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Krieg und Frieden
Radioaktivität und die Auslöschung des Lebens
Sind wir die letzten Generationen?
Interview mit Dr. Rosalie Bertell
Die Wissenschaftlerin Dr. Rosalie Bertell starb im Alter von 83 Jahren 2012 in den USA. Im Jahr 2000 erschien ihr Buch „Planet Earth - The Latest Weapon of War“. Ein Jahr vor ihrem Tod wurde es unter maßgeblicher Beteiligung von Prof. Claudia von Werlhof, Initiatorin der „Planetaren Bewegung für Mutter Erde“, ins Deutsche übersetzt. Titel der deutschen Ausgabe: „Kriegswaffe Planet Erde“. Das vorliegende Interview stammt aus dem Jahr 2010. Es behandelt Fragen der Radioaktivität, insbesondere der radioaktiven Niedrigstrahlung auf den Organismus. Es ist das Themenfeld, für das sie 1986 mit dem alternativen Nobelpreis ausgezeichnet wurde und um das es in ihrem 1985 erschienenen Buch "No Immediate danger? Prognosis for a radioactive earth" geht. Die deutsche Ausgabe dieses Buches erschien 1987 unter dem Titel "Keine akute Gefahr? Die radioaktive Verseuchung der Erde" mit einem Vorwort von Petra Kelly und folgendem Passus auf der Rückseite: „Dr. Rosalie Bertell weist nach, daß bis heute bereits weltweit 16 Millionen Menschen durch radioaktive Verseuchung zu Tode gekommen sind. Sie zeigt, wie schon jetzt durch die radioaktiven Abfallprodukte von Rüstung und Industrie irreparable Schäden an unserer Umwelt und unseren Genen entstehen.“ Das 2010 in englischer Sprache geführte Interview wurde von der "Planetaren Bewegung für Mutter Erde" ins deutsche übersetzt.
Rosalie Bertell, 2010 (fotografiert von Wolfgang Schmidt)
Frage: Ich denke, Sie haben die Auswirkungen der Radioaktivität gründlich erforscht, auch die von niedrigdosiger Strahlung, welche üblicherweise so kommentiert wird: “Keine Ursache, sich Sorgen zu machen! Überhaupt kein Problem!” Was haben Ihre Forschungen bezüglich der langfristigen Auswirkungen von niedriger Strahlenbelastung ergeben?
Rosalie Bertell: Nun, ich bin eine Forscherin. Und so habe ich zunächst die Auswirkungen der Strahlenbelastung durch Röntgenuntersuchungen untersucht, beim Zahn- und beim Bruströntgen. Dafür stand uns eine riesige Population zur Verfügung, die wir über 3 Jahre beobachteten: wir hatten eine Studie von 64 Millionen Personenjahren, eine sehr große Anzahl. Wenn man eine so große Population und messbare Röntgendosen hat, kann man Aussagen über eine Population treffen. Meine Vorgangsweise war also zunächst, die Auswirkungen der Röntgenstrahlen zu untersuchen und dann auf die größeren Auswirkungen der Strahlung in der Umwelt zu blicken...
Es kommt also auf die Perspektive an. Wenn man eine große Population untersucht und die Frage beantworten möchte, welche Auswirkung die Strahlung auf die Menschen hat, ist das nicht die richtige Fragestellung. Die Menschen fragen: Wie viele Krebserkrankungen gehen auf Kosten der Strahlendosis in den Röntgenuntersuchungen? Darum geht es, wie ich denke, nicht. Wenn man auf das Leben im Allgemeinen blickt, ist es offensichtlich, dass wir ein hohes Alter erreichen. Und wir werden in einer bestimmten systematischen Art alt, und in diesem Spektrum sind die Krebserkrankungen Alterserkrankungen. Daher habe ich die Fragestellung in der Weise geändert, dass ich gefragt habe: Wie hoch ist die Strahlendosis, die einen um ein Jahr schneller altern lässt? Das ist eine ganz andere Forschungsfrage. Um das natürliche Altern zu messen, verwendete ich die nicht-lymphatische Leukämie. Es ist vergleichbar mit einem Zinsdepot:
Die Rate der Erkrankungen an nicht lymphatischer Leukämie steigt in einer großen Population wie beim Zinseszins jährlich um 3 bis 4% von einem Alter von 15 Jahren an gemessen. Wenn man mit 16 oder auch 20 Jahren Kapital auf der Bank hat, ist der Zinsanteil noch gering, im Alter von 60 ist der Zinsanteil erheblich gewachsen, ebenso der Anteil derer, die an dieser Krebsart erkranken. Daher die hohe Rate an Erkrankungen im Alter.
