SUCHE
Unabhängige Nachrichten, Berichte & Meinungen
Glossen
Der von Rösler vorgeschlagene Karneval für die Entstaatlichung
PRIVATÄTERÄ TÄTERÄ TÄTERÄ!
Von Ulrich Gellermann
Im Rheinland nennt man so einen wie den Rösler einen Tünnes. Das ist jemand, der völlig unernst vor sich hin quatscht, ohne jede Verantwortung und Perspektive Vorschläge macht und seine eigene rote Nase für eine wegweisende Laterne hält. Ein Tünnes also. Aber nehmen wir den Tünnes Rösler einmal ernst, aus pädagogischen Gründen. Nicht weil Rösler lernfähig wäre. Aber vielleicht glaubt dieser oder jener doch, dass Privat mehr kann als Staat, dass man Staatsbetriebe wie die Deutsche Bahn oder die Flugsicherung privatisieren solle, weil das Geld in die Staatskassen bringt und diese Betriebe dann herrlichen Zeiten entgegensehen würden. Deshalb, zum Jahreswechsel, ein kleiner Rückblick auf die privaten Erfolgsbilanzen.
Selbst schwerste Liberal-Amnesie kann kaum vergessen machen, dass die höchst privaten europäischen Banken die Staatengemeinschaft seit 2008 jede Menge Geld kosten und weitere Milliarden kosten werden. Angesichts der Finanzkrise darf man feststellen, was Privat besser kann: Zocken und Verzocken, sich aus jeder Verantwortung schleichen und riesige Gehälter für monströse Fehler einstecken. Eine Leistung, die volkswirtschaftlich nur dem Betrüger als nützlich erscheint. Noch muss die Deutsche Bank nicht aus ihren jüngsten Skandalen gerettet werden - die Rettung der Banken ist allen Wirtschafts-Waisen, von Merkel über Steinbrück bis Trittin, weiterhin das heilige Finanzdogma - aber die private Commerzbank sitzt immer noch auf staatlichem Rettungsgeld und ihre Aktie sackt munter weiter runter. Ein Verkauf à la Rösler wurde das dort investierte Steuergeld auf immer verschwinden lassen. Dass der Kurs der Telekom-Aktie nach der Rösler Ausverkaufsankündigung ebenfalls in den Keller ging, versteht sich: Was schreiend auf dem Markt angepriesen wird, gilt als billig. Der sogenannte Wirtschaftsminister hat mit seiner Privatisierungsforderung also erstmal den Wert des Staatsbetriebes gesenkt.
Online-Flyer Nr. 387 vom 02.01.2013
Der von Rösler vorgeschlagene Karneval für die Entstaatlichung
PRIVATÄTERÄ TÄTERÄ TÄTERÄ!
Von Ulrich Gellermann
Im Rheinland nennt man so einen wie den Rösler einen Tünnes. Das ist jemand, der völlig unernst vor sich hin quatscht, ohne jede Verantwortung und Perspektive Vorschläge macht und seine eigene rote Nase für eine wegweisende Laterne hält. Ein Tünnes also. Aber nehmen wir den Tünnes Rösler einmal ernst, aus pädagogischen Gründen. Nicht weil Rösler lernfähig wäre. Aber vielleicht glaubt dieser oder jener doch, dass Privat mehr kann als Staat, dass man Staatsbetriebe wie die Deutsche Bahn oder die Flugsicherung privatisieren solle, weil das Geld in die Staatskassen bringt und diese Betriebe dann herrlichen Zeiten entgegensehen würden. Deshalb, zum Jahreswechsel, ein kleiner Rückblick auf die privaten Erfolgsbilanzen.
