NRhZ-Online - Neue Rheinische Zeitung - Logo
SUCHE
Suchergebnis anzeigen!
RESSORTS
SERVICE
Unabhängige Nachrichten, Berichte & Meinungen
Aktueller Online-Flyer vom 24. November 2024  

Fenster schließen

Kommentar
Kommentar vom "Hochblauen"
Eine schöne Bescherung!
Von Evelyn Hecht-Galinski

Wen täuscht das israelische Regime der Camouflage und Ablenkung noch mit seiner Propaganda? Hat es nicht der israelische Ministerpräsident, der Führer der rassistisch/faschistischen Regierung ganz deutlich gesagt? "Die Hauptstadt des jüdischen Volkes ist seit dreitausend Jahren Jerusalem. Die Klagemauer ist kein besetztes Gebiet und es ist mir egal, was die UNO sagen wird". Der Siedlungsbau im Westjordanland und in Ostjerusalem, wo auch die Klagemauer liegt, werde fortgesetzt. Zitat-Ende!

Reuven Rivlin, Politiker des Likud-Blocks, wurde 2009 zum zweiten Mal zum Präsidenten der Knesset gewählt.
Quelle: wikipedia
 
Netanjahu betrachtet also den Bau von Wohnungen, auch im besetzten und annektierten Ostjerusalem als rechtens und nichts scheint ihn, wie übrigens auch andere israelische Regierungen vorher davon abzuhalten. Der Vorsitzende der Knesset, des israelischen Parlaments, Reuven Rivlin, untermauert diesen Standpunkt noch, indem er bekräftigt, dass Jerusalem niemals verhandelbar sei, also auch bei sogenannten Friedensgesprächen kein Thema sein würde. Rivlin unterstreicht, dass die Bebauung der E1 Zone zwischen (dem besetzten) Ostjerusalem und der (illegalen) Siedlung Ma`ale Adumim auf dem legitimen Recht des Staates Israel auf das für immer ungeteilte Jerusalem beruhe. Dies behauptet er auch in einem Brief an europäische Kollegen.
 
Munter kündigt man fast täglich neue Schritte zur Drangsalisierung der Palästinenser an. Sechstausendsechshundert neue Wohnungen im annektierten Ostjerusalem, Eintausendfünfhundert neue Wohnungen in der neuen Siedlung Ramat Schlomo, ebenfalls im annektierten Ostjerusalem. Schlag auf Schlag, Auge um Auge, Zahn um Zahn geht es weiter. Neue Bauvorhaben, Givat Hamatos, das die Lücke zwischen den illegalen Siedlungen Gilo und Har Homa im Süden von Jerusalem schließen wird und dann einen bebauten Riegel zwischen die palästinensischen Viertel Sur Baher und Beit Safafa und Bethlehem schieben wird. Viertausend Wohneinheiten von Givat Hamatos kommen noch hinzu, ebenso eintausend zusätzliche Wohneinheiten für Gilo, so dass Bethlehem von Jerusalem praktisch isoliert wird.
 
Interessanterweise wird dieser Siedlungsbau von der sogenannten Opposition nur kritisiert, weil er "nationalen" Interessen schade! Im Grunde ist man sich wie immer einig im Wahlkampf und in der Politik gegenüber den Palästinensern: der jüdische Staat, der Apartheidstaat Israel muss ganz jüdisch bleiben und Ziel ist die Annektion der besetzten Gebiete. Man muss nur ständig die Daumenschrauben anziehen und die Weltgemeinschaft reizen, schließlich weiß man ja nur zu genau, dass die Kritik ohne wirkliche Konsequenzen bleibt. Es wirkt ja sehr schön, wenn vierzehn, von fünfzehn Staaten im UNO Sicherheitsrat, auch Deutschland, die Siedlungspolitik verurteilen und die Siedlungen als illegal bezeichnen, aber was leiten sich daraus für Konsequenzen für den jüdischen Staat ab? Auch die US-Regierung sieht die neuen Ankündigungen als Provokation an, legt aber sofort ihr Veto ein, wenn es eine Resolution gegen diese israelische Politik in der UNO gibt.
 
