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Kommentar
Nur dann wird die Piratenpartei künftig Bedeutung bekommen:
Schluss mit der Anbiederungspolitik!
Von Jo Menschenfreund
In diesem Jahr findet eine richtungweisende Bundestagswahl statt. Aber es dominieren die Parteien, die die heutige gesellschaftliche Situation mit verursacht haben. Und sie wollen natürlich nicht eingestehen, dass es auch ihr partielles Versagen war, das zu dem führte, was weiter unten besprochen wird. Einzig die Linkspartei weigert sich bisher noch, sich zugunsten der Teilhabe an der Macht der „Realpolitik“ unterzuordnen, aber selbst da bröckelt langsam der Widerstand. In der Bevölkerung wird aber der Wunsch nach einer echten politischen Alternative immer größer. Welche Rolle spielt hier die Piratenpartei?
Online-Flyer Nr. 389 vom 16.01.2013
Nur dann wird die Piratenpartei künftig Bedeutung bekommen:
Schluss mit der Anbiederungspolitik!
Von Jo Menschenfreund
In diesem Jahr findet eine richtungweisende Bundestagswahl statt. Aber es dominieren die Parteien, die die heutige gesellschaftliche Situation mit verursacht haben. Und sie wollen natürlich nicht eingestehen, dass es auch ihr partielles Versagen war, das zu dem führte, was weiter unten besprochen wird. Einzig die Linkspartei weigert sich bisher noch, sich zugunsten der Teilhabe an der Macht der „Realpolitik“ unterzuordnen, aber selbst da bröckelt langsam der Widerstand. In der Bevölkerung wird aber der Wunsch nach einer echten politischen Alternative immer größer. Welche Rolle spielt hier die Piratenpartei?
Piratenpartei Niedersachsen im Landtagswahlkampf
DIE KANDIDATEN FÜR DEN BUNDESTAG
Die Piratenpartei dümpelt derzeit in Umfragen bei 4%, nachdem sie sich 2011 und Anfang 2012 zu zweistelligen Wählervoten aufgeschwungen hatte. Nun wird sie am 11. und 12. Mai ihr Wahlprogramm für den Bundestagswahlkampf festzurren. Auf vielen Landesparteitagen werden dann schon die Kandidaten für die Liste ermittelt worden sein, ohne dass diese Kandidaten (5) aber überhaupt wissen, wie das definitive Wahlprogramm aussehen wird. Zumindest die Auswahl der Kandidaten in den Bundesländern, die bereits gewählt haben, bringt bisher keinerlei Überraschungen, sondern orientiert sich an der vorherigen Präsenz in den einschlägigen Medien, den Funktionen in Ämtern oder an den bekannten Netzwerken. Weniger entscheidend erscheinen neue programmatische Ansätze für die Wahl.
In NRW gibt es außerdem Anträge, Fragen an die Kandidaten durch die Versammlungsleitung genehmigen zu lassen (6), was böse Zungen als Hilfe für Kandidaten des „Establishments“ ansehen, die sonst die Hürde der Nominierung vielleicht nicht schaffen würden. So kandidiert z.B. der ernannte Koordinator der AG Außenpolitik Fotios Amanatides für ein Bundestagsmandat, allerdings nicht im Kreis seines Wohnsitzes, obwohl er bei den Wahlen für ein Parteiamt im Jahr 2012 mit Abstand das schlechteste Wahlergebnis von allen Mitbewerbern verzeichnen musste (9). Oder da kandidiert der Mitgründer und ehemalige Vorstand der Piratenpartei Jens Seipenbusch (11), der ein Vertreter der "Kernis" ist, und der eigentlich auf eine europäische Piratenpartei hofft und sich dafür stark gemacht hat, jetzt doch für ein Bundestagsmandat. Er gehörte zu den Unterzeichnern der „Prager Erklärung“ (10) mit der die Teilnahme an den Europawahlen 2014 angekündigt wird. Eine Europapartei der Piraten mit Basisdemokratie? Und was weiter bei der viel beschworenen basisdemokratischen Ausrichtung der Piraten verwundert: Nur wenige Kandidaten erklären sich eindeutig und unmissverständlich zum Vertreter der Basis und kaum einer machte seine Kandidatur vom Wahlprogramm abhängig. Dagegen erkennt man die Netzwerke an den gegenseitigen Empfehlungen. Piratenpartei bietet alternative Politik? Basisdemokratie? Werden wohl Kandidaten gewählt werden, die blauäugig auf basisdemokratische Prinzipien vertrauen, sich programmatisch progressiv einbringen und letztendlich aber dem Votum der Basis folgen wollen?
