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Lokales
Zeit für einen Wandel an der politischen Spitze unserer Stadt
Ursachen der Wohnungsnot in Köln
Von Rainer Kippe

Am 15. Oktober wird Michael Schleicher, der ehemalige Leiter des Kölner Wohnungsamtes, auf der "Ständigen Bürgervertretung" zu dem Thema: "Droht Wohnungsnot in Köln? Situation und Maßnahmen zur Abhilfe". Wie immer von 18 bis 18.30 Uhr vor dem Historischen Rathaus. Herr Schleicher will zur Wohnungsnot in Köln sprechen. Dass der Abriss des Barmer Viertels diese verschärft hat, wird er allerdings nicht erwähnen.
 

Mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet:
Michael Schleicher
Seit er nicht mehr im Amt ist, tourt der langjährige Leiter der Wohnungsversor-gungsbetriebe Köln, Michael Schleicher durch die Institutionen und beklagt den Mangel an preiswertem Wohnraum in Köln. Das, was er erzählt, offenbart einen Skandal: Obwohl Boden und Geld im Überfluss vorhanden sind (der Zinssatz für Immobilien bewegt sich auf dem historischen Tiefsstand von 2,5%) wird in Köln nicht gebaut - jedenfalls nicht die Sozialwohnungen, auf welche inzwischen die Hälfte der Kölner Haushalte einen Anspruch hat.
 
Der angebliche Grund: Der vielgerühmte Privatinvestor baut angesichts der niedrigen Zinsen lieber frei. Niemand könnte nun die Stadt darin hindern, die dringend benötigten Wohnungen durch eine städtische Gesellschaft, z.B. die GAG, in ausreichendem Maße errichten zu lassen, oder eine dafür spezialisierte Gesellschaft wie früher die Grund und Boden (GruBo) damit zu
beauftragen. Dann entstünden Wohnungen, die den Marktgesetzen dauerhaft entzogen wären.
Dass dies unter einer rot-grünen Koalition nicht geschieht, zeigt, wie sich die Akteure um Michael Zimmerman SPD und Jörg Frank DIE GRÜNEN längst in die Scheinwelt der Marktradikalen verabschiedet haben. Zeit für einen Wandel an der politischen Spitze unserer Stadt.

Fakten zu diesem Kommentar kann man der folgenden Mitteilung von "Köln kann auch anders" entnehmen:
 
Aktuelle Situation und Entwicklung
 
Der Bestand an preisgünstigen geförderten Mietwohnungen reduziert sich infolge des Auslaufens von Mietpreis- und Belegungsbindungen in ganz erheblichen Umfang. Im Jahr 1990 standen den wohnberechtigten Haushalten noch 105.000 solcher Wohnungen zur Verfügung. Dies entsprach einem Anteil von 22 % am Gesamtwohnungsbestand von 473.000 Wohnungen. Der Bestand an geförderten Mietwohnungen ist zum 31.12.2010 um 62.640 Wohnungen auf 42.360 Wohnungen abgesunken, was einem Anteil von nur noch 7,85 % am Gesamtwohnungsbestand von rund 539.000 entspricht. Allein durch den planmäßigen Bindungsauslauf wird sich diese Bestandsminderung fortsetzten. Die herrschende Fachmeinung fordert zur Versorgungssicherheit im Rahmen der Daseinsvorsorge einen Anteil von mindestens 10 %.
 
Alleine um den derzeitigen Minimalanteil von 7,85 % zu halten, wäre eine jährlich Neuschaffung von 1.350 Wohnungen erforderlich. Der Rat der Stadt Köln hat daher im Februar 2010 das von der Verwaltung vorgelegte Handlungskonzept „Preiswerter Wohnungsbau“ beschlossen, dass eine nach realistischer Einschätzung erreichbare Zielzahl von jährlich 1.000 neuen preisgünstigen geförderten Mietwohnungen vorsieht. Das Erreichen der Zielzahl soll ein umfangreicher Maßnahmenkatalog gewährleisten.
 
Nach Erhebungen des Amtes für Stadtentwicklung und Statistik hätten derzeit rechnerisch etwa 50 % der Kölner Haushalte Anspruch auf eine geförderte Mietwohnung. Eine Analyse des Instituts für Wirtschaftsforschung bestätigt, dass vor allem die Beschäftigten in den unteren und mittleren Einkommensgruppen reale Einbußen hinnehmen mussten. Schon durchschnittliche Verdiener müssen für die Wohnkosten einer normalen Wohnung einen unverhältnismäßig hohen Anteil ihres Einkommens einsetzen. Für die rechnerisch 268.000 Haushalte Kölns mit Zugangsberechtigung zum geförderten Wohnungsbau würde die Kaltmiete 5,10 EUR je qm Wohnfläche betragen. Der noch vertretbare Anteil der Kaltmiete (ohne die beträchtlichen weiteren Wohnkosten) am Nettoeinkommen läge dann bereits bei 35%. Alles, darüber hinausgehende mindert die Kaufkraft.
 
Viele Haushalte können bereits jetzt aufgrund des zu hohen Anteils der Wohnkosten nur noch einen Mindestkonsumbedarf decken. Die sich abzeichnende Konzentration solcher Haushalte in einigen unbeliebten problembelasteten Quartieren mit geringer Wohnqualität führt zur sozialen Segregation mit all ihren negativen Folgen. Im Gegensatz zu dieser Entwicklung nähert sich im angespannten freifinanzierten Marktsegment die zu zahlende Kaltmiete dem Betrag von 10 EUR je qm Wohnfläche.
 