So habe ich diese Fragestellung als Maßstab für meine Untersuchungen verwendet: Wieviel Strahlung würde meinen Alterungsprozess um ein Jahr beschleunigen? Ich habe also den Alterungseffekt von Zahn- und Bruströntgenuntersuchungen gemessen. Was mich dabei überrascht hat: Es ist dieselbe Dosis, die jeder/jede von uns innerhalb eines Jahres als ‘natürliche’ Strahlung aus der Umgebung aufnimmt. Es hat also keinen Unterschied gemacht, ob man die Dosis im Rahmen eines Bruströntgens schnell verabreicht bekam oder ob man sie über das Jahr verteilt aus der natürlichen Umgebung aufnahm. Der Alterungsprozess hat sich durch die Untersuchung beschleunigt. Was das praktisch bedeutet ist Folgendes: Wenn man 20 oder auch 30 Jahre alt ist und nach einem Unfall extensive Röntgenuntersuchungen hat, wird man diese nicht besonders spüren. Diese Röntgendosis beschleunigt jedoch den Alterungsprozess, die Gesamtdosis erhöht sich und führt letztlich zu einer größeren Zahl von Krebserkrankungen. Die Anfälligkeit für Krebserkrankungen steigt mit dem Alter.
Und so habe ich begonnen, junge Leute zu untersuchen, die Leukämie hatten, im Wesentlichen die unter 45-jährigen. Und bei bestimmten Gruppen habe ich gefunden, dass es in dieser jüngeren Gruppe eine um das etwa 6-fach erhöhte Wahrscheinlichkeit gab an Leukämie zu erkranken. Und wenn junge Leute bereits an Diabetes oder Arthritis leiden, altersbedingte Krankheiten, dann ist die Wahrscheinlichkeit, an Leukämie zu erkranken, zwölfmal so hoch. Da gibt es also einige Hinweise für uns, dass diese Menschen vorzeitig gealtert sind, und dass diese Personen anfälliger sind für die Aufnahme von Strahlung. Es ist so, also hätten sich diese Menschen in der Liste nach oben bewegt. Und es ist nicht notwendigerweise das Röntgen, das diese Auswirkungen hat. Einige herzkranke Menschen, zum Beispiel, werden ständig der Röntgenstrahlung ausgesetzt. Andere haben nur alle 5 oder 6 Jahre diese Röntgenuntersuchungen. Und es waren jene, die häufiger geröntgt worden waren, die auch häufiger an Leukämie erkrankten. Und so habe ich die Menschen nach ihrem medizinischen Alter = die Häufigkeit ihrer Röntgenuntersuchungen, gereiht. Und das hat dann viele biologische Phänomene erklärt. Es scheint einen beschleunigten Alterungsprozess zu geben, der mit den Röntgenuntersuchungen zusammenhängt.
Eines der bemerkenswertesten Phänomene ist, dass in Strahlungsstudien Männer und Frauen unterschiedlich hohe Strahlungsdosen aufweisen. Ich habe beide auf ihr ‘Strahlungsalter’ gesetzt, also das biologische Alter plus die Anzahl der Röntgenuntersuchungen. Bei den Frauen war das medizinische Alter nicht höher als das biologische und das hing damit zusammen, dass es kulturelle (geschlechtsspezifische) Unterschiede bei der Anwendung von Röntgenuntersuchungen gibt. Junge Männer haben viel mehr Röntgenuntersuchungen, weil sie immer wieder Sportverletzungen haben.
