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Inland
Sonderausschuss "Wasserverträge" konstituiert sich im Berliner Abgeordnetenhaus
Kein Rederecht für die Initiatoren des Volksentscheids
Von Ulrike von Wiesenau
Im Berliner Abgeordnetenhaus hat sich am Freitag der parlamentarische Sonderausschuss zu den Wasserverträgen konstituiert, dessen Einsetzung die Berlinerinnen und Berliner mit dem erfolgreichen Volksentscheid "Unser Wasser" im Februar 2011 mit über 666 000 Stimmen erzwungen hatten. Im § 3 des Volksgesetzes steht geschrieben, dass bestehende Verträge,
Online-Flyer Nr. 335 vom 07.01.2012
Sonderausschuss "Wasserverträge" konstituiert sich im Berliner Abgeordnetenhaus
Kein Rederecht für die Initiatoren des Volksentscheids
Von Ulrike von Wiesenau
Im Berliner Abgeordnetenhaus hat sich am Freitag der parlamentarische Sonderausschuss zu den Wasserverträgen konstituiert, dessen Einsetzung die Berlinerinnen und Berliner mit dem erfolgreichen Volksentscheid "Unser Wasser" im Februar 2011 mit über 666 000 Stimmen erzwungen hatten. Im § 3 des Volksgesetzes steht geschrieben, dass bestehende Verträge,
Beschlüsse und Nebenabreden einer eingehenden öffentlichen Prüfung unter Hinzuziehung von unabhängigen Sachverständigen unterzogen werden müssen.
Die Aktiven des Berliner Wassertischs sowie viele interessierte Bürger und Vertreter zivilgesellschaftlicher Organisationen, die den Volksentscheid unterstützt hatten, waren zur konstituierenden Sitzung erschienen. Zahlreiche Interessierte wurden mangels Raumkapazitäten abgewiesen. Einen derart bewegten Einstand eines Ausschusses hat das Abgeordnetenhaus wohl selten erlebt, Beifallsbekundungen und erregte Zwischenrufe erfüllten den Saal.
Die Auftaktsitzung galt den Verfahrensfragen. Dem hochbrisanten Thema Wasserprivatisierung entsprechend nahm die Diskussion zweieinhalb Stunden in Anspruch; kontrovers waren vor allem die Fragen zur uneingeschränkten Einsicht in die Papiere und zum öffentlichen Status der Sitzungen.
Ein erstes Ergebnis war, dass der Sonderausschuss des Abgeordneten- hauses die Berliner Wasserverträge grundsätzlich öffentlich prüfen will. Den Antrag der Grünen-Abgeordneten Heidi Kosche jedoch, die Expertise des Berliner Wassertischs in die Arbeit des Ausschusses einzubeziehen und den Aktiven des Berliner Wassertischs als Initiatoren des Volksentscheids ein Rederecht einzuräumen, lehnte der Ausschuss mit den Stimmen von CDU, SPD und Linken ab. Der weitergehende Antrag von Heidi Kosche sowie Gerwald Klaus-Brunners von den Piraten, eine Rederecht für alle Berliner Bürger einzuführen, wurde von den Vertretern der SPD und CDU ebenfalls abgelehnt, Linkspartei-Landeschef Klaus Lederer schlug lediglich Bürgeranhörungen vor. Der Antrag wurde schließlich unter Verweis auf die geltende Geschäftsordnung an das Präsidium des Abgeordnetenhauses zur Prüfung weitergeleitet.
Ein weiterer Antrag der Abgeordneten Kosche betraf die Sicherstellung der Arbeitsfähigkeit des Sonderausschusses. Hintergrund: Die Opposition aus Grünen, Linkspartei und Piratenpartei wirft der rot-schwarzen Regierungs-koalition vor, dem Ausschuss nur unzureichende Mittel für die Expertise unabhängiger Sachverständiger und Gutachter zu den hochkomplexen Wasserverträgen bereitzustellen, die unabdingbar sind, um eine unabhängige Prüfung zu gewährleisten.
Die Abgeordneten einigten sich darauf, dass künftig Vertreter der Finanz- und Wirtschaftsverwaltung an den Ausschusssitzungen teilnehmen sollen.
Sowohl die Linken als auch die Piraten äußerten angesichts der Arbeitsaufnahme des Sonderausschusses ihren Unmut über die neuen geheimen Nachverhandlungen von Seiten des Finanzsenators mit den Anteilseignern RWE/Veolia. Ähnlich wie der Berliner Wassertisch verwiesen die Abgeordneten auf die Gefahr, dass im Wege der Nachverhandlungen vom Senat vollendete Tatsachen geschaffen werden, bevor der eingesetzte Sonderausschuss die Verträge und deren Zustandekommen eingehend geprüft hat.
Der Berliner Wassertisch als Träger des Volksentscheids und Instanz des Vertrauens der Berliner Bevölkerung fordert seine aktive Beteiligung an der Ausschussarbeit und Rederecht im Ausschuss. Einer kritischen Öffentlichkeit muss die Möglichkeit gegeben werden, uneingeschränkt an den Sitzungen teilzunehmen, die digitale Übertragung der Sitzungen - wie bei Stuttgart 21 durch den Sender Phoenix vorgeführt - sollte sich der Berliner Wasserausschuss zum Vorbild nehmen.
