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Entmündigung der Wähler bei Ruhrbania, Verkehrsführung, Haushalt…
Wie Mülheim unter der Ratsmehrheit leidet
Von Lothar Reinhard
Gestern war Sondersitzung der Bezirksvertretung 3 (alles Linksruhr) der Stadt Mülheim mit dem „eigentlichen“ Hauptpunkt ÖPNV-Zukunft bzw. Nahverkehrsplan. Doch meldeten SPD und CDU gleich Beratungsbedarf an, so dass nichts beraten oder gar als Empfehlung beschlossen werden konnte. Das soll nun alles der Stadtrat am 18.12. machen, und dafür haben die beiden großen Fraktionen bereits vorgelegt, was sie beschließen werden. Die MBI-Anträge und -Vorschläge zum Straßenbahnnetz und zur Optimierung des Busnetzes wurden damit wieder nicht behandelt und seit März nun bereits zum x-ten Mal verschoben.
Online-Flyer Nr. 436 vom 11.12.2013
Entmündigung der Wähler bei Ruhrbania, Verkehrsführung, Haushalt…
Wie Mülheim unter der Ratsmehrheit leidet
Von Lothar Reinhard
Gestern war Sondersitzung der Bezirksvertretung 3 (alles Linksruhr) der Stadt Mülheim mit dem „eigentlichen“ Hauptpunkt ÖPNV-Zukunft bzw. Nahverkehrsplan. Doch meldeten SPD und CDU gleich Beratungsbedarf an, so dass nichts beraten oder gar als Empfehlung beschlossen werden konnte. Das soll nun alles der Stadtrat am 18.12. machen, und dafür haben die beiden großen Fraktionen bereits vorgelegt, was sie beschließen werden. Die MBI-Anträge und -Vorschläge zum Straßenbahnnetz und zur Optimierung des Busnetzes wurden damit wieder nicht behandelt und seit März nun bereits zum x-ten Mal verschoben.
Ein Teil von Mülheims kostspieligem Prestigeprojekt Ruhrbania im April 2013
Quelle: wikipedia
In der letzten Sitzung der BV 3 hatte diese sich insgesamt mit Recht völlig darüber aufgeregt, dass ihre Beschlüsse vom Juli im 2. Nahverkehrsplan-Entwurf einfach ignoriert worden waren. Zum Teil hatten SPD und CDU das in ihrem Antrag korrigiert und dafür wohl ihre BV-Vertreter „auf Linie“ gebracht und die gehorchten brav. Dabei hätte gerade die BV 3 unabhängig von den MBI-Vorschlägen zu mindestens 2 Punkten des NVP Stellung beziehen müssen! Doch die BV 3 entmündigte sich lieber selbst.
Erstens dazu, dass der 132er Bus aus Mintard durch den 134er ersetzt werden soll, der dann ab Saarn kreuz und quer durch Broich und Speldorf zockelt und schließlich über den Hafen zum Hauptbahnhof fährt. Die Menschen aus Mintard wollten aber direkter in die Innenstadt gelangen können!
Zweitens zur geplanten Kappung des Endastes der Straßanbahn-Linie 102 ab Waldschlößchen und den Ersatzverkehr zur bisherigen Endhaltestelle Uhlenhorst durch eine geänderte Linienführung der Buslinie 752 anstelle des im NVP-Entwurf vorgeschlagenen Ersatzes durch Taxibus. Was diese Maßnahmen kosten und was sie u.a. an Einsparungen real bringen, hätte vorgerechnet werden müssen, mal abgesehen davon, dass der 752er-Bus keine rein Mülheimer Angelegenheit ist!
Eigentlich könnte man auch die Ratssitzung ausfallen lassen, u.a. zum Punkt selbstgemachtes ÖPNV-Chaos, aber auch zu anderen „nebensächlichen“ Entscheidungen wie Haushalt. Doch egal. Die Mölmsche Demokratie scheint sich noch schneller auflösen zu wollen als einige andere gewachsene Zusammenhänge in dieser Stadt das in erschreckender Weise bereits tun oder tun müssen.
Vor kurzem auch das beredte Schweigen zur Verkehrsführung, dann die peinliche Dauerratlosigkeit zur ÖPNV-Zukunft, das jahrelange Gehampel um swaps und Schadensersatzklagen und, und, und ….. von dem skandalös aufwändigen mehrteiligen Stadtentwicklungs- und Prestigeprojekt Ruhrbania oder dem Kaufhof-Problem ganz zu schweigen.
