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Mülheims Kämmerer Bonan nennt MBI-Kritik "reinen Populismus“
Ein sehr billiges Ablenkungsmanöver
Von Lothar Reinhard
"Tief im Westen, wo die Sonne verglimmt, ist es viel besser, als man meint ….“ sang einst Grönemeyer als Hommage an Bochum. "Tief im Westen, wo man die Euros verbrennt, ist es noch viel schlimmer, als man meint", müsste das aktualisierte Lied zu Mülheim und Ruhrbania sein. Laut WAZ vom 4.6.13 behauptet Mülheims Kämmerer Bonan, die gelegentliche MBI-Kritik an der Lokalpolitik der bei der Stadt Verantwortlichen sei "reiner Populismus“. (1)
Mülheims Stadtkämmerer
Uwe Bonan
NRhZ-Archiv
Weder sei das Ruhrbania-Projekt Hauptursache für die hohe Verschuldung der Stadtkasse, noch hätten Finanzierungsprojekte in öffentlich-privater Partnerschaft (z.B. der Bau von Hauptfeuerwache, Medienhaus und die Sanierung der Schulen) verhindert, dass Mülheim Landesmittel aus dem "Stärkungspakt Stadtfinanzen“ erhalte. Entsprechende MBI-Deutungen seien "eine bewusste Irreführung von Bürgern und reiner Populismus.“
Online-Flyer Nr. 410 vom 12.06.2013
Mülheims Kämmerer Bonan nennt MBI-Kritik "reinen Populismus“
Ein sehr billiges Ablenkungsmanöver
Von Lothar Reinhard
"Tief im Westen, wo die Sonne verglimmt, ist es viel besser, als man meint ….“ sang einst Grönemeyer als Hommage an Bochum. "Tief im Westen, wo man die Euros verbrennt, ist es noch viel schlimmer, als man meint", müsste das aktualisierte Lied zu Mülheim und Ruhrbania sein. Laut WAZ vom 4.6.13 behauptet Mülheims Kämmerer Bonan, die gelegentliche MBI-Kritik an der Lokalpolitik der bei der Stadt Verantwortlichen sei "reiner Populismus“. (1)
Mülheims Stadtkämmerer
Uwe Bonan
NRhZ-Archiv
Populismus bedeutet laut “Bundeszentrale für politische Bildung“ eine Politik, die sich volksnah gibt, die Emotionen, Vorurteile und Ängste der Bevölkerung für eigene Zwecke nutzt und vermeintlich einfache und klare Lösungen für politische Probleme anbietet. (2)
Tatsächlich beschreiben die angeblichen MBI-Behauptungen nachweisbare Fakten. Sie sind nur insofern wirklich "volksnah", weil inzwischen jede/r an der zerstörten Innenstadt und der missratenen Ruhrbania-Verkehrsführung sehen kann und muss, dass gigantische Summen ausgegeben wurden, deren Ergebnis miserabel ist. Seit Monaten vergeht kein Tag, an dem nicht Leserbriefe in der WAZ genau das bitter beklagen. Die MBI schüren also keine Emotionen, sie nutzen auch nichts für eigene Zwecke und bieten keine vermeintlich einfachen Lösungen an. Wie auch, weil die Zerstörung der Stadt bereits so weit durchgezogen wurde, dass Lösungen kaum noch möglich sind.
Dass zudem die endlos vielen PPP- und PPP-ähnlichen Umwegfinanzierungen sowohl die Bilanzen derart verfälschten, dass die überschuldete Stadt nicht einmal in den Stärkungspakt aufgenommen werden konnte, oder auch, dass die als "Mieten“ getarnten Rückzahlungen, auch noch mit Forfaitierung und Einredeverzicht, auf Jahrzehnte die Entschuldung fast unmöglich machen, das sind beides Binsenweisheiten!
