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Weltweite Frauenaktion ONE BILLION RISING auch in Köln
Die Ketten der Gewalt durchbrechen
Von Anneliese Fikentscher und Andreas Neumann
Sie sollen sich erheben, die eine Milliarde Mädchen und Frauen weltweit, denen täglich in jedem Winkel der Welt Gewalt angetan wird. Der Höhepunkt der ein Jahr währenden, von der US-amerikanischen Dramatikerin Eve Ensler ins Leben gerufenen Kampagne ONE BILLION RISING fand am 14. Februar 2013 in über 200 Ländern der Welt am V-Day statt. V-Day – für die einen ist er Valentinstag der Liebenden. Die Künstlerin und Frauenrechts-Aktivistin Eve Ensler rief den Tag vor 15 Jahren zum Vagina-Tag aus, um weltweit Aufmerksamkeit zu schaffen für die inakzeptable Gewalt an Frauen und Mädchen.
Alle Fotos: arbeiterfotografie.com
Die Kölner Initiatorinnen: Sportwissenschaftlerin Eva Buckler, Irmgard Kopetzky vom Bündnis Autonomer Frauenprojekte LILA in Köln und Moderatorin Nina Moghaddam
Angelika, Betroffene von Gewalt, ermutigt Frauen und Mädchen dazu, sich Hilfe zu holen
Monika Hauser, medica mondiale
Behshid Najafi, agisra (Arbeitsgemeinschaft gegen internationale sexuelle und rassistische Ausbeutung)
Kabarettistin Silvia Doberenz (MItte) alias Sandra Sommer (sächselnd): "Heute geht es um nichts Geringeres als um eine Weltrevolution!"
Schülergruppe der Kopernikus-Hauptschule in Köln-Porz tanzt zur Hymne Break the chain
Break the Chain (Tena Clark): "...we are mothers, we are teachers, we are beautiful, beautiful creatures..." (...wir sind Mütter, wir sind Erzieherinnen, wir sind schöne, bewundernswerte Geschöpfe...)
Irmgard Kopetzky vom Bündnis Autonomer Frauenprojekte LILA in Köln
Männer und Jungen waren ausdrücklich aufgerufen, sich zu beteiligen und die Öffentlichkeit dafür sensibel zu machen, was bis 2004 in Deutschland in der Familie als Privatsache galt: die Gewalt an Frauen und Mädchen. Irmgard Kopetzky vom Bündnis autonomer Frauenprojekte „Lila in Köln“ organisierte gemeinsam mit der Frauensportschule „RubyGym“– Körperkultur für Frauen – den Kölner Aktionsbeitrag als einen von deutschlandweit 148 angekündigten Aufständen, den „Risings“. Streiken – Tanzen – Aufstehen war angesagt, und einige Hundert kamen, um zu Füßen der Kathedrale am Roncalliplatz Präsenz zu zeigen. Bei Temperaturen im Minusbereich und zeitweisem Schneegestöber blieben viele bis spät in den Abend, um zu tanzen und dabei Spaß miteinander zu haben.
