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Protest am Antikriegstag gegen den verdeckten Krieg gegen Syrien
Stoppt den Krieg! Hände weg von Syrien!
Von Anneliese Fikentscher und Andreas Neumann
"Stoppt den Krieg! Hände weg von Syrien! Gegen die Zerschlagung des Völkerrechts durch die imperialistischen Staaten! Solidarität mit Syrien! Schluss mit der Einmischung der NATO, keine Invasion Syriens! Gegen EU-Unterstützung bei der Ausrüstung und Einschleusung von Söldnerbanden über die Türkei! Gegen die antisyrische Lügenpropaganda und psychologische Kriegsführung von Massenmedien und Politikern! Gegen die Dämonisierung und Delegitimierung der syrischen Regierung! Stopp der kriminellen Sanktionen und aller völkerrechtswidrigen Maßnahmen gegen Syrien!" Das waren Forderungen des Frankfurter Solidaritätskomitees für Syrien, eines neuen Bündnisses der Friedensbewegung, das zum Antikriegstag am 1. September nach Frankfurt mobilisiert hatte.
Auf dem Römerberg
Alle Fotos: arbeiterfotografie.com
Auf dem Römerberg
Auf dem Römerberg
Auf dem Römerberg
Vor der Alten Oper
Auf dem Römerberg
Auf dem Römerberg
Auf dem Römerberg
Luftballon-Aktion auf dem Römerberg
Vor der Alten Oper – im Hintergrund die Deutsche Bank
"Weltfriedenstag. Am Samstag folgten in Frankfurt am Main mehrere tausend Menschen einem Aufruf des Frankfurter Solidaritätskomitees für Syrien. Ein breites Bündnis aus Mitgliedern deutscher, syrischer und türkischer Gruppen zog durch die Frankfurter Innenstadt, um gegen die aggressive Einmischung von NATO-Staaten und arabischen Monarchien in Syrien zu demonstrieren. Trotz der Provokationen einer kleinen Gruppe von Gegnern des syrischen Präsidenten Baschar Al-Assad verlief die Demonstration friedlich. Mit Reden und Live-Musik fand eine fulminante Abschlusskundgebung auf dem Römerberg statt." Das meldete die junge Welt in ihrer Montagsausgabe.
Sebastian Bahlo, Referent für Internationale Solidarität des Deutschen Freidenkerverbandes, Sprecher des Solidaritätskomitees für Syrien und Moderator der Kundgebungen an der Alten Oper und auf dem Römerberg, machte deutlich, dass das, was in Syrien zur Zeit geschieht, kein Bürgerkrieg ist: „Es handelt sich... um einen Krieg ausländischer Mächte, letztlich der NATO, gegen Syrien. Das ist eigentlich kein Geheimwissen, aber für die Friedensbewegung kommt es darauf an, die richtigen Konsequenzen aus dieser Einsicht zu ziehen. Wenn Imperialisten Krieg gegen ein Land führen, muss man für das völkerrechtlich verbriefte Recht des angegriffenen Landes eintreten, sich zu verteidigen. Forderungen wie »Keine Waffenlieferungen in die Region« negieren dieses Recht... Daher lehnen wir jegliche wohlfeile Distanzierung von der syrischen Regierung, die wir folgerichtig auch nicht als »Regime« beschimpfen, strikt ab, und prangern stattdessen die Untaten der Aggressoren an.“
Salim Tas, Vorsitzender des Bundes der Alawitischen Jugend Deutschlands und wie Sebastian Bahlo Sprecher des Solidaritätskomitees für Syrien, äußerte sich über die Rolle der Medien: „Die meisten Redakteure der tonangebenden Medien scheinen bei Goebbels in die Lehre gegangen zu sein. Von Berichterstattung kann keine Rede sein. Recherche gibt es nicht. Das Ziel ist, den Medienkonsumenten den Glauben einzutrichtern, dass der Diktator Assad sein Volk unterdrückt, welches das Ausland um Hilfe anfleht. Dazu ist jedes Mittel recht, keine Quelle zu dubios, auch wenn sie sich schon mehrfach als unglaubwürdig erwiesen hat. Im Fernsehen werden Bilder gezeigt, deren Entstehung niemand kennt. In einigen Fällen konnte nachgewiesen werden, dass sie schon Jahre alt sind oder gar nicht aus Syrien stammen. Manchmal kann einfach beim besten Willen niemand genau sagen, was überhaupt zu sehen ist. Aber die Nachrichtensprecher und Korrespondenten erklären uns, was wir sehen sollen. Dass ich hier in Deutschland für die Verbreitung solcher Lügengeschichten über meine Heimat noch Rundfunkgebühren bezahlen muss, setzt dem Ganzen die Krone auf.“ Daraus ergibt sich für ihn: „Wir treten der von den meisten Medien verbreiteten Kriegspropaganda entgegen, die von einem »Volksaufstand« gegen den Präsidenten Baschar Al-Assad spricht. Wir wollen deutlich machen, dass das Wesen des Krieges derzeit in der Einschleusung ausländischer Terrorbanden nach Syrien besteht, mit dem Ziel, das Land zu destabilisieren und religiöse Auseinandersetzungen zu schüren...“
Zu den Rednern in Frankfurt gehörten Maher Ahmad, Vorstandsmitglied der Deutsch-Syrischen Gesellschaft, Ihsan Cibelek, Musiker der international bekannten türkischen Musikgruppe GRUP YORUM sowie von KÖLN SANAT ATÖLYESI, Enver Enli, Vorstandsmitglied der Föderation Demokratischer Arbeitervereine (DIDF), Betros Gharib vom Syrisch-Aramäischen Verein in Stuttgart als Vertreter der christlichen Minderheit in Syrien, und Klaus Hartmann, Bundesvorsitzender des Deutschen Freidenkerverbandes.