Der Ratsbeschluss wurde unter der Prämisse gefasst, dass das Land der Stadt weiterhin Mittel zur Förderung von 1.000 Mietwohnungen zur Verfügung stellt. Das Land hat den Ansatz für die Wohnraumförderung in NRW von der zeitweisen Überschreitung auf bis zu 1 Mrd. EUR nicht weiter fortgesetzt, sondern diesen Ansatz ab 2011 wieder auf 800 Mio. EUR zurückgeführt. Hiervon entfallen, wie in den Vorjahren, 400 Mio. EUR auf die Förderung der Neuschaffung von Mietwohnungen.
 
Trotz großzügiger Berücksichtigung der Kölner Interessen durch das Ministerium ist davon auszugehen, dass dauerhaft nur Mittel für 650 Wohnungen bereitgestellt werden können. Bereits im Jahr 2010 konnten dadurch nur noch 642 Wohnungen gefördert werden, dem gegenüber standen konkrete Antragsankündigungen für 1.238 Wohnungen sowie Planungen für weitere 914 Wohnungen. Für die Jahre 2011 und 2012 könnten nach den derzeit mit Investoren geführten Gesprächen knapp 2.000 Wohnungen im preiswerten Segment neu geschaffen werden. Die Zielzahl von 1.000 Wohnungen wäre also mit entsprechenden Fördermitteln sicherzustellen.
 
Wiedereinstieg in die kommunale Wohnraumförderung
 
Die im ersten Teil dargestellten Fakten führen konsequenterweise zu dem Schluss, dass ohne das Wiederaufleben einer städtischen Förderung die Zielzahl von 1.000 Mietwohnungen jährlich nicht mehr erreicht werden kann. Die zur Förderung von jährlich 1.000 Wohnungen erforderlichen Mittel von 100 Mio. EUR werden mit einem Anteil von 65 Mio. EUR vom Land getragen. Die Differenz müsste von der Stadt als Darlehen und zu den Konditionen der Landesmittel bereitgestellt werden. Diese Darlehensbedingungen sehen vor: 0,5 % Zinsen, 1 % Tilgung und 0,5 % laufender Verwaltungskostenbeitrag; hinzu kommt ein einmaliger Verwaltungskostenbeitrag von 0,4 % der Fördersumme.
 
Durch die Bewilligung dieser verzinslichen Darlehen entstehen Einnahmen (analog der Gebühr des Landes in Höhe von 0,4 % der Bewilligungssumme) von 140.000,00 EUR jährlich. Da die Darlehensauszahlung mit 99,6 % erfolgt, verbleiben weitere 140.000 EUR bei der Stadt. Bei einem unterstellten Zinssatz von 3,65% und 10-jähriger Laufzeit entstehen der Stadt für die Aufnahme von 35 Mio. EUR Zinsen in Höhe von 1.277.500,00 EUR sowie 1 % Tilgung in Höhe von 350.000,00 EUR, insgesamt 1.627.500 EUR Aufwendungen jährlich.
 
Dieser Betrag wird jedoch ab dem 3. Jahr nach der Bewilligung der Mittel durch die Einnahme von Zinsen, Tilgung sowie des laufenden Verwaltungskostenbeitrages um 700.000 EUR reduziert, so dass die tatsächlichen jährlichen Kosten 927.500 EUR betragen. Analog den derzeit geltenden Finanzierungsbestimmungen des Landes würde das städtische Darlehen nach Ablauf der vereinbarten Mietpreis- und Belegungsbindung (15 oder 20 Jahre) mit 6 % jährlich verzinst. Alternativ könnte der Darlehnsnehmer den Kapitalrestbetrag an die Stadt zurückzahlen.
 
Fördergelder im Wohnungsbau lösen nach Berechnungen des Gesamtverbandes der Wohnungswirtschaft ein Investitionsvolumen von 1 : 8 aus; bei Fördermitteln von 35 Mio. EUR wären diese 280 Mio. EUR. So löst der städtische Mitteleinsatz etwa Mehreinnahmen bei der Gewerbesteuer auf Dauer aus und trägt auch zum Erhalt und zur Schaffung von Arbeitsplätzen, z.B. in der Bauindustrie, bei. Ein nicht unbedeutender zusätzlicher Faktor ist, dass die Mietpreisentwicklung verlangsamt wird.
 
Die mit Köln vergleichbaren Städte München und Hamburg haben eigene kommunale Förderprogramme aufgelegt und erklären, das dies für einen ausgeglichenen Wohnungsmarkt unverzichtbar ist. Die Stadt München setzte jährlich 37 Mio. EUR ausschließlich für den Neubau von öffentlich geförderten Mietwohnungen ein und hat außerdem noch weitere wohnungspolitische Programme entwickelt. Die Stadt Hamburg setzt für die gleichen Zwecke 122 Mio. EUR jährlich ein (in Frankfurt am Main sind dies jährlich 30 Mio. EUR und in Stuttgart 12 Mio. EUR). (PK)
 
Mehr Informationen bei
www.koelnkannauchanders.de/content/pdf/Wohnungsnot.pdf


Online-Flyer Nr. 375  vom 10.10.2012



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