Während Schirmherrin und Bürgermeisterin Angela Spizig von der Bühne herab dazu rät, zu „kuscheln und wackeln“, um eine, ihre fünf Minuten lange Grußansprache zu hören, bewegt sich ihre Kollegin Elfi Scho-Antwerpes im Publikum. „Was die Stadt macht, ist nicht immer sichtbar, aber Sie sind sichtbar“, freut sich Spizig. Schon vor mehreren Jahren habe der Rat der Stadt einen Grundsatz beschlossen, dass „Köln ein Klima hat, das Gewalt gegen Kinder, Frauen und Menschen nicht ermutigt sondern bekämpft.“
Allerdings dürfte hinreichend bekannt sein, dass dafür eine materielle Basis und ein Praxisprogramm unabdingbar sind, Armut, Perspektiv- und Chancenlosigkeit aber die potentielle Gewalttätigkeit verschärft. Zunehmend fällt die Bezuschussung öffentlicher und sozialer Einrichtungen dem städtischen Rotstift zum Opfer, seien es Jugendeinrichtungen, städtische Bäder, Bürgerzentren, die sämtlich einen bedeutenden Beitrag zum gesellschaftlich ausgeglichenen Leben leisten. Seit dem 1. Januar 2013 wird es für die beiden autonomen Kölner Frauenhäuser spürbar. „Seit Jahren kämpfen die beiden Kölner Frauenhäuser ums Überleben. Seit dem 1.1.2013 ist der Tagessatz bilanziert. Frauen die arbeiten, müssen für ihren Aufenthalt seit 1.1.2013 selber zahlen – bis zu 1.800 Euro pro Monat. Das finden wir inakzeptabel. Wir fordern dringend eine konstruktive Lösung dafür. Keine einzige Frau darf wegen ihres mutigen, schweren und steinigen Schrittes aus der Gewaltbeziehung raus zu gehen, bestraft werden“, fordert unter Jubel der Zuhörerinnenschaft Homa Moradi-Ajam vom Frauen helfen Frauen e.V., dem Betreiber der Kölner, von der Soziologieprofessorin Maria Mies mit ins Leben gerufenen Häuser. „Täglich erleben wir am Telefon durchschnittlich drei bis vier Frauen, die ihre letzte Kraft gesammelt haben und nach Platz suchen, und wir lehnen die ab. Es gibt keine Statistik, die zeigt, wie viele Frauen in die Gewaltbeziehung zurückgehen. Wir wollen ein drittes Frauenhaus in Köln.“ Moradi-Ajams auch auf nur fünf Minuten ausgelegter Beitrag wird mehrfach durch Beifall bestätigt. „Schutz vor Gewalt ist Pflicht des Staates. Staat und Kommune sind verpflichtet, die Bürgerinnen davor zu schützen.“
Einen scheinbar erweiterten Blick bringt die Ärztin und Gynäkologin Monika Hauser vom medica mondiale e.V. ein: „Toll, Euch hier zu sehen“, schwäbelt sie, „Ich habe gerade Bilder von den Kolleginnen aus Kabul gesehen und ich wollte Euch berichten, dass weltweit, auch in den Gebieten, wo medica mondiale arbeitet, in den Kriegs- und Nachkriegsgebieten überall Frauen zusammen mit Männern auf die Straße gehen, Aktionen machen und nicht hinnehmen, dass in ihren Ländern Rechtlosigkeit herrscht, dass Gewalt in einem riesigen Ausmaß in ihren Ländern herrscht.“ Dass Krieg und Unrecht sich entwickeln und dass Deutschland in Afghanistan und Jugoslawien als Krieg unterstützende Nation eine unselige Rolle spielte und spielt, die Gewalt gegen Frauen forciert, darf dabei nicht verschwiegen werden. Frau sehe sich Fotos aus Afghanistan der Vor-Brzezinski-Zeit an, als es dort demokratische Frauenorganisationen gab, und als Frauen selbstverständlich die Universitäten besuchten. Dem US-Strategen Zbigniew Brzezinski (Autor von: „Das große Schachbrett“) ist es zu verdanken, dass das Land um den Hindukusch ins Mittelalter zurückgebombt wurde. „Frauen aus der Burka bomben,“ nannte es der Schriftsteller und Kabarettist Hartmut Barth-Engelbart, als es nach dem 11. September 2001 den USA und Verbündeten darum gehen sollte, die ehemals fortschrittlichen Frauen nun unbedingt wieder zu befreien.
