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Arbeit und Soziales
Goldene Kamera für herausragende Bekämpfung der Rechte von ArbeiterInnen
Preis als Wanderpokal für Maredo Chefs
Von Peter Kleinert
Im Rahmen der Blockupy-Proteste in Frankfurt erhielt am Freitag zwischen 13.45 und 14.30 Uhr vor der Maredo-Gaststätte in der Frankfurter "Fressgass" deren Filialleiter Pantelis Markou die “Goldene Kamera für herausragende Bekämpfung der Rechte von ArbeiterInnen” überreicht. Anlass war die Rolle, die Herr Markou bei der Ausspionierung der gesamten Belegschaft mit Detektiven und verdeckten Kameras gespielt hat. Die dazu öffentlich gehaltene Laudatio ist lesens- und hörenswert und fasst den Konflikt zwischen den Eigentümern der Steakhouse-Kette Maredo und deren Belegschaft wegen der Kündigung von Betriebsräten und anderen Mitarbeitern treffend zusammen. Über den Start des Arbeitsgerichtsprozesses, in dem die Maredo-Eigentümer vor allem die Entlassung mehrerer unbequemer Betriebsratsmitglieder durchsetzen wollen, hat die NRhZ bereits berichtet.(1)
Online-Flyer Nr. 356 vom 30.05.2012
Goldene Kamera für herausragende Bekämpfung der Rechte von ArbeiterInnen
Preis als Wanderpokal für Maredo Chefs
Von Peter Kleinert
Im Rahmen der Blockupy-Proteste in Frankfurt erhielt am Freitag zwischen 13.45 und 14.30 Uhr vor der Maredo-Gaststätte in der Frankfurter "Fressgass" deren Filialleiter Pantelis Markou die “Goldene Kamera für herausragende Bekämpfung der Rechte von ArbeiterInnen” überreicht. Anlass war die Rolle, die Herr Markou bei der Ausspionierung der gesamten Belegschaft mit Detektiven und verdeckten Kameras gespielt hat. Die dazu öffentlich gehaltene Laudatio ist lesens- und hörenswert und fasst den Konflikt zwischen den Eigentümern der Steakhouse-Kette Maredo und deren Belegschaft wegen der Kündigung von Betriebsräten und anderen Mitarbeitern treffend zusammen. Über den Start des Arbeitsgerichtsprozesses, in dem die Maredo-Eigentümer vor allem die Entlassung mehrerer unbequemer Betriebsratsmitglieder durchsetzen wollen, hat die NRhZ bereits berichtet.(1)
Kundgebung für gekündigte Maredo-KollegInnen in der Frankfurter "Fressgass“
NRhZ-Archiv
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich heiße sie recht herzlich willkommen! Wir haben uns heute hier versammelt um einen Preis zu verleihen. Keinen ganz gewöhnlichen Preis, wie er etwa für besonders gute Filme oder Bücher oder herausragende Forschung oder sportliche Spitzenleistungen verliehen wird. Zwar schätzen auch wir Literatur, Kultur und Sport, aber es gibt doch wesentlich wichtigeres. Heute verleihen wir die „Goldene Kamera für die herausragende Bekämpfung der Rechte von ArbeiterInnen“.
Die Wahl unseres Preisträgers ist uns keineswegs leicht gefallen, so viele gute Menschen sehen wir, die gegen Faulheit, Gier und linke Gesellschaftskritik die Vernunft hochhalten. Menschen die wissen, dass unsere Gesellschaft so sein muss, dass sie nicht anders sein kann, dass es eben unsere Natur als Menschen ist, uns auf dem Arbeitsmarkt zu verkaufen, zu konkurrieren und im Zweifelsfall rücksichtslos unseren eigenen Vorteil zu suchen.
Doch schließlich haben wir eine Person gefunden, von der wir denken, dass sie des Preises würdig ist. Unser Preisträger hat die für ihn vorgesehene Rolle besonders würdig ausgefüllt. Doch nicht nur das, darüber hinaus hat er mit Leidenschaft und Kreativität geholfen zu tun was nötig war.
Es erscheint mir sinnvoll, dass wir zunächst über das Werk sprechen, dass unser Preisträger vollbracht hat und vielleicht ahnen Sie dann schon um wen es geht.
Sie alle kennen ja die Probleme, die einem diese Gewerkschaften machen. Im Grunde sind das ja alles Verbrecher, Kommunisten, ideologisch verblendete Menschen ohne jeden Sachverstand in wirtschaftlichen Fragen. Jeder vernünftige Mensch muss sich doch fragen, weshalb sie nicht schon längst verboten sind! Den ganzen Tag faseln sie von den Rechten der ArbeiterInnen, wollen Lohnerhöhungen, Mitbestimmung und manche gar eine bessere Zukunft jenseits des Kapitalismus. Diese Träumer!