Den Traum, die Deutsche Bahn zu privatisieren, träumten einst auch Sozialdemokraten und Grüne in der Schröder-Fischer-Zeit. Ihr kleiner König Mehdorn sollte den Börsengang vorbereiten und das Meisterstück der Marktfähigkeit abliefern. Obwohl die britischen Eisenbahnen durch die Privatisierung ins technische und volkswirtschaftliche Elend getrieben worden waren, übernahm auch die CDU-SPD-Koalition den Albtraum, um ihn dann erst in der Bankenkrise abzusagen. An den Mehdorn-Folgen leidet heute immer noch die Berliner S-Bahn: Zur Aufbesserung der Bahn-Bilanz wurden die notwendigen Reparaturen auf jenes Minimum gesenkt, das der S-Bahn heute mehr Ausfälle als zu ihren DDR-Zeiten beschert. Pikanterweise leitet Mehdorn heute mit Air Berlin einen der Konzerne, die sich am Dogma des "nur-größer-ist besser" verschluckt haben: Nach der fremd finanzierten Übernahme der Deutschen British Airways, der LTU und der Schweizer Belair AG geriet die höchst private Air Berlin derart ins ökonomische Trudeln, dass eine Bruchlandung bis heute nicht auszuschließen ist.
Privat kann es einfach besser, wird auch der General Motors Autokonzern sagen. Der vernichtet mit der Schließung des Opel-Werks in Bochum aus purer Willkür ein paar Tausend Arbeitsplätze, weil er Opel nicht auf dem asiatischen Markt verkaufen lässt. In der deutschen Arbeitsplatzvernichtung ließ sich im abgelaufenen Jahr Anton Schlecker nicht übertreffen. Er gilt auch als Meister der Vermögensverschleierung: Seine privaten Milliarden sind einfach mal weg. Das deutsche Musterunternehmen Siemens kann notwendige Eisenbahn-Züge nicht pünktlich liefern, sein Börsengang der Firmen-Tochter Osram fiel ins Wasser, und der Zu-Kauf des Solarunternehmens Solel wird schnell wieder zum Ver-Kauf: Verluste sind sicher. Spitzenkönner des Milliardenverbuddelns, nächst den Banken, war 2012 Thyssen-Krupp. Das Unternehmen hat jede Menge Geld bei Fehlkäufen in Brasilien und den Vereinigten Staaten in den Sand gesetzt. Macht nix, sagen sich die Thyssen-Krupp-Bosse. Wir haben ja noch das prima Kartell für Schienen und Weichen, das der Deutschen Bahn diese Produkte überteuert verkauft. Solange die Bahn staatlich bleibt, werden unsere Verluste vom Staat ausgeglichen: So geht Privat.
Nun wird der kundige Verteidiger der Entstaatlichung zwei unendliche staatliche Baustellen in die Debatte werfen: Den neuen Flughafen in Berlin-Brandenburg, der jeden Tag älter aussieht und die Elbphilharmonie in Hamburg, von der man seit Jahren keinen einzigen Ton hört. Auch die staatlich organisierte Menschen- und Werte-Verschleuderung durch Kriege ist des Nachdenkens wert. Zu den Kriegen weiß man, dass sie privaten Interessen dienen: Von der Öl- bis zur Waffen-Industrie, der Krieg ist für manche ein gutes Geschäft. Auch an den genannten Baustellen wird privat nicht schlecht verdient. Wer seinen Staat machen lässt was er will, wer den Besitz am Staat den Lobbyisten und ihren Brüdern und Schwestern in Parlament und Regierung überlässt, der darf sich nicht wundern. Oder wundert es jemanden, dass der heutige Anti-Banken-Kämpfer Steinbrück in seiner Finanzministerzeit der Anwaltskanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer mehr als 1,8 Millionen Euro zugeschanzt hat, damit die an den Gesetzen zur Bankenrettung mitwirkten? Schließlich war die Kanzlei wesentlich für Banken tätig, die wusste wie man rettete. Macht nix sagt sich der SPD-Wähler (gilt auch für andere), damals war damals, heute ist heute, oder?
So bleibt die deutsche ökonomische Diskussion auf dem Niveau einer Karnevals-Sitzung: Draussen steht ein Rettungsschirm, wollen wir den reinlassen, fragt die Sitzungsleiterin, die Kapelle spielt Rättatä, Rättätä und in der Bütt steht einer mit der roten Nase, der nicht weiß, dass es sich bei seinem Riechorgan nur um die rote Laterne des intellektuellen Schlusslichtes handelt. (PK)
Diese Glosse haben wir mit Dank aus Uli Gellermanns Blog http://www.rationalgalerie.de übernommen.
Online-Flyer Nr. 387 vom 02.01.2013