Außer den mit übelsten Vergewaltigungen einhergehenden Übergriffen auf Frauen produziert die Kriegslogik Ströme von Flüchtlingen, die wiederum zu 80% aus Frauen und Kindern bestehen. „Auf dem Weg ihrer Flucht sind viele Frauen sexualisierter Gewalt ausgesetzt. Gewalt gegen Frauen kennt keine Religion, keine Nation und keine Sprache, denn sie findet leider überall auf der Welt in allen Gesellschaften und Schichten statt,“ berichtet Behshid Najafi vom agisra e.V., ebenfalls organisiert im Netzwerk „Lila in Köln“. Najafi weiter: „Es gibt in der Welt verschiedene Menschenrechtsverletzungen wie Armut, mangelnde medizinische Versorgung, Hunger, mangelnde Schulbildung, Krieg und Bürgerkrieg. Diese Menschenrechtsverletzungen betreffen alle: Frauen, Männer und Kinder. Aber Frauen sind leider zusätzlichen Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt, die mit ihrem Geschlecht und ihrem Dasein zu tun haben, und sehr viel mit patriarchalen Machtstrukturen.“ Herrschaftsstrukturen in aller Welt seien verantwortlich für „Zwangsabtreibung, Zwangssterilisation, rituelle Tötungen, z.B. Witwenverbrennung, Zwangsprostitution, Zwangsverheiratung, Vergewaltigung – auch im Zusammenhang von ethnischen Säuberungen, Kleiderordnungen und Vorschriften über das Auftreten der Frauen in der Öffentlichkeit, Zwangsverschleierung aber auch Zwangsentschleierung und Genitalverstümmelung.“
Mitte der 1960er Jahre war Zwangssterilisation Teil eines verbrämten Programms der Weltbank unter Weltbankpräsident McNamara zur „Geburtenkontrolle“. Die Feministin Farida Akhter aus Bangladesh ist Spezialistin auf diesem Gebiet ebenso wie auf dem Gebiet des Menschen-, vielfach oder überwiegend des Frauenhandels: „Wie ein Doktor, der von Entwicklungsrezepten sprach, behandelte McNamara die asiatischen Länder, als hätten sie eine Krankheit. Es war als ob Mr. Worldbank Rezepte für die kranke Dritte Welt verordnet - gegen die Armutskrankheit.“ (siehe NRhZ 314 vom 10.8.2011: Das Verschwinden der Schmetterlinge)
Zurück nach Köln. Gewalttaten gegen Frauen sind auch hier an der Tagesordnung – wie unterlassene Hilfeleistung für die Opfer. Eingeweihte wissen um die extreme Situation von Jugendlichen im Kölner Stadtteil Finkenberg. „Gang bangs“, Gruppenvergewaltigungen sorgten vor einigen Jahren in einer Jugendeinrichtung fast für einen Skandal, der gerade eben noch unter dem Deckel gehalten werden konnte. – Einige Vortragende wenden ihren Körper mit einem Blick zum großen Gotteshaus. Aus einer Studie des Bundesfamilienministeriums von 2004 gehe hervor, dass 40 Prozent deutscher Frauen Gewalterfahrung haben, so die Gynäkologin Monika Hauser, die lange Jahre in Deutschland praktizierte: „Wir wollen eine andere Politik, wir wollen, dass unsere Realitäten vorkommen, wir wollen das für die Frauen hierzulande, wir wollen das aber auch für die Frauen in den Nachkriegsgebieten und wir kämpfen immer wieder dafür, dass auch die deutsche Bundesregierung die ganzen Ratifikationen, die sie unterschrieben hat, ernst nimmt. Und in diesem Sinne: lasst uns gemeinsam weiter diese Energie strömen lassen und lasst uns gemeinsam für eine bessere Welt kämpfen.“ (PK)
Anneliese Fikentscher und Andreas Neumann sind Mitglieder des Aachener Friedenspreis e.V. und des Bundesverbands Arbeiterfotografie.