Rosalie Bertell (3.v.l.) – leitet 1993 die “International Medical Commission Bhopal” – fotografiert mit weiteren Mitgliedern der Kommission: Drs. Gianni Tognoni, Ingrid Eckerman, Sushma Acquilla, Birger Heinzow und Ramana Dhara – 1996 ist sie Leiterin der “Internationalen Ärzte-Kommission Tschernobyl“ in Wien
Frauen fangen mit den Röntgenuntersuchungen erst an, wenn sie schwanger sind. Und dann sind dies meistens Zahnröntgen. Es gibt also einen Unterschied, wie häufig wir Männer und Frauen bzw. Buben und Mädchen Röntgenuntersuchungen aussetzen.
Frage: Konnten Sie das auch in Beziehung setzen zur radioktiven Strahlung, die wir durch Atomtests oder Tschernobyl in der Atmosphäre vorfinden?
Rosalie Bertell: Wenn wir den Bereich der Nuklearindustrie betrachten, ob das nun der Uranabbau oder die Uranaufbereitung, die Atomkraftwerke oder die Verwendung von Waffen oder auch der Atommüll sind, haben wir es mit einer besonderen Form von Strahlung zu tun, die wir entweder einatmen oder über das Wasser oder das Essen aufnehmen. Diese Art von Strahlenbelastung bleibt in unserem Körper und kann spezifisch nur einige Organe der Strahlung aussetzen, andere hingegen nicht. Diese kleinen Strahlendosen wirken im Körper und verursachen, wie ich das nennen würde, das ‘spezifische Altern’. Viele Probleme, die in diesem Zusammenhang auftreten, sind darauf zurückzuführen, wie lange die Strahlenmenge im Körper bleibt, bzw. wo sie sich ablagert. (Wirkung auf Schilddrüsen, Knochen, dadurch Blutzellen betroffen, Zusammensetzung des Bluts)
Frage: Sie würden also sagen, dass diese allgemeinen Reaktionen der Regierungen im Falle eines Atomunfalls, dass keine Gefahr für die BürgerInnen bestehe, falsch ist?
Rosalie Bertell: Sie sind im Grunde falsch. Sie sind deshalb falsch, weil diese Partikel Energie freisetzen. Die DNA, die all unser genetisches Material enthält, oder die RNA, unsere Botenmoleküle, die unseren Körper ‘antreiben’ …. Deshalb müssen wir fragen: Wie viel Energie braucht es, um sie zu zerstören? Es braucht nur 6 bis 10 Elektronenvolts an Energie, um diese großen Moleküle zu zerstören. Wenn wir uns das Uran näher ansehen, das nicht als sehr radioaktiv gilt: nur ein Atom bzw. ein Anlassfall, bei dem ein Alphapartikel freigesetzt wird, erzeugt eine Energiemenge von 4 Millionen Elektronenvolts. Man kann das nicht im Gewebe freisetzen und keinen Schaden anrichten. Wenn wir also von Wahrscheinlichkeiten sprechen, dann gehen wir von der Tatsache aus, dass die DNA und die RNA beschädigt werden, dass die Membrane der Zelle zerstört werden kann, dass Dinge wie die Mitochondrien, die die Energie in den Zellen regulieren, beschädigt werden können.
Man kann sagen, dass man sich um all den angerichteten Schaden nicht kümmert, wir kümmern uns erst darum, wenn dieser Schaden zu einer tödlichen Krebserkrankung führt.
Das ist der einzige Anlassfall, der zählt. Man kann die Wahrscheinlichkeit der durch Strahlung ausgelösten Erkrankungen kleiner machen, wenn man einige dieser Erkrankungen ausscheidet und sagt: Wir kümmern uns nicht darum, wenn die Menschen Diabetes bekommen, wenn ihr Immunsystem geschwächt wird. Wir ignorieren all diese nicht unmittelbar zum Tod führenden Krankheiten.
Frage: Iraq DU (Depleted Uranium, d.Üb.) – Können Sie etwas zum im Irakkrieg verwendeten abgereicherten Uran in Waffen sagen?
