SUCHE
Unabhängige Nachrichten, Berichte & Meinungen
Arbeit und Soziales
Zwangsvollstreckungs-Auftrag gegen Landrat Dr. Arnim Brux, Ennepe-Ruhr-Kreis
Kein Geld für Diabetes-Kranken
Von Brigitte Vallenthin
Bloße Zufälle - oder mutmaßliches Ziel von Amtschef Heiner Dürwald, um mit Hilfe des Rechtsmittels Fristablauf den Zahlungs-Beschluss des Sozialgerichts verfallen zu lassen? Einen Skandal nennt es diese Woche der Spiegel: Die Jobcenter „lassen ausgerechnet die Kunden im Stich, für die Sie da sein sollten“ - wie einem vertraulichen Rechnungshofbericht zu entnehmen sei. Das deckt sich nach Feststellung der Hartz4-Plattform eins zu eins mit den Erfahrungen, die man tagtäglich und bereits seit vielen Jahren macht.
Online-Flyer Nr. 412 vom 27.06.2013
Zwangsvollstreckungs-Auftrag gegen Landrat Dr. Arnim Brux, Ennepe-Ruhr-Kreis
Kein Geld für Diabetes-Kranken
Von Brigitte Vallenthin
Bloße Zufälle - oder mutmaßliches Ziel von Amtschef Heiner Dürwald, um mit Hilfe des Rechtsmittels Fristablauf den Zahlungs-Beschluss des Sozialgerichts verfallen zu lassen? Einen Skandal nennt es diese Woche der Spiegel: Die Jobcenter „lassen ausgerechnet die Kunden im Stich, für die Sie da sein sollten“ - wie einem vertraulichen Rechnungshofbericht zu entnehmen sei. Das deckt sich nach Feststellung der Hartz4-Plattform eins zu eins mit den Erfahrungen, die man tagtäglich und bereits seit vielen Jahren macht.
Am 12. Juni hatte die Bürgerinitiative für Hartz IV-Betroffene auf www.hartz4-plattform.de von einem "Musterbeispiel“ der skandalösen Zustände in Hartz IV-Jobcentern aus dem NRW-Jobcenter Ennepe-Ruhr berichtet, welche die sogenannten Arbeits-Vermittlungs-Behörden in Deutschland billigend in Kauf nehmen, um „glänzende“ Statistiken nach Nürnberg und Berlin melden zu können. Einem Diabetes-Kranken war 6 Monate lang die Leistung verweigert worden. Nachdem schließlich die 33. Kammer des Sozialgerichts Dortmund ihm Ende Mai im Eilverfahren wenigstens einen kleinen Teil seiner Leistungen zuerkannte, begann der juristische Irrsinn erst richtig: neuerliche Zahlungs-Verweigerung des Jobcenters, Antwortverweigerung von Amtschef Dürwald, Mauern der Gerichtsvollzieher. Ob man angesichts dieser zynischen juristischen Täuschungsmanöver wohl von einer mutmaßlich beabsichtigten Verzögerung ausgehen müsse, fragt man sich bei der Hartz4-Plattform angesichts des Fristablaufs für die Vollstreckung gegen Landrat Brux am Sonntag, 30. Juni? Von Jobcenter-Chef Heiner Dürwald: keine Antwort auf Hilfe-Ersuchen.
Bei der Regionalstelle seines Jobcenters in Wetter blitzte der Kunde selbst nach Vorlage seines vollstreckbaren Gerichtsbeschlusses vom 27. Mai auch nach mehrfachen Versuchen ab. Schließlich wandte er sich am 11. Juni „in dem Vertrauen, dass die Ihnen unterstellte Behörde die Bindung an Recht und Gesetz ernst nimmt“, schriftlich an den zuständigen Amts-Leiter in Schwelm, Heiner Dürwald. Er bat mit einer Frist bis zum 17. Juni darum, dass der Behördenleiter „einen Weg finden werde, rasche Abhilfe in der Sache zu schaffen.“ Andernfalls sehe er sich gezwungen, Vollstreckungsantrag zu stellen. Doch der Hartz IV-Behörden-Chef hielt es noch nicht einmal für nötig, dem kranken "Kunden“ zu antworten.
Eiertanz der Gerichtsvollzieher
Also klärte er am Mittwoch, 19. Juni telefonisch ab, welcher Gerichtsvollzieher für seinen Schuldner, den Landrat des Ennepe-Ruhr-Kreises, Dr. Arnim Brux, an dessen Dienstadresse Hauptstraße 92 in Schwelm zuständig sei. Freitag, den 21. Juni, machte er sich dann auf den Weg zur Gerichtsvollzieherin nach Schwelm, mit der er vorher ebenfalls die vorzulegenden Dokumente abgestimmt hatte.
• Die erste Gerichtsvollzieherin: „ich würde gerne vollstrecken - aber tut mir leid: ich bin doch nicht zuständig.“
• Die zweite Gerichtsvollzieherin: „Habe leider gerade keine Zeit - wenden Sie sich an meine Kollegen“.
• Der dritte und vierte Gerichtsvollzieher: „Aus dem Beschluss können wir nicht
vollstrecken“. Und überhaupt: „So etwas haben wir noch nie gehabt.“ Dann redeten die zwei staatlich bestellten Vollstreckungs-Beauftragten noch eine Weile im Amts- und Juristen-Chinesisch auf den Antragsteller ein, ohne ihm auch nur ansatzweise in Normal-Deutsch zu erklären, was er tun könne, um endlich seinen Zwangsvollstreckungsantrag auf den Weg zu bringen.
