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Inland
Bürgerparteien stellen Einforderungen
„Einfragen!“ im Frankfurter Presseclub
Von Marianne Grimmenstein

Die für den 19. Mai in Frankfurt am Main vorgesehene Großdemonstration "Blockupy" wurde am 4. Mai durch die Stadt untersagt. Nach 6 Monaten "Occupy" vor der Europäischen Zentralbank, hat sich auch diese Bewegung langsam totgelaufen. Was übrig bleiben wird, sind Zeltstangen und wenig Inhaltliches, der Rückzug ins Virtuelle und unerträglich Unverbindliche nimmt wieder seinen Lauf.


Herausgeberin
Marianne Grimmenstein
NRhZ-Archiv
Es geht auch anders: am 5. Mai 2012 fand im Vortragsraum des Frankfurter Presseclubs zwischen 12:00 Uhr und 14:00 Uhr ein Arbeitstreffen mehrerer politisch anerkannter Bürgerparteien aus ganz Deutschland statt. Unter dem Motto „Einfragen!“ haben die betreffenden Parteien eine gemeinsame Willenserklärung verabschiedet und der Öffentlichkeit vorgestellt.
 
Ein 21-Punkte-Einforderungskatalog, an die Adresse der Bundestagsparteien gerichtet, als Dokument unterzeichnet, wurde sowohl an die Fraktionsvorsitzenden der im Bundestag vertretenen Parteien als auch den Bundespräsidenten Joachim Gauck per Post zugestellt. Die Anlage des Einforderungs-katalogs enthält eine 39-seitige Begründung und ausführliches „Beweis-material“, um den Forderungen Nachdruck zu verleihen. So soll die Verbesserung der demokratischen Verfasstheit der Bundesrepublik Deutschland mittels der Abstellung demokratischer Defizite gegenüber Europa und der Welt endlich in Gang kommen.
 
Gemäß Artikel 21(2) Grundgesetz sind alle Parteien ohne Ausnahme an die freiheitliche demokratische Grundordnung gebunden. Die Einhaltung dieser Vorschrift des Grundgesetzes müsste mindestens für die Parteien im Bundestag selbstverständlich sein. Alle 21 Punkte des Einforderungskatalogs der Bürgerparteien stellen einen klaren Verstoß gegen das Grundgesetz und die internationalen Normen dar, die genauso die Gesellschaft wie die Parteien nicht länger tolerieren dürfen. Die Parteien im Bundestag sind jedoch für die unverzügliche Beseitigung dieser offensichtlich gravierenden Verstöße mitverantwortlich und hierzu sogar verpflichtet. 
 
Die unterzeichnenden Bürgerparteien fordern deshalb die im Bundestag vertretenen Parteien auf, die Verstöße gegen das Grundgesetz und die internationalen Normen gemeinsam unverzüglich zu beseitigen. Für eine Stellungnahme seitens der Parteien wurde eine Frist von vier Wochen ihnen eingeräumt.

Der 21-Punkte-Einforderungskatalog wurde bis jetzt auch an die folgenden Rechtswissenschaftler und Organisationen nicht nur zur Kenntnisnahme sondern auch mit der Bitte um weiteres Beweismaterial und Hilfe bei der Verbreitung des Katalogs zugeschickt: Prof. Dr. Peter-Alexis Albrecht (Frankfurt am Main), Prof. Dr. Hans Herbert von Arnim (Speyer), Prof. Dr. Christoph Degenhart (Leipzig), Prof. Dr. Martin Morlok (Düsseldorf), Prof. Dr. Karl-Albrecht Schachtschneider (Berlin), Prof. Dr. Karl-Joachim Schmelz (Bad Vilbel), RA Jörg Schmidt-Wottrich (Berlin), Bund der Steuerzahler Bayern e.V., Business Crime Control e.V., CleanState e.V., Darmstädter Signal, Deutscher Naturschutzring, LobbyControl e.V., Netzwerk Recherche e.V., Reporter ohne Grenzen e.V., Transparency Deutschland, Vereinigung Demokratischer Juristinnen und Juristen e.V., Whistleblower-Netzwerk e.V. und Zivile Koalition e.V..
 