Im Rahmen der Abschlusskundgebung und des anspruchsvollen Kultur-Programms – mit Musik, Tanz und Literatur – traten die türkische Gruppe KÖLN SANAT ATÖLYESI und der Frankfurter Sänger und Liedermacher Ernst Schwarz auf. Und Hartmut Barth-Engelbart trug in Erinnerung an die imperialistischen Überfälle der Vergangenheit sein Gedicht „Nach Libyslawien ein jugosyrisches Kinder-Bombenfest-Gedicht“ vor. Hier ein Auszug:
Wir Kinder sind von einer Welt
von Nord, Ost, Süd und West
wir haben auch auf Dich gezählt
dass Du uns nicht verläßt
in Syrien sind wir zuhaus
egal in welchem Nest
von Terrorbanden massakriert
dann NATO-schulfrei bombardiert
so gebt ihr uns den Rest
so nehmt ihr uns den Rest
wir hätten gerne mitgekickt
auch mitgesungen beim Contest
gern mitgefeiert, -feuergewerkelt
bei jedem Freudenfest
Das Feuerwerk, das ihr jetzt schickt
soll uns, sagt ihr, befrein
Es nimmt uns Frieden, Arm und Bein
es schneidet uns die Kehlen durch
schlägt uns die Schädel ein
Wir schrein, so lang man uns noch läßt
und ihr?
Hört ihr uns nicht?
ihr schaltet ab
Herz, Kopf und Satelliten
und haltet euch die Ohren zu
Nein, nein, nicht ihr
nein, eure Herrn
Die haben uns die Stimmen abgeschnitten
und ihr, ihr wolltet euch
doch leider konntet ihr euch nicht
dagegen wehrn
wir glaubens gern
der Kreuzzug ist gewaltig stark
ihr haltet ihn nicht auf noch an
wie schon einmal die Bagdad-Bahn
die Reise nach Jerusalem geht nach Afghanistan
nach Tripolis im Libanon, und dann in den Iran
Zum Abschluss der Kundgebung auf dem Frankfurter Römerberg sprach der Freidenker-Bundesvorsitzende Klaus Hartmann: Es folgt seine komplette Rede:
Bürgerinnen und Bürger, liebe Freunde, Genossinnen und Genossen!
Wir demonstrieren heute, um für die Solidarität mit Syrien zu mobilisieren. Doch was Solidarität mit Syrien bedeutet, ist schon Vielen in diesem Land nicht klar. Manche meinen, Solidarität mit Syrien bedeutet: Die Unterstützung der Söldner und Terroristen, die seit Monaten in Syrien morden und versuchen, den Staat, die Republik Syrien zu zerstören. Nein – mit diesen Zerstörern Syriens sind wir nicht solidarisch!
Solidarität mit Syrien heißt für uns: Verteidigung der Integrität Syriens – gegen die Spaltungs- und Zerstörungsversuche entlang nationalen, religiösen und kulturellen Grenzen.
Solidarität mit Syrien heißt für uns: Nur die Menschen in Syrien dürfen über die weitere Entwicklung des Landes bestimmen. Nicht die USA, nicht die NATO, nicht die EU, nicht Saudi-Arabien, nicht die Türkei, nicht die Golf-Scheichs, nicht der zionistische Apartheid-Staat, nicht die Oberkommandieren der Neuen Weltordnung und nicht die bewaffneten Banditen, die von ihnen gedungen wurden.
Solidarität mit Syrien heißt für uns: Verteidigung der nationalen Souveränität Syriens, der Legitimität seiner politischen Institutionen, seines Präsidenten Baschar Al Assad und seiner bewaffneten Organe.
Solidarität mit Syrien heißt: Frieden, ein Ende des Blutvergießens, die Rückkehr aller Flüchtlinge, ein sicheres Leben für alle Bürger, Wiederaufbau, politische Beteiligung und gleiche Rechte für alle Bürger.
Als Freidenker unterstützen wir diese Demonstration und ihre Forderungen, weil sie aus unserer Sicht das Hauptanliegen ausdrücken: den Frieden und das Völkerrecht zu verteidigen.
Als Freidenker schon deshalb, weil dem Frieden und der Verteidigung des Völkerrechts in diesem Land große Hindernisse im Weg stehen: die Hetze gegen Länder, die sich nicht bedingungslos der Neuen Weltordnung unterwerfen. Die Verdrehung der Wahrheit und die Volksverdummung auf allen Kanälen.
Frei denken heißt mit dem eigenen Kopf zu denken. Sich frei zu machen von den Manipulatoren. Nur selbst geprüfte Fakten zu akzeptieren. Selbst zu denken und das für wahr Erkannte ohne Furcht und öffentlich zu vertreten.
Freidenker kommen historisch aus der Tradition der europäischen Aufklärungsbewegung. Damals mussten diese Ideale gegen religiöse Dogmen und kirchliche Bevormundung durchgesetzt werden.
Heute haben die Massenmedien noch größere Gewalt über das Denken der Untertanen errungen. Hitler brauchte noch einen „Volksempfänger“ für die Gleichschaltung der Deutschen, heute funktionieren Hunderte Zeitungen, Fernseh- und Radiokanäle wie gleichgeschaltet. Und das scheinbar ganz freiwillig.
Der klassische Begriff dafür wurde im Irakkrieg geprägt: Der eingebettete Journalismus. Journalisten im selben Bett mit den Kriegstreibern. Im Bett mit den Oberkommandierenden. Prostituierter Journalismus. Nicht Reporter ohne Grenzen, sondern Reporter ohne Schamgrenzen. Schreibtischtäter, Fernfuchtler nannte sie Peter Handke bei der NATO-Aggression gegen Jugoslawien, die Medien als vierte Waffengattung.
Wir werden wieder mit Bildern konfrontiert aus der Kategorie „als die Bilder lügen lernten“. Wie die Siegesfeier zur Einnahme der libyschen Hauptstadt Tripolis Wochen vorher in einem Filmstudio in Katar gedreht und um die Welt geschickt wurden, wird heute eine syrische Familie dank Photoshop in eine Trümmerlandschaft gebeamt oder eine Halle voller Leichen als Opfer der Syrischen Armee präsentiert, obwohl es sich um irakische Opfer des Krieges der USA und ihrer Koalition der Mordwilligen handelte.
