NRhZ-Online - Neue Rheinische Zeitung - Logo
SUCHE
Suchergebnis anzeigen!
RESSORTS
SERVICE
Unabhängige Nachrichten, Berichte & Meinungen
Aktueller Online-Flyer vom 21. Dezember 2024  

Fenster schließen

Glossen
In Frankreich würden die Kollegen generalstreiken
Zum 1. Mai
Von Georges Hallermayer

Das muss man erst mal in den Kopf kriegen! Jetzt verstehe ich, warum mein Autohändler am 1. Mai "Tag der offenen Tür" macht, warum Aktivitäten en masse, für die ganze Familie und möglichst billig oder gratis angeboten werden. Eine neues Beispiel aus dem 3-Ländereck Deutschland-Frankreich-Luxemburg wäre ja kaum der Rede wert, wenn da nicht echt was passiert wäre: Die (rechte) Departement-Regierung wirbt in ihrer Bürgerillustrierten für freien Eintritt am 1. Mai: Das Chateau Marlboro in Manderen über dem Moseltal - ein Besuch würde sich allemal lohnen, auch wegen der dort gezeigten Ausstellungen von internationalem Rang.  Aber eigentlich sind am 1. Mai in Frankreich alle Museen geschlossen, ein Feiertag für alle Beschäftigten - nicht so im Departement Moselle? Ist das der 1. Mai, den der UMP-Chef Sarkozy in Paris feiern will?
 
Die Gewerkschaft CFDT hat einen geharnischten Protest an die UMP-Department-Regierung gerichtet und Demonstrationen, sogar einen Streik im Schloss angekündigt und geklagt. Da mussten die Rechten einen Rückzieher machen. Sie wollten ihrem Vorsitzenden das Fest in Paris nicht verderben: Am ersten Mai bleibt das Chateau Marlboro also geschlossen, so der Verwaltungsgerichtshof in Strasbourg. "Ich respektiere das Gesetz", reagierte der Präsident des Departements, aber ergänzte verbohrt: "Im nächsten Jahr machen wir's wieder."
 
Das ist der Respekt der Rechten vor dem Gesetz. Und der Respekt des Staatspräsidenten Sarkozy vor dem 1. Mai? Er will einen Tag der "echten Arbeit" veranstalten. Nicht zu Unrecht bringen "l'Humanité" und "Liberation", die beiden großen linken Tageszeitungen, Sarkozy mit Marschall Petain  in Zusammenhang. Der mediale Aufschrei ist heuchlerlisch, denn die Ähnlichkeiten in beider Aussagen sind evident.
 
Also, wir lassen uns den 1. Mai nicht wegnehmen, nicht mit staatlichem Pomp und schönen Reden, und auch nicht mit Gratiseintritt und Sonderangeboten! Wir gehen am 1. Mai zuerst einmal zur 1. Mai-Demo, verneigen uns in dankbarem Gedenken an die gekämpft habenden Generationen vor uns, treffen unsere Kollegen, wissen was Sache ist - und gehen danach einen trinken.
 
Ich hoffe doch, dass ich dabei nicht auch meine Verbitterung runterspülen muss. Nach fast 40 Jahren Gewerkschaftsmitgliedschaft will ich die Hoffnung nicht aufgegeben, dass der Deutsche Gewerkschaftsbund, ich meine auch den Kollegen Sommer, aber vor allem die Gemeinschaft aller darin verbundenen Gewerkschaften, am 1. Mai auch einen geharnischten Protest an die Adresse der Bundesregierung richten wird, dass die Gewerkschaftsbewegung dem Raubüberfall auf die Krankenkassen nicht tatenlos zusieht: 13 Milliarden € will die Bundesregierung einsacken, von unserem, der Krankenkasse anvertrautem Geld! Dreizehn Milliarden Euro! In Frankreich würden die Kollegen generalstreiken, davon bin ich überzeugt. Hat die Bundesregierung jemals Subventionen von den Unternehmern zurückgefordert? Kann mich nicht erinnern ... (PK)
 
Georges Hallermayer ist Mitglied des Landesvorstands der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft Saar
 
 


Online-Flyer Nr. 351  vom 29.04.2012



Startseite           nach oben