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In der berühmten Kölner Weihnachtskrippe von St. Maria Lyskirchen:
Das Roma-Mädchen Crina
Von Dr. Ulrich Opfermann
Benjamin Marx, Manager des inzwischen europaweit vorbildlichen Roma-Wohnprojekts in Berlin Neukölln im Auftrag der kirchlichen Aachener Siedlungsgesellschaft, hat die Aufstellung einer neuen Skulptur in der traditionsreichen Krippe von St. Maria in Lyskichen (1) als Zeichen der Solidarität mit den Roma-Migrantinnen und Migranten initiiert. Das Kunstwerk wurde bei dem Künstler Leif Eric Voss in Auftrag gegeben Die Skulptur stellt das Roma-Mädchen Crina dar, das in dem erwähnten Berliner Projekt mit ihrer Familie Zuflucht gefunden hat. Romani Rose vom Zentralrat deutscher Sinti und Roma hat die Figur während einer Feierstunde in der Krippe aufgestellt. Benjamin Marx las bei dieser Gelegenheit einen Brief vor, den er an Crina geschrieben hat:
Online-Flyer Nr. 388 vom 09.01.2013
In der berühmten Kölner Weihnachtskrippe von St. Maria Lyskirchen:
Das Roma-Mädchen Crina
Von Dr. Ulrich Opfermann
Benjamin Marx, Manager des inzwischen europaweit vorbildlichen Roma-Wohnprojekts in Berlin Neukölln im Auftrag der kirchlichen Aachener Siedlungsgesellschaft, hat die Aufstellung einer neuen Skulptur in der traditionsreichen Krippe von St. Maria in Lyskichen (1) als Zeichen der Solidarität mit den Roma-Migrantinnen und Migranten initiiert. Das Kunstwerk wurde bei dem Künstler Leif Eric Voss in Auftrag gegeben Die Skulptur stellt das Roma-Mädchen Crina dar, das in dem erwähnten Berliner Projekt mit ihrer Familie Zuflucht gefunden hat. Romani Rose vom Zentralrat deutscher Sinti und Roma hat die Figur während einer Feierstunde in der Krippe aufgestellt. Benjamin Marx las bei dieser Gelegenheit einen Brief vor, den er an Crina geschrieben hat:
Das Roma-Mädchen Crina in der Krippe von St. Maria Lyskirchen
Liebe Crina,
jetzt bist Du 8 Jahre alt und lebst schon seit zwei Jahren in Berlin. Ich weiß, Du gehst gerne in die Hans-Fallada-Schule und Du sprichst schon sehr gut Deutsch. Es ist immer wieder ein Vergnügen, mit Dir zu sprechen. Schön ist es auch, wenn Du von Deinem Dorf Fantanelle in der Nähe von Bukarest erzählst, von Deinen Cousinen, die jetzt noch da leben, von den heißen Sommern und dem vielen Schnee im Winter.
48-Stunden-Asyl in der Krippe von St. Maria Lyskirchen
Eine Zeitung hat geschrieben „Paradies Neukölln“. Du hast nur gesagt, dass Neukölln in Berlin nicht das Paradies ist. Aber als in Rumänien der Sozialismus zu Ende war, hat Dein Vater als Rom sehr schnell seine Arbeit verloren. Und jetzt wo Rumänien in der EU ist, hat man Deinem Vater Arbeit in Berlin versprochen, zwar nur für 3,50 Euro die Stunde, aber Deine Mutter kann mit Geld gut umgehen, so dass es irgendwie klappt. Eure Familie ist also zu uns gekommen. Ihr musstet zum Überleben Eure Heimat verlassen. Dass die Menschen in Berlin nicht immer sehr freundlich zu Dir waren, warst Du ja aus Rumänien gewohnt. Geweint hast Du nur, weil einige Kinder in der Schule nicht mir Dir spielen wollten, weil deren Eltern es ihren Kindern verboten hatten. Ja einmal hat ein Junge auch den Stuhl mit einem Desinfektionstuch abgewischt, weil Du vorher darauf gesessen hattest.
