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Inland
Dortmund muss die Kommunalwahlen von 2009 endgültig wiederholen
Verschuldung verlogen
Von Lothar Reinhard
Am Ende der Weimarer Republik wurde dauernd neu gewählt, die Regierungen entwarfen immer neue Notverordnungen, und die Bevölkerung wandte sich immer weiter von den demokratischen Parteien ab. So war dann der Übergang zur Nazi-Herrschaft fließend. Die schafften dann die Demokratie schnell ganz ab. Manche aktuelle Vorgänge in Europa und auch in Deutschland erinnern an diese letzten Jahre der Weimarer Republik. Das Erstarken rechtsextremer bzw. stark ausländerfeindlicher Parteien in Frankreich, Holland, Belgien oder Finnland muss zu denken geben.
Online-Flyer Nr. 355 vom 23.05.2012
Dortmund muss die Kommunalwahlen von 2009 endgültig wiederholen
Verschuldung verlogen
Von Lothar Reinhard
Am Ende der Weimarer Republik wurde dauernd neu gewählt, die Regierungen entwarfen immer neue Notverordnungen, und die Bevölkerung wandte sich immer weiter von den demokratischen Parteien ab. So war dann der Übergang zur Nazi-Herrschaft fließend. Die schafften dann die Demokratie schnell ganz ab. Manche aktuelle Vorgänge in Europa und auch in Deutschland erinnern an diese letzten Jahre der Weimarer Republik. Das Erstarken rechtsextremer bzw. stark ausländerfeindlicher Parteien in Frankreich, Holland, Belgien oder Finnland muss zu denken geben.
Dortmunds Schulden-OB Dr. Gerhard Langemeyer
Quelle: www.dortmund.de
Doch die zunehmende Unfähigkeit demokratischer Parteien, Probleme zu lösen, ist genauso bedenklich wie die immer häufigere Gesundbeterei , das Vertuschen von Problemen oder das Leugnen von Fehlern, vom sog. Fiskalpakt ganz zu schweigen, mit dem die Parlamente fast aller EU-Länder gleichzeitig entmachtet werden sollen. Die Glaubwürdigkeit der gesamten demokratischen Politik ist bereits bedenklich angegriffen, quer durch viele Bevölkerungsschichten.
In Griechenland bricht zurzeit Panik aus. Die Anfang Mai gewählten Parteien können dort keine mehrheitsfähige Regierung bilden, ohne dass nicht mindestens eine von ihnen ihre Wahlversprechen diametral verraten müsste. Nun kommen Neuwahlen im Juni, und dann? Im Mutterland der Demokratie hat sich eine gigantische Verschuldungskrise aufgetürmt, weil niemand sich über Jahre an den manipulierten, falschen Bilanzen störte, weder die Parteien in Athen, noch die Eurokraten in Brüssel oder andere EU-Regierungen aus der Eurozone. Der Ruf wird immer lauter, eine Technokraten-Regierung wie in Italien einzusetzen und die Wahlen und Wähler einfach außer Acht zu lassen. Demokratie ade?
Die Stadt Dortmund muss die Kommunalwahlen aus dem Jahr 2009 nun endgültig wiederholen. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig am 9. Mai beschlossen und am Mittwoch, 16. Mai, zugestellt. Die Wahlen müssen innerhalb von vier Monaten wiederholt werden - wegen des „Wahlbetrugs“, besser Wählerbetrug durch das Verschweigen der wirklichen Verschuldung, die dann ex-OB Langemeyer einen Tag nach der Wahl verkündet hatte.
Auch in Mülheim wurde die wahre Verschuldung nachweislich im Wahlkampf 2009 verschwiegen! Nur wen stört/e das? Die Finanzaufsicht des Regierungspräsidenten anscheinend am allerwenigsten. Mit der seit August 2010 im Amt befindlichen neuen Regierungspräsidentin Anne Lütges von den Grünen stört/e sich deren Behörde sogar noch weniger an dem ungeheuerlichen Finanzgebaren der Heimatstadt von Ministerpräsidentin Kraft. Der Mülheimer Haushalt 2010 wurde sogar erst Ende 2010 verabschiedet, und die Aufsicht nahm diese Farce wortlos hin, wohl wissend, dass die Stadt Mülheim das tat, um trotz explodierender Verschuldung formal noch länger nicht im Nothaushalt zu sein und ihre heiligen Kühe wie "Ruhrbania", stadtgeschichtliches Museum, Stadion, Gutachteritis, neue Pöstchen etcpp. nicht durch irgendwelche Gesetze oder Haushaltsvorschriften zu gefährden.