DIE REALPOLITIKER
Zuerst war es die 68er Generation mit ihrer Version des „Marsches“(24), dann haben es die Grünen durchgemacht und jetzt beginnen die Piraten es zu tun. Anpassung an die so genannte „Realpolitik“, um Anteil an der Macht zu erhalten. Ein neuer Rekord? Passiert es diesmal schon, bevor die Partei überhaupt im Bundestag vertreten ist?
Die 68er Generation, einmal angetreten um den „Mief aus den Talaren“ (18) zu blasen, blickt nun zurück und behauptet, alles wäre durch sie besser geworden. Dabei haben sich ihre Protagonisten zwar nicht angebiedert aber angepasst und sind selbst zum Establishment geworden. Dann kam die Generation der Grünen. Sie haben dem Mittelstand das Umweltbewusstsein beigebracht, aber gleichzeitig den Weg geebnet, damit der Geist des Grundgesetzes ausgehöhlt werden konnte und Krieg wieder zum Alltag deutscher Politik gehört, wie nicht nur eine Dozentin der Bundeswehrakademie (3), sondern inzwischen sogar die New York Times festgestellt hat (1). Und die Kompromisse und „Realpolitik“ dieser beiden Gruppen haben schließlich dazu geführt, dass uns die Globalisierung in eine Welt des Neo-Feudalismus führte (19), den Habermas schon in den 1960er Jahren als Refeudalisierung vorausgesagt hatte. So wurden die zweifelsohne vorhandenen Verdienste der beiden Epochen längst durch die überfällige Erneuerung der politischen Ideen und Akteure aufgefressen.
Dabei kann man sowohl den 1968ern als auch den Grünen keinen direkten Vorwurf machen. Zu sehr waren sie mit ihrer Problematik, ihren Themen beschäftig, um zu erkennen, wie sich mit Unterstützung der besten Universitätsabsolventen der Eliteuniversitäten dieser Welt, der Macht des geballten Finanzkapitals und mit Hilfe der fünf größten Medienkonzerne eine schleichende „Post-Demokratisierung“ (20) einstellte. Aber jetzt ist sie da, und natürlich wollen es weder die alten etablierten Parteien CDU/CSU, SPD oder FDP öffentlich zugeben, noch die heute zum Establishment gehörenden Protagonisten des „Marsches durch die Instanzen“ und der Grünen. Sie verraten sich nur ab und zu, wenn sie glauben Reden „unter sich“ zu halten, wie z.B. Finanzminister Schäuble vor der Bankenvereinigung (21). Stattdessen reden sie davon, Demokratie „marktkonform“ zu machen (12).
UND DIE PIRATENPARTEI?
Und was tut die Piratenpartei? Sie erklärt, „ideologiefrei“ zu sein. Gleichzeitig aber führt sie engstirnige Hexenjagden durch, bei denen selbst kluge aber harmlose Exzentriker wie Dietmar Moews (17) in internen Machtkämpfen des Parteiestablishments fälschlicherweise als Nazis an den Pranger gestellt werden, und zwar in einer spektakulären und öffentlichkeitswirksamen Art. Ein unglaublicher Vorgang, für den sich niemals jemand entschuldigte. Und ein Parteimitglied, das den Gaza-Streifen gemeinsam mit mindestens einem israelischen Politiker und mit über einer Million anderer Menschen (laut Google) mit einem Konzentrationslager verglich, dem wurde gleich vorgeworfen den Holocaust zu leugnen. Und publikumswirksam wurde seine Demontage betrieben (15). Führende Amts- und Mandatsträger der Partei sind so bemüht sich nach links und nach rechts abzugrenzen, dass man sich fragt, was diese Partei denn überhaupt darstellt. Und dann erklärt noch ein Bundesvorstand, dass eine Koalition mit der CDU prinzipiell möglich wäre, wenn die Regierung auf die Vorratsdatenspeicherung verzichten würde (13). Implizit wird hier gesagt, was auch in Aussagen von „Kernis“ (7) immer wieder durchschwingt: dass die Piraten bestimmte Bürgerrechtsthemen besetzen, und der Rest nur Nebensache ist. Das heißt, die Frage nach Krieg und Frieden, die Frage nach Umverteilung von Unten nach Oben, die Frage des deutlich sichtbar entstehenden Neo-Feudalismus, das sind Fragen von untergeordneter Bedeutung?