Romani Rose spricht zum festlichen Einzug Crinas in die Krippe von Sankt Maria Lyskirchen
Liebe Crina, wenn Du etwas älter geworden bist, wirst Du auch verstehen, dass alle Menschen gleiche Rechte haben, dass alle Menschen eine Würde haben, aber dass man nicht allen diese Rechte und Würde zugesteht. Du bist ein junges, intelligentes und selbstbewusstes Mädchen, und ich wünsche Dir, dass Du Deinen Weg gehst. Ich wünsche Dir, dass die Politik in Europa es endlich ernst meint mit der Integration der Sinti und Roma. Ich wünsche Dir, dass nicht die Armutsflüchtlinge bekämpft werden, sondern die Fluchtgründe. Ich wünsche Dir, dass die Sinti und Roma in ihren Heimatländern gleichberechtigt leben können.
Romani Rose setzt Crina in die Krippe
Es gibt in Europa 12 Millionen Sinti und Roma, mehr als Belgien Einwohner hat oder Dänemark und Finnland zusammen. Also Du siehst, Du bist nicht allein. Ich wünsche Dir, dass Du in einer Welt eigene Kinder haben wirst, die endlich die größte Minderheit in Europa ohne Vorurteile akzeptiert. Daran sollst Du in der dieser Krippe erinnern.
Es grüßt dich als Gadscho,
Dein Herr Marx,
wie Du immer so schön sagst.
Benjamin Marx (rechts) und Kurt Holl vor der Krippe
In der Krippe nehmen Benjamin Marx und die Pfarrei St. Maria Lyskirchen auch deutlich Stellung zu den Angriffen des Innenministeriums gegen die Migration aus Serbien und Mazedonien. Sie erklären:
"Nicht die Armutsflüchtlinge müssen bekämpft werden, sondern die Fluchtgründe in ihren europäischen Heimatländern."
Prophet Jeremia in der Krippe von St. Maria Lyskirchen
Verstärkt findet innerhalb Europas eine Armutswanderung statt. Im Osten Europas leben Minderheiten in unbeschreiblich prekären Verhältnissen. Sie leben mit ihren Familien auf Müllhalden oder am Rande der großen Städte in Slums ohne Wasser und Abwasserversorgung. Seit Jahrhunderten werden sie in ihren Heimatländern diskriminiert und ausgegrenzt. Sie haben oft keinen Zugang zu Bildung und dem Gesundheitswesen.
Durch den Wegfall der Visapflicht nutzen sie die Chance und suchen ihr Glück im Westen. Wer kann es ihnen verdenken? Die Politik reagiert erstaunt, dass es diese Menschen gibt und fordert populistische Maßnahmen, um den Zuzug der Armutsflüchtlinge zu stoppen.
Der römische Volkszähler steht in der Wüste und lehnt die Einwanderer im Schnellverfahren reihenweise ab
Bekämpft werden sollen die Armutsflüchtlinge, statt die Fluchtgründe in ihren europäischen Heimatländern zu bekämpfen. Die Mehrzahl der Armutsflüchtlinge gehört als Europäer zu der Gruppe der Sinti und Roma. In Europa leben schätzungsweise 12 Millionen Sinti und Roma. Das sind mehr Menschen als Belgien oder Dänemark und Finnland zusammen Einwohner haben. Die größte Anzahl dieser Minderheit lebt in den osteuropäischen Staaten. Hier werden sie ausgegrenzt und diskriminiert. Es sind Europäer, die keiner haben will. – Ihnen ist die Adventskrippe in Lyskirchen gewidmet.
„Er wird für Recht und Gerechtigkeit sorgen im Land.“ verkündet der Prophet Jeremia in der Wüste. Im Hintergrund stehen die Zuwanderer verängstigt mit der Hoffnung an dem „48 Stunden Verfahren“ vorbei zu kommen. Der Prophet steht mit seinem Esel in der Wüste und spricht von dem Licht, das die Welt erhellen soll. (PK)
Diesen Beitrag hat Dr. Ulrich Opfermann zuvor bereits in
"Nevipe. Nachrichten und Beiträge aus dem Rom e. V.", Neue Folge, 6-2012
veröffentlicht. Von dort haben wir auch die Fotos zur Verfügung gestellt bekommen.
Online-Flyer Nr. 388 vom 09.01.2013