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Lokales
Offener Brief an Kölner Stadt-Anzeiger-Verleger Alfred Neven DuMont
Unterzeichnen Sie den Antikriegsappell!
Von Anneliese Fikentscher und Andreas Neumann

Anfang Januar wurde der Appell „Kriegsvorbereitungen stoppen! Embargos beenden! Solidarität mit den Völkern Irans und Syriens!“ veröffentlicht, den bislang mehr als 2500 Menschen, darunter auch Mitglieder der LINKEN, unterzeichnet haben. Dagegen wurde eine erschreckende Diffamierungskampagne entfacht. Wesentlich daran beteiligt war auch das Verlagshaus M. DuMont Schauberg, zu dem u.a. die Frankfurter Rundschau und der Kölner Stadt-Anzeiger gehören. Die beiden Autoren kündigen deshalb ihr Abo und verfassten den folgenden Offenen Brief.


 
Sehr geehrter Herr Prof. Neven DuMont, wir wenden uns an Sie persönlich, weil uns eine Entwicklung beunruhigt, über die Sie möglicherweise noch nicht in ausreichendem Maße in Kenntnis gesetzt sind. Wir verfolgen als Leserin und Leser die Berichterstattung und Kommentierung des Kölner Stadt-Anzeiger seit Jahrzehnten. Es gab immer wieder Anlass zu Anerkennung und Kritik. Aber in letzter Zeit eskaliert die Entwicklung in einer Weise, die uns nicht ruhig lassen kann. Vielleicht müssen wir uns vorwerfen lassen, Sie nicht schon wesentlich früher angeschrieben zu haben.
 
Immer wieder müssen wir feststellen, dass Feindbilder aufgebaut und damit Kriege gerechtfertigt werden. Nicht selten spielen dabei die Medien eine unrühmliche Rolle. Zum Glück gibt es in unserer Gesellschaft noch Kräfte, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, Kriege zu verhindern, indem sie Kriegspropaganda als solche erkennen und dagegen Stellung beziehen. Solche vereinzelten Initiativen hat es z.B. gegen den Libyen-Krieg gegeben. Und eine solche Initiative ist zurzeit der Appell gegen die drohenden Kriege gegen Syrien und Iran. Der Aufruf ist betitelt mit „Kriegsvorbereitungen stoppen! Embargos beenden! Solidarität mit den Völkern Irans und Syriens!“ Wir selbst gehören zu dessen Unterzeichnern.
 
Nun hat es in der Wochenend-Ausgabe vom 14./15. Januar 2012 einen Kommentar in Ihrer Zeitung gegeben, der diesen Appell und damit seine Unterzeichner in erschreckender Weise diffamiert. Er trägt den Titel „Linke Geschichte – Deutsche Kommunisten verbrüdern sich mit Despoten in Syrien, Gaza und Iran“ und ist verfasst von Christian Bommarius. Auch in der zu Ihrem Konzern gehörenden Frankfurter Rundschau ist er erschienen. Haben Sie diesen Text gelesen? Wenn nicht, müssen Sie das unbedingt nachholen. Sie werden es nicht fassen können. Darin werden nicht diejenigen gebrandmarkt, die die Feindbilder Iran und Syrien errichten. Nein, ganz im Gegenteil werden diejenigen Länder, gegen die Kriege geführt zu werden drohen, und diejenigen Menschen, die dagegen aufstehen, verteufelt. Der Kommentar liest sich wie die schlimmste Propaganda zur Ausschaltung von Kriegsgegnern und zur Anbahnung neuer Kriege. Albrecht Müller, Leiter der Planungsabteilung im Bundeskanzleramt unter Willy Brandt und Helmut Schmidt, schreibt in seinen NachDenkSeiten dazu: „Es riecht nach Diensten und ihren PR-Ablegern“.
 
Deshalb kommen wir nicht umhin, Ihnen mitzuteilen, dass wir das Abonnement des Kölner Stadt-Anzeiger mit sofortiger Wirkung (ersatzweise zum nächst möglichen Termin) kündigen. Gerne nehmen wir das Abonnement wieder auf, wenn im Kölner Stadt-Anzeiger ein öffentliches Bedauern über die Diffamierung von Menschen, die sich gegen Krieg und die zugehörige Kriegspropaganda stellen, zum Ausdruck gebracht worden ist. Als eindeutiges Zeichen in dieser Richtung könnten wir es werten, wenn Sie persönlich und Herr Peter Pauls in seiner Funktion als Chefredakteur den Aufruf "Kriegsvorbereitungen stoppen! Embargos beenden! Solidarität mit den Völkern Irans und Syriens!" unterzeichnen. Davon unabhängig bitten wir Sie ganz eindringlich, dafür zu sorgen, dass der Kölner Stadt-Anzeiger zu einem Blatt wird, das Kriegspropaganda erkennt, darlegt und anprangert, anstatt sie zu verbreiten. Gerade heute müssen wir wieder in einem Kommentar zu dem von der EU beschlossenen völkerrechtswidrigen Öl-Embargo mit Entsetzen lesen: „Der Iran greift nach der Atombombe.“ Es kann Sie doch nicht kalt lassen, wenn sich der Kölner Stadt-Anzeiger auf diese Weise mitschuldig macht.
 