Rosalie Bertell: Abgereichertes Uran ist der Abfall, der beim Urananreicherungsprozess entsteht, ein Prozess, der sowohl für die zivilen Kraftwerke als auch für die atomaren Waffen gebraucht wird. Was die USA betrifft, so ist der meiste nukleare Abfall abgereichertes Uran. Dieses ist radioaktiv und erfordert eine Lizenz für seine Verwendung. Und wenn sie in den USA die Tests mit diesen Waffen durchführen, dann tun sie das in einer völlig isolierten ‘Superbox’, so wie sie auch ihre Experimente für die biologische Kriegsführung mit chemischen Substanzen durchführen würden. Es gibt also einen sehr hohen Sicherheitsstandard, sogar in der Testphase.
Man muss dies als chemische Kriegsführung bezeichnen, weil Uran ein Schwermetall ist, ein sehr giftiges Schwermetall. Und man muss auch von radiologischer Kriegsführung sprechen, weil dieses Metall radioaktiv ist. In diesem Prozess der Verwendung des Urans für die Waffenherstellung geschieht etwas Besonderes. Das abgereicherte Uran ist nicht vergleichbar mit radioaktivem Staub in einer Mine oder einer Fabrik. Wenn sie es in eine Kugel oder eine Rakete stecken und diese treffen ein Ziel, setzt der Aufprall das Objekt sofort in Brand und erzeugt dabei eine sehr hohe Temperatur. Dabei bildet sich ein Aerosol aus Keramik oder aus Glas, vergleichbar mit Getöpfertem, das auch zu Keramik wird, wenn man es in einem Ofen brennt. Es entstehen also sehr kleine radioaktive Glaspartikel, die eingeatmet werden können. Sie sind auch so leicht, dass sie über große Distanzen verstreut werden, etwa in einem Umkreis von 40 km vom ursprünglichen Aufprall.
Weil diese Partikel aus Glas sind, sind sie nicht wasserlöslich, und das ist sehr wichtig, weil es bedeutet, dass sie länger im Körper verbleiben. Zum besseren Verständnis: wenn man 15 Minuten in der Sonne sitzt, ist das nicht dasselbe, als wenn man sich 12 Stunden der Sonne aussetzt. Wenn man ein gut lösliches Uran zu sich nimmt, kann es innerhalb von 12 Stunden den Körper passieren. Ein weniger lösliches Uran kann über Jahre im Körper verbleiben. Und dieses abgereicherte Uran, von dem wir sprechen, braucht 10 Jahre oder noch länger, um wieder ausgeschieden zu werden. Wie wir bei den Veteranen des Golfkriegs feststellen – sie waren dem abgereicherten Uran 1991 ausgesetzt und jetzt haben wir 1999 (am Ende der Untersuchung) – scheiden sie immer noch täglich zwischen 4 und 5 Mikrogramm des abgereicherten Urans über den Urin aus. Das ist völlig inakzeptabel. Kein Wunder, dass sie medizinische Probleme haben. Es schädigt ihr Blut, die Knochen, die Leber, die Milz, die Lymphknoten und die Nieren. Man hat dieses Material neun, zehn Jahre lang im Körper. Deshalb haben wir es mit einem solch massiven und auch mysteriösen medizinischen Syndrom zu tun.
Irak: 400.000 Soldaten mit abgereichertem Uran verseucht
Laut dem Pentagon waren 400.000 amerikanische Veteranen dem abgereicherten Uran ausgesetzt: die Verseuchung betraf damals den ganzen südlichen Teil des Irak. Daher kann man von 400.000 Soldaten ausgehen. Man sagt, dass sich 200.000 von ihnen seit ihrer Rückkehr in medizinische Behandlung begeben haben, vermittelt von den Veteranenorganisationen. 115.000 von ihnen sind mit dem Golfkrieg-Syndrom diagnostiziert worden, was bedeutet, dass diese Männer und Frauen arbeitsunfähig sind. Viele von ihnen sind schon verstorben. Ich habe unterschiedliche Schätzungen, die besagen, dass zwischen 8000 und 10.000 bereits gestorben sind. Die anderen sind arbeitsunfähig, leiden unter chronischer Müdigkeit, Übelkeit und Erbrechen, nachlassender Sehkraft, Kopfschmerzen, Schlaflosigkeit, Atemproblemen, chronischen Schmerzen und Krämpfen …. Sie haben auch eine größere Zahl von behinderten Kindern gezeugt. Das abgereicherte Uran ist auch in ihrer Samenflüssigkeit nachgewiesen worden. Wir haben es also mit einem sehr ernsten Problem zu tun. Wenn ich eine Schätzung abgeben müsste, in welchem Ausmaß das Golfkrieg-Syndrom auf abgereichertes Uran zurückzuführen ist, würde ich sagen zu 50%.