Hinweise:
Die Vagina-Monologe, Theaterstück von Eve Ensler, Edition Nautilus, erste Auflage 2000 (orig.1998)
onebillionrising-koeln.de
onebillionrising.org
onebillionrising.de
Online-Flyer Nr. 394 vom 20.02.2013
Weltweite Frauenaktion ONE BILLION RISING auch in Köln
Die Ketten der Gewalt durchbrechen
Von Anneliese Fikentscher und Andreas Neumann
Sie sollen sich erheben, die eine Milliarde Mädchen und Frauen weltweit, denen täglich in jedem Winkel der Welt Gewalt angetan wird. Der Höhepunkt der ein Jahr währenden, von der US-amerikanischen Dramatikerin Eve Ensler ins Leben gerufenen Kampagne ONE BILLION RISING fand am 14. Februar 2013 in über 200 Ländern der Welt am V-Day statt. V-Day – für die einen ist er Valentinstag der Liebenden. Die Künstlerin und Frauenrechts-Aktivistin Eve Ensler rief den Tag vor 15 Jahren zum Vagina-Tag aus, um weltweit Aufmerksamkeit zu schaffen für die inakzeptable Gewalt an Frauen und Mädchen.
Alle Fotos: arbeiterfotografie.com
Die Kölner Initiatorinnen: Sportwissenschaftlerin Eva Buckler, Irmgard Kopetzky vom Bündnis Autonomer Frauenprojekte LILA in Köln und Moderatorin Nina Moghaddam
Angelika, Betroffene von Gewalt, ermutigt Frauen und Mädchen dazu, sich Hilfe zu holen
Monika Hauser, medica mondiale
Behshid Najafi, agisra (Arbeitsgemeinschaft gegen internationale sexuelle und rassistische Ausbeutung)
Kabarettistin Silvia Doberenz (MItte) alias Sandra Sommer (sächselnd): "Heute geht es um nichts Geringeres als um eine Weltrevolution!"
Schülergruppe der Kopernikus-Hauptschule in Köln-Porz tanzt zur Hymne Break the chain
Break the Chain (Tena Clark): "...we are mothers, we are teachers, we are beautiful, beautiful creatures..." (...wir sind Mütter, wir sind Erzieherinnen, wir sind schöne, bewundernswerte Geschöpfe...)
Irmgard Kopetzky vom Bündnis Autonomer Frauenprojekte LILA in Köln
Männer und Jungen waren ausdrücklich aufgerufen, sich zu beteiligen und die Öffentlichkeit dafür sensibel zu machen, was bis 2004 in Deutschland in der Familie als Privatsache galt: die Gewalt an Frauen und Mädchen. Irmgard Kopetzky vom Bündnis autonomer Frauenprojekte „Lila in Köln“ organisierte gemeinsam mit der Frauensportschule „RubyGym“– Körperkultur für Frauen – den Kölner Aktionsbeitrag als einen von deutschlandweit 148 angekündigten Aufständen, den „Risings“. Streiken – Tanzen – Aufstehen war angesagt, und einige Hundert kamen, um zu Füßen der Kathedrale am Roncalliplatz Präsenz zu zeigen. Bei Temperaturen im Minusbereich und zeitweisem Schneegestöber blieben viele bis spät in den Abend, um zu tanzen und dabei Spaß miteinander zu haben.