Leider Gottes haben sie sich ja im letzten Jahrhundert einige Rechte erkämpft, so dass man dieses Pack nicht mehr so leicht los wird. Diese Erfahrung musste auch bei Maredo gemacht werden. In dem Restaurant, vor dem wir gerade stehen, in besonders schlimmer Weise. Die ArbeiterInnen haben ihre Rechte nicht nur gefordert, sondern auch genommen. Sogar einen Betriebsrat haben sie gewählt! Wissen sie, welchen Ärger einem das macht!
Jeden verdammten Dienstplan müssen sie mit denen abstimmen. Wenn sie jemanden kündigen oder einstellen wollen, müssen sie ständig damit rechnen, dass Rechtsmittel eingelegt werden. Und das Allerschlimmste: sie können diese Leute noch nicht mal kündigen! Das muss ihnen ein Gericht erlauben! In ihrem eigenen Laden! Aber am allerschlimmsten war, dass 80% der Belegschaft gewerkschaftlich organisiert waren. Die Leute hielten zusammen und unterstützten den Betriebsrat. Kurz und gut: die Zustände hier bei Maredo in der Fressgass waren untragbar geworden!
In dieser Situation, wo die Profitabilität des Ladens gefährdet war, und ich denke da sind wir uns einig meine Damen und Herren, musste gehandelt werden. Unser Preisträger hat sich verdient gemacht durch ein ausgeklügeltes Vorgehen, welches mit allen anderen relevanten Entscheidungsträgern abgestimmt war. Teamwork ist schließlich alles heutzutage, wir alle wissen das.
Da sich kein Grund finden ließ, um die renitenten wirtschaftsfeindlichen Störenfriede zu beseitigen, musste einer geschaffen werden. Besonders geeignet schien dafür der Vorwurf des Diebstahls. Dieser würde es ermöglichen, die Beschäftigten samt Betriebsrat alle auf einen Schlag los zu werden. Welch hervorragende Idee! Zum Glück war es bei Maredo, wie in jedem anderen Restaurant üblich, dass die MitarbeiterInnen während der Arbeit etwas aßen oder unverkäufliche Reste mit nach Hause nahmen anstatt sie weg zu werfen. Unser Preisträger erkannte die Chance, die in dieser Tatsache lag. So etwas lässt sich nämlich zu einer Straftat umdeuten. Auf so einen genialen Gedanken muss man erst mal kommen, aus ein paar Brotkrumen und Karottenschalen einen Diebstahl zu basteln. Ich denke, Sie sind von diesem Einfallsreichtum ebenso beeindruckt wie ich, meine Damen und Herren.
Doch unser Preisträger war noch geschickter. Der Gegner würde sich hartnäckig gegen solch einen Vorwurf wehren. Wie könnte es möglich sein ihn so einzuschüchtern, dass er den Kampf am besten gar nicht erst aufnehmen würde? Objektive und unabweisbare Beweise könnten so etwas schaffen, durch Kameraaufnahmen zum Beispiel. Doch auch hier wäre ja nach den völlig übertriebenen Rechten des Betriebsrates dessen Zustimmung nötig gewesen. Da auf die Mitarbeit des Gegners an seiner eigenen Beseitigung nicht gehofft werden konnte, gab es keine andere Möglichkeit, als ihn schlicht zu übergehen. Eine durchaus heikle Sache, da komplett illegal. Aber unser heldenhafter Preisträger hat diese Last gerne auf sich genommen. Im Interesse der Unternehmensgewinne kann ihm keine moralische oder juristische Last zu schwer sein. So wurden also versteckte Kameras heimlich installiert. Und in den folgenden zwei Wochen konnten allerhand Untaten gefilmt werden: massenhafter Diebstahl von Brotrinden und Kartoffelschalen, sogar Wasser haben diese Halunken getrunken, und das im Sommer!
Doch wie die Kündigungen bewerkstelligen? Einen nach dem anderen ins Büro zitieren? Nein, dann hätte ja der Betriebsrat sich eingemischt. Der musste also auf jeden Fall umgangen werden. Am besten mussten also alle auf einmal gekündigt werden. Doch wie soll das funktionieren? Also ganz ehrlich meine Damen und Herren, ich wäre auch nicht auf so eine geniale Idee wie unser Preisträger gekommen!
An einem Tag im November ließ er rechtzeitig zum Schichtwechsel einen Stromausfall inszenieren. So war fast die gesamte Belegschaft im Restaurant anwesend und die Dunkelheit, dass wissen wir ja alle, macht den Menschen einfach so wunderbar Angst. Doch nicht nur das, unser Preisträger brachte auch gleich erfahrene Anwälte mit und einen Sicherheitsdienst.