Die folgenden Parteien sind die Unterzeichner des 21-Punkte-Einforderungskatalogs: Allianz Graue Panther, Bürgerbewegung der Sozial-Konservativen Deutschlands, Demokratische Partei Deutschlands, Deutsche Konservative Partei, Deutsche Zukunft, Familien-Partei Deutschlands, Freie Wähler Deutschland, Freie Union, Soziale Gerechtigkeit-NRW, Soziale Mitte, WIR-Partei
 
Zu dem Einforderungskatalog finden Sie die Begründungen zurzeit unter www.freieunion.de, www.wir-partei.de und www.initiative-volksentscheid.de. Die Dokumente darf jeder verbreiten. Es wäre auch wünschenswert, wenn viele es tun würden. Wer die Bürgerparteien in ihren Bemühungen irgendwie unterstützen möchte, kann sich unter loesungsideen@web.de melden.    
 
Es wird eingefordert:
 
Ausgehend vom unveränderlichen, arg. Art. 79(3) GG, Kern des Grundgesetzes (GG), sind u.a. die Verfassungsgrundsätze der Menschenrechtsgeltung, Art. 1(2) GG, der Volkshoheit, Art. 20(2)1 GG, und der Gewaltentrennung, Art. 20(2)2 GG, zu verwirklichen, um endlich die GG-gemäße Demokratie, Art. 20(1) GG, in der Grundgesetzwirklichkeit herzustellen. Das bedeutet im einzelnen:
 
I. Grundgesetzmäßige Demokratie
1. Es ist sicherzustellen, dass die Wahl der Abgeordneten des Deutschen Bundestages in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl erfolgt, wie es das Grundgesetz in Artikel 28 Satz 2 und Artikel 38 ausdrücklich vorschreibt. Das bedeutet unmissverständlich, dass keine Parteienwahl sondern ausschließlich Personenwahl vorgeschrieben ist. 
2. Zu allen Fragen, die ein angemessener Teil der Bevölkerung anders, individueller oder konkreter beantworten will, sind Volksabstimmungen auf der jeweiligen Ebene (Ortsteil, Gemeinde, Kreis, Land, Bund, Europa) gemäß Art.20(2) GG durchzuführen. 
3. Alle Personalunionen, die über eine Grenze zwischen den getrennten Staatsgewalten hinausgehen, sind grundgesetzwidrig und nicht gestattet. Besonders in den Kombinationen: 
•          Abgeordnete ./. Kanzler, Minister, Staatssekretäre
•          Beamte ./. Richter
•          Kommunalmandatsträger ./. Richter
4. Die bereits 2003 unterzeichnete UN-Konvention gegen Korruption ist unverzüglich zu ratifizieren.
5. Das Strafrechtsübereinkommen über Korruption und das Zivilrechtsübereinkommen über Korruption des Europarates sind zu ratifizieren.
6. Das Zusatzprotokoll des Strafrechtsübereinkommens über Korruption ist zu ratifizieren.
 
II. Exekutive und Legislative
7. Es ist auszuschließen, dass Lobbyisten in irgendeiner Weise und Form an Gesetzesvorbereitungen beteiligt werden, bzw. im Parlament als privilegiertes nicht vom Souverän gewähltes Nebenparlament ein- und ausgehen. 
8. Fraktionszwang, auch -disziplin genannt, ist nicht im Grundgesetz vorgesehen, daher ein klarer Verstoß und nicht gestattet. Die Unabhängigkeit der Abgeordneten wird durch das Grundgesetz in Art. 38 verbürgt und garantiert und ist eine Kernaussage unserer parlamentarischen Demokratie.
 