Nachrichtensprecher von ARD und ZDF reden ungeniert von „der syrischen Opposition“ und zeigen gleichzeitig Bilder von um sich schießenden Banditen. Bei aller Unvergleichbarkeit der Zeit, der Umstände und der Motive stelle ich mir die Frage: Wie groß wäre der Aufschrei in Deutschland gewesen, wenn ausländische Sender seinerzeit die Rote Armee Fraktion RAF als „die deutsche Opposition“ bezeichnet hätten?
Umso verwunderlicher, wie wirkungslos kritische Stimmen bleiben, die sich vom Einheitsbrei abheben. Aufmerksame Leser können manchmal den berühmten Tropfen Wahrheit in einem Meer von Lügen entdecken.
Am 07.06.2012 berichtete die FAZ, dass das Massaker von Hula offenbar nicht unter Verantwortung der Truppen Assads, sondern von der so genannten Freien Syrischen Armee begangen wurde.
Am 08.03.2012 schreibt Peter Scholl Latour in der Frankfurter Rundschau, dass er „die Einseitigkeit im Westen nicht verstehe. Ist Saudi-Arabien denn ein demokratisches Regime? Ein Land, in dem jeden Freitag Köpfe abgeschlagen und Frauen gesteinigt werden – was in Syrien nicht passiert! Ähnliches gilt für andere Länder. Wer redet über die blutige Unterdrückung der Schiiten in Bahrain? Wer redet darüber, dass die Saudis die Freiheitsbewegung in Bahrain mit Panzern niedergewalzt haben? Kein Mensch! Diese Tugend-Attitüde gegenüber Syrien ist deshalb blanke Heuchelei.“
Auf die Frage des entgeisterten Interviewers „Wäre es denn besser, das Regime Assad bliebe an der Macht?“ antwortet Peter Scholl Latour: „Es ist zumindest das letzte säkulare System in der islamischen Welt. Da sollten sich nicht nur die Syrer überlegen, ob sie nach einem etwaigen Umsturz etwas Besseres bekämen. 70 Prozent der Syrer sind sunnitische Muslime, die sich seit langem gegen die Alleinherrschaft Assads auflehnen, der zur Minderheit der Alawiten gehört, einer bei den Muslimen verhassten und verketzerten Gemeinschaft. Trotzdem liegt ein Bürgerkrieg nicht im Interesse der meist recht gut situierten Sunniten. Und für die christliche Minderheit, sie macht zehn Prozent aus, wäre er die Katastrophe. Viele müssten fliehen. Es wundert mich schon, dass sich die Christen im Westen offenbar keinen Deut um das Schicksal ihrer syrischen Schwestern und Brüder scheren.“
Und zu den geopolitischen Zielen meint Scholl Latour: „Regionalstrategisch wollen die Saudis eine schiitische Achse vom Iran über die schiitisch dominierten Provinzen des Irak bis zur Hisbollah im Libanon zerschlagen – und dem Iran so den Zugang zum Mittelmeer abschneiden.“
Am 24.07.2012 schreibt Prof. Hans-Christof Kraus in der FAZ über die Notwendigkeit von Nachhilfe angesichts der „geopolitische Ahnungslosigkeit mancher deutscher Kommentatoren“. „Man kann nur staunen über das Ausmaß an fast schon sträflicher Naivität oder auch nur schlichter Ignoranz, das viele Beurteiler der Syrien-Krise an den Tag legen, vor allem, wenn es darum geht, die Hintergründe für das zähe Tauziehen im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen zwischen Amerika und den westlichen Mächten einerseits, Russland und China andererseits aufzuhellen. Folgt man der Darstellung des Konflikts in weiten Teilen der westlichen Welt, dann scheint es sich lediglich um die Frage zu handeln, ob es gelingt, die syrische Bevölkerung von einem blutigen Diktator zu befreien. Vor allem in Deutschland scheint die Unkenntnis, mit der diese Auseinandersetzung derzeit diskutiert wird, grenzenlos zu sein. Dabei geht es um vollkommen andere Probleme. Die Konfliktlinien verlaufen dort, wo sie von fast allen deutschen Beobachtern nicht einmal mehr wahrgenommen werden, und zwar vor allem deshalb, weil man in unserem Land verlernt hat, in weltpolitischen und geostrategischen Kategorien zu denken.“
Die erläutert Prof. Kraus unter Bezugnahme auf historische Konzepte. Russland bestehe auf einem Interventionsverbot westlicher Mächte im Mittleren Osten, weil es ein Voranschreiten seiner Einkreisung fürchtet. Damit steht er unserer Analyse nahe, in der wir das Ziel des Imperialismus erkennen, den Krieg näher an die Grenzen seiner Konkurrenten Russlands und Chinas zu tragen.
Zugleich warnen wir davor, dass ein Erfolg des Imperialismus im Nahen Osten sich sofort auch in eine Bedrohung der Verbündeten Syriens und Irans in Lateinamerika verwandeln wird – auch aus Solidarität mit Cuba, Venezuela, den ALBA-Staaten fordern wir die Einstellung jeder imperialistischen Einmischung im Nahen und Mittleren Osten.
Die wenigen kritischen Stimmen, die als Ausweis von Meinungsfreiheit gelten sollen, gehen aber gnadenlos unter im Geheul der Medienmeute. Ihnen folgen wieder Hunderte Beiträge, denen es angeblich um Menschenrechte geht, während sie zum Krieg hetzen.
Sie erfüllen ihren Auftrag, das Volk wieder kriegsverwendungsfähig zu machen. Im Bewusstsein der großen Mehrheit soll es sich wie eine Selbstverständlichkeit festsetzen, dass gegen den „Diktator Assad“ alles erlaubt ist, Krieg natürlich eingeschlossen.
In Deutschland werden wir seit Monaten mit einer besonders dreisten Lüge konfrontiert: Der Bundesinnenminister und die vereinigte Journaille heult auf, wenn Salafisten in den Städten bundesweit den Koran kostenlos verteilen. Der Inlandsgeheimdienst und die Polizei werden in Marsch gesetzt, um dieser großen Gefahr wehrhaft zu begegnen.