Während Schirmherrin und Bürgermeisterin Angela Spizig von der Bühne herab dazu rät, zu „kuscheln und wackeln“, um eine, ihre fünf Minuten lange Grußansprache zu hören, bewegt sich ihre Kollegin Elfi Scho-Antwerpes im Publikum. „Was die Stadt macht, ist nicht immer sichtbar, aber Sie sind sichtbar“, freut sich Spizig. Schon vor mehreren Jahren habe der Rat der Stadt einen Grundsatz beschlossen, dass „Köln ein Klima hat, das Gewalt gegen Kinder, Frauen und Menschen nicht ermutigt sondern bekämpft.“
Allerdings dürfte hinreichend bekannt sein, dass dafür eine materielle Basis und ein Praxisprogramm unabdingbar sind, Armut, Perspektiv- und Chancenlosigkeit aber die potentielle Gewalttätigkeit verschärft. Zunehmend fällt die Bezuschussung öffentlicher und sozialer Einrichtungen dem städtischen Rotstift zum Opfer, seien es Jugendeinrichtungen, städtische Bäder, Bürgerzentren, die sämtlich einen bedeutenden Beitrag zum gesellschaftlich ausgeglichenen Leben leisten. Seit dem 1. Januar 2013 wird es für die beiden autonomen Kölner Frauenhäuser spürbar. „Seit Jahren kämpfen die beiden Kölner Frauenhäuser ums Überleben. Seit dem 1.1.2013 ist der Tagessatz bilanziert. Frauen die arbeiten, müssen für ihren Aufenthalt seit 1.1.2013 selber zahlen – bis zu 1.800 Euro pro Monat. Das finden wir inakzeptabel. Wir fordern dringend eine konstruktive Lösung dafür. Keine einzige Frau darf wegen ihres mutigen, schweren und steinigen Schrittes aus der Gewaltbeziehung raus zu gehen, bestraft werden“, fordert unter Jubel der Zuhörerinnenschaft Homa Moradi-Ajam vom Frauen helfen Frauen e.V., dem Betreiber der Kölner, von der Soziologieprofessorin Maria Mies mit ins Leben gerufenen Häuser. „Täglich erleben wir am Telefon durchschnittlich drei bis vier Frauen, die ihre letzte Kraft gesammelt haben und nach Platz suchen, und wir lehnen die ab. Es gibt keine Statistik, die zeigt, wie viele Frauen in die Gewaltbeziehung zurückgehen. Wir wollen ein drittes Frauenhaus in Köln.“ Moradi-Ajams auch auf nur fünf Minuten ausgelegter Beitrag wird mehrfach durch Beifall bestätigt. „Schutz vor Gewalt ist Pflicht des Staates. Staat und Kommune sind verpflichtet, die Bürgerinnen davor zu schützen.“
Einen scheinbar erweiterten Blick bringt die Ärztin und Gynäkologin Monika Hauser vom medica mondiale e.V. ein: „Toll, Euch hier zu sehen“, schwäbelt sie, „Ich habe gerade Bilder von den Kolleginnen aus Kabul gesehen und ich wollte Euch berichten, dass weltweit, auch in den Gebieten, wo medica mondiale arbeitet, in den Kriegs- und Nachkriegsgebieten überall Frauen zusammen mit Männern auf die Straße gehen, Aktionen machen und nicht hinnehmen, dass in ihren Ländern Rechtlosigkeit herrscht, dass Gewalt in einem riesigen Ausmaß in ihren Ländern herrscht.“ Dass Krieg und Unrecht sich entwickeln und dass Deutschland in Afghanistan und Jugoslawien als Krieg unterstützende Nation eine unselige Rolle spielte und spielt, die Gewalt gegen Frauen forciert, darf dabei nicht verschwiegen werden. Frau sehe sich Fotos aus Afghanistan der Vor-Brzezinski-Zeit an, als es dort demokratische Frauenorganisationen gab, und als Frauen selbstverständlich die Universitäten besuchten. Dem US-Strategen Zbigniew Brzezinski (Autor von: „Das große Schachbrett“) ist es zu verdanken, dass das Land um den Hindukusch ins Mittelalter zurückgebombt wurde. „Frauen aus der Burka bomben,“ nannte es der Schriftsteller und Kabarettist Hartmut Barth-Engelbart, als es nach dem 11. September 2001 den USA und Verbündeten darum gehen sollte, die ehemals fortschrittlichen Frauen nun unbedingt wieder zu befreien.
