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Karl Wagner – Mutmacher gegen Neofaschismus, Militarisierung und Krieg
VVN-Befreiungsfeier würdigt KZ-Häftling
Von Carl Routier
Am 8. Mai ging es im ver.di-Haus Karlsruhe um den Widerstandskampf des Dachau-, Mauthausen- und Buchenwald-Häftlings Karl Wagner, der den Faschismus überlebte und am 8. Oktober vor 30 Jahren in Karlsruhe verstarb.[1] Ruth Birkle vom Kreisvorstand der VVN - Bund der AntifaschistInnen eröffnete die Feier auch für die mitveranstaltenden Gewerkschaften DGB, ver.di, GEW und NGG und begründete, warum das Mahnen und Erinnern wegen eines geplanten Nazi-Aufmarschs am 25. Mai in Karlsruhe hochaktuell ist. [2]
Karl Wagner im Mai 1932 – 10 Monate
vor der ersten Verhaftung
Sieg über den Feind der Zivilisation
Online-Flyer Nr. 406 vom 15.05.2013
Karl Wagner – Mutmacher gegen Neofaschismus, Militarisierung und Krieg
VVN-Befreiungsfeier würdigt KZ-Häftling
Von Carl Routier
Am 8. Mai ging es im ver.di-Haus Karlsruhe um den Widerstandskampf des Dachau-, Mauthausen- und Buchenwald-Häftlings Karl Wagner, der den Faschismus überlebte und am 8. Oktober vor 30 Jahren in Karlsruhe verstarb.[1] Ruth Birkle vom Kreisvorstand der VVN - Bund der AntifaschistInnen eröffnete die Feier auch für die mitveranstaltenden Gewerkschaften DGB, ver.di, GEW und NGG und begründete, warum das Mahnen und Erinnern wegen eines geplanten Nazi-Aufmarschs am 25. Mai in Karlsruhe hochaktuell ist. [2]
Karl Wagner im Mai 1932 – 10 Monate
vor der ersten Verhaftung
Quelle: Dietrich Schulze
Es gebe gute Gründe, den Sieg über den deutschen Faschismus und Militarismus vor 68 Jahren mit einer Feier zu verbinden, erklärte Ruth Birkle. Als vortragenden Zeugen des Zeugen begrüßte sie deshalb Dietrich Schulze - „Adoptivsohn“ von Karl Wagner - und das Trio "Shmooz", das die Feier kulturell umrahmen sollte. In seinen Begrüßungsworten wies ver.di-Hausherr Thorsten Dossow auf die geplante ver.di-Fahrt vom 15.-17. November zur KZ-Gedenkstätte Mauthausen und auf die bekannte Weizsäcker-Rede im Bundestag zum Tag der Befreiung aus dem Jahr 1985 hin.
„Der Kapo der Kretiner“
Anhand von Tondokumenten zeigte Dietrich Schulze in seinem Beitrag die Stationen der Verfolgung des Kommunisten Karl Wagner von 1933 bis zur Befreiung im April 1945 in Buchenwald auf. Und er bezog sich dabei vor allem auf Hilde Wagners Buch „Der Kapo der Kretiner“ [3] und Dutzende von konkreten Beispielen für Karls mutigen und klugen Widerstand, mit dem er unter äußerster Risikobereitschaft hunderten von Mithäftlingen das Leben rettete.
Verweigerung eines SS-Befehls
Herausragend war seine Verweigerung eines SS-Befehls im Außenlager München-Allach (BMW-Rüstungsproduktion), als Lagerältester einen Mithäftling zu schlagen [4]. Ebenso bedeutend die Sabotage des Baus der „Baracke X“, der in Dachau geplanten Vergasungsanlage. Die absichtlichen Baufehler begründete Karl Wagner als Bau-Kapo damit, dass die dafür eingesetzten polnischen Geistlichen als „Maurerlehrlinge“ noch zu wenig eingearbeitet seien. Die Verzögerung des Baus trug am Ende dazu bei, dass die Faschisten das Projekt am Ende aufgeben mussten.
Illegale Widerstandsorganisation
Beiden Widerstandshandlungen gingen intensive Beratungen in der illegalen internationalen Widerstandsorganisation im KZ Dachau [5] voraus, deren Existenz bis heute von der offiziellen Geschichtsschreibung absichtsvoll geleugnet wird. In der anschließenden Diskussion wurde Interesse geäußert, solche Beispiele von Widerstand in Schulen und Hochschulen zu vermitteln.
Wert einer SS-Schubkarre
Auf Nachfragen berichtete Dietrich Schulze über weitere eindrucksvolle Beispiele vom Widerstand wie der „SS-Schubkarre“ und der Rettung des „Kretiners“ und polnischen Häftlings Kowalski [1]. Karl Wagner hatte das Leben von jüdischen Häftlingen in der Kiesgrube verteidigt, indem er gegen das mörderische Hinunterstoßen von Schubkarren die unzulässige Vernichtung von SS-Eigentum reklamierte. Mithäftling Edgar Kupfer-Koberwitz schrieb später darüber: „Hätte er einen Ton zum Schutze der Juden gesagt, er hätte gerade das Gegenteil erreicht, aber eine Rede zum Schutze der Schubkarren musste Erfolg haben. Jedes Stück Holz besaß mehr Wert als der wertvollste Mensch.“
Premiere des Trio „Shmooz“ am 8. Mai in Karlsruhe
Foto: Dietrich Schulze
Bei dem gelungenen Auftritt des Trios „Shmooz“ mit Klezmer- und Gypsy-Musik und Befreiungsliedern handelte es sich um die Premiere dieser Künstlergruppe mit Angelika Metzler, Christoph Obert und Sakis Gatidis. Damit kam zur Befreiungsfeier auch eine gelungene Gründungsfeier für das Trio.