Aber kein Wort darüber, dass diese „gefährlichen Salafisten“ zu den besten Freunden des Bundesregierung werden, wenn sie – für den Sturz des syrischen Präsidenten Assad mit Waffengewalt kämpfen. Und keine Mainstreammedien machen auf diesen Widerspruch aufmerksam, stellen einen Zusammenhang zwischen diesen Vorgängen her, und niemandem scheint das aufzufallen.
Sind unsere Regierenden nun schizophren oder aber abgefeimte Lügner? Sind sie unzurechnungsfähig oder schlicht kriminell?
Einerseits wird der Bevölkerung mit dem „Feinbild Islam“ Angst gemacht, andererseits werden Islamisten als Stellvertreterkrieger und Bodentruppen der NATO angeheuert, wenn es um geostrategische Ziele und den Sturz ungehorsamer Regierungen geht: In Afghanistan gegen die Sowjetunion, in Jugoslawien gegen Milosevic, in Libyen gegen Gaddafi und jetzt wieder in Syrien.
Der Orwell‘sche Neusprech hat sich fest etabliert: Krieg wird Frieden genannt, Sklaverei Freiheit, und die verschworenen Feinde Syriens nennen sich „Freunde Syriens“.
Aus Erfahrung wissen wir, dass für die akute Kriegsauslösung ein Grund gebraucht wird, besser: ein Anlass inszeniert wird. Bei Hitlers Überfall auf Polen der angebliche Überfall auf den Sender Gleiwitz. Beim Überfall auf Vietnam der angebliche Tonkin-Zwischenfall, beim 6-Tage-Krieg der angeblich drohende Angriff der ägyptischen Luftwaffe. Bei der NATO-Aggression gegen Jugoslawien das angebliche Massaker von Racak, beim Überfall auf Afghanistan die angeblich von Terroristen gesteuerten zwei Flugzeuge, die drei Hochhäuser des WTC zum Einsturz gebracht haben sollen, beim Überfall auf den Irak die angeblichen Massenvernichtungswaffen Saddam Husseins, beim Libyen-Krieg die angebliche Bombardierung der Opposition. Alles erstunken und erlogen, aber wirkungsvoll.
Die Frage ist: Sind wir aus Erfahrung klüger geworden? Oder glauben wir ihnen auch die nächste Lüge? Heute rufen wir zur Wachsamkeit gegenüber den nächsten bevorstehenden Winkelzügen der falschen Freunde Syriens.
Bewährte Kriegsverbrecher wie das Obama-Regime und das Cameron-Regime, und ebenso der französische Präsident Sarkozy 2.0, also Francois Hollande, haben in den letzten Tagen vor einem Einsatz syrischer Massenvernichtungswaffen gewarnt. Besonders lustig: Obama hat auch davor gewarnt, sie könnten in die „falschen Hände“ fallen. Damit kann er doch nur seine eigenen Söldner aus der CIA-Datenbank Al Qaida gemeint haben.
Doch wir sollten diese Warnungen ernst nehmen, weil darin ein denkbares Szenario für eine neue Aktion unter falscher Flagge stecken könnte, eine Regieanweisung, wie eine imperialistische Invasion ausgelöst werden kann: Die Terrorbanden bringen Giftgas über die Grenzen Saudi-Arabiens und der Türkei, und setzen es in Syrien ein, die NATO macht den Diktator Assad verantwortlich für einen „Krieg gegen das eigene Volk“ und hat ihren gewünschten, selbst geschaffenen Vorwand für den direkten Kriegseintritt.
Den Kriegsgegnern, den Linken und den Friedensfreunden sage ich: „Schurkenstaaten“, „Achse des Bösen“. „Regime“, „Diktator“, „Machthaber“ sind Codewörter zur Dämonisierung der für den nächsten völkerrechtswidrigen Angriffskrieg ausersehenen Länder, für die das Völkerrecht nicht gelten soll, die für vogelfrei erklärt werden sollen. Es beginnt immer mit der Delegitimierung der legitimen politischen Institutionen dieser Länder, der Dämonisierung und Satanisierung ihrer politischen Führer, und speziell in Deutschland lässt man immer wieder Hitler auferstehen.
Slobodan Milosevic, Saddam Hussein, Muammar al Gaddafi müssen als Wiedergänger Hitlers vorgeführt werden, um dem dummen Volk auf die Sprünge zu helfen. Es war der Völkermörder Netanjahu, der Ahmadinedschad mit Hitler gleichsetzte, und Baschar al Assad als Hitler zu präsentieren, war jüngst das Privileg des türkischen Premiers Erdogan.
Alle echten Kriegsgegner sollten endlich verstehen: Es ist verheerend zu versuchen, sich einerseits gegen den Krieg zu wenden, und andererseits in die Dämonisierung der Staatschefs einzustimmen. Das läuft auf Verständnis für die Kriegstreiber hinaus: ‚Die Kriegsgründe teile ich oder kann sie zumindest verstehen, nur das Mittel, den Krieg lehne ich ab.‘
Deshalb gilt auch heute, was ich bereits 1999 angesichts der NATO-Bomben auf Jugoslawien sagte: Nein, wir distanzieren uns nicht von Milosevic, wir grüßen nicht vor diesem Geßler-Hut, den uns die NATO-Krieger hinstellen, wir beantragen nicht die Aufnahme in den Club der staatlich anerkannten Kriegsgegner.
Das gilt auch heute: unsere Gegnerschaft zu Krieg ist absolut – und unsere Solidarität mit den Angegriffenen und Bedrohten schließt die Verteidigung von Mahmud Ahmadinedschad und Baschar Al Assad gegen die Kriegshetzer ausdrücklich ein.
In diesem Sinne sagen wir: Schluss mit der Aggression gegen Syrien! Die Waffen nieder! Stoppt die Kriegstreiber! Stoppt die Aufrüstung Saudi-Arabiens, Katars und Israels! Deutschland raus aus der NATO! Hände weg vom Iran! Solidarität mit der Arabischen Republik Syrien! Lang lebe Präsident Baschar al Assad! Hoch die Internationale Solidarität! (PK)
Online-Flyer Nr. 370 vom 03.09.2012
Protest am Antikriegstag gegen den verdeckten Krieg gegen Syrien
Stoppt den Krieg! Hände weg von Syrien!