Der angebliche Populismus in den MBI-Aussagen ist ein sehr billiges Ablenkungsmanöver des Kämmerers von einer katastrophalen Politik, mit dem er jede Beschreibung von Fakten zu diffamieren und zu verunglimpfen versucht. Wären die MBI genauso drauf wie die Stadtspitze, hätten sie Anzeige wegen Beleidigung gestellt. Doch was bringt das außer bösem Blut? Nichts, und für die Lösung der irrwitzig hoch aufgetürmten Probleme der Stadt Mülheim noch weniger.
Auch bei dem mehr als offensichtlichen Fehlgriff, im Nahverkehrsplan die Buslinie 151 zu kappen, warf auch die SPD den MBI in dem mit wütenden Bürgern vollbesetztem Haus Populismus vor, anstatt zu sagen "Irrtum, wird sofort korrigiert.“ Fehler eingestehen wollen SPD und Verwaltung in Mülheim nie und wenn ihnen gar nichts mehr einfällt, werden andere, meist die MBI, des Populismus bezichtigt. Sehr durchschaubar, billig und demokratieschädlich!
Werbung für Ruhrbania
NRhZ-Archiv
Zurück zu dem "Leuchtturmprojekt“ Ruhrbania, das Innenstadt, Stadtfinanzen und Verkehrsführung massiv beeinträchtigt hat, und dessen Leuchtkraft kaum jemals über der einer Petroleumfunzel liegen wird, selbst wenn einmal was klappen würde:
10 Jahre Projekt Ruhrbania sind nämlich eine Abfolge von Täuschungsmanövern, Tricksereien und gigantischer Geldverschwendung am Rande alles Erlaubten oder auch darüber hinaus. Denkmalschutz, Baumschutz auch bei Naturdenkmälern, Bestimmungen des Baugesetzbuchs, Haushaltsvorschriften wurden genauso eiskalt missachtet wie der enorme Zulauf zu zwei Bürgerbegehren, die beide bürokratisch für unzulässig erklärt wurden, weil jeder Bürgerentscheid dem Ruhrbania-Spuk ein überwältigendes Ende bereitet hätte!
Bezogen auf das Mülheimer Finanzdesaster nur das Folgende:
• Zu Beginn wurde die LEG mit einem Wirtschaftlichkeitsgutachten des Ruhrbania-Projekts beauftragt. Das aber durfte nie das Licht der Öffentlichkeit erblicken. Warum wohl?
• Dann erzählte man über Jahre, in einer EU-weiten Ausschreibung werde ein privater PPP-Partner gesucht, der die riesigen Vorleistungen vorfinanzieren würde. Logischerweise fand sich keiner, im Gegenteil: Der Firma Reggeborgh musste man großzügige Geschenke machen, auch gegen EU-Vergaberecht, damit überhaupt ein "Partner“ gefunden war. Nur durch Intervention der Bundesregierung entkam die Stadt der Konventionalstrafe durch die EU-Vergabekommission, die das eingeleitete Verfahren beenden musste. Die Anwaltskosten für die Stadt betrugen ca. 100.000 €, weil das Rechtsamt sich überfordert sah.
• Mit Reggeborgh bzw. heute Kondor Wessels wurde eine 50%-50%-PPP-Projektgesellschaft gegründet, die aber einzig über die 100% städtische Ruhrbania GmbH&CoKG finanziert wird, welche in der Beteiligungsholding BHM außerhalb des Bonanschen Etats agiert. Kondor Wessels erhielt 1,5 Mio. für Projektmanagement und die Garantie auf Erhalt der Mehrerlöse beim Grundstücksverkauf. Alle städtischen Grundstücke wurden zum Null-Tarif der Ruhrbania GmbH&CoKG geschenkt (damals noch inklusive des funktionierenden Rathausneubaus, der Bücherei, des Gartendenkmals, des Stadtbadanbaus (damals noch Ärztehaus, das bis zur höchsten Instanz herausgeklagt werden musste), der Landes- und Hauptverkehrsstraße Ruhrstraße, des Leinpfads, des Platzes der deutschen Einheit, der gesamten Verkehrsflächen zwischen Nordbrücke und Bahnstraße und des heute noch funktionierende Gesundheitshauses, das erst vor wenigen Jahren runderneuert worden war.