Damit schaufeln sich die Piraten ihr eigenes virtuelles Grab. Die Wähler sind klug genug zu erkennen, dass die Fragen, die die Piraten als ihre Kernfragen ansehen, keine wirklichen Antworten für die am Horizont erkennbaren „analogen“ globalen Krisen sind. Der Rückgang an Zustimmung in den Umfragen im Laufe des Jahres 2012 (22) resultiert nicht aus fehlender Öffentlichkeitsarbeit oder Streitereien in der Führung. Der Rückgang ist ganz allein darauf zurückzuführen, dass die Menschen, die ursprünglich gedacht hatten, dass die Piraten endlich eine Alternative darstellen könnten, den Eindruck erlangen, dass die Partei eigentlich gar keine wirkliche Alternative sein will.
Und immer noch streiten sich Piraten darum, ob man überhaupt eine Meinung zu den wichtigen bewegenden Fragen unserer Zeit haben sollte. Der Trend geht dahin, dass wenn Meinung, dann bitte eine, die koalitionsfähig ist. Und doch hat dieses bisherige Credo, z.B. durch den Bundesvorsitzenden Schlömer implizit vertreten, am letzten Wochenende einen Rückschlag hinnehmen müssen. Aus dem Osten Deutschlands, der tendenziell wesentlich pazifistischer eingestellt ist als die westlichen Bundesländer, kommt eine neue Idee: „Kämpfen wie einst Gandhi“ (8). Wir werden aufmerksam beobachten müssen, was davon Niederschlag im Wahlprogramm finden wird.
KOALITION DES WIDERSTANDES
Es gibt eine Bewegung, die zumindest eines der wirklich essentiellen Probleme des beginnenden 21. Jahrhunderts erkannt hat. Die Bewegung koalition-des-widerstands.de (4). Sie hat vier ganz einfache Forderungen:
„1. der Kürzungspolitik und Privatisierung Einhalt gebieten;
2. Millionäre und Grosskonzerne besteuern;
3. einen Schuldenschnitt durchführen und die Banken unter demokratische Kontrolle stellen;
4. in Arbeitsplätze, Gemeinwesen und Ökologie investieren.“
Mit diesen einfachen Forderungen wäre ein Teil der in den letzten Jahrzehnten entstandenen Schieflage der Gesellschaft zu beseitigen. Und eine politische Partei, die mit diesen vier Forderungen in den Wahlkampf gehen würde, könnte sicher sein, einerseits erbittert bekämpft aber andererseits durch die Bevölkerung gehört zu werden. Darüber hinaus könnte eine politische Partei diese vier Forderungen mit konkreteren Inhalten füllen, denn es gibt in der Partei Sachverstand, Arbeitsgemeinschaften und Gruppen, die hier inhaltliche Arbeit leisten.
DEUTSCHLANDS WIEDER AUFBLÜHENDER MILITARISMUS
Was dann, bis auf den Ansatz „Kämpfen wie Gandhi“ aber noch unbeantwortet bleibt, ist das Wiederaufleben des Militarismus in Deutschland. Gesellschaftliche Veränderungen verlaufen schleichend. Und so will niemand erkennen, was es bedeutet, dass der Bundespräsident Auslandseinsätze der Bundeswehr wieder offensiv verteidigt (15); dass der Einsatz der Bundeswehr im Inneren immer weiter aufgeweicht wird; dass das Verbot Angriffskriege zu führen nur noch eine leere Worthülse darstellt; dass die Abschaffung der Wehrpflicht eine wirksame gesellschaftliche Kontrolle der Streitkräfte in Zukunft verhindern wird; dass Deutschland unter den drei wichtigsten Rüstungsexporteuren der Welt rangiert. Und letzteres ohne die riesige Grauzone zu berücksichtigen, über die kaum jemand berichtet, in der z.B. Panzermotoren als LKW-Motoren getarnt verkauft werden und eindeutig militärisch nutzbare Güter nicht einmal in der so genannten „Dual Use“ Liste erscheinen.