Von Anneliese Fikentscher und Andreas Neumann
"Stoppt den Krieg! Hände weg von Syrien! Gegen die Zerschlagung des Völkerrechts durch die imperialistischen Staaten! Solidarität mit Syrien! Schluss mit der Einmischung der NATO, keine Invasion Syriens! Gegen EU-Unterstützung bei der Ausrüstung und Einschleusung von Söldnerbanden über die Türkei! Gegen die antisyrische Lügenpropaganda und psychologische Kriegsführung von Massenmedien und Politikern! Gegen die Dämonisierung und Delegitimierung der syrischen Regierung! Stopp der kriminellen Sanktionen und aller völkerrechtswidrigen Maßnahmen gegen Syrien!" Das waren Forderungen des Frankfurter Solidaritätskomitees für Syrien, eines neuen Bündnisses der Friedensbewegung, das zum Antikriegstag am 1. September nach Frankfurt mobilisiert hatte.
Auf dem Römerberg
Alle Fotos: arbeiterfotografie.com
Auf dem Römerberg
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Vor der Alten Oper
Auf dem Römerberg
Auf dem Römerberg
Auf dem Römerberg
Luftballon-Aktion auf dem Römerberg
Vor der Alten Oper – im Hintergrund die Deutsche Bank
"Weltfriedenstag. Am Samstag folgten in Frankfurt am Main mehrere tausend Menschen einem Aufruf des Frankfurter Solidaritätskomitees für Syrien. Ein breites Bündnis aus Mitgliedern deutscher, syrischer und türkischer Gruppen zog durch die Frankfurter Innenstadt, um gegen die aggressive Einmischung von NATO-Staaten und arabischen Monarchien in Syrien zu demonstrieren. Trotz der Provokationen einer kleinen Gruppe von Gegnern des syrischen Präsidenten Baschar Al-Assad verlief die Demonstration friedlich. Mit Reden und Live-Musik fand eine fulminante Abschlusskundgebung auf dem Römerberg statt." Das meldete die junge Welt in ihrer Montagsausgabe.
Sebastian Bahlo, Referent für Internationale Solidarität des Deutschen Freidenkerverbandes, Sprecher des Solidaritätskomitees für Syrien und Moderator der Kundgebungen an der Alten Oper und auf dem Römerberg, machte deutlich, dass das, was in Syrien zur Zeit geschieht, kein Bürgerkrieg ist: „Es handelt sich... um einen Krieg ausländischer Mächte, letztlich der NATO, gegen Syrien. Das ist eigentlich kein Geheimwissen, aber für die Friedensbewegung kommt es darauf an, die richtigen Konsequenzen aus dieser Einsicht zu ziehen. Wenn Imperialisten Krieg gegen ein Land führen, muss man für das völkerrechtlich verbriefte Recht des angegriffenen Landes eintreten, sich zu verteidigen. Forderungen wie »Keine Waffenlieferungen in die Region« negieren dieses Recht... Daher lehnen wir jegliche wohlfeile Distanzierung von der syrischen Regierung, die wir folgerichtig auch nicht als »Regime« beschimpfen, strikt ab, und prangern stattdessen die Untaten der Aggressoren an.“
Salim Tas, Vorsitzender des Bundes der Alawitischen Jugend Deutschlands und wie Sebastian Bahlo Sprecher des Solidaritätskomitees für Syrien, äußerte sich über die Rolle der Medien: „Die meisten Redakteure der tonangebenden Medien scheinen bei Goebbels in die Lehre gegangen zu sein. Von Berichterstattung kann keine Rede sein. Recherche gibt es nicht. Das Ziel ist, den Medienkonsumenten den Glauben einzutrichtern, dass der Diktator Assad sein Volk unterdrückt, welches das Ausland um Hilfe anfleht. Dazu ist jedes Mittel recht, keine Quelle zu dubios, auch wenn sie sich schon mehrfach als unglaubwürdig erwiesen hat. Im Fernsehen werden Bilder gezeigt, deren Entstehung niemand kennt. In einigen Fällen konnte nachgewiesen werden, dass sie schon Jahre alt sind oder gar nicht aus Syrien stammen. Manchmal kann einfach beim besten Willen niemand genau sagen, was überhaupt zu sehen ist. Aber die Nachrichtensprecher und Korrespondenten erklären uns, was wir sehen sollen. Dass ich hier in Deutschland für die Verbreitung solcher Lügengeschichten über meine Heimat noch Rundfunkgebühren bezahlen muss, setzt dem Ganzen die Krone auf.“ Daraus ergibt sich für ihn: „Wir treten der von den meisten Medien verbreiteten Kriegspropaganda entgegen, die von einem »Volksaufstand« gegen den Präsidenten Baschar Al-Assad spricht. Wir wollen deutlich machen, dass das Wesen des Krieges derzeit in der Einschleusung ausländischer Terrorbanden nach Syrien besteht, mit dem Ziel, das Land zu destabilisieren und religiöse Auseinandersetzungen zu schüren...“
Zu den Rednern in Frankfurt gehörten Maher Ahmad, Vorstandsmitglied der Deutsch-Syrischen Gesellschaft, Ihsan Cibelek, Musiker der international bekannten türkischen Musikgruppe GRUP YORUM sowie von KÖLN SANAT ATÖLYESI, Enver Enli, Vorstandsmitglied der Föderation Demokratischer Arbeitervereine (DIDF), Betros Gharib vom Syrisch-Aramäischen Verein in Stuttgart als Vertreter der christlichen Minderheit in Syrien, und Klaus Hartmann, Bundesvorsitzender des Deutschen Freidenkerverbandes.
