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Gesetzlicher Mindestlohn, faire, sichere Arbeit, keine Rente mit 67, bessere Politik!
Forderungen von 514.134 IG Metallern
Von Peter Kleinert
Die IG Metall hat die größte Beschäftigtenbefragung in Deutschland durchgeführt. Mehr als eine halbe Million Menschen, genau 514.134 IG Metaller, machten mit. Sie fordern einen politischen Kurswechsel, eine neue Ordnung auf dem Arbeitsmarkt sowie faire, sichere Arbeit. Und: Sie wollen mehr beteiligt werden in betrieblichen aber auch in politischen Prozessen.
Dieter Kolsch - Tarifpolitiker
und IGM-Kassierer
Quelle: IGM
Besonders die Antworten der jungen Menschen belegen, dass die Frage nach der Zukunft der Arbeit zentral ist: Nur knapp über 50 Prozent der Befragten zwischen 15 und 24 Jahren haben überhaupt jemals einen unbefristeten Arbeitsvertrag gehabt. Das dürfe sich nicht über ihr gesamtes Leben hinweg so fortsetzen, so Tarifpolitiker und IGM-Kassierer Dieter Kolsch zur Haltung in den Unternehmen. Und ausserdem höre man immer wieder: "Wir benötigen die Jungen dringend als künftige Fachkräfte. Wir vermitteln ihnen aber gleichzeitig die Botschaft: Wir wissen noch nicht, ob wir Dich auf Dauer brauchen. Das muss sich dringend ändern. Wir registrieren in zunehmend mehr Firmen, dass "Kopfprämien“ für die Anwerbung, bzw. Abwerbung qualifizierter Fachkräfte gezahlt werden (häufig mehrere tausend Euro). Mehr Aus- und Weiterbildung sowie Anerkennung ausländischer Qualifikationen wäre der richtigere Weg.“
Online-Flyer Nr. 419 vom 14.08.2013
Gesetzlicher Mindestlohn, faire, sichere Arbeit, keine Rente mit 67, bessere Politik!
Forderungen von 514.134 IG Metallern
Von Peter Kleinert
Die IG Metall hat die größte Beschäftigtenbefragung in Deutschland durchgeführt. Mehr als eine halbe Million Menschen, genau 514.134 IG Metaller, machten mit. Sie fordern einen politischen Kurswechsel, eine neue Ordnung auf dem Arbeitsmarkt sowie faire, sichere Arbeit. Und: Sie wollen mehr beteiligt werden in betrieblichen aber auch in politischen Prozessen.
Pfarrer und Dipl. Psych. Karl-Heinz Iffland, KALZ-Geschäftsführerin Hedel Wenner und Witich Roßmann.
Alle Fotos: IG Metall
In der Region Köln-Leverkusen beteiligten sich 13.430 Arbeitnehmer aus Industrie und Handwerk aus 118 Betrieben an der Befragung. Dies war der Grund, warum die IG Metall Köln-Leverkusen am 6. August zu einer Pressekonferenz eingeladen hatte. In deren Rahmen hat die IGM 10.000 Euro an „Sonnenblume e.V., den Förderverein zur Hilfe für äthiopische Kinder, und 4.638 Euro an das Kölner Arbeitslosenzentrum e. V. gespendet. Die Vertreter der Vereine, Erdaw Miko für Sonnenblume e. V. der evangelische Ehrenfelder Pfarrer und Dipl. Psych. Karl-Heinz Iffland sowie die Geschäftsführerin Hedel Wenner vom KALZ e.V. stellten ihre Arbeit in den jeweiligen gemeinnützigen Einrichtungen vor.
Wer fragt, bekommt Antworten
Die Beschäftigten wollen von der Politik vor allem deutliche Zusagen für eine neue Ordnung auf dem Arbeitsmarkt. Sie wollen sichere und fair bezahlte Arbeit. Niedriglohn und prekäre Beschäftigung sollen eingedämmt werden. Sie wollen faire Altersübergänge und sie wollen Beruf und Familie vereinbaren können. Die Beschäftigten wollen für sich und ihre Kinder gerechte Bildungschancen. Sie erwarten von der Politik eine Eindämmung prekärer Arbeit und einen gesetzlichen Mindestlohn, die Rücknahme der Rente mit 67, flexible Altersübergänge, außerdem eine Regulierung der Finanzmärkte und Verteilungsgerechtigkeit – so die Zusammenfassung der Ergebnisse der Befragung in der Kölner Region im Detail durch den Ersten Bevollmächtigten der IG Metall Dr. Witich Roßmann auf der Pressekonferenz.