Die traurige Wirklichkeit ist, dass sich Minister Danny Ajalon mit dem EU-Sondergesandten für den Friedensprozess im Nahen Osten (ein Titel wie Satire) Andreas Reinecke trifft, um die "strategischen, politischen, kulturellen und wichtigen wirtschaftlichen Israelisch-europäischen Beziehungen" zu intensivieren. Wie meinte Ajalon in der Jerusalem Post: "Deshalb sollten wir einen intensiven, aber nicht öffentlichen Dialog führen, Israel wird sich weiterhin für eine stille Diplomatie einsetzen. Es gibt mehr Gemeinsamkeiten, als Unterschiede". Was soll man dazu noch sagen?
 
Dazu passt, dass die SPD, die noch vor kurzem wegen Gabriels Äußerungen zu Hebron oder SPD-Kontakten zur Fatah von Zentralrats-Präsident Graumann (Dieter mir graut vor Dir) scharf gerügt wurde, nun "umdenkt". Zuerst konnte man Andrea Nahles im zionistischen Blauhemdchen bewundern, aber jetzt kommt die unglaubliche Steigerung: Als Weihnachtswunder sieht die SPD den Wald vor Bäumen nicht mehr! Tatsächlich will man dem jüdischen Staat, der am 16. April 2013 seinen 65. Geburtstag feiert, einen "Wald der SPD" schenken. Steinmeier, der Vorsitzende der SPD- Bundestagsfraktion pflanzte schon den ersten Baum in Israel!(1) Die SPD bittet doch allen Ernstes die Mitglieder als Zeichen der Verbundenheit für diesen Wald zu spenden! Aktion Baum statt Krawatte! Prominente SPD Mitglieder, wie Stephan J. Kramer, Generalsekretär des Zentralrats der Juden in Deutschland, Olaf Scholz und Andra Nahles unterstützen dieses Projekt. Auch der Kanzlerkandidat der SPD, Peer Steinbrück ist dabei, mit folgenden Worten: "Ich unterstütze die Aktion "Wald der SPD" aus bleibender Mitverantwortung für das Wohlergehen des Staates Israel, aus Verbundenheit mit seinen Menschen und um der Negev-Wüste grüne Seiten abzutrotzen".
 
Da frage ich mich wirklich, ist ein Kanzlerkandidat eigentlich wählbar, der von Außenpolitik so wenig Ahnung hat? Weiß er, ebenso wie die SPD nicht, dass Spendenaufrufe dieser Art die Vertreibungs- und Annexionspolitik dieses jüdischen Staates zementieren? Diese Spenden für Kolonialismus und Apartheid sind ein Verbrechen! Die Grünwaschung und Enteignung in Palästina durch den Jüdischen Nationalfonds (JNF/KKL) darf nicht unterstützt werden. Das Schönreden dieser Organisationen muss ein Ende haben! Wird hierdurch nicht die ethnische Säuberung des jüdischen Staates gegenüber den Palästinensern legitimiert?
 
Die blaue KKL-Büchse, die in fast allen jüdischen Organisationen stand, als Sinnbild der "guten Aufforstung", ist sie nicht in Wirklichkeit die Büchse der Pandora? Es erschreckt mich sehr, wenn ich als ehemaliges SPD- Mitglied, (durch Willy Brandt) aber ausgetreten nach verschiedenen Vorkommnissen, die mir die Augen öffneten für die Sensibilisierung der Parteienlandschaft, sehen muss, wie sich die SPD immer mehr in die Einseitigkeit und gegen die Gerechtigkeit verwandelt hat. An der Wahlurne wird uns Bürgern die Entscheidung immer schwerer gemacht. Alles strebt zur überbesetzten Mitte und wird damit immer mittelmäßiger!
 