Im Rahmen der Abschlusskundgebung und des anspruchsvollen Kultur-Programms – mit Musik, Tanz und Literatur – traten die türkische Gruppe KÖLN SANAT ATÖLYESI und der Frankfurter Sänger und Liedermacher Ernst Schwarz auf. Und Hartmut Barth-Engelbart trug in Erinnerung an die imperialistischen Überfälle der Vergangenheit sein Gedicht „Nach Libyslawien ein jugosyrisches Kinder-Bombenfest-Gedicht“ vor. Hier ein Auszug:
Wir Kinder sind von einer Welt
von Nord, Ost, Süd und West
wir haben auch auf Dich gezählt
dass Du uns nicht verläßt
in Syrien sind wir zuhaus
egal in welchem Nest
von Terrorbanden massakriert
dann NATO-schulfrei bombardiert
so gebt ihr uns den Rest
so nehmt ihr uns den Rest
wir hätten gerne mitgekickt
auch mitgesungen beim Contest
gern mitgefeiert, -feuergewerkelt
bei jedem Freudenfest
Das Feuerwerk, das ihr jetzt schickt
soll uns, sagt ihr, befrein
Es nimmt uns Frieden, Arm und Bein
es schneidet uns die Kehlen durch
schlägt uns die Schädel ein
Wir schrein, so lang man uns noch läßt
und ihr?
Hört ihr uns nicht?
ihr schaltet ab
Herz, Kopf und Satelliten
und haltet euch die Ohren zu
Nein, nein, nicht ihr
nein, eure Herrn
Die haben uns die Stimmen abgeschnitten
und ihr, ihr wolltet euch
doch leider konntet ihr euch nicht
dagegen wehrn
wir glaubens gern
der Kreuzzug ist gewaltig stark
ihr haltet ihn nicht auf noch an
wie schon einmal die Bagdad-Bahn
die Reise nach Jerusalem geht nach Afghanistan
nach Tripolis im Libanon, und dann in den Iran
Zum Abschluss der Kundgebung auf dem Frankfurter Römerberg sprach der Freidenker-Bundesvorsitzende Klaus Hartmann: Es folgt seine komplette Rede:
Bürgerinnen und Bürger, liebe Freunde, Genossinnen und Genossen!
Wir demonstrieren heute, um für die Solidarität mit Syrien zu mobilisieren. Doch was Solidarität mit Syrien bedeutet, ist schon Vielen in diesem Land nicht klar. Manche meinen, Solidarität mit Syrien bedeutet: Die Unterstützung der Söldner und Terroristen, die seit Monaten in Syrien morden und versuchen, den Staat, die Republik Syrien zu zerstören. Nein – mit diesen Zerstörern Syriens sind wir nicht solidarisch!
Solidarität mit Syrien heißt für uns: Verteidigung der Integrität Syriens – gegen die Spaltungs- und Zerstörungsversuche entlang nationalen, religiösen und kulturellen Grenzen.
Solidarität mit Syrien heißt für uns: Nur die Menschen in Syrien dürfen über die weitere Entwicklung des Landes bestimmen. Nicht die USA, nicht die NATO, nicht die EU, nicht Saudi-Arabien, nicht die Türkei, nicht die Golf-Scheichs, nicht der zionistische Apartheid-Staat, nicht die Oberkommandieren der Neuen Weltordnung und nicht die bewaffneten Banditen, die von ihnen gedungen wurden.
Solidarität mit Syrien heißt für uns: Verteidigung der nationalen Souveränität Syriens, der Legitimität seiner politischen Institutionen, seines Präsidenten Baschar Al Assad und seiner bewaffneten Organe.
Solidarität mit Syrien heißt: Frieden, ein Ende des Blutvergießens, die Rückkehr aller Flüchtlinge, ein sicheres Leben für alle Bürger, Wiederaufbau, politische Beteiligung und gleiche Rechte für alle Bürger.
Als Freidenker unterstützen wir diese Demonstration und ihre Forderungen, weil sie aus unserer Sicht das Hauptanliegen ausdrücken: den Frieden und das Völkerrecht zu verteidigen.
Als Freidenker schon deshalb, weil dem Frieden und der Verteidigung des Völkerrechts in diesem Land große Hindernisse im Weg stehen: die Hetze gegen Länder, die sich nicht bedingungslos der Neuen Weltordnung unterwerfen. Die Verdrehung der Wahrheit und die Volksverdummung auf allen Kanälen.
Frei denken heißt mit dem eigenen Kopf zu denken. Sich frei zu machen von den Manipulatoren. Nur selbst geprüfte Fakten zu akzeptieren. Selbst zu denken und das für wahr Erkannte ohne Furcht und öffentlich zu vertreten.
Freidenker kommen historisch aus der Tradition der europäischen Aufklärungsbewegung. Damals mussten diese Ideale gegen religiöse Dogmen und kirchliche Bevormundung durchgesetzt werden.
Heute haben die Massenmedien noch größere Gewalt über das Denken der Untertanen errungen. Hitler brauchte noch einen „Volksempfänger“ für die Gleichschaltung der Deutschen, heute funktionieren Hunderte Zeitungen, Fernseh- und Radiokanäle wie gleichgeschaltet. Und das scheinbar ganz freiwillig.
Der klassische Begriff dafür wurde im Irakkrieg geprägt: Der eingebettete Journalismus. Journalisten im selben Bett mit den Kriegstreibern. Im Bett mit den Oberkommandierenden. Prostituierter Journalismus. Nicht Reporter ohne Grenzen, sondern Reporter ohne Schamgrenzen. Schreibtischtäter, Fernfuchtler nannte sie Peter Handke bei der NATO-Aggression gegen Jugoslawien, die Medien als vierte Waffengattung.
Wir werden wieder mit Bildern konfrontiert aus der Kategorie „als die Bilder lügen lernten“. Wie die Siegesfeier zur Einnahme der libyschen Hauptstadt Tripolis Wochen vorher in einem Filmstudio in Katar gedreht und um die Welt geschickt wurden, wird heute eine syrische Familie dank Photoshop in eine Trümmerlandschaft gebeamt oder eine Halle voller Leichen als Opfer der Syrischen Armee präsentiert, obwohl es sich um irakische Opfer des Krieges der USA und ihrer Koalition der Mordwilligen handelte.