Beschäftigte wollen sichere und faire Arbeit
92 Prozent der Befragten bezeichnen einen unbefristeten Arbeitsvertrag als "sehr wichtig", 85 Prozent halten ein ausreichendes und verlässliches Einkommen für "sehr wichtig". Prekäre Beschäftigung wird strikt abgelehnt. Über 94 Prozent der Befragten fordern, dass der Niedriglohnsektor eingedämmt wird. "Das heißt konkret: Die Politik muss Leiharbeit und Werkverträge regulieren, grundsätzlich muss gelten "gleiche Arbeit - gleiches Geld", betonte Roßmann, und dies obwohl von den Befragten in der Kölner Region 89% einen unbefristeten Vertrag haben und 77% ein ausreichendes und verlässliches Einkommen. Aber der Zuwachs von Niedriglohnkonkurrenz, von Leiharbeit und Werkverträgen – gerade unter jüngeren Beschäftigten – werde auch von den Stammbelegschaften als Bedrohung empfunden. Immerhin 10% der Befragten (also über 1.300) haben einen Werkvertrag, sind in der Region befristet und in Leiharbeit beschäftigt – also in prekären Arbeitsverhältnissen.
Erdaw Miko vom Verein Sonnenblume e.V. und Witich Roßmann
Erdaw Miko vom Verein Sonnenblume e.V. und Witich Roßmann
Es spreche für die Metall- und Elektroindustrie, die guten Tarifverträge und die Arbeit der Betriebsräte, dass die wesentlichen Elemente guter Arbeit sich für große Teile der in der Region Befragten auch in der persönlichen Situation wiederfinden, so Witich Roßmann. "Aber: wir registrieren aufmerksam, dass sich in der Kölner Metall-Industrie deutlich mehr Menschen Sorge um ihren Arbeitsplatz machen als im Bundesgebiet (52% statt 39%) Deshalb bezeichnen in Köln auch 63% aller Befragten "verbindliche Vereinbarungen zur Beschäftigungssicherung“ für sehr wichtig.
Eindeutige Positionen der Politiker erwartet
Roßmann weiter zu den Befragungsergebnissen: "Die Beschäftigen erwarten von den Parteien eindeutige Positionen. Die Positionen der IG Metall beim Thema prekäre Beschäftigung sind klar: Die Wiedereinführung des Synchronisationsverbots bei der Leiharbeit und die Begrenzung der Verleihdauer. Bei Werkverträgen fordert die IG Metall eine klare Abgrenzung zwischen Arbeitnehmerüberlassung und Werkvertrag, die gesetzliche Festlegung von Vermutungsregelungen und Strafen bei deren Umgehung. Damit Werkverträge nicht missbraucht werden können, muss der Betriebsrat umfassende Informations- und Mitbestimmungsrechte erhalten."
In der Pressekonferenz vorgestellte Ergebnisse im Detail: Die Beschäftigten fordern gute Arbeit. Immerhin 41% haben den Eindruck (und das trifft voll und ganz zu), dass immer mehr Arbeit in der gleichen Zeit bewältigt werden muss und dass sich 46% ständig oder häufig bei der Arbeit gehetzt oder unter Zeitdruck fühlen. Und immerhin noch 36% müssen körperlich schwer arbeiten. 9% müssen außerhalb der Arbeitszeit erreichbar sein, 19% außerhalb der regulären Wochenarbeitszeit (z.B. am Wochenende) arbeiten. 43% aller Befragten befürchten deshalb, dass sie "wachsenden Anforderungen ihrer Arbeit nicht mehr gewachsen sind“. Deshalb zeigt die Befragung hohe Zustimmungswerte für ergonomische Arbeitsplatzgestaltung, persönlichen Einfluss auf Arbeitstempo und -Menge, mehr Mitsprachemöglichkeiten bei Aufgaben- und Arbeitsgestaltung, mehr Möglichkeiten für berufliche Weiterbildung und Gesundheitsvorsorge.
Eine besondere Bedeutung hat dabei auch die Gestaltung der Arbeitszeit. 62% der Kölner Befragten wünschen eine geregelte, planbare Arbeitszeit (bundesweit 46%). Große Mehrheiten sind zu flexibler Arbeitszeit bereit, wenn sie selbst auch Einfluss darauf nehmen können und temporäre Absenkungen der Arbeitszeit für Kinderbetreuung, Pflege und Weiterbildung möglich sind.
Beschäftigte fordern einen starken Sozialstaat
Nahezu alle Befragten (98 Prozent) fordern von der Politik einen handlungsfähigen und starken Sozialstaat. Faire Leistungen bei Rente, Gesundheit, Pflege und Arbeitslosigkeit seien dafür wesentliche Grundvoraussetzungen. Der Staat müsse auch dafür sorgen, dass Beschäftigte Arbeit und Leben miteinander vereinbaren können.
