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Lokales
Kölner Initiative "Rettet unsere Veedel" will Abriss einer grünen Siedlung verhindern
Erster Erfolg beim Haus Egonstrasse 36
Von Rainer Kippe

Am Sonntag, 10. November, hat die Kölner Initiative "Rettet unsere Veedel" das leerstehende Haus Egonstraße 36 in Obhut genommen, um zu verhindern, dass ein weiteres Haus dieser Siedlung im Grünen dem Bagger zum Opfer fällt. Heute morgen, am 11.11., kam ein Herr Bock vom Liegenschaftsamt mit der Polizei, stellte Strafantrag gegen die "Besetzer" und verlangte Räumung des Gebäudes, damit dieses zum Abbruch vorbereitet werden könne.


Das leerstehende, vom Abriss bedrohte Haus Egonstraße 36 wird besetzt
Fotos: Rainer Kippe
 
Mittlerweile sammelten sich bis zu 50 Anwohner vor dem Gebäude, um ihre Solidarität mit den Besetzern zu zeigen - zunächst Frauen mit kleinen Kindern, am Nachmittag kamen Schulkinder und Männer dazu. Anwohner stellten ihre Autos vor das Gebäude, um den Abbruchfahrzeugen den Zugang zu verwehren.

Es begannen langwierige Verhandlungen mit verschiedenen Politikern und Verwaltungsbeamten. Bezirksbürgermeister Norbert Fuchs, der sich auswärts aufhielt, ließ fernmündlich mitteilen, dass er bereit sei, mit den Bewohnern der Siedlung zu verhandeln.

Von den Grünen schaltete sich der Vorsitzende des Liegenschaftsausschusses Jörg Frank ein. Er kündigte an, das Thema Siedlung Egonstraße auf die Tagesordnung der Sitzung des Liegenschaftsausschusses am Tag darauf setzen zu wollen. Jörg Frank ließ verlauten, er sehe keinen Grund für einen Abbruch der Siedlung und kündigte eine Stellungnahme der Grünen an.

Das zuständige Liegenschaftsamt unter seinem Leiter, dem SPD-Mann Detlev Fritz, eskalierte währenddessen immer weiter - mit Deckung des Büros des Oberbürgermeisters unter seinem Leiter Michael Zimmermann. Er ließ einen Bagger anrollen, holte Abbrucharbeiter herbei und ließ die Bereitschaftspolizei aufmarschieren, um den Abbruch des Hauses gegen den Willen der Bewohner der Siedlung durchzusetzen.

Haus Egonstraße 36 bleibt vorläufig in der Obhut der Besetzer

Erst  gegen 17 Uhr lenkte das Liegenschaftsamt ein, nachdem Bezirksbürgermeister Norbert Fuchs sich eingeschaltet hatte. Man einigte sich mit den Besetzern auf das, was diese schon am Mittag angeboten hatten: Abzug gegen Aussetzung des Abbruches. Zunächst wurde der Dienstag, also der morgige Tag vereinbart. Bei einem anschließenden Gespräch verlängerte Amtsleiter Detlev Fritz die Frist bis zur Entscheidung des Bedschwerdeausschusses des Stadtrates im Dezember, den die Bewohner angerufen haben.

Völlig unklar blieb für die Bewohner der Siedlung wieder einmal, weshalb sie überhaupt weichen sollen. Angeblich weist der Flächennutzungsplan das Gelände der Siedlung als Grünfläche aus, obwohl sie seit 1945 besteht, weil die Nähe des Klärwerkes Stammheim angeblich die Ausweisung eines Wohngebietes verbietet.

Solidarische Siedlungsbewohner unterstützen die Hausbesetzer

Für den allmählichen Abbruch der Häuser wurden von Fritz andere Argumente ins Spiel gebracht: die Energieverordnung verbiete es der Stadt, Gebäude zu vermieten, die nicht auf dem neuesten Stand seien. Die energetische Sanierung aber sei nicht zulässig, weil dazu eine Baugenehmigung erforderlich sei, welche nicht erteilt werden dürfe, weil die Siedlung nicht als Wohngebiet ausgewiesen sei usw.

In der Egonstraße können diese Reden niemanden überzeugen. Für die Bewohner der Siedlung und ihre Freunde stellt sich von daher immer mehr die Frage, wer tatsächlich hinter dem Abbruch einer Siedlung steht, deren Bewohner diesen liebenswerten Flecken Erde mit eigenen Händen in mehr als 60 Jahren aus alten Munitionsbaracken geschaffen haben.

Hartnäckig hält sich das Gerücht, dass hinter dem geplanten Abbruch ein Recyclingunternehmen in der Nachbarschaft stecke, das einem Kölner Stadtratsmitglied gehört. (PK)

„Wir wollen Lösungswege prüfen“
 
Kurz bevor dieser Artikel mit der neuen NRhZ-Ausgabe online ging, erreichte uns diese Mail von der Grünen-Fraktion im Stadtrat:
Die Wohnsiedlung an der Egonstraße/Stammheimer Ring besteht aus 51 ca. 60 qm großen Bauten, die im 2. Weltkrieg als Munitionsbaracken dienten und infolge der großen Wohnungsnot nach Kriegsende als Behelfswohnungen genutzt wurden. Für die Bauten auf städtischem Grund haben die Bewohner*innen unbefristete Mietverträge mit der Stadt geschlossen. Über die Jahrzehnte etablierte sich eine kleine Siedlung, die von ihren Bewohner*innen wegen ihres sozialen Zusammenhalts und der sehr geringen Mietkosten geschätzt wird. Allerdings entsprechen die Bauten schon lange nicht mehr den heutigen baulichen und energetischen Mindeststandards. Durch die unmittelbare Nähe des Großklärwerks ist dieser Bereich kein Wohnungsstandort sondern laut Flächennutzungsplan „Grünfläche“ als Abstandsfläche zum Großklärwerk.
Die Mieter*innen haben Bestandsschutz. Frei werdende Bauten können allerdings nicht mehr neu vermietet werden, da sie nach dem heute geltenden Mietrecht saniert werden müssten.
 
„Sanierungsaufwendungen durch die Stadt wären allerdings nur dann gerechtfertigt, wenn die Wohnnutzung auch eine rechtlich gesicherte Zukunftsperspektive hätte. Daher wäre auch eine Grundstücksveräußerung an die Mieter*innen nicht möglich, wofür wir Grüne uns vor über zehn Jahren zum Beispiel in der Humboldt-Siedlung erfolgreich engagiert haben.“ erläuterte Jörg Frank, Vorsitzender des Liegenschaftsausschusses die Ausgangslage.
 
„Wir können sehr gut nachvollziehen, dass die Menschen gerne eine Perspektive hätten, die den dauerhaften Erhalt der Wohnsiedlung ermöglicht. Ich halte dies auch durchaus für wünschenswert. Wir haben den baulichen Zustand sowie die immissionsschutz- und planungsrechtlichen Bedingungen im Liegenschaftsausschuss erörtert und die Verwaltung nun gebeten, die Möglichkeiten für einen Erhalt der Siedlung konkret zu prüfen. Die Ergebnisse werden wir dann demnächst beraten.“, so Jörg Frank nach der Sitzung des Liegenschaftsausschusses am 12. November.


Online-Flyer Nr. 432  vom 13.11.2013



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