Nachrichtensprecher von ARD und ZDF reden ungeniert von „der syrischen Opposition“ und zeigen gleichzeitig Bilder von um sich schießenden Banditen. Bei aller Unvergleichbarkeit der Zeit, der Umstände und der Motive stelle ich mir die Frage: Wie groß wäre der Aufschrei in Deutschland gewesen, wenn ausländische Sender seinerzeit die Rote Armee Fraktion RAF als „die deutsche Opposition“ bezeichnet hätten?
Umso verwunderlicher, wie wirkungslos kritische Stimmen bleiben, die sich vom Einheitsbrei abheben. Aufmerksame Leser können manchmal den berühmten Tropfen Wahrheit in einem Meer von Lügen entdecken.
Am 07.06.2012 berichtete die FAZ, dass das Massaker von Hula offenbar nicht unter Verantwortung der Truppen Assads, sondern von der so genannten Freien Syrischen Armee begangen wurde.
Am 08.03.2012 schreibt Peter Scholl Latour in der Frankfurter Rundschau, dass er „die Einseitigkeit im Westen nicht verstehe. Ist Saudi-Arabien denn ein demokratisches Regime? Ein Land, in dem jeden Freitag Köpfe abgeschlagen und Frauen gesteinigt werden – was in Syrien nicht passiert! Ähnliches gilt für andere Länder. Wer redet über die blutige Unterdrückung der Schiiten in Bahrain? Wer redet darüber, dass die Saudis die Freiheitsbewegung in Bahrain mit Panzern niedergewalzt haben? Kein Mensch! Diese Tugend-Attitüde gegenüber Syrien ist deshalb blanke Heuchelei.“
Auf die Frage des entgeisterten Interviewers „Wäre es denn besser, das Regime Assad bliebe an der Macht?“ antwortet Peter Scholl Latour: „Es ist zumindest das letzte säkulare System in der islamischen Welt. Da sollten sich nicht nur die Syrer überlegen, ob sie nach einem etwaigen Umsturz etwas Besseres bekämen. 70 Prozent der Syrer sind sunnitische Muslime, die sich seit langem gegen die Alleinherrschaft Assads auflehnen, der zur Minderheit der Alawiten gehört, einer bei den Muslimen verhassten und verketzerten Gemeinschaft. Trotzdem liegt ein Bürgerkrieg nicht im Interesse der meist recht gut situierten Sunniten. Und für die christliche Minderheit, sie macht zehn Prozent aus, wäre er die Katastrophe. Viele müssten fliehen. Es wundert mich schon, dass sich die Christen im Westen offenbar keinen Deut um das Schicksal ihrer syrischen Schwestern und Brüder scheren.“
Und zu den geopolitischen Zielen meint Scholl Latour: „Regionalstrategisch wollen die Saudis eine schiitische Achse vom Iran über die schiitisch dominierten Provinzen des Irak bis zur Hisbollah im Libanon zerschlagen – und dem Iran so den Zugang zum Mittelmeer abschneiden.“
Am 24.07.2012 schreibt Prof. Hans-Christof Kraus in der FAZ über die Notwendigkeit von Nachhilfe angesichts der „geopolitische Ahnungslosigkeit mancher deutscher Kommentatoren“. „Man kann nur staunen über das Ausmaß an fast schon sträflicher Naivität oder auch nur schlichter Ignoranz, das viele Beurteiler der Syrien-Krise an den Tag legen, vor allem, wenn es darum geht, die Hintergründe für das zähe Tauziehen im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen zwischen Amerika und den westlichen Mächten einerseits, Russland und China andererseits aufzuhellen. Folgt man der Darstellung des Konflikts in weiten Teilen der westlichen Welt, dann scheint es sich lediglich um die Frage zu handeln, ob es gelingt, die syrische Bevölkerung von einem blutigen Diktator zu befreien. Vor allem in Deutschland scheint die Unkenntnis, mit der diese Auseinandersetzung derzeit diskutiert wird, grenzenlos zu sein. Dabei geht es um vollkommen andere Probleme. Die Konfliktlinien verlaufen dort, wo sie von fast allen deutschen Beobachtern nicht einmal mehr wahrgenommen werden, und zwar vor allem deshalb, weil man in unserem Land verlernt hat, in weltpolitischen und geostrategischen Kategorien zu denken.“
Die erläutert Prof. Kraus unter Bezugnahme auf historische Konzepte. Russland bestehe auf einem Interventionsverbot westlicher Mächte im Mittleren Osten, weil es ein Voranschreiten seiner Einkreisung fürchtet. Damit steht er unserer Analyse nahe, in der wir das Ziel des Imperialismus erkennen, den Krieg näher an die Grenzen seiner Konkurrenten Russlands und Chinas zu tragen.
Zugleich warnen wir davor, dass ein Erfolg des Imperialismus im Nahen Osten sich sofort auch in eine Bedrohung der Verbündeten Syriens und Irans in Lateinamerika verwandeln wird – auch aus Solidarität mit Cuba, Venezuela, den ALBA-Staaten fordern wir die Einstellung jeder imperialistischen Einmischung im Nahen und Mittleren Osten.
Die wenigen kritischen Stimmen, die als Ausweis von Meinungsfreiheit gelten sollen, gehen aber gnadenlos unter im Geheul der Medienmeute. Ihnen folgen wieder Hunderte Beiträge, denen es angeblich um Menschenrechte geht, während sie zum Krieg hetzen.
Sie erfüllen ihren Auftrag, das Volk wieder kriegsverwendungsfähig zu machen. Im Bewusstsein der großen Mehrheit soll es sich wie eine Selbstverständlichkeit festsetzen, dass gegen den „Diktator Assad“ alles erlaubt ist, Krieg natürlich eingeschlossen.
In Deutschland werden wir seit Monaten mit einer besonders dreisten Lüge konfrontiert: Der Bundesinnenminister und die vereinigte Journaille heult auf, wenn Salafisten in den Städten bundesweit den Koran kostenlos verteilen. Der Inlandsgeheimdienst und die Polizei werden in Marsch gesetzt, um dieser großen Gefahr wehrhaft zu begegnen.