Mitglieder von Sonnenblume e.V., KALZ und IG Metall Köln/Leverkusen
Mitglieder von Sonnenblume e.V., KALZ und IG Metall Köln/Leverkusen
Für 91% ist die Regulierung der Finanzmärkte "wichtig" oder "sehr wichtig", für 82% mehr Verteilungsgerechtigkeit durch Besteuerung hoher Einkommen, Vermögen und großer Erbschaften, für 93% gleiche Bildungschancen unabhängig von Herkunft und Einkommen der Eltern. Und ebenfalls 93% fordern eine "solidarische Krisenbewältigung in Europa". Flexibilität geht für die Beschäftigten dann in Ordnung, wenn sie verbindlich und tarifpolitisch geregelt ist. Über 90 Prozent wollen nicht, dass ihr Privatleben zu stark beeinträchtigt wird. Die Beschäftigten erwarten, dass ihre Bedürfnisse gleichberechtigt neben denen der Unternehmen stehen. Dafür brauche man aber gute Betriebsvereinbarungen, die zum Beispiel Zeitausgleich und finanzielle Vergütung ermöglichen. Das gehe nur mit einer starken Mitbestimmung.
Beschäftigte wollen faire Altersübergänge
Zu sicherer und fairer Arbeit gehört nach Meinung der an der Befragung Teilnehmenden auch, dass ein fairer Ausstieg aus dem Arbeitsleben möglich ist. Nur 29% der Beschäftigten sehen sich aber in der Lage, die derzeitige Arbeit bis zum gesetzlichen Renteneintrittsalter durchzuhalten, 49% sagen: "Wahrscheinlich nicht“. Ganze 6 Prozent glauben, von der gesetzlichen Rente gut leben zu können. Sie wollen je nach beruflicher Situation flexibel aussteigen und trotzdem abschlagsfrei in Rente gehen. Wer zum Beispiel 45 Jahre an einem hochproduktiven Arbeitsplatz in der Metall- und Elektroindustrie gebuckelt habe, müsse abschlagsfrei in Rente gehen können. Dazu Witich Roßmann: "Das sollte kein Bundestagskandidat ignorieren, der Arbeitnehmerstimmen erhalten will: 80% wollen, dass die Rente 67 zurückgenommen wird, ebenfalls 80% wollen die Förderung eines flexiblen Ausstiegs aus dem Erwerbsleben, 73% verlangen, dass das Rentenniveau nicht abgesenkt wird.“
Beschäftigte wollen gerechte Bildungschancen
Die Mehrheit der Befragten (70 Prozent) sieht Weiterbildung als wesentlichen Faktor in der beruflichen Entwicklung an. Gleichzeitig würden aber nicht mal 50 Prozent der Beschäftigten ausreichende Weiterbildungsmöglichkeiten im Betrieb angeboten. Zusammen mit den Beschäftigten fordert deshalb die IG Metall, dass die Unternehmen ihre Investitionsquoten in die Weiterbildung signifikant erhöhen und dass der Gesetzgeber für ein durchlässiges Bildungssystem sorgt.
Dieter Kolsch - Tarifpolitiker
und IGM-Kassierer
Quelle: IGM
Beschäftigte wollen mehr Beteiligung
Eine gute Bewertung haben die Betriebsräte, vor allem IG Metall-Betriebsräte in der Befragung erfahren. 78% sagen, dass ihre Betriebsräte präsent und gut zu erreichen sind, ausreichend und zeitnah informieren und bei ihren Entscheidungen auf die Meinung der Beschäftigten hören. Und immerhin 50% sind bereit, sich selbst stärker bei der Vertretung von Beschäftigteninteressen einzubringen. Witich Roßmann dazu: "Das macht uns Mut für unsere beteiligungsorientierte Gewerkschaftsarbeit. In vielen Auseinandersetzungen um Betriebsvereinbarungen und Firmentarifverträge spielen Betriebsversammlungen, Mitgliederversammlungen inzwischen eine große Rolle. Wir sind sicher, dass sich das auch in der Vorbereitung der Betriebsratswahlen 2014 zeigen wird. Betriebsräte und Gewerkschaften sind ein lebendiges Element der Demokratie in der Arbeitswelt und im Betrieb. An ihrer Arbeit sollte sich auch die Politik orientieren. Betriebsräte und Gewerkschaften haben das Ohr sehr dicht an den Interessen und Wünschen der Arbeitnehmer. Politiker sind gut beraten, darauf zu hören und unsere Ergebnisse der Beschäftigtenbefragung ernst zu nehmen. An der Sonntagsumfrage sind zumeist nicht mehr als 1000 bis 2000 Befragte beteiligt. An der Beschäftigtenbefragung haben sich mehr als eine halbe Million Arbeitnehmer beteiligt. Das ist mehr als repräsentativ.“ (PK)
IG Metall Köln-Leverkusen
Dr. Witich Roßmann
Telefon: (0221) 951524 -10 oder -11
Mobil: (0170) 3333 225
Telefax: (0221) 951524 -40s
E-Mail: witich.rossmann@igmetall.de
Internet: www.koeln-leverkusen.igmetall.de
Online-Flyer Nr. 419 vom 14.08.2013