Dieses Weihnachten hat eine "schöne Bescherung" für die meisten Palästinenser bereitgehalten, Zehntausend Palästinenser befinden sich auf der Flucht wegen des entfachten Bürgerkriegs in Syrien. Abbas bot ihnen Unterschlupf im Westjordanland an, aber dieser "König ohne Reich", dieser machtlose Statthalter von Israels Gnaden, hat die Rechnung ohne den Wirt gemacht! Denkt er eigentlich, dass der jüdische Staat die Mauer öffnet, um Palästinenser zurückkehren zu lassen?
 
Weihnachten 2012 wurde dunkel dank westlicher "Hilfe", in Syrien und anderen "befreiten" Staaten wie dem Irak. Der Westen schafft durch diese Politik immer mehr Flüchtlinge und wundert sich, wenn diese aufbegehren. Schön, wenn man Entwicklungshilfe-Minister Niebel im Flüchtlingslager im Libanon sieht, wenn er sich mit kleinen Flüchtlingskindern mit Nikolaus-Mützen fotografieren läßt und seine Hilfe anbietet! Mir scheint, hier haben wir wieder die "Kreuzzug"-Politik der christlichen Leitkultur, die sich natürlich speziell für die christlichen Flüchtlinge einsetzt. War Niebel schon vorher in den palästinensischen Flüchtlingslagern im Libanon, als dort "nur" die muslimischen, von der ethnischen Säuberung des israelischen Regimes betroffenen Flüchtlinge waren und das schon seit Jahrzehnten? Ich war dort und habe das unbeschreibliche Elend gesehen, das die traurige und grausige Konsequenz der Nakba ist!
 
Fazit Weihnachten 2012 ist ein trauriger Höhepunkt der Annexion und Besatzungspolitik des Apartheid/Checkpoint-Systems des jüdischen Staates! Die illegalen Siedlungen werden immer mehr, die illegale Mauer zieht sich immer tiefer durch palästinensisches Land, das Passierschein-Regime verlangt von Palästinensern, die nicht in Jerusalem leben, einen Sicherheitspassierschein, um von der einen auf die andere Seite zu kommen. Das schließt ALLE ein, auch christliche und muslimische Autoritäten, Frauen, Kinder und Alte. Man verlangt von Palästinensern aus Bethlehem, dass sie einen Antrag auf Ausstellung eines Passierscheins zu stellen haben, um nach Ostjerusalem einreisen zu dürfen, das ist eine Demütigung und Schikane, um die völkerrechtswidrige und illegale Annexion von Ostjerusalem zu untermauern! Das ist die hässliche Fratze der Besatzungsmacht.
 
Was ist mit Gaza? Wer spricht von Gaza, außer wenn die Hamas mal wieder als Terrororganisation verteufelt wird, oder wenn das israelische Regime wieder einen "biblisch-blumigen" Angriff gegen Gaza startet und mordet und zerstört.
 
Eine schöne Bescherung, dieses Weihnachtsfest 2012! Was würde Jesus wohl dazu sagen? (PK)
 
(1) http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=18542
 
 
Evelyn Hecht-Galinski ist Publizistin und Tochter des 1992 verstorbenen Vorsitzenden des Zentralrats der Juden in Deutschland, Heinz Galinski. Ihre Kommentare für die NRhZ schreibt sie regelmäßig vom "Hochblauen", ihrem 1186 m hohen "Hausberg" im Badischen.      
 
Links:
 
http://www.haaretz.com/news/diplomacy-defense/netanyahu-israel-is-preparing-for-dramatic-changes-in-syria-1.489415
http://palaestinakomitee-stuttgart.de/pdfs/brief_an_umweltschuetzer.pdf
http://www.spd.de/partei/82714/20121130_baum_statt_krawatte.html
http://www.keren-hayesod.de/
http://www.juedische-allgemeine.de/article/view/id/14791
 


Online-Flyer Nr. 386  vom 26.12.2012



Startseite           nach oben