Sie kommen natürlich auf die Verwendung von abgereichertem Uran, weil es nichts kostet. Es ist radioaktiver Abfall. Es spart dem Waffenhersteller Geld. Sonst müsste man Geld aufwenden für Sicherheitsmaßnahmen, um es von der Biosphäre abzuschirmen. Man kann diese Waffen mit abgereichertem Uran auch mit den Landminen vergleichen, sie töten auch noch lange nach Kriegsende. Es wird die Frauen und Kinder töten, weil sich das Uran in ihrem Gewebe ablagert, im Brust- und Uterusgewebe, das auf Strahlung sensibler reagiert. Kinder speichern es vermehrt in ihren Knochen und haben langfristig ein höheres Krebsrisiko. Es ist auch eine Verletzung von Internationalem Recht, weil es sich dabei um gravierende Umweltschäden handelt, die vor nationalen Grenzen nicht Halt machen. Es ist lächerlich, von treffsicherem Bombardement (‘precision-bombing’) zu sprechen. Es ist sicher kein solches. Und es stellt auch die Behauptung der NATO in Frage, wonach dies ein humanitärer Krieg sei, denn wie sie hier das Land und die Menschen, das Wasser und die Nahrung vergiften, ist ganz bestimmt nicht humanitär. Es steht völlig in Widerspruch zu dem, wofür sie vorgeben einzutreten.
Rosalie Bertell, Unitarian Church of the Messiah, Montreal, Kanada, 25. Mai 1982 (fotografiert von Robert del Tredici)
Experten des Internationalen Rechts sagen, dass wir für das Verbot dieser Waffen keine neue Konvention brauchen, da dieser Tatbestand schon durch Internationales Recht gedeckt ist. Nach Meinung des Menschenrechtsgerichtshofes in Genf ist diese Waffe eine, die auf Massenvernichtung und wahllose Zerstörung abzielt und daher außerhalb des Gesetzes steht. Die Vereinten Nationen haben zur Klärung dieses Sachverhalts einen Bericht angefordert und dieser wird im August dieses Jahres (2010, d. Üb.) vorgelegt werden. Die WHO versucht gerade, eine Untersuchungskommission einzurichten, die die Schadensersatzansprüche des Irak prüfen soll. Im Irak haben sie nämlich eine sechsfach erhöhte Krebsrate bei Kindern und eine zwischen fünf- bis sechsfach erhöhte Rate bei Lymphknotenkrebs und Leukämie bei den irakischen Veteranen, die den Waffen mit abgereichertem Uran ausgesetzt waren, festgestellt. Die WHO hat für die geplante 3-jährige Studie im Irak um Spenden und Freiwillige gebeten. Wir haben noch nicht alle relevanten Informationen sammeln können, aber es ist schon jetzt klar, dass (der Einsatz dieser Waffen, d.Üb.) internationales Recht verletzt, und dass es auch Verstöße gegen eine wahrheitsgemäße Information der Öffentlichkeit über diesen Krieg gibt.
Frage: Das Marshall-Islands-Beispiel - Gibt es ernsthafte Folgen für zukünftige Generationen?