Die Chance, ein neues Kapitel direkter Demokratie zu schreiben, dürfe nicht vertan werden. Die Berlinerinnen und Berliner fordern - das hat der Volksentscheid gezeigt - direkte Mitsprache und Transparenz. (PK)
Ulrike von Wiesenau ist Sprecherin des Berliner Wassertisch. Der Berliner Wassertisch ist ein lokales Netzwerk von VertreterInnen unterschiedlicher Gruppen, Initiativen und interessierter BürgerInnen, die sich unter dem gemeinsamen Thema „Wasser gehört uns allen – Wasser ist ein Menschenrecht“ zusammengefunden haben.
Nicht besonders glücklich: Berliner BürgerInnen in der ersten Sitzung des "Sonderausschuss Wasserverträge"
Foto: Ulrike von Wiesenau
Die Aktiven des Berliner Wassertischs sowie viele interessierte Bürger und Vertreter zivilgesellschaftlicher Organisationen, die den Volksentscheid unterstützt hatten, waren zur konstituierenden Sitzung erschienen. Zahlreiche Interessierte wurden mangels Raumkapazitäten abgewiesen. Einen derart bewegten Einstand eines Ausschusses hat das Abgeordnetenhaus wohl selten erlebt, Beifallsbekundungen und erregte Zwischenrufe erfüllten den Saal.
Die Auftaktsitzung galt den Verfahrensfragen. Dem hochbrisanten Thema Wasserprivatisierung entsprechend nahm die Diskussion zweieinhalb Stunden in Anspruch; kontrovers waren vor allem die Fragen zur uneingeschränkten Einsicht in die Papiere und zum öffentlichen Status der Sitzungen.
Ein erstes Ergebnis war, dass der Sonderausschuss des Abgeordneten- hauses die Berliner Wasserverträge grundsätzlich öffentlich prüfen will. Den Antrag der Grünen-Abgeordneten Heidi Kosche jedoch, die Expertise des Berliner Wassertischs in die Arbeit des Ausschusses einzubeziehen und den Aktiven des Berliner Wassertischs als Initiatoren des Volksentscheids ein Rederecht einzuräumen, lehnte der Ausschuss mit den Stimmen von CDU, SPD und Linken ab. Der weitergehende Antrag von Heidi Kosche sowie Gerwald Klaus-Brunners von den Piraten, eine Rederecht für alle Berliner Bürger einzuführen, wurde von den Vertretern der SPD und CDU ebenfalls abgelehnt, Linkspartei-Landeschef Klaus Lederer schlug lediglich Bürgeranhörungen vor. Der Antrag wurde schließlich unter Verweis auf die geltende Geschäftsordnung an das Präsidium des Abgeordnetenhauses zur Prüfung weitergeleitet.
Heidi Kosche (rechts) - schon bei der Unterstützung des Volksentscheids dabei
Quelle: www.gruene-fraktion-berlin.de
Ein weiterer Antrag der Abgeordneten Kosche betraf die Sicherstellung der Arbeitsfähigkeit des Sonderausschusses. Hintergrund: Die Opposition aus Grünen, Linkspartei und Piratenpartei wirft der rot-schwarzen Regierungs-koalition vor, dem Ausschuss nur unzureichende Mittel für die Expertise unabhängiger Sachverständiger und Gutachter zu den hochkomplexen Wasserverträgen bereitzustellen, die unabdingbar sind, um eine unabhängige Prüfung zu gewährleisten.
Die Abgeordneten einigten sich darauf, dass künftig Vertreter der Finanz- und Wirtschaftsverwaltung an den Ausschusssitzungen teilnehmen sollen.
Sowohl die Linken als auch die Piraten äußerten angesichts der Arbeitsaufnahme des Sonderausschusses ihren Unmut über die neuen geheimen Nachverhandlungen von Seiten des Finanzsenators mit den Anteilseignern RWE/Veolia. Ähnlich wie der Berliner Wassertisch verwiesen die Abgeordneten auf die Gefahr, dass im Wege der Nachverhandlungen vom Senat vollendete Tatsachen geschaffen werden, bevor der eingesetzte Sonderausschuss die Verträge und deren Zustandekommen eingehend geprüft hat.
Der Berliner Wassertisch als Träger des Volksentscheids und Instanz des Vertrauens der Berliner Bevölkerung fordert seine aktive Beteiligung an der Ausschussarbeit und Rederecht im Ausschuss. Einer kritischen Öffentlichkeit muss die Möglichkeit gegeben werden, uneingeschränkt an den Sitzungen teilzunehmen, die digitale Übertragung der Sitzungen - wie bei Stuttgart 21 durch den Sender Phoenix vorgeführt - sollte sich der Berliner Wasserausschuss zum Vorbild nehmen.
Die Chance, ein neues Kapitel direkter Demokratie zu schreiben, dürfe nicht vertan werden. Die Berlinerinnen und Berliner fordern - das hat der Volksentscheid gezeigt - direkte Mitsprache und Transparenz. (PK)
Ulrike von Wiesenau ist Sprecherin des Berliner Wassertisch. Der Berliner Wassertisch ist ein lokales Netzwerk von VertreterInnen unterschiedlicher Gruppen, Initiativen und interessierter BürgerInnen, die sich unter dem gemeinsamen Thema „Wasser gehört uns allen – Wasser ist ein Menschenrecht“ zusammengefunden haben.
Online-Flyer Nr. 335 vom 07.01.2012