Dann wurde der Umlegungsbeschluss gefasst, damit auch die AOK und das ehemalige Arbeitsamt von der Ruhrbania GmbH&CoKG gekauft und "umgelegt“ werden könnten. Als dann Hoffmeister später das ex-Arbeitsamt anbot, wurden die 1,7 Mio. € aber aus dem Verkehrsetat bezahlt!
• Fast gleichzeitig mit der o.g. Projektgesellschaft wurde mit dem damals ex- und später wieder-MEG-Geschäftsführer Hellmich ein städtischer Ruhrbania-Manager eingestellt zu einem Geschäftsführergehalt, um Kämmerer Bultmann abschieben und später freisetzen zu können. Die Projektgesellschaft mit Reggeborgh funktionierte ohnehin nie, das Projektmanagement fand nie statt, durfte es zum Teil auch nicht z.B. wegen des Vergabeverfahrens zum Baufeld 2.
Auch die spätere Bewerbung für die FH auf den Baufeldern zwischen Eisenbahn- und Nordbrücke lief gänzlich an der Ruhrbania-Projekt-Gesellschaft vorbei, einzig über die Dauergutachter RGW, deren Einstieg in das für sie Vielfach-Millionengeschäft Ruhrbania der Gewinn des ursprünglichen städtebaulichen Wettbewerbs für Ruhrbania war.
• 2010 stieg Reggeborgh aus der funktionslosen Projektgesellschaft ganz aus, kassierte aber noch die verbliebene ca. eine Million für Projektmanagement (war in Jahresraten bis 2014 vorgesehen), welches nie wirklich stattfand!
• 2006 stellte man endlich fest, dass der Großteil der Bevölkerung sich nicht für das Ruhrbania-Projekt erwärmen wollte. Ein reines Vermarktungsproblem, glaubte man/frau. Also entzog man der städtischen Vermarktungs-GmbH das Infomonopol zu Ruhrbania, engagierte verschiedene Image-Agenturen, mietete ein großes Ruhrbania-Info-Büro an (von Hoffmeister, logisch, oder?) und benannte Herrn Beisiegel zum Ruhrbania-Beauftragten. Der erzählte dann in über 100 Veranstaltungen das Blaue vom Himmel (wie in "Ruhrbania Aktuell" Nr. 1 "Morgen wird schöner“), während mit den beginnenden Großbaustellen die Geschäftsleute in Serie in die Knie gingen und aufgeben mussten, schließlich auch der Kaufhof.
• Nach der Gründung der Ruhrbania GmbH&CoKG in 2007 tauchten Ruhrbania-Investitionen ab 2008 als solche nicht mehr im städtischen Haushalt auf. Der Kämmerer verkündete nur noch minimale Neuinvestitionen, so dass der RP die Haushalte genehmigte - nach fast 10 Jahren eines Dauer-Nothaushalts. Dennoch wurden etliche Abrisse wie Stadtbadanbau, Rathausneubau oder Bücherei ganz oder teilweise aus den Geldern des Immoservice bezahlt. Die Zerstörung der Hauptverkehrsstraße Ruhrstraße vom Verkehrsdezernat und die fast 12 Mio. € teure Umverlegung des Hauptabwasserkanals der Stadt wurden ausschließlich von allen Mülheimer Gebührenzahlern getragen, da die vorher eingeplanten Erschließungsgebühren sowohl von existenten Ruhrbania-Anliegern wie Hoffmeisters Kaufhof oder Vivacons umgebautem Stadtbad, als auch von zukünftigen Anliegern auf den Ruhrbania-Baufeldern (Reggeborgh etc.) alle erlassen worden waren.