Das hatte mehrere Vorteile. Den Betriebsräten konnte Hausverbot gegeben werden und die Belegschaft am Verlassen gehindert werden. Damit waren für die aktuelle Situation die Betriebsräte als Interessenvertreter der Beschäftigten schon einmal ausgeschaltet. Ein genialer Schachzug! Doch es kommt noch besser...
Den Beschäftigten wurde untersagt zu telefonieren, damit sie sich auch sonst keine Unterstützung organisieren konnten. Die eigentlich so selbstbewusste Belegschaft saß ohne Betriebsrat oder sonstige Unterstützung von außen in einem abgedunkelten Restaurant. Die perfekte Gelegenheit um diese renitente Bande da hin zu bekommen, wo sie im Interesse der Unternehmensprofite hin musste: zur Kündigung!
Nach dieser Vorbereitung war es ein Leichtes zu sagen: "Ihr habt alle geklaut, wir wissen das und haben euch gefilmt. Wir können alles beweisen und wenn ihr nicht freiwillig kündigt, zeigen wir euch an, schreiben euch ein schlechtes Zeugnis und ihr seid vorbestraft und bekommt nie wieder einen Job." Das war natürlich ein sehr direkter Angriff, darum hat unser bewundernswerter Preisträger das alte Prinzip von Zuckerbrot und Peitsche angewendet und weiter gesprochen: "Wer aber freiwillig kündigt, der bekommt noch die Kündigungsfrist lang seinen Lohn, bekommt ein gutes Zeugnis und hat sicher bald eine neue Stelle."
Nun meine Damen und Herren, wer würde in einer solchen Situation nicht kündigen? Ich jedenfalls schon. Und immerhin 13 von 29 ArbeiterInnen haben das genauso getan.
Und da sehen sie, wie klug unser Preisträger gehandelt hat. In allem, von der Planung an bis zur Umsetzung an diesem Tag eine geniale Strategie!
Wir haben schon lange kein so wunderschönes Beispiel mehr gesehen, wie jemand mit solchem Geschick und solcher Kreativität die Interessen seines Unternehmens gegen die Profitverhinderer von Belegschaft und Betriebsrat durchgesetzt hat.
Deshalb verleihen wir heute und hier unseren Preis: Die goldene Kamera für die herausragende Bekämpfung der Rechte von ArbeiterInnen!
Doch wem verleihen wir diesen Preis nun, meine Damen und Herren? Wir haben selbst lange über diese Frage gestritten. Der Betriebsleiter, Herr Pantelis Markou, erschien uns sinnvoll, doch ohne die Mitwirkung des Regionalleiters Joachim Amend, wäre auch er machtlos gewesen. Nun war der Regionalleiter eine Zeit lang unser Favorit, doch wir sahen: nur durch die Zusammenarbeit mit dem Konzernleiter, Herrn Uwe Büscher, konnte er seinen Beitrag leisten. Dann war Herr Büscher, der Vater des gesamten Unternehmens, unser Favorit, doch wir sahen: das Unternehmen gehört ihm gar nicht, sondern mehrheitlich dem Hedgefonds ECM, der Equity Capital Management hier aus Frankfurt.
Uwe Büscher (links) - "Vater des gesamten Unternehmens"
Foto: Maredo Handels GmbH
Daher haben wir uns entschlossen unseren Preis als Wanderpokal zu vergeben. Wir übergeben ihn hier und heute zunächst dem Betriebsleiter Markou. Doch nach einer Weile sollte dieser ihn fairer Weise an den Regionalleiter Amend weitergeben. Und dieser wiederum sollte den Konzernleiter Herrn Uwe Büscher nicht vergessen. Schließlich denken wir, dass Herr Buescher ihn anständigerweise an Herrn XY, den zuständigen Sachbearbeiter bei der ECM weitergeben sollte. Und schließlich sollte er auch eine Weile in den Besitz der Anwälte Buse/Heberer/Fromm übergehen. Ohne deren Erfahrung in der Bekämpfung von Gewerkschaften hätten sich alle anderen sicher schwer getan.
Herr Markou, es ist mir eine besondere Ehre, Sie heute treffen zu dürfen. Übernehmen Sie diesen wunderschönen Wanderpokal, die goldene Kamera für die herausragende Bekämpfung der Rechte von ArbeiterInnen und reichen sie ihn weiter, an alle, die auch ihren Beitrag geleistet haben! Ihren Beitrag zur vorbildlichen Bekämpfung von Belegschaften und ihren Rechten. Ohne Menschen wie die Gruppe unserer Preisträger wäre unsere Wirtschaft sicher bald ernsthaft gefährdet! Auf dass wir alle weiter unser wunderschönes sorgenfreies Leben im Kapitalismus leben können! (PK)
Die Aktion ist auch im Internet dokumentiert, unter anderem auf der Seite "Arbeitunrecht": http://arbeitsunrecht.de/?p=260
Online-Flyer Nr. 356 vom 30.05.2012