Außer den mit übelsten Vergewaltigungen einhergehenden Übergriffen auf Frauen produziert die Kriegslogik Ströme von Flüchtlingen, die wiederum zu 80% aus Frauen und Kindern bestehen. „Auf dem Weg ihrer Flucht sind viele Frauen sexualisierter Gewalt ausgesetzt. Gewalt gegen Frauen kennt keine Religion, keine Nation und keine Sprache, denn sie findet leider überall auf der Welt in allen Gesellschaften und Schichten statt,“ berichtet Behshid Najafi vom agisra e.V., ebenfalls organisiert im Netzwerk „Lila in Köln“. Najafi weiter: „Es gibt in der Welt verschiedene Menschenrechtsverletzungen wie Armut, mangelnde medizinische Versorgung, Hunger, mangelnde Schulbildung, Krieg und Bürgerkrieg. Diese Menschenrechtsverletzungen betreffen alle: Frauen, Männer und Kinder. Aber Frauen sind leider zusätzlichen Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt, die mit ihrem Geschlecht und ihrem Dasein zu tun haben, und sehr viel mit patriarchalen Machtstrukturen.“ Herrschaftsstrukturen in aller Welt seien verantwortlich für „Zwangsabtreibung, Zwangssterilisation, rituelle Tötungen, z.B. Witwenverbrennung, Zwangsprostitution, Zwangsverheiratung, Vergewaltigung – auch im Zusammenhang von ethnischen Säuberungen, Kleiderordnungen und Vorschriften über das Auftreten der Frauen in der Öffentlichkeit, Zwangsverschleierung aber auch Zwangsentschleierung und Genitalverstümmelung.“
Mitte der 1960er Jahre war Zwangssterilisation Teil eines verbrämten Programms der Weltbank unter Weltbankpräsident McNamara zur „Geburtenkontrolle“. Die Feministin Farida Akhter aus Bangladesh ist Spezialistin auf diesem Gebiet ebenso wie auf dem Gebiet des Menschen-, vielfach oder überwiegend des Frauenhandels: „Wie ein Doktor, der von Entwicklungsrezepten sprach, behandelte McNamara die asiatischen Länder, als hätten sie eine Krankheit. Es war als ob Mr. Worldbank Rezepte für die kranke Dritte Welt verordnet - gegen die Armutskrankheit.“ (siehe NRhZ 314 vom 10.8.2011: Das Verschwinden der Schmetterlinge)
Zurück nach Köln. Gewalttaten gegen Frauen sind auch hier an der Tagesordnung – wie unterlassene Hilfeleistung für die Opfer. Eingeweihte wissen um die extreme Situation von Jugendlichen im Kölner Stadtteil Finkenberg. „Gang bangs“, Gruppenvergewaltigungen sorgten vor einigen Jahren in einer Jugendeinrichtung fast für einen Skandal, der gerade eben noch unter dem Deckel gehalten werden konnte. – Einige Vortragende wenden ihren Körper mit einem Blick zum großen Gotteshaus. Aus einer Studie des Bundesfamilienministeriums von 2004 gehe hervor, dass 40 Prozent deutscher Frauen Gewalterfahrung haben, so die Gynäkologin Monika Hauser, die lange Jahre in Deutschland praktizierte: „Wir wollen eine andere Politik, wir wollen, dass unsere Realitäten vorkommen, wir wollen das für die Frauen hierzulande, wir wollen das aber auch für die Frauen in den Nachkriegsgebieten und wir kämpfen immer wieder dafür, dass auch die deutsche Bundesregierung die ganzen Ratifikationen, die sie unterschrieben hat, ernst nimmt. Und in diesem Sinne: lasst uns gemeinsam weiter diese Energie strömen lassen und lasst uns gemeinsam für eine bessere Welt kämpfen.“ (PK)
Anneliese Fikentscher und Andreas Neumann sind Mitglieder des Aachener Friedenspreis e.V. und des Bundesverbands Arbeiterfotografie.
Hinweise:
Die Vagina-Monologe, Theaterstück von Eve Ensler, Edition Nautilus, erste Auflage 2000 (orig.1998)
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Online-Flyer Nr. 394 vom 20.02.2013