wiesenau
Seit der Berliner Wassertisch durch den Volksentscheid der 666.000 Berlinerinnen und Berliner die Veröffentlichung der geheimen Wasserverträge durchgesetzt hat (1), beschäftigt sich seine Arbeitsgruppe "Klaerwerk“ mit den Verträgen zur Teilprivatisierung der Berliner Wasserbetriebe. Die Arbeitsgruppe bringt in regelmäßigen Abständen Flugblätter zu ihren Untersuchungsergeb-nissen heraus(2), die sie einer interessierten Öffentlichkeit vorstellt. Nicht zuletzt auf Basis der Arbeit von "Klaerwerk“ hat der Wassertisch schon vor den Wahlen zum Abgeordnetenhaus im September mit den verschiedenen Fraktionen Gespräche über die Umsetzung des Volksentscheids geführt, die er nun, nach den Wahlen, mit den neu zusammengesetzten Fraktionen fortsetzt.
Podium des 4. "Klaerwerk"-Untersuchungsausschusses, von links nach rechts: Dr. U. Koelver, Gerlinde Schermer, Michel Tschuschke, und Ulrike von Wiesenau
Quelle: http://berliner-wassertisch.net/
Begonnen hat "Klaerwerk" in seiner ersten öffentlichen Sitzung mit dem skandalösen § 23 des Konsortialvertrages, der die Renditegarantie für die Konzerne RWE und Veolia beinhaltet und die Verpflichtung des Landes Berlin festschreibt, bei Unterschreitung der garantierten Rendite einen Gewinnausgleich an RWE und Veolia zu leisten. Die Ergebnisse sind im Klaerwerk-Info Nr.1 zusammengefasst. Klaerwerk-Info Nr. 2 dokumentiert, dass die Renditegarantie auch dazu diente, RWE und Veolia zinsbegünstigte Kredite zu Kommunalkreditkonditionen für Ihre Privatinvestition zu verschaffen, für die das Land Berlin haftet. Klaerwerk-Info Nr.3 zeigte vor den Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus auf, in welch eklatantem Ausmaß die politischen Akteure im Zusammenhang mit den Privatisierungsverträgen ihre Verantwortung für das Gemeinwohl verfehlten und eine äußerst bedenkliche Aushebelung des Demokratiegebotes betrieben.
"Stellschrauben"
Gegenstand der vierten öffentlichen Sitzung waren am 20. Dezember die betriebswirtschaftlichen Strategien und Taktiken, mit denen der Berliner Senat und die Privatunternehmen RWE und Veolia die Grundlagen und Kriterien für die Wassertarife auf Kosten der Berliner Bevölkerung manipuliert haben und immer noch manipulieren. Diese Manipulation geschieht durch zwei "Stellschrauben“:
Zum einen durch die Festlegung eines weit überhöhten Zinssatzes zur Berechnung der garantierten Rendite der Privatunternehmen. Dieser Zinssatz beruht auf einer verzerrten Risikobewertung für die Berliner Wasserbetriebe. Der Renditeberechnung werden mit missbräuchlichem Rückgriff auf den undefinierten Begriff "konservative Vermögensanlage“ auch risikoreiche Anlagen zugrunde gelegt, um den Zinssatz und damit den Gewinn in die Höhe zu treiben. Auf diese Weise gelangen (durch Senatsverordnungen, die dem Abgeordnetenhaus zwar bekannt gegeben werden müssen, bei denen es aber sein eigenes Bestimmungsrecht schon seit 2004 aufgegeben hat) RWE und Veolia in den Genuss von weit überhöhten Verzinsungen ihrer bombensicheren Investitionen (11 – 13% auf ihr tatsächlich eingebrachtes Kapital).
Die zweite "Stellschraube“ ist die Verwendung einer besonderen Abschreibungsmethode bei der Tarifkalkulation. Für die Gewinnermittlung (GuV) der Berliner Wasserbetriebe werden, wie gesetzlich vorgeschrieben, Abschreibungen nach Anschaffungs- und Herstellungskosten, also reale Kosten, angesetzt. Für die Kalkulation der Wassertarife, die wir alle als Abnehmer zahlen müssen, hingegen Abschreibungen nach "Wiederbeschaffungszeitwerten“. Hier handelt es sich nicht um reale Kosten, sondern um nur geschätzte, für die Zukunft höher prognostizierte Kosten. Die Differenz zwischen beiden Abschreibungsmethoden fließt den Wasserbetrieben als Gewinn zu, 49,9% davon landen auf den Gewinnrücklagekonten der Privaten, Jahr für Jahr!
Nicht genug, dass diese Gewinne zu Lasten der Berlinerinnen und Berliner gehen - im Falle eines Rückkaufes der Berliner Wasser Betriebe (BWB) durch das Land Berlin werden die Privatunternehmen auf der Ausschüttung dieser Gewinnrücklagen bestehen. Denn in der 5. Änderungsvereinbarung zum Vertrag ist bestimmt, dass die Nachteile, die sich aus der Nichtigkeit der "Effizienzsteigerungsklausel“ durch das Urteil des Verfassungsgerichtes 1999 ergeben haben, durch die Umstellung der Abschreibungsmethode auf Wiederbeschaffungszeitwerte kompensiert werden.
Beide Regelungen, der verzerrte Zinssatz und die verzerrte Anwendung von Abschreibungsmethoden dienen also dazu, die im Vertrag von 1999 durch den Senat von Berlin zugesagte Gewinngarantie weiter in einer Höhe zu erhalten, die das Landesverfassungsgericht mit einem Urteil vom Oktober 1999 bereits für nichtig, weil verfassungswidrig, erklärt hatte. Das heißt, der Berliner Senat ist mit den Privatunternehmen in eine Beutegemeinschaft auf Kosten der Wasserkunden eingetreten, um die Gewinngarantie für die Privatunternehmen trotz entgegenstehendem Verfassungsgerichtsurteil zu bedienen! Geheimhaltung der Verträge und Ausschaltung der Abgeordneten dienten seitdem diesem Zweck.
Das 4. Flugblatt der AG „Klaerwerk“ des Berliner Wassertisches wendet sich an die neu gewählten Abgeordneten mit der Forderung, sich ihre nach Verfassung selbstverständlichen demokratischen Rechte zurückzuholen. Darüber hinaus richtet es sich an eine interessierte Öffentlichkeit, um diese über das gemeinsame rechtswidrige und gemeinwohlschädigende Operieren von Regierung und Konzernen aufzuklären. (PK)
Ulrike von Wiesenau ist Sprecherin des Berliner Wassertisches. Der Berliner Wassertisch ist ein lokales Netzwerk von VertreterInnen unterschiedlicher Gruppen, Initiativen und interessierter BürgerInnen, die sich unter dem gemeinsamen Thema „Wasser gehört uns allen – Wasser ist ein Menschenrecht“ zusammengefunden haben.
Online-Flyer Nr. 333 vom 21.12.2011