Aber kein Wort darüber, dass diese „gefährlichen Salafisten“ zu den besten Freunden des Bundesregierung werden, wenn sie – für den Sturz des syrischen Präsidenten Assad mit Waffengewalt kämpfen. Und keine Mainstreammedien machen auf diesen Widerspruch aufmerksam, stellen einen Zusammenhang zwischen diesen Vorgängen her, und niemandem scheint das aufzufallen.
Sind unsere Regierenden nun schizophren oder aber abgefeimte Lügner? Sind sie unzurechnungsfähig oder schlicht kriminell?
Einerseits wird der Bevölkerung mit dem „Feinbild Islam“ Angst gemacht, andererseits werden Islamisten als Stellvertreterkrieger und Bodentruppen der NATO angeheuert, wenn es um geostrategische Ziele und den Sturz ungehorsamer Regierungen geht: In Afghanistan gegen die Sowjetunion, in Jugoslawien gegen Milosevic, in Libyen gegen Gaddafi und jetzt wieder in Syrien.
Der Orwell‘sche Neusprech hat sich fest etabliert: Krieg wird Frieden genannt, Sklaverei Freiheit, und die verschworenen Feinde Syriens nennen sich „Freunde Syriens“.
Aus Erfahrung wissen wir, dass für die akute Kriegsauslösung ein Grund gebraucht wird, besser: ein Anlass inszeniert wird. Bei Hitlers Überfall auf Polen der angebliche Überfall auf den Sender Gleiwitz. Beim Überfall auf Vietnam der angebliche Tonkin-Zwischenfall, beim 6-Tage-Krieg der angeblich drohende Angriff der ägyptischen Luftwaffe. Bei der NATO-Aggression gegen Jugoslawien das angebliche Massaker von Racak, beim Überfall auf Afghanistan die angeblich von Terroristen gesteuerten zwei Flugzeuge, die drei Hochhäuser des WTC zum Einsturz gebracht haben sollen, beim Überfall auf den Irak die angeblichen Massenvernichtungswaffen Saddam Husseins, beim Libyen-Krieg die angebliche Bombardierung der Opposition. Alles erstunken und erlogen, aber wirkungsvoll.
Die Frage ist: Sind wir aus Erfahrung klüger geworden? Oder glauben wir ihnen auch die nächste Lüge? Heute rufen wir zur Wachsamkeit gegenüber den nächsten bevorstehenden Winkelzügen der falschen Freunde Syriens.
Bewährte Kriegsverbrecher wie das Obama-Regime und das Cameron-Regime, und ebenso der französische Präsident Sarkozy 2.0, also Francois Hollande, haben in den letzten Tagen vor einem Einsatz syrischer Massenvernichtungswaffen gewarnt. Besonders lustig: Obama hat auch davor gewarnt, sie könnten in die „falschen Hände“ fallen. Damit kann er doch nur seine eigenen Söldner aus der CIA-Datenbank Al Qaida gemeint haben.
Doch wir sollten diese Warnungen ernst nehmen, weil darin ein denkbares Szenario für eine neue Aktion unter falscher Flagge stecken könnte, eine Regieanweisung, wie eine imperialistische Invasion ausgelöst werden kann: Die Terrorbanden bringen Giftgas über die Grenzen Saudi-Arabiens und der Türkei, und setzen es in Syrien ein, die NATO macht den Diktator Assad verantwortlich für einen „Krieg gegen das eigene Volk“ und hat ihren gewünschten, selbst geschaffenen Vorwand für den direkten Kriegseintritt.
Den Kriegsgegnern, den Linken und den Friedensfreunden sage ich: „Schurkenstaaten“, „Achse des Bösen“. „Regime“, „Diktator“, „Machthaber“ sind Codewörter zur Dämonisierung der für den nächsten völkerrechtswidrigen Angriffskrieg ausersehenen Länder, für die das Völkerrecht nicht gelten soll, die für vogelfrei erklärt werden sollen. Es beginnt immer mit der Delegitimierung der legitimen politischen Institutionen dieser Länder, der Dämonisierung und Satanisierung ihrer politischen Führer, und speziell in Deutschland lässt man immer wieder Hitler auferstehen.
Slobodan Milosevic, Saddam Hussein, Muammar al Gaddafi müssen als Wiedergänger Hitlers vorgeführt werden, um dem dummen Volk auf die Sprünge zu helfen. Es war der Völkermörder Netanjahu, der Ahmadinedschad mit Hitler gleichsetzte, und Baschar al Assad als Hitler zu präsentieren, war jüngst das Privileg des türkischen Premiers Erdogan.
Alle echten Kriegsgegner sollten endlich verstehen: Es ist verheerend zu versuchen, sich einerseits gegen den Krieg zu wenden, und andererseits in die Dämonisierung der Staatschefs einzustimmen. Das läuft auf Verständnis für die Kriegstreiber hinaus: ‚Die Kriegsgründe teile ich oder kann sie zumindest verstehen, nur das Mittel, den Krieg lehne ich ab.‘
Deshalb gilt auch heute, was ich bereits 1999 angesichts der NATO-Bomben auf Jugoslawien sagte: Nein, wir distanzieren uns nicht von Milosevic, wir grüßen nicht vor diesem Geßler-Hut, den uns die NATO-Krieger hinstellen, wir beantragen nicht die Aufnahme in den Club der staatlich anerkannten Kriegsgegner.
Das gilt auch heute: unsere Gegnerschaft zu Krieg ist absolut – und unsere Solidarität mit den Angegriffenen und Bedrohten schließt die Verteidigung von Mahmud Ahmadinedschad und Baschar Al Assad gegen die Kriegshetzer ausdrücklich ein.
In diesem Sinne sagen wir: Schluss mit der Aggression gegen Syrien! Die Waffen nieder! Stoppt die Kriegstreiber! Stoppt die Aufrüstung Saudi-Arabiens, Katars und Israels! Deutschland raus aus der NATO! Hände weg vom Iran! Solidarität mit der Arabischen Republik Syrien! Lang lebe Präsident Baschar al Assad! Hoch die Internationale Solidarität! (PK)
Online-Flyer Nr. 370 vom 03.09.2012