Rosalie Bertell: Es wird Konsequenzen geben. Ich habe viel auf den Marshall Inseln gearbeitet, wo die Menschen dem Fallout der Atomwaffentests ausgesetzt waren. Die dort lebenden Menschen, die Rongalap, sterben aus, der ganze Stamm. Am Beispiel der Marshall Inseln kann man sehen, welche Folgen die Atomwaffentests hatten. Diese Tests haben dazu geführt, dass die Unfruchtbarkeit der Menschen gestiegen ist. Frauen sind über einen Zeitraum von 5 Jahren nicht schwanger geworden. Dann fingen sie an, spontane Abgänge zu haben. Sie nannten sie Jellyfish-Babys. Der Fötus schaut wie ein Tumor aus, das Kind konnte nicht ausgebildet werden. Es ist eine Gewebe-Schwangerschaft. Dann brachten sie missgebildete Kinder zur Welt. Dazu ist die Geburtenrate des ganzen Stamms dramatisch gesunken, die Menschen sterben jünger, mit 30 bzw. 40 Jahren. Es ist ganz offensichtlich, dass dieser Stamm stirbt, dass er nicht überleben wird. Durch unser Tun treffen wir gerade die Entscheidung, wie viele zukünftige Generationen noch auf der Erde (über-)leben können. Wie sehr dieser Generationenzyklus verkürzt wird, hängt davon ab, wie sorglos wir weiter experimentieren. Wir haben diesen Zyklus schon verkürzt. Sooft wir einen genetischen Defekt verursachen, führen wir letztlich den Tod der Betroffenen herbei. Einige werden noch 2 Generationen leben, andere 7.
Zahl der Generationen, die uns folgen werden, bereits dezimiert
Wenn man einer konstant niedrigen Strahlung ausgesetzt ist, führt man damit Fehler in den Genpool ein. Und diese Fehler werden schließlich wirksam werden und die Erblinie, die Zelllinie, die Gattungslinie töten. Vom Ausmaß des verursachten Schadens hängt ab, ob dies in 2, 7 oder 10 Generationen geschehen wird. Was wir gerade machen, ist, dass wir durch die Einführung von Fehlern in die DNA oder den Genpool die Zahl der überlebensfähigen Generationen auf unserem Planeten verringern.
Wir haben die Zahl der Generationen, die uns folgen werden, dezimiert. Wir haben das bereits getan. Wir haben die Überlebensfähigkeit von lebenden Systemen auf dem Planeten reduziert, ob unser Planet sich von diesen Eingriffen erholt, oder auch nicht. Wir haben keine außerirdische Quelle, die uns neue DNA bereitstellen kann. Wir haben die DNA, die wir eben haben, und wer immer in Zukunft auf unserem Planeten leben wird, ist in der vorhandenen DNA angelegt. Wenn wir sie jetzt schädigen, können wir sie nicht von einem anderen Ort beziehen, bzw. ersetzen. Es wird in der Zukunft kein Lebewesen auf der Erde geben, das nicht schon jetzt in der Samenbank vorhanden ist, in einem Samen oder in einer Eizelle aller Lebewesen, Pflanzen, Tiere und Menschen. Es ist bereits alles da. Es wird nicht vom Mars oder irgendwo anders her kommen. Lebewesen bilden sich aus Lebewesen. Wir tragen diesen sehr kostbaren Samen in uns. Und wenn wir diesen schädigen, wirkt sich dies zweifach aus: Wir erzeugen einen Organismus, der sich unserer Umwelt weniger anpassen kann und daher weniger lebensfähig ist. Gleichzeitig belasten wir unsere Umwelt mit giftigem und radioaktivem Abfall. Man findet also eine schädlichere Umwelt vor UND einen geschwächten Organismus. Das ist ein Todessyndrom (gar Todesurteil, d. Üb.) für die Gattung, nicht nur für das Individuum. Wir werden härtere Lebensbedingungen vorfinden. UND der Körper wird weniger in der Lage sein, mit Stress fertig zu werden, und gleichzeitig wird er mehr Stress aushalten müssen.
Wir sind verantwortlich für das, was wir der nächsten Generation hinterlassen. Das erstaunt mich immer wieder, weil ich die Tochter europäischer Einwanderer bin, die nach Kanada oder in die USA kamen und dort ein besseres Leben für ihre Kinder suchten. Es scheint so, dass unsere Generation sich nicht um die Zukunft kümmert. Das ist nicht unser Erbe. Unser Erbe ist doch, unseren Kindern etwa Besseres zu hinterlassen, als wir erhalten haben. Aber das scheint uns nicht zu kümmern. Ich finde das sehr eigenartig und ich glaube, unsere Großeltern würden sich im Grabe umdrehen, wenn sie wüssten, was wir tun.
