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Inland
Ökosteuer: Weiterführung von Spitzenausgleich verstößt gegen EU-Recht
Zu Lasten von Haushalten und Mittelstand
Von Peter Kleinert
Die Bundesregierung plant ein Steuergeschenk in Höhe von weit mehr als 20 Milliarden Euro über zehn Jahre für Teile des produzierenden Gewerbes. Die im engen Schulterschluss mit dem Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) und dem Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) ausgehandelte Weiterführung des so genannten Spitzenausgleichs ab 2013 wird dabei entgegen öffentlichen Beteuerungen der Bundesminister Philipp Rösler (FDP) und Peter Altmaier (CDU) praktisch ohne Gegenleistung gewährt. Darauf hat die Deutsche Umwelthilfe e. V. (DUH) hingewiesen und angekündigt, für den Fall der Verabschiedung dieser Regelung im Bundestag bei der EU-Kommission in Brüssel Beschwerde einzureichen.
Dank Philipp Rösler Steuerentlastungen
ohne Gegenleistung
Die von der Bundesregierung mit BDI und BDEW flankierend abgeschlossene "Vereinbarung zur Steigerung der Energieeffizienz“ diene einzig dem Zweck, eine nach EU-Recht für die Gewährung von Steuerentlastungen erforderliche Gegenleistung zu suggerieren und auf diese Weise, die Zustimmung der EU-Kommission zu erhalten. „Was wir hier erleben, ist in Wahrheit die unverblümte Fortsetzung der einseitigen Verschiebung der Lasten von Energiewende und Klimaschutz auf private Haushalte und Mittelstand zugunsten der Industrie“, sagte die Leiterin Klimaschutz und Energiewende der DUH, Cornelia Ziehm. Die getroffenen Regelungen und Vereinbarungen widersprechen nach Überzeugung der DUH auch dem von der Bundesregierung selbst vor zwei Jahren beschlossenen Energiekonzept. Danach sollten ab 2013 nur solche Betriebe weiter vom Spitzenausgleich profitieren, die Energieeinsparungen auch tatsächlich nachweisen. Davon ist keine Rede mehr.
Umweltminister Peter Altmaier entlastet
von der Ökosteuer
Umweltminister Peter Altmaier, der die Effizienzvereinbarung mit unterzeichnet hat, feiert die Einführung von Energiemanage-mentsystemen und Energieaudits wie sein Kollege Philipp Rösler als großen Fortschritt. Das ist nach Überzeugung der DUH nicht nur deshalb irreführend, weil die begünstigten Unternehmen diese Verfahren erst ab 2016 anwenden müssen und darüber hinaus aufgrund der daraus gewonnenen Erkenntnisse zu keinerlei Maß- nahmen verpflichtet werden. Es ist vor allem auch bemerkenswert, weil die im Juni 2012 verab-schiedete Energieeffizienz-Richtlinie der EU ohnehin entsprechende Regelungen ab dem Jahr 2015 vorschreibt. Das, was als freiwillige Sonderleistung dargestellt wird, ergibt sich in Wirklichkeit bereits aus zwingendem EU-Umweltrecht.
Online-Flyer Nr. 369 vom 29.08.2012
Ökosteuer: Weiterführung von Spitzenausgleich verstößt gegen EU-Recht
Zu Lasten von Haushalten und Mittelstand
Von Peter Kleinert
Die Bundesregierung plant ein Steuergeschenk in Höhe von weit mehr als 20 Milliarden Euro über zehn Jahre für Teile des produzierenden Gewerbes. Die im engen Schulterschluss mit dem Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) und dem Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) ausgehandelte Weiterführung des so genannten Spitzenausgleichs ab 2013 wird dabei entgegen öffentlichen Beteuerungen der Bundesminister Philipp Rösler (FDP) und Peter Altmaier (CDU) praktisch ohne Gegenleistung gewährt. Darauf hat die Deutsche Umwelthilfe e. V. (DUH) hingewiesen und angekündigt, für den Fall der Verabschiedung dieser Regelung im Bundestag bei der EU-Kommission in Brüssel Beschwerde einzureichen.
Dank Philipp Rösler Steuerentlastungen
ohne Gegenleistung
NRhZ-Archiv
Verstoß gegen EU-Beihilfe- und Energiesteuerrecht
Die Effizienzvereinbarung, die bis 2022 gelten soll, begründet darüber hinaus erhebliche Zweifel im Hinblick auf ihre Vereinbarkeit mit dem Demokratieprinzip, weil sie im Fall ihres Inkrafttretens den Handlungsspielraum von mindestens drei nach der Entscheidung gewählten Parlamenten massiv einschränkt. Vor allem aber verstoßen die vereinbarten Regelungen gegen das EU-Beihilfe- und Energiesteuerrecht, das derartige Entlastungen abhängig macht von realen ökologischen Gegenleistungen.
Die vorgesehenen Regelungen schreiben maximal den langjährigen Trend der Verbesserung der Energieeffizienz fort und erlegen zudem den begünstigten Unternehmen – auch dies im Gegensatz zu einem frühen Regelungsentwurf aus dem Bundesfinanzministerium – keinerlei individuelle Nachweispflichten über durchgeführte Effizienzverbesserungen auf. Tatsächlich wird von den begünstigten Unternehmen nicht einmal verlangt, irgendwelche Maßnahmen zur Verbesserung der Effizienz real durchzuführen.