• Ebenfalls noch am Freitag bei der mittlerweile als tatsächlich zuständig ausgemachten Gerichtsvollzieherin Nr. zwei: telefonischer Versuch, das zielführende Procedere zu klären. Mit unüberhörbarem Erschrecken meinte die allerdings: „Ich kann doch nicht einer Behörde ins Konto pfänden oder in die Kasse greifen.“ Dem Hinweis, dass der Landrat ebenso wie jeder andere Schuldner zu behandeln sei, wusste sie nichts mehr entgegen zu setzen.
• Am folgenden Montag, 24. Juni, reichte der Betroffene schließlich fristgerecht einen Antrag auf Zwangsvollstreckung bei der Poststelle des Amtsgerichts Schwelm ein. Sie wolle den noch am selben Tag aus ihrem Gerichtsvollzieher-Fach abholen und bearbeiten, hatte die Gerichtsvollzieherin ihm zugesichert.
• Seitdem ist sie offensichtlich abgetaucht: mehr als 10 Handy-Anrufe am nächsten Tag werden sofort unterbrochen, Ihre Festnetznummer reagiert überhaupt nicht, und weder auf die Rückrufbitten via Mailbox noch auf die via eMail reagiert sie.
Heißes Eisen für das Sozialgericht Dortmund
Zwischenzeitlich wurde festgestellt, dass dem Sozialgerichts-Beschluss die Vollstreckungsklausel für den Gerichtsvollzieher fehlt und seine Zustellungsurkunde unvollständig ausgefüllt ist. Daraufhin wurde beim Sozialgericht bereits vor einer Woche eine pfändungsfähige Ausfertigung des Gerichtsbeschlusses mit Vollstreckungsklausel angefordert. Eine Antwort darauf gab’s auch nicht - lediglich auf telefonische Rückfrage die Information, dass die gesamte Akte einschließlich dieses mit besonderem Eilbedürftigkeits-Vermerk versehenen Schreibens inzwischen ans Landessozialgericht nach Essen weitergeleitet worden sei. Begründung: das Jobcenter habe inzwischen Beschwerde gegen die Eilentscheidung aus Dortmund eingelegt. Und danach nur der "freundliche“ telefonische Hinweis aus der Geschäftsstelle des 2. Senats beim Landessozialgericht Essen, die Akte liege der Richterin vor und: „So etwas wird in der Regel schnell bearbeitet“. Bis zum 26. Juni ist jedenfalls noch nichts geschehen.
Spekulieren Landrat Brux und Amtsleiter Dürwald auf Aufhebung des Gerichtsbeschlusses nach Monatsfrist - am 30. Juni 24 Uhr? Für die Hartz4-Plattform ist kaum zu glauben, was sich da an juristischen Taschenspielertricks im Verantwortungsbereich von SPD-Sozialminister Guntram Schneider abspielt: 6 Monate überhaupt kein Geld für einen Diabetes-Kranken. Dann per Eilentscheidung des Sozialgerichts Dortmund ein Almosen, nur Regelsatz für mal eben 2 Monate, Mai und Juni - für 4 Monate immer noch offene Leistungen, überhaupt kein Mehrbedarf für Diabetes, überhaupt keine Miete. Und dann muss der Prozess-"Gewinner“ einen Monat hinter diesen Brosamen her laufen, um am Ende festzustellen, dass die versammelte Behörden- und Staatsmacht ihn nur am Nasenring durch die juristische Manege gezogen hat, um die Monatsfrist mit Nicht-Zahlung zu überstehen und am Ende dem "Kunden“ die lange Nase zu zeigen: „April, April - jetzt ist die Frist verstrichen! - Du kriegst überhaupt nichts! Denn jetzt beantragen wir - „nach Recht und Gesetz“ – die Aufhebung der Eilentscheidung.
Nach Einschätzung der Hartz4-Plattform dürfte die Behörde vermutlich bereits mit der Beschwerde vorsorglich den entsprechenden Antrag beim Landessozialgericht NRW in Essen gestellt haben - denn das scheint ihr mutmaßlich einziges Ziel dieser Verzögerungstaktik gewesen zu sein. Einen Antrag auf Zwangsgeld gegen den für das Jobcenter zuständigen Landrat hat das Sozialgericht Dortmund ebenfalls ignoriert. Und mit Datum 26. Juni wurde das Landessozialgericht nochmals daran erinnert, dass bei weiterer Untätigkeit von Gerichten und Gerichtsvollziehern ein unverschuldeter Schaden für den Jobcenter-"Kunden“ entstehen würde. Der wird am 27. Juni die letzte Gelegenheit nutzen, um in der Sprechzeit der Gerichtsvollzieherin in Schwelm zu klären, ob diese willens und bereit ist, dem Vollstreckungsauftrag folgend den Landrat zwecks Pfändung aufzusuchen.
Was für eine irrwitzige Rechtslage! Am Sonntag, 30. Juni, 24 Uhr, wird die Frist ablaufen. Wenn das Jobcenter es schaffen sollte, bis dahin die Zahlung zu verhindern, kriegt es obendrein noch einen "Bonus vom Gesetzgeber“: es hat dadurch das Recht erworben, die Aufhebung der Eilentscheidung zu verlangen!“ (PK)
Kontakt: Brigitte Vallenthin, Presse Hartz4-Plattform, die Hartz IV-Lobby
Fon 0611-1721221
Mobil 01525-3520721
Online-Flyer Nr. 412 vom 27.06.2013