• Auf Grundlage des oben beschriebenen undurchschaubaren Finanzierungsdschungels verkündeten Beisiegel&Co dann immer und immer wieder ihr angeblich "geniales“ Ruhrbania-Finanzierungskonzept: 20 Mio. € Gesamtkosten für das gesamte Projekt, finanziert durch ca. 14 Mio. durch Grundstücksverkäufe und ca. 6 Mio. Fördermittel. Also ein billiges, sich selbst finanzierendes Großprojekt? Auch wenn die Finanzaufsicht des RP dies kommentarlos akzeptierte, handelte es sich entweder um eine Lachnummer oder aber um ein Vertuschungsmanöver riesigen Ausmaßes.
Um nämlich auch nur einen qm Bauland verkaufen zu können, musste bzw. muss noch die auf allen Baufeldern bestehende funktionierende Infrastruktur zerstört werden, im Fall der AOK noch aufgekauft werden, und vor der Zerstörung Ersatz beschafft werden. Das dauert nicht nur lange (Zeit ist auch Geld!), es ist auch wahnsinnig teuer, wegen der langfristigen Anmietung von Ersatzgebäuden oder des großräumigen Verkehrsumbaus, um die Ruhrstraße überbauen zu können. Wenn man all diese Kosten einfach negiert, erhält man Beisiegels oben erwähnte Milchmädchenrechnung fernab der Realität.
• Ebenso undurchschaubar sind die Gesamtkosten Ruhrbania bisher für Gutachter und Werbungskosten. Die RKW hat sicherlich allein Millionen kassiert, die aber über verschiedene Dezernate, Eigenbetriebe oder städtische GmbHs liefen. Selbst die Auswahl der Ratsstühle durfte RKW teuer vornehmen. Wahrscheinlich traute man keinem der 3.000 Rathausbeschäftigten zu, Stühle aussuchen zu können.
• Hinzu kommen Orgien der Verschwendung, wenn es um Ruhrbania geht. Z.B. den intakten Rathausneubau und gleichzeitig das Restrathaus ganz leerzuziehen, um eine Totalsanierung für 50 Mio. durchzuführen, war eine logistische Verschwendungsnummer ohnegleichen. Über 5 Mio. soll die Zwischenanmietung von Räumen für die Sanierungszeit gekostet haben. Auch die 6 Mio. teure Nummer mit dem abgerissenen und gänzlich neu gebauten Denkmal der Rotunde, die nun versteckt im Innenhof zwischen Restrathaus und angebautem Ruhrbania-Klotz verkümmert, hatte was.
• Noch viele andere Verschwendungsorgien könnten aufgezählt werden. Doch genug.
• Die gesamten bisherigen städtischen Vorleistungen, allein um die paar tausend qm Bauland von Baufeld 1+2 zu ermöglichen, liegen sicher weit über 100 Mio. €, nimmt man die Aufhübschung des Restrathauses zur Attraktivierung der Ruhrbania-Grundstücke hinzu, sicher über 200 Mio. €.
Und das alles ohne Personalkosten, denn seit 10 Jahren sind ganze Abteilungen von Rathaus und Beteiligungsgesellschaften mit fast nichts Anderem beschäftigt, als Ruhrbania zu planen, zu korrigieren, verschlungene Finanzierungswege zu finden und der Bevölkerung das Riesenfiasko schön zu reden!
• Eigentlich müsste man in die Ruhrbaniakosten auch noch die Kosten zumindest teilweise für den rasanten Niedergang der Mülheimer Innenstadt einrechnen… (PK)
Lothar Reinhard ist MBI-Fraktionssprecher im Stadtrat.
(2) Quelle: Schubert, Klaus/Martina Klein: Das Politiklexikon. 5., aktual. Aufl. Bonn: Dietz 2011
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