Wir werden sicher unsere Stimme erheben müssen, und es gibt sehr gute Möglichkeiten, diese Botschaft zu verbreiten. Ich bin der Meinung, wir brauchen auch einen Schutz in Form von Gesetzen. Wir denken da an ein Sieben-Generationen-Gesetz, das jedes Gesetz, das verabschiedet wird, auf seine Auswirkung auf unsere EnkelInnen und UrenkelInnen hin überprüft. Diese Frage muss geklärt werden, bevor große Vorhaben umgesetzt oder große Gesetzesänderungen oder neue Gesetze verabschiedet werden. Das ist eine Regel der nordamerikanischen indigenen Völker, dass die Sicherheit der Enkelkinder der Enkelkinder gewährleistet sein muss. Sonst wird ein Vorschlag nicht akzeptiert.
Es gibt keinen wirksamen Schutz gegen die Strahlung, aber man kann die Auswirkungen durch einige Maßnahmen verringern. Bleiben Sie im Haus bei geschlossenen Fenstern während dieser Tests für so lange wie möglich. Das Hauptaugenmerk sollte darauf gerichtet sein, möglichst wenig verstrahlte Nahrung zu sich zu nehmen. Es gibt einige ausleitende Stoffe. Sie leiten anorganische Stoffe aus lebendigem Gewebe aus. Ein sehr einfaches und mildes ausleitendes Mittel ist destilliertes Wasser. Man kann destilliertes Wasser zum Kochen von Gemüse verwenden. Wenn das Gemüse mit Uran verseucht war, würde das Uran mit dem destillierten Wasser ausgeschwemmt. Man kann das destillierte Wasser statt abgefülltem oder gefiltertem oder auch statt Leitungswasser trinken. Das destillierte Wasser leitet das Uran aus dem Körper aus. Es hat die Eigenschaft, unerwünschte anorganische Stoffe auszuleiten. Ein anderes Mittel, das man verwenden kann, ist Spirulina, eine blaugrüne Alge, die man in Bioläden kaufen kann. Das ist ebenfalls ein mildes ausleitendes Mittel, das dem Körper hilft, einige der im abgereicherten Uran enthaltenen Giftstoffe wieder loszuwerden. Man kann die Ausleitung auch über Schwitzkuren herbeiführen. Saunieren. Wenn man die Giftstoffe über die Haut ausscheidet, schont man die Nieren. Die Giftstoffe sollten sich nicht im Gewebe, im Blut oder sonstwo im Körper ablagern.
Militär weltweit abschaffen
Wir müssen lernen, miteinander auszukommen, denn wir leben auf einem kleinen Planeten. Wenn wir um ihn Krieg führen, werden alle verlieren. Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass wir die natürliche Regenerationsfähigkeit der Erde schwächen. Üblicherweise regeneriert sich die Erde innerhalb eines Jahres. Aber wenn wir einmal nachrechnen, wie viele Ressourcen wir der Erde entnehmen (Fisch, andere Nahrung, Eisen, Kohle, Öl), die unserem Lebensstil geschuldet sind: Wir entnehmen der Erde 1.33 mal soviel, als auf der Erde wieder nachwachsen kann. Wir erzeugen damit also ein ökologisches Defizit. 1992 war die Maßzahl noch 1.25. Sie steigt also. Die Menschen sorgen sich um das finanzielle Defizit, aber das ist nichts im Vergleich zum ökologischen. Das Anwachsen des ökologischen Defizits bedeutet, dass wir die Trag- und Lebensfähigkeit der Erde ständig verringern. Gleichzeitig wächst die Weltbevölkerung. Wenn wir nichts gegen all das unternehmen, steht uns eine Krise von globaler Dimension bevor. Mein wichtigster Vorschlag wäre, das Militär weltweit abzuschaffen. Das Militär verschlingt den größten Anteil unserer Ressourcen. Wenn wir das Militär weltweit abschafften, würden wir das ökologische Defizit, das wir jedes Jahr ansammeln, sofort ausgleichen. Damit würden wir Zeit gewinnen, um ein besseres Leben auf diesem Planeten aufzubauen. Ja, wir brauchen die Globalisierung im Kopf. Was wir nicht brauchen, ist die Monokultur, stattdessen müssen wir lernen, wie wir auf der Erde zusammenleben können, wie wir unsere Konflikte ohne Militär lösen können. Ja, wir brauchen die Polizei, ja, wir brauchen Gesetze und Gerichte und Ähnliches. Aber wir brauchen das Militär nicht. Das Militär ist eine Abnormalität. Es zerstört unsere Kultur, unsere Umwelt, alles, wofür wir uns einsetzen. Daher ist es Zeit, das Militär abzuschaffen.