So wie der Kampf gegen die Globalisierung und ihre Folgen viele Jahre vergeblich war, bis jetzt ihre Folgen einfach unübersehbar geworden sind, so ist der Kampf gegen diesen Militarismus derzeit noch in der Anfangsphase. Es scheint, als ob daran niemand interessiert wäre. Die Friedensbewegung ist überaltert, die junge Generation interessiert sich mehr für das IPhone oder die Facebookseite und möglichst schnell möglichst viel Geld zu verdienen. Möglichst in der „New Economy“. Viele junge Menschen hoffen auf die Versprechungen des Neoliberalismus. Sie glauben an einen „gesunden“ Egoismus, an die Leistungsgesellschaft. Und einige glauben an das Internet als Allheilmittel für alle Probleme. Kinder der letzten 40 Jahre. Kinder der 1968er Generation und der Generation der Grünen. Und damit es ihnen leichter fällt, Krieg zu akzeptieren, wird in Lehre und Medien verbreitet, dass es einen „guten Krieg“ gäbe. Ganz so wie zur Zeit der Kreuzzüge. Ganz so wie zur Zeit der Kolonialkriege. Und kaum noch jemand interessiert sich im Zeitalter des Internet für analoge Geschichte und deren Lehren.
Dies wäre zweifellos der zweite Bereich, die zweite Säule, die der Piratenpartei eine Profilierung als echte Alternative ermöglichen würde. Ob „Kämpfen wie Gandhi“ der richtige Weg in eine neue Verteidigungspolitik ist, und die weniger spektakulären Vorschläge der AG Friedenspolitik, mit der zivile Krisenprävention, Abrüstung und kooperative Verhandlungen an Stelle von konfrontativen, Vorrang vor militärischen Auslandseinsätzen erhalten, sei hier nicht diskutiert. Auf jeden Fall kann aber dieser Vorstoß eine Diskussion über die Militarisierung der Gesellschaft in Gang setzen. Und die Piratenpartei könnte sich dieser Militarisierung verweigern.
Alle so genannten staatstragenden Parteien sind sich einig darin, dass Kriege zukünftig zum Werkzeug der Politik gehören sollen. Egal wie sehr sie in Sonntagsreden Frieden beschwören. Ihre Taten in den Parlamenten verraten ihre wahren Absichten. Selbst innerhalb der Linkspartei beginnt eine Strömung für Krieg zu werben, obwohl die Linke traditionell strikt gegen Krieg ist. Weil Kriege in der Vergangenheit stets ihre Anhängerschaft am heftigsten betrafen. (25)
WIRTSCHAFT UND MILITARISMUS
Der derzeitige Bundesvorsitzende der Piratenpartei, Bernd Schlömer, behauptet, dass der Kern der Piratenpartei nicht eine neue Politik, sondern ein neuer Politikstil wäre (14). Wenn sich dies im Wahlprogramm wiederspiegeln wird, ist die Piratenpartei wohl nur ein Aufblitzen in der politischen Geschichte gewesen.
Deutschland braucht keine neue politische Partei um einen neuen Politikstil einzuführen, sondern Deutschland und Europa brauchen eine Alternative. So wie einst die 1968er Generation Bewegung in die Aufarbeitung der Nazi-Vergangenheit gebracht hat und den bürgerlichen Mief zumindest vorübergehend aus den Politikerbüros entlüftete. So wie die Grünen dem Wachstumswahnsinn seine Grenzen aufgezeigt und den Mittelstand für den Umweltschutz sensibilisiert hatten. So braucht Deutschland heute eine politische Bewegung, die dem Wahnsinn der Globalisierung und der Umverteilung unter dem Kampfruf „Markt“ ein ehrenhaftes Ende bereitet. Und die darüber hinaus verhindert, dass sich Deutschland wieder zutiefst in militärische Abenteuer steigert, die Tod, Elend und Not über Menschen bringen - zum kurzfristigen Nutzen des eigenen Wohlstandes.
Mit anderen Worten: Die Piraten haben nur dann eine Chance, wenn sie sich als echte Alternative präsentieren. Dazu gehört m.E. die bewusste Teilnahme an der „Koalition des Widerstandes“ einerseits. Dies ist eigentlich der einfachere Fall. Denn was dort gesagt wird, ist längst in das Unterbewusstsein der Menschen eingedrungen. Es fehlt nur eine politische Partei, die sich ohne Dogmatismus einer linken oder rechten Lehre im Hintergrund, zum Sprachrohr macht.