Der so genannte Spitzenausgleich "komplettiert“ für etwa 23.000 Unternehmen des produzierenden Gewerbes die Entlastung von der Ökosteuer (s. "Hintergrund" am Ende dieses Artikels). Für das Jahr 2013 rechnet die Bundesregierung allein dadurch mit Steuermindereinnahmen von 2,3 Milliarden Euro. Für die Jahre 2013 und 2014 werden die begünstigten Unternehmen zu keinerlei realen Fortschritten bei ihrer Energieintensität verpflichtet. Ebenso wenig die begünstigten Wirtschaftszweige insgesamt. Für 2015 genügt es, wenn ein Unternehmen ein Energiemanagementsystem bzw. Energieaudit eingeführt hat (nicht etwa betreibt) und der begünstigte Wirtschaftszweig insgesamt (etwa 110.000 Unternehmen) einen Zielwert von 1,3 Prozent bei der Reduzierung der Energieintensität nachweist. Dieser Zielwert entspricht exakt der nach einer Trendprognose der EU in Deutschland zu erwartenden Reduktion (business as usual). Zusätzliche Anstrengungen sind nicht erforderlich. (1) 2016 soll der Zielwert schließlich um 0,05 Prozentpunkte erhöht werden (auf 1,35 %). 2017 wird "evaluiert“, und für die Jahre 2019 bis 2022 wurden keine weiteren Zielwerte vereinbart.
Umweltminister Peter Altmaier entlastet
von der Ökosteuer
Quelle: wikipedia
„Für uns ist es ein Rätsel wie ein amtierender Umweltminister mit federführender Zuständigkeit für den Klimaschutz einer Regelung zustimmen konnte, die so offensichtlich nicht dem Klimaschutz, sondern lediglich der kreativen Interpretation der EU-Beihilferichtlinien dient“, sagt Gerd Rosenkranz, zuständig für Politik und Presse bei der DUH.
Unsinnsregelung stoppen!
Wie bei den Entlastungen großer Teile der Industrie von der EEG-Umlage, von den Stromdurchleitungsgebühren oder zuletzt bei der skandalösen Haftungsregelung für Verzögerungen bei der Anbindung von Offshore-Windparks an das Stromnetz, könnten die bekennenden und heimlichen Gegner der Energiewende im Regierungslager durch ihre Politik mit einer „doppelten Dividende“ rechnen. Zum einen werde die im Wahlkampf wichtige Großindustrie gegenüber den Regierungsparteien friedlich gestimmt. Zum andern könnten die Bremser darauf hoffen, dass die Energiewende bei denen, die nach dem Willen der Regierung dafür bezahlen sollen, auf immer weniger Zustimmung stößt. Rosenkranz: „Wir fordern die Energiewendeanhänger in den Regierungsparteien auf, die perfide Unsinnsregelung im Bundestag gemeinsam mit der Opposition zu stoppen.“
Hintergrund: Der Spitzenausgleich
Im Jahr 1999 wurde die Ökosteuer eingeführt. Einen Teil der resultierenden Einnahmen überweist der Bund der gesetzlichen Rentenversicherung. Dadurch sparen die Arbeitgeber Versicherungsbeiträge. Die für bestimmte Produktionsprozesse benötigte Energie ist allerdings von vornherein vollständig oder teilweise von der Ökosteuer befreit. Weil die entsprechenden Betriebe keine Ökosteuer oder nur einen reduzierten Satz zahlen, aber trotzdem Rentenbeiträge einsparen, profitieren sie per Saldo von der Ökosteuer – ohne einen zusätzlichen Umweltnutzen zu erbringen. Es gibt aber auch Unternehmen, die mehr Ökosteuer zahlen, als sie an Rentenversicherungsbeiträgen einsparen. Hier greift der so genannte Spitzenausgleich. Er ist eine Steuerbegünstigung für energieintensive Nutzer im produzierenden Gewerbe und gekoppelt an die Entwicklung des Arbeitsgeberanteils an den Rentenversicherungsbeiträgen. Er soll sicherstellen, dass die Energiesteuerbelastung für die Industrie nicht wesentlich über der Ermäßigung liegt, die durch die Verringerung des Arbeitgeberanteils an den Rentenversicherungsbeiträgen erzielt wird. Konkret werden denjenigen Betrieben, die den Spitzenausgleich in Anspruch nehmen 90 Prozent der Differenz zwischen gezahlter Ökosteuer und eingesparten Rentenversicherungsbeiträgen erstattet. 2012 entspricht das in der Summe voraussichtlich einem Volumen von 2,3 Milliarden Euro. [2] (PK)
[1] Im Gegenteil: Wegen des statistischen Effekts des nach der so genannten Wirkungsgradmethode auf 33 % festgelegten Wirkungsgrades von Atomkraftwerken (Erneuerbare Energien: 100 %; moderne Erdgaskraftwerke etwa 60 %) wird die Industrie schon durch die Abschaltung jedes Atomkraftwerks, dessen Stromerzeugung durch Elektrizität aus Erneuerbaren Energien, Effizienten Gas- oder neuen Kohlekraftwerken ersetzt wird, scheinbar „effizienter“, was die Zielerreichung weiter erleichtert. Massiv in dieselbe Richtung wirkt der erwartete starke Ausbau der Erneuerbaren Energien bis 2022, der allein einen Großteil der angekündigten Effizienzverbesserungen rein "statistisch“ einlösen wird.
[2] Das DUH-Hintergrundpapier "Spitzenausgleich nur für Energiesparer?" finden Sie unter folgendem Link: http://duh.de/pressemitteilung.html?&tx_ttnews[tt_news]=2907
Online-Flyer Nr. 369 vom 29.08.2012