III. Justizwesen
9. Es ist die richterliche Exekutivunabhängigkeit auf Landes- und Bundesebene nach den Kriterien der Europäischen Union und des Grundgesetzes unverzüglich herzustellen.
10. Es gilt sicherzustellen, dass die Staatsanwaltschaften weisungsunabhängig von den Justizministerien agieren.
11. Wahl der Verfassungsrichter ist im Plenum sicherzustellen, wie das Grundgesetz es im Art. 94 (1) vorschreibt.
12. Die Richter der Bundesgerichte dürfen keiner Partei angehören, damit die Gewaltentrennung gemäß Art. 20 GG erfüllt wird. Einziges Auswahlkriterium sind die drei Auswahlkriterien des Art. 33 Abs. 2 GG.
13. Verletzt ein Beamter oder Richter vorsätzlich oder fahrlässig seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstandenen Schaden in Haftung bzw. Regress zu nehmen.
14. Der Anwaltszwang ist gemäß Artikel 6 der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten aufzuheben.
 
IV. Wahlsystem
15. Im Hinblick auf das Wahlsystem sind die Vorschläge der OSZE für eine verbesserte Regelung der Wahlzulassung umzusetzen.
 
V. Politische Parteien
16. Das Erheben von Mandatsbeiträgen (=Parteisteuern) verstößt gegen das Grundgesetz und ist daher nicht gestattet. 
17. Um die Chancengleichheit herzustellen, hat die Parteienfinanzierung grundsätzlich durch ein unabhängiges Gremium zu erfolgen und ist so zu gestalten, dass alle bei einer Wahl zugelassenen Parteien unabhängig von ihrem Wahlergebnis im proportionalen Verhältnis gleich zu behandeln sind. 
18. Erzielte Einnahmen aus Veranstaltungen bzw. Vertrieb von Druckschriften und Veröffentlichungen und sonstigen mit Einnahmen verbundenen Tätigkeiten - Pos. 7 der Einnahmenrechnung (s. Anlage) - sind mit allen Einzelbeträgen und Namensnennung aller Geschäfts- und Vertragpartner im Rechenschaftsbericht zu veröffentlichen. 
19. Die staatliche Parteienfinanzierung ist regelmäßig in einem umfassenden „Parteienfinanzierungsbericht“ transparenter zu gestalten, so dass auch über die Zuwendungen an die Fraktionen der Parteien im Bundestag und in den Landesparlamenten und die Pauschalzuschüsse an die parteinahen Stiftungen Auskunft gegeben wird.
20. Die weit verbreitete Ämterpatronage durch die etablierten Parteien ist ggf. per Gesetz bzw. Verordnung oder Resolution zu unterbinden.
 
VI. Öffentliche Verwaltung
21. Deutschland sollte, um zu Europa und der Welt aufzuschließen, das Informationsfreiheitsgesetz des Bundes verbessern bzw. aktualisieren. Die Anwendung des Informationsfreiheitsgesetzes durch Bürgerinnen und Bürger ist zu fördern, indem jedermann Zugang zu allen Akten öffentlicher Dienststellen hat. Gebühren und lange Bearbeitungszeiten sind abzubauen. (PK)
 
Marianne Grimmenstein ist Musiklehrerin und seit etwa 15 Jahren Mitglied in dem gemeinnützigen Verein „Mehr Demokratie“, dessen Mitteilungen die NRhZ schon seit Jahren gelegentlich veröffentlicht. Außerdem ist sie aktiv in dem bundesweiten Netzwerk www.jetz-helfen-wir-uns-selbst.de, wo neue Lösungskonzepte für die Sachprobleme der Gesellschaft ausgearbeitet werden, eine der Hauptinitiatoren des Internetparlaments www.iparlament.de und hat 2008 das Buch „Quo Vadis Deutschland? – Was sich ändern muss“ im STENO-Verlag herausgegeben.





Online-Flyer Nr. 354  vom 16.05.2012



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