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Aktueller Online-Flyer vom 22. Dezember 2024  

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Inland
Interview mit Ingrid Eckert - Betriebsratsvorsitzende Frankfurter Rundschau
Vor einem heißen Herbst?
Von Peter Kleinert

Zur Übernahme von 50 Prozent der Anteile plus eine Stimme am Druck- und Verlagshaus Frankfurt am Main GmbH und damit der "Frankfurter Rundschau" durch den Kölner Verlag M.DuMont Schauberg berichten wir in diesem Flyer. Nach Auskunft der Betriebsratsvorsitzenden rüstet sich die Belegschaft "für einen heißen Herbst". Die Redaktion.
Peter Kleinert: Nach der Übernahme durch die DDVG musstet Ihr ja bereits erste Sparmaßnahmen über Euch ergehen lassen. Ihr musstet seit 2004 Kosten, das heißt auch Mitarbeiterzahlen kräftig reduzieren. Hattet Ihr Mitbestimmungs-/Mitsprache-Möglichkeiten beim Verkauf an MDS, dessen Geschäftsführer Kiegeland bereits angekündigt hat: "Wir müssen auf der Kostenseite noch sehr viel tun." 

Ingrid Eckert: Wir haben zunächst aus eigener Kraft, dann dadurch, dass die DDVG (SPD-Medienholding, Deutsche Druck- und Verlagsgesellschaft mbH, Hamburg) uns zu 90 Prozent übernommen hat, versucht, das Druck und Verlagshaus aus der Krise der Zeitungsbranche - Managementfehler inclusive - herauszubekommen. Dabei hat die Belegschaft bereits kräftig geblutet: Sozialpläne, befristete Arbeitszeitverkürzung, Verzicht auf Urlaubs- und Weihnachtsgeld brachten uns am Ende einen Haustarifvertrag, der die Einheit des Unternehmens sichern und einen Kündigungsschutz bis Ende 2007 gewähren soll.

Bereits beim Einstieg der DDVG 2004 war klar, dass ein Mitanteilseigner gesucht wurde, da die DDVG in der Regel keine Mehrheitsbeteiligungen hält. Mitsprache- oder gar Mitbestimmungsmöglichkeiten im Hinblick auf einen Investor wären wohl der Traum einer jeden Belegschaft. Jedoch haben wir von BR-Seite immer wieder betont, dass unser Interesse einem Investor gilt, der langfristig investiert, damit stabilisiert und keinen Ausverkauf betreibt, was für alle Bereiche des Druck und Verlagshauses gilt. Schon bevor der Name MDS akut war, wurden uns Verhandlungen im Hinblick auf weitere Einsparungen für den Herbst angekündigt, was der Haus-Tarifvertrag zulässt. Eine konkrete Steilvorlage wird es auch erst dann geben. Wir gehen aber davon aus, dass alle bestehenden Verträge eingehalten werden, denn schließlich hat die Belegschaft ihren Beitrag in Punkto Sanierungskonzept bereits schmerzlich erbracht.

Frage: Als vor einigen Wochen die Gerüchte aufkamen, die FR würde von MDS gekauft, wurde Wolfgang Storz gekündigt, und Uwe Vorkötter von der BZ, der sich dort vergeblich für eine Übernahme durch MDS eingesetzt hatte, wurde Euer neuer Chefredakteur. Hatte die Redaktion dabei ein Mitsprache-/Mitbestimmungsrecht, wie dies entsprechend den Redaktionsstatuten früherer Zeiten sogar mal beim KStA möglich war?

Ingrid Eckert: Die Entlassung von Dr. Storz und der Einsatz von Dr. Vorkötter waren nur begleitet vom Mitbestimmungsrecht der Karl-Gerold-Stiftung. Ein Redaktionsstatut in dem von dir benannten Sinne konnte hier auch unter Dr. Storz nicht durchgesetzt werden.

Frage: Die FR wurde nach der Befreiung als unabhängige, antifaschistische Tageszeitung gegründet, mit zwei kommunistischen Widerstandskämpfern und einem "katholischen Kommunisten" (Gerst) unter den Lizenzträgern. Nach dem Rausschmiß des Kommunisten und Juden Carlebach und dem Einstieg des Sozialdemokraten Karl Gerold änderte sich die grundsätzliche Haltung der FR zwar erheblich. Aber aufgrund seiner politischen Vergangenheit stand Kurt, der Vater von Alfred Neven DuMont, tatsächlich genau auf der "anderen Seite", war NSdAP-Mitglied, erhielt von Propagandaminister Goebbels das Große Kriegsverdienstkreuz, und die Familie arrondierte ihren Grundbesitz um einige ursprünglich jüdische Grundstücke in Köln. FDP-Medienexperte Hans-Joachim Otto aus Frankfurt sieht in der Mehrheitsübertragung der FR-Anteile an diese Verlegerfamilie einen "Schritt in die richtige Richtung". - Wurde die Belegschaft von der DDVG vor Beginn der Verkaufsverhandlungen gefragt, ob sie das ähnlich wie Otto sieht? Wie haben Redaktion und Belegschaft der FR diesen Verkauf diskutiert?

Ingrid Eckert: Im Moment wird der neue Anteilseigner verhalten beäugt. Die Karl-Gerold-Stiftung hat für die Einhaltung der Präambel "unabhängig, linksliberal und überregionale Tageszeitung" zu sorgen. Für diese Einhaltung steht auch die Redaktion.

Frage: Welche Perspektive sehen Redaktion und Belegschaft unter diesen Bedingungen für die kommenden Jahre? Werdet Ihr für Eure Rechte kämpfen (können)?

Ingrid Eckert: Nach den Sommerferien wird eine Betriebsversammlung stattfinden, auf welcher wir uns Aufschluss über so einige Fragen erwarten. Wir rüsten uns für einen heißen Herbst.

Online-Flyer Nr. 54  vom 25.07.2006



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