Probleme werden einfach negiert in der Hoffnung, dass sie sich von selbst lösen, oder wie oder was? Oder wie es der SPD-Fraktionsvorsitzende Dieter Wiechering bzgl. der missratenen Verkehrsführung ausdrückte: „Es ist auch klug dieses Thema aus dem Wahlkampf rauszuhalten“. Welch seltsames Demokratieverständnis! Mehr dazu u.a. in „Entmündigung der Wähler bei Ruhrbania, Verkehrsführung, Haushalt und OB-Wahl?“(1) und in „ÖPNV-Diskussion in Mülheim: Blamables Trauerspiel als Ausdruck tief sitzendem Kirchturmsdenkens?“ (2)
Am Montag geht es weiter mit der BV 2 (Dümpten, Styrum) und am Dienstag mit der BV 1 (gesamte Rest von Rechtsruhr). Ob diese BVs sich auch selbst entmündigen, wird sich zeigen. Es geht in beiden BVs um die Stilllegung der Straßenbahn 110, des Flughafenasts der 104, um andere Streckenführungen der 104 sowie der 112, um Rückzahlungen bei Bahn-Stilllegungen, um geplante Taktänderungen zu 15-Min.-Takt, um Änderung von Buslinien wie dem 122er u.v.m.. Und nicht zuletzt geht es auch um eine dringend notwendige, überfällige Koordination mit Oberhausen, u.a. zur 122 oder den unterschiedlichen Taktzeiten der Linie 112! Dazu schrieb der Chef der Stadtwerke Oberhausen GmbH (STOAG) letzte Woche: „Hinsichtlich der einheitlichen Taktgestaltung der Linie 112 sehe ich zum heutigen Zeitpunkt keine Möglichkeit, einen gemeinsamen 15-Minuten-Takt einzuführen.“
Noch einmal zur Erinnerung: Das gesamte Chaos der Mülheimer Verkehrs- und ÖPNV-Planung ist nicht zuletzt durch folgendes ausgelöst worden: Für das dahinsiechende Prestigeprojekt Ruhrbania musste die gesamte Verkehrsführung geändert werden, um ein Überbauen der Ruhrstraße als Hauptverkehrsstraße zu ermöglichen. Mit „Ruhrbania Baulos 1“ geschah das von 2007 bis 2009, und die vielen Millionen Fördergelder kamen als „Beschleunigung der StraBa-Linie 110“. Kaum war die Maßnahme abgeschlossen (mit wenig berauschendem Erfolg), wollte die bankrotte Stadt Geld beim ÖPNV sparen durch „Stilllegung der Linie 110“. Man glaubt es kaum. Seither tobt das Chaos, weil der „böse“ Regierungspräsident als Bewilligungsbehörde das weder mitmachen kann noch darf! Also wird um alle mögliche Teil-, Zwischen- und Ersatzlösungen seit Jahren gekämpft. Was für eine völlig unseriöse, dilettantische Stadtplanung!
P.S.: Die Forderung im Samstag-Kommentar der WAZ „Städte brauchen mehr Freiraum“, der Regierungspräsident solle nicht als Bremsklotz Fördergelder zurückverlangen und damit Bahnstilllegungen verhindern, passt nicht zum Mülheimer selbstgemachten Ruhrbania-Chaos: Auf die Frage der WAZ „Macht es dann Sinn, wenn sich die Welt vor Ort ändert, daran festzuhalten? Sprich: Soll eine halbleere Straßenbahn auf Jahre weitergeführt werden, nur weil es einmal dafür Fördergelder gab?“ müsste man die Gegenfrage stellen: „Was eigentlich hat die Stadt geritten, als sie Fördergelder für ihren Ruhrbania-Verkehrsumbau als Beschleunigung der halbleeren Linie 110 beantragte?“ Die damals hauptverantwortliche Dezernentin wird wohl keinen Cent von ihrem üppigen Ruhegehalt abgeben, um solche und andere Riesenfehler zu korrigieren, und die Fraktionen von SPD, CDU, FDP und Grünen, die all das beschlossen, ebensowenig wie die Oberbürgermeisterin Dagmar Mühlenfeld oder irgendein Amtsleiter oder hochbezahlter Gutachter. (PK)
Lothar Reinhard ist Fraktionssprecher der Mülheimer BüregerInitiativen (MBI) im Stadtrat.
Online-Flyer Nr. 436 vom 11.12.2013