Doch selbst als die Stadt Mülheim dann seit April 2011 auch formal (und für das abgelaufene 2010 sogar nachträglich!) Nothaushaltskommune wurde, wurde weiter gemacht wie bisher - ohne Abstriche. Der im Juli 2011 beschlossene Luxussportplatz in Heißen z.B. soll über den Verkauf von vier anderen Plätzen finanziert werden, was im Nothaushalt eindeutig nicht erlaubt ist. Nach langer „Prüfung“ genehmigte die Frau RP auch das kurz vor den Landtagswahlen, wobei sie Monate vorher wegschaute, als bereits Millionen im Vorgriff für den Grundstückskauf an der Hardenbergstr. ausgegeben wurden trotz Nothaushalts. Und so wachsen die Etatlöcher und die Kassenkredite exponentiell und niemand zieht die Notbremse – bis dann demnächst die historisch tiefen Zinsen steigen. Dann wird es bitter, weil die Schuldenberge sich ins Unfassbare aufgetürmt haben. Dann helfen auch keine Neuwahlen, egal wie oft, sondern mehr Ehrlichkeit und Rückkehr zu seriöser Haushaltsführung als Grundvoraussetzungen, weniger Günstlingswirtschaft und wirkliche Einbeziehung der betroffenen Bürger, aber auch der Mut, Fehler einzugestehen und Prestigeprojekte zu kappen oder gar einzustellen.
In Duisburg ist ein Neuanfang nach der Abwahl von Herrn Skandal-OB Adolf Sauerland bisher leider nicht in Sicht. Auch dort, genau wie in Krefeld usw. wurde vor den Wahlen 2009 nicht die wahre Verschuldung offengelegt. Man konnte sich jetzt nicht einmal zur OB-Neuwahl auf Gemeinsames einigen. So tritt fast jede Partei mit eigenem Kandidaten an, und ein breit getragener Konsens zur Lösung der Riesenprobleme ist nicht erkennbar. Im Gegenteil: Heftiger werdende Verteilungskämpfe sowohl innerhalb der Stadt als auch mit Nachbarstädten wie Mülheim oder die Pläne für das Factory-Outlet-Center in den Duisburger Stadtteilen Hamborn/Marxloh oder die gigantischen Möbelhauspläne für das Zeusgelände in Obermeidrich, aber auch der tödliche Konkurrenzkampf um neue Luxuswohngebiete wie etwa Haus Hartenfels oder DU-Rahm oder Ruhrbania nehmen zu. Der Großteil der Bevölkerung ist völlig außen vor, außer wenn die Menschen aus billigen Wohnungen vertrieben werden sollen wie für das FOC.
Die Krise der Demokratie beginnt immer unten, in den Kommunen. In vielen Ruhrgebietsstädten, aber auch anderswo, stehen die Zeichen auf Sturm. Dem Ruhrgebiet kann nur noch wirkliche interkommunale Zusammenarbeit und Arbeitsteilung helfen, aber keine höchstens additive wie bisher. Doch die Bereitschaft der einzelnen Kirchtürme, auch nur einen Zentimeter abzugeben, ist kaum erkennbar.
Die Demokratie steckt bereits in einer dicken Krise, was auch der kometenhafte Zuwachs der Piraten zeigt, ohne dass diese sich in wesentlichen Punkten auch nur positioniert haben. Doch das reicht bei weitem nicht bei den aufgetürmten Riesenproblemen insbesondere der Ruhrgebietsstädte. Noch sind die Zeiten zumindest in Deutschland günstig, weil Wirtschaftsboom und Niedrigzinsen. Das kann sich aber schneller ändern, als vielen lieb sein wird. (PK)
Lothar Reinhard ist MBI-Fraktionssprecher im Mülheimer Stadtrat
Online-Flyer Nr. 355 vom 23.05.2012