Schwieriger ist die Umsetzung der zweiten Säule, die die Herausforderung der kommenden Jahrzehnte betrifft, Kriege zu reduzieren und Krisenprävention in den Vordergrund zu stellen. Kriege sind einfach zu verkaufen, denn es gibt Bilder, Propaganda, Tatsachen und behauptete Tatsachen, verdrehte Tatsachen, Täuschungen. Krieg ist heute für die eigene Bevölkerung relativ unblutig, wird durch Drohnen, Lenkraketen und Bomben immer mehr zum Videospiel. Und Krieg und Kriegsvorbereitung sind ein Lieblingsgebiet der Medien. Krisenprävention dagegen ist viel abstrakter und schwieriger zu vermitteln.
Aber die Piratenpartei sollte sich die Werbung für den „Krieg gegen den Terror“ zu Eigen machen. Denn für die Anti-Kriegs-Bewegung wäre es legitim die Angst der Menschen zu nutzen. Hier wäre es kein Missbrauch. Im Namen der Krisenprävention angewandt bedeutet es nur, die Wahrheit zu sagen, mit einem Appell an die Gefühle und Ängste der Menschen. Diese spielen mit der Angst der Menschen, nutzen diese aus. Im Namen der Krisenprävention angewandt aber bedeutet es nur, die Wahrheit zu sagen, mit einem Appell an die Gefühle und Ängste der Menschen. Denn wahr ist, dass Kriege nur notwendig wurden, weil keine frühe moderne „zivile Krisenprävention“ genutzt wurde, und oft so genannte militärische „friedenbringende Maßnahmen“ wie z.B. im Irak oder in Afghanistan noch größeres Leid, noch mehr Krieg und Unruhen und riesige Flüchtlingsströme (23) verursachen. Und damit es auch im Interesse einflussreicher Wirtschaftsgruppen, bzw. der neuen Feudalisten läuft, muss „Zivile Krisenprävention“ zu einem Geschäft ausgebaut werden, mit dem man Geld verdienen kann. Mindestens so viel Geld wie in der Rüstungsindustrie. Dass das nicht von einem auf den anderen Tag funktioniert, liegt auf der Hand. Und das kann die Philosophie einer linken Partei nicht leisten. Hier liegt die Chance der Piraten.
Schließlich könnte sich die Linke einer Unterstützung nicht versagen, denn zwar sind die Heilmittel und auch die Zielsetzung nicht die gleichen, aber die Linke weiß, dass sie in der vollständig realisierten Postdemokratie nur noch über eine Revolution Einfluss wird erreichen können. Weshalb sie einer Re-Demokratisierung und einer Gewalt verhindernden Anti-Kriegs-Politik letztendlich zustimmen wird. Denn dies sichert ihr Überleben und ihren Einfluss zum Nutzen ihrer Anhängerschaft.
Und so könnte die Piratenpartei denn wirklich eine historische Veränderung bewirken. Indem sie der Linkspartei den Weg öffnet in eine bürgerliche Koalition, ohne dass die Linke zu viele eigene Ideale aufgeben muss. Und den liberalen und sozialen Teilen der Grünen und der SPD verschafft sie die Möglichkeit, mit der Linkspartei zu koalieren, weil die Piraten als nicht ideologisch fest gefahrener Puffer dazwischen stehen. Ob eine solche Politik jedoch mit den bisherigen Führern der Piratenpartei möglich sein wird, muss separat beleuchtet werden.
SCHLUSS MIT DER ANBIEDERUNG
Liebe Piratenpartei, versuche nicht die liberalere FDP oder eine säkulare CDU oder eine SPD in der Vor-Hartz-Zeit mit Internetanschluss zu sein. Wenn Ihr die Herzen und den Verstand der Menschen gewinnen wollt, müsst Ihr eine ECHTE Alternative glaubhaft präsentieren. Ihr braucht mehr Populismus und weniger politischen Opportunismus (abseits Eurer so genannten Kernthemen). Statt die eigenen besonderen Positionen immer stärker zu verwässern, wie bei der Diskussion um Zensur im Internet (Stichwort Zensurbach) (2), müssen eigene Positionen nicht nur in den vom Wähler als Nebensächlichkeit empfundenen Bereichen, sondern in den essentiellen Bereichen Wirtschaft und Krieg/Frieden auf den Punkt gebracht werden. Eine weitere „Me too“ Partei braucht Deutschland nicht.