Charakter des Sieges
An passender Stelle während der Feier ergänzte Dietrich Schulze einen Gedanken zum Charakter des Sieges, an dem viele mitgewirkt haben. Ohne die uneingeschränkte Opferbereitschaft der SoldatInnen der Roten Armee jedoch wäre die faschistische Wehrmacht nicht besiegt worden. Einer davon, der 2011 verstorbene Wladimir Samoilowitsch Gall aus Moskau, werde aufgrund mehrfacher bewegender Auftritte in Karlsruhe in bester Erinnerung bleiben [10].
Verhindert den Nazi-Aufmarsch!
Elwis Capece, Sprecher der Kreisvereinigung der VVN, berichtete über die Bemühungen des Antifa-Bündnisses und der Stadt mit ihrem OB Frank Mentrup, den geplanten Nazi-Aufmarsch zu verhindern. Dabei erklärte er, dass beim letzten Treffen des Bündnisses einhellig entschieden worden sei, zur Verhinderung der Nazi-Versammlung zu einem Treffen des Widerstands vor dem Hauptbahnhof Karlsruhe für Samstag, 25. Mai, 9.30 Uhr aufzurufen. [2].
NSU, VS, BND und Staatsterrorismus
In der Versammlung wurde außerdem ein Reader mit aktuellen Bezügen verteilt, darunter ein Artikel der Zeitung junge Welt zu dem vom BND verursachten Bomben-Attentat 1980 auf das Münchner Oktoberfest [6], ein weiterer über den in KZs gequälten Antifaschisten Carl von Ossietzky anlässlich seines 75. Todestags [7], ein KONTEXT-Beitrag über die Ludwigsburg-Connection [8], die Forderung nach einem NSU-Untersuchungsausschuss Baden-Württemberg sowie die Forderung nach Aberkennung der Uni (KIT)-Ehrensenatorwürde für den Alt-Nazi, Antisemiten und Atom-Manager Greifeld [9]. - Eine würdige Feier, an der Karl Wagner seine Freude gehabt hätte. (PK)
Zu diesem Artikel haben wir einen Ausschnitt aus unserem Filmporträt über den Buchenwald-Häftling Emil Carlebach in diese Ausgabe gestellt. Carlebach war wie Wagner in der getarnten Widerstandsgruppe im KZ erfolgreich aktiv.
Zu diesem Artikel haben wir einen Ausschnitt aus unserem Filmporträt über den Buchenwald-Häftling Emil Carlebach in diese Ausgabe gestellt. Carlebach war wie Wagner in der getarnten Widerstandsgruppe im KZ erfolgreich aktiv.
[1] „Widerstand – ein Leben lang“ ähnlicher Bericht am 17.1.2006 im ver.di-Haus http://www.antifa-buendnis-ka.de/proteste/20060128/berichte/20060117_kw.html
[2] Aufruf des AAKA http://www.antifa-buendnis-ka.de/infos/2013/20130525.html
[3] Hilde Wagner „Der Kapo der Kretiner“ Verlag Pahl-Rugenstein
http://www.pahl-rugenstein.de/09_wagner.htm, (Kretiner war die SS-Bezeichnung für ausgemergelte Häftlinge)
[4] Broschüre "Ich schlage nicht" Volltext bei DKP Karlsruhe
Beitrag zur Tagung Martin-Niemöller-Stiftung 21.-23.9.2007 in der Versöhnungskirche Dachau http://www.martin-niemoeller-stiftung.de/1/veranstaltungen/a124
Wolfgang Benz 30.4.2003, Webseite der Bundeszentrale für politische Bildung http://www.bpb.de/izpb/10394/selbstbehauptung-und-gegenwehr-von-verfolgten?p=all
Bayerische Landeszentrale für politische Bildungsarbeit http://www.blz.bayern.de/blz/web/300017/kapo.asp
[5] Karl Wagner und Walter Vielhauer über die illegale Widerstandsorganisation bei „Zum Beispiel Dachau“, Arbeitsgemeinschaft zur Erforschung der Dachauer Zeitgeschichte e.V. http://www.zbdachau.de/history/ger3.htm
[6] „Ein Jahrhundertskandal“, jW 30.04.2013 http://www.jungewelt.de/2013/04-30/034.php
[7] „Ludwigsburg-Connection“ KONTEXT 24.04.2013
[8] „Unverkürzte Erinnerung“, Kurt Pätzold zum 75. Todestag Carl von Ossietzky jW 04.05.2013, http://www.jungewelt.de/2013/05-04/038.php
[9] Protestplakat VVN-BdA ErsterMai13, http://www.stattweb.de/files/civil/Doku20130501.pdf, Presse-Erklärung 15 Gruppen an KIT
Online-Flyer Nr. 406 vom 15.05.2013