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Das deutsche Rezept:
Schlank und rank mit Angela Merkel
Von Ulrich Gellermann
Findige T-Shirt-Hersteller in den spanischen Touristengebieten bedrucken ihre Shirts für deutsche Gäste neuerdings mit einem eigentümlichen Reim: "Soy un hombre de izquierda - y la señora Merkel esta mierda!" Soll heißen: "Ich bin ein Mann (Mensch) der Linken und Frau Merkel ist scheiße." Das, so sagen die Produzenten, sei Akt der vorbeugenden Völkerfreundschaft.
Online-Flyer Nr. 400 vom 03.04.2013
Das deutsche Rezept:
Schlank und rank mit Angela Merkel
Von Ulrich Gellermann
Findige T-Shirt-Hersteller in den spanischen Touristengebieten bedrucken ihre Shirts für deutsche Gäste neuerdings mit einem eigentümlichen Reim: "Soy un hombre de izquierda - y la señora Merkel esta mierda!" Soll heißen: "Ich bin ein Mann (Mensch) der Linken und Frau Merkel ist scheiße." Das, so sagen die Produzenten, sei Akt der vorbeugenden Völkerfreundschaft.
Cartoon: Kostas Koufogiorgos
Denn immer mehr Menschen in Spanien würden ihre schlechte soziale Lage als Ergebnis Merkelscher Politik sehen. Und sie hätten schon Lust, an diesem oder jenem deutschen Touristen Rache zu üben. Und wenn der Spanier dann so ein T-Shirt lesen würde, gäbe er dem jeweiligen Deutschen keins auf die Nase sondern einen aus. Da ähnliche T-Shirts in Griechenland, Italien und Zypern in Vorbereitung sind, sogar französische Hersteller sollen an einem solchen Spruch basteln, muss ein für allemal gesagt und auf die T-Shirts gedruckt werden: Angela Merkel is good for you! Denn das Merkel-Programm der Bankenrettung, wegen dessen Ergebnis sich die Leute in vielen Ländern Europas über ihre sozialen Zustände aufregen, ist nicht nur ein Programm zur Gesundung der Staaten, es ist auch eines zur Gesundung der einzelnen Menschen.
Nehmen wir mal Griechenland: Dort hat die Troika, jenes EU-Instrument zur Bankenrettung unter deutscher Schirmherrschaft, festgelegt, dass die Ausgaben für Gesundheit runtergefahren werden. Um rund 25 Prozent. Jeder weiß doch aus den letzten Jahren, wie viele ärztliche Kunstfehler die Patienten schwerst geschädigt haben. Das zumindest wird reduziert. Auch der bekannte Medikamentenmissbrauch wird mit dieser Maßnahme deutlich gemindert. Und wenn es weniger Blutkonserven gibt, dann können sie auch nicht vertauscht werden. Überall in der EU gehen immer mehr Menschen immer seltener zum Arzt, weil sie es sich nicht mehr leisten können. Das kann, angesichts der erheblich gesunkenen Ausbildungsstandards an europäischen Universitäten, auch nur gesund sein.
Wenn das Geld für den Sprit fehlt, fährt man weniger Auto und senkt so die Rate der Verkehrsunfälle. Wen die Verhältnisse davon abhalten, mit Bus und Bahn zu fahren, der wird zu Fuß gehen. Das ist die preiswerteste Prophylaxe gegen allerlei Gebrechen. Wer mangels Einkommen nicht mehr ausgeht, der wird sich häufiger zu Hause sexuell betätigen: Das ist gut für die Geburtenrate. Wo die Knete für Alkohol fehlt, da wird weniger getrunken. Das ist nicht nur gut für den Blutdruck, das senkt auch die Aggressionen, führt zu weniger Gewalttaten und kann so letztlich die Kosten für Polizei, Justiz und Gefängnisse reduzieren. Wer nicht mehr arbeiten muss, der kann mehr schlafen: Die Hetze des Tages fällt von ihm ab, es werden viel weniger Burnouts zu verzeichnen sein, die Lebenserwartung wird steigen.
Nun gibt es, parallel zu den ungerechten Merkel-Anfeindungen, auch noch eine allgemeine Neid-Debatte, die sich gegen die Deutschen richtet. Nichts ist falscher als das. Das statistische Bundesamt beweist mit seinen Armutszahlen, dass Deutschland im guten Mittelfeld der Armut liegt: Selbst Länder wie die Slowakei und die Tschechische Republik haben prozentual weniger Armutsgefährdung als die Bundesrepublik. Dass Zypern nach dieser Statistik noch geringere Armuts-Prozente ausweist als Deutschland, wird sich in den kommenden Monaten ganz sicher ändern. Für diese Insel kann nur die griechische Zielvorgabe gelten: Im Armutsranking besetzen die Griechen ein guten vierten Platz, hinter Bulgarien und Rumänien. Die segensreichen Merkel-Maßnahmen wirken sich eindeutig auch auf Deutschland aus: Ein schlanker Staat macht schlanke Bürger, und wer schlank ist, der ist auch gesund.
Bedenklich scheint die geringe Fürsorge, die in der Merkelschen Sparpolitik für die Reichen im Land vorgesehen ist. Jeder weiß, dass Reichtum nur mit ekligem Stress an der Börse, dem ständigen, nervigen Auf- und Ab der Wertpapiere zu erreichen ist. Trotzdem stieg der Anteil der Reichen deutlich an: Heute verfügt das reichste Fünftel der Deutschen über 4,5 mal so viel Einkommen wie das ärmste Fünftel. Dabei sollte auch Frau Merkel wissen, dass größere Mengen Kaviar und Champagner, die in dieser Schicht konsumiert werden, total ungesund sind. Doch immerhin hat die Menge deutschen Reichtums auch einen Vorteil: Jene, die aus Mangel an Geld nicht mehr in die warmen Länder fahren können, finden ihren Platz an der Sonne, wenn sie sich im strahlenden Lack der Millionärs-Zwölfzylinder oder dem goldenen Glanz des Gattinnen-Geschmeides bräunen dürfen. Und sie sparen sich auch noch das fremdsprachige Merkel-T-Shirt.
Angela Merkel, die Ärztin am Krankenbett des siechenden Europa, kümmert sich auch rührend um den Kreislauf der europäischen Ökonomie: Da muss eine Bank mal wieder gerettet werden: Schon kommt das Doktor-Merkel-Rezept zur Anwendung. Das Loch in der Bank wird mit dem Geld der Bevölkerung gestopft. Es gibt neue Arbeitslose. Deshalb wird weniger gekauft. Weniger Umsatz ergibt mehr Arbeitslose. Mehr Arbeitslose führen zu weniger Steuern. Die fehlenden Einnahmen ersetzt der Staat durch Kredite. Die Bank sitzt auf faulen Staatspapieren. Sie muss gerettet werden…. Jeder weiß, dass ein stabiler Kreislauf eine Grundvoraussetzung der Gesundheit ist. Insofern ist Angela Merkel good for you. And for me. Und für den, der sonst noch Selbstmord begehen möchte. Denn auch die Selbstmordrate ist um bis zu 17 Prozent im Gefolge der Bankenkrise und deren Bewältigung gestiegen. (PK)
Ulrich Gellermann veröffentlicht Glossen wie diese nicht nur bei uns, sondern zuerst in seiner Rationalgalerie, der Internet-Plattform http://www.rationalgalerie.de/archiv/index_1_678.html
Online-Flyer Nr. 400 vom 03.04.2013