Hoffentlich wird der Wahlprogramm-Parteitag diesen Weg gehen. Auf dem letzten Parteitag in Bochum hat das Baby Piratenpartei zwar gezahnt, aber die Milchzähne wollen noch nicht so richtig wachsen. Ob denn mal ein stabiles Gebiss daraus wird, entscheidet vielleicht schon die Antragskommission, z.B. wenn sie die Auswahl auf Grund pseudo-demokratischer Liquid-Feed-Back-Abstimmungen, die von einigen wenigen Superdelegierten beherrscht werden, gewichtet.
Wird die Partei nicht den Mut haben, kontroverse Themen mit neuen Antwortvorschlägen zu besetzen, dann wird die deutsche Piratenpartei so verschwinden wie einst ihr Vorbild, die Piratenpartei in Schweden. Und das wäre schade. Eine Alternative ist derzeit leider nicht in Sicht. Deshalb: Wer verhindert, dass die Piratenpartei die längst fällige Erneuerung der Politik ernsthaft einleitet, macht sich an der Geschichte schuldig. Die nächste Wahl ist eine historische Wahl. (PK)
Jo Menschenfreund, der diesen Kommentar unter Pseudonym geschrieben hat, ist selbst Mitglied der Piratenpartei. Wenn Sie ihm dazu ihre Meinung mitteilen wollen, erreichen Sie ihn unter jomenschenfreund@googlemail.com.
Seinen Blog finden Sie unter http://jomenschenfreund.blogspot.com/ Dort finden Sie auch einen Hinweis auf sein Buch "Mein Leben in der Piratenpartei 2012", das am 31.12.2012 in der Verlagsgruppe Holtzbrinck erschienen ist.
Seinen Blog finden Sie unter http://jomenschenfreund.blogspot.com/ Dort finden Sie auch einen Hinweis auf sein Buch "Mein Leben in der Piratenpartei 2012", das am 31.12.2012 in der Verlagsgruppe Holtzbrinck erschienen ist.
(1) http://www.nytimes.com/2013/01/06/world/europe/germany-moves-closer-to-accepting-military-role.html
(3) Sabine Jaberg: Auslandseinsätze der Bundeswehr: Jenseits der grundgesetzlichen Friedensnorm? In: Thomas Nielebock/Simon Meisch/Volker Harms (Hg.): Zivilklauseln für Forschung, Lehre und Studium. Hochschulen zum Frieden verpflichtet. Theodor-Eschenburg-Vorlesungen 6, Baden-Baden 2012.
(7) „Das sind die Piraten, die nur Netzthemen im Programm stehen haben wollen. Den Markenkern der Partei.“ http://www.taz.de/!61579/
Bernd Schlömer erklärte am 4.6.2012 gegenüber Mitgliedern:
… Aber das bedeutet auch, dass wir alle bereit sind, ein Ministeramt zu übernehmen. Es geht darum, eine andere Art von Poltikstil zu betreiben. (sic) Ich würde mir wünschen, dass ein Pirat Minister wird. …
(17) Mein Leben in der Piratenpartei 2012, http://www.xinxii.com/en/mein-leben-in-der-piratenpartei-2012-p-340142.html Seite 182/193
(23) Wussten Sie schon, dass ausgerechnet die „Achse des Bösen“ die meisten Flüchtlinge in der Welt aufgenommen hat? Flüchtlinge, die zum großen Teil auf Grund von Kriegen des Westens aufgebrochen waren?
„Laut dem UNHCR-Bericht haben jedoch viele der ärmsten Länder der Welt eine besonders große Zahl von Flüchtlingen aufgenommen. Dies zeigt sich in absoluten Zahlen, aber auch in Relation zu ihrer Wirtschaftsleistung. Die größten Flüchtlingsbevölkerungen der Welt lebten im letzten Jahr in Pakistan (1,9 Mio.), Iran (1,1) und Syrien (1,0). „ Quelle: http://www.unhcr.de/archiv/pressemitteilungen/artikel/af7933f190add9a660526b436eb97120/weltfluechtlingszahlen-2010-2.html
Jo Menschenfreund, der diesen Kommentar unter Pseudonym geschrieben hat, ist selbst Mitglied der Piratenpartei. Wenn Sie ihm dazu ihre Meinung mitteilen wollen, erreichen Sie ihn unter jomenschenfreund@googlemail.com. Seinen Blog finden Sie unter http://jomenschenfreund.blogspot.com/
Online-Flyer Nr. 389 vom 16.01.2013