Auf einen Sachverhalt möchten wir Sie noch zusätzlich aufmerksam machen. Wir haben festgestellt, dass in der redaktionellen Arbeit des Kölner Stadt-Anzeiger eine Person eine wesentliche Rolle spielt, die aus dem Dunstkreis der so genannten „Achse des Guten“ stammt und dafür geschrieben hat. Ist Ihnen das bekannt? Ist Ihnen bekannt, dass dieses Internet-Angebot von jemandem betrieben wird, der geäußert hat, es sei „gut und richtig“, wenn ein Staat „mehr Täter als Opfer“ ist. Schließlich mache es „mehr Spaß, Täter statt Opfer zu sein“? Sehr wahrscheinlich nicht. Wir können uns nicht vorstellen, dass Sie derartige faschistoide Gedanken gutheißen. Wir gehen davon aus, dass Sie sich schnellstmöglich von derartigen Kräften trennen. Das ist eine weitere Voraussetzung dafür, dass wir das Abonnement wieder aufnehmen.
 
Wir bitten darum, uns mitzuteilen, wie Sie zu dem Sachverhalt stehen und was Sie zu unternehmen gedenken. Ihr Haus hat schon einmal mitgespielt. „Auf Hitler kommt es an!“, hieß es am 1. Januar 1933 in der Kölnischen Zeitung. Und am 18. August 1944 wurde Ihr Vater Kurt Neven DuMont vom damaligen Regime für seine Verdienste um dasselbe mit dem Kriegsverdienstkreuz erster Klasse mit Schwertern ausgezeichnet. Und noch in den letzten Kriegstagen, am 5. April 1945, richtete sich die Kölnische Zeitung unter dem Titel „Die Einwohner der alten Domstadt denken nicht daran, ihre deutsche Gesinnung zu verleugnen“, gegen die „anglo-amerikanische Bluff-Propaganda“, es komme „gerade jetzt darauf an, das äußerste an Entschlossenheit und Energie aufzubieten...“ Sie, als Verantwortlicher Ihres Verlagshauses, sollten dies nicht schon wieder bei so etwas mitspielen lassen. Es liegt in Ihrer Hand, sich der Vorbereitung verheerender Kriege, die letztendlich für uns alle eine Bedrohung sind, in den Weg zu stellen. Wir erlauben uns, dieses Schreiben auch als Offenen Brief zu verbreiten, um auch in der Öffentlichkeit auf das entstandene Problem aufmerksam zu machen. Das bedrohte Leben von hunderttausenden Menschen mahnt uns dazu.
 
Mit vorzüglicher Hochachtung und in großer Beunruhigung
Anneliese Fikentscher und Andreas Neumann (PK)
 
 
Quellen:
 
Aufruf „Kriegsvorbereitungen stoppen! Embargos beenden! Solidarität mit den Völkern Irans und Syriens!“
http://www.freundschaft-mit-valjevo.de/wordpress/?p=402
 
Kommentar „Linke Geschichte – Deutsche Kommunisten verbrüdern sich mit Despoten in Syrien, Gaza und Iran“ von Christian Bommarius
http://www.ksta.de/html/artikel/1326285631460.shtml
 
Albrecht Müller: Massive Manipulationen wegen eines Aufrufs gegen Kriegsvorbereitung und Embargo Syriens und des Iran
http://www.nachdenkseiten.de/?p=11918
 
Herr der Bombe - Wie wir vom Kölner Stadt-Anzeiger mit dem Gedanken eines Krieges gegen den Iran vertraut gemacht werden sollen - über eine Veröffentlichung vom 8.2.2007
http://www.arbeiterfotografie.com/iran/index-iran-0030.html
 
Tobias Kaufmann, Redakteur des Kölner Stadt-Anzeiger, kommentiert den Artikel „Herr der Bombe“ auf der „Achse des Guten“
http://www.achgut.com/dadgdx/index.php/dadgd/article/endlich_beruehmt/
 
Ausstellungsprojekt „Die Liebe höret nimmer auf - Grabstätten von Persönlichkeiten der deutschen Wirtschaft“, u.a. mit Kurt Neven DuMont
http://www.arbeiterfotografie.com/verband/die-liebe-hoeret-nimmer-auf/index.html


Online-Flyer Nr. 338  vom 24.01.2012



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