Frage: 7 Generationen?
Rosalie Bertell: Ich würde die Gesundheit dieses schönen lebenden Planeten so sehr stärken, wie ich könnte, und ich würde sagen: Ich gebe dir das mit all meiner Liebe. Bewahre es und gib es weiter an so viele Generationen, als du nur kannst. Das Leben kann gut sein. Und das Leben ist wirklich ein schönes Geschenk. Keine/r von uns hat darum gebeten. Keine/r von uns verdient es. Es sollte aber auch keine Katastrophe für jede/n von uns sein. Wir sollten es genießen, und daher müssen wir es anders anpacken, als wir das gegenwärtig tun. Für die meisten Menschen ist das Leben schrecklich. Sie begehen Selbstmord, weil sie das Leben abstoßend finden. Aber so sollte das Leben nicht sein. Keine Gattung begeht Selbstmord, so wie die Menschen dies tun. So wie wir uns verhalten, verhalten wir uns radikal falsch. (PK)
Interview übernommen von "Planetare Bewegung für Mutter Erde":
http://www.pbme-online.org/wp-content/uploads/2013/03/Bewegung.8.Info-Brief.letzte.doc
Online-Flyer Nr. 436 vom 11.12.2013
Radioaktivität und die Auslöschung des Lebens
Sind wir die letzten Generationen?
Interview mit Dr. Rosalie Bertell
Die Wissenschaftlerin Dr. Rosalie Bertell starb im Alter von 83 Jahren 2012 in den USA. Im Jahr 2000 erschien ihr Buch „Planet Earth - The Latest Weapon of War“. Ein Jahr vor ihrem Tod wurde es unter maßgeblicher Beteiligung von Prof. Claudia von Werlhof, Initiatorin der „Planetaren Bewegung für Mutter Erde“, ins Deutsche übersetzt. Titel der deutschen Ausgabe: „Kriegswaffe Planet Erde“. Das vorliegende Interview stammt aus dem Jahr 2010. Es behandelt Fragen der Radioaktivität, insbesondere der radioaktiven Niedrigstrahlung auf den Organismus. Es ist das Themenfeld, für das sie 1986 mit dem alternativen Nobelpreis ausgezeichnet wurde und um das es in ihrem 1985 erschienenen Buch "No Immediate danger? Prognosis for a radioactive earth" geht. Die deutsche Ausgabe dieses Buches erschien 1987 unter dem Titel "Keine akute Gefahr? Die radioaktive Verseuchung der Erde" mit einem Vorwort von Petra Kelly und folgendem Passus auf der Rückseite: „Dr. Rosalie Bertell weist nach, daß bis heute bereits weltweit 16 Millionen Menschen durch radioaktive Verseuchung zu Tode gekommen sind. Sie zeigt, wie schon jetzt durch die radioaktiven Abfallprodukte von Rüstung und Industrie irreparable Schäden an unserer Umwelt und unseren Genen entstehen.“ Das 2010 in englischer Sprache geführte Interview wurde von der "Planetaren Bewegung für Mutter Erde" ins deutsche übersetzt.
Rosalie Bertell, 2010 (fotografiert von Wolfgang Schmidt)
Frage: Ich denke, Sie haben die Auswirkungen der Radioaktivität gründlich erforscht, auch die von niedrigdosiger Strahlung, welche üblicherweise so kommentiert wird: “Keine Ursache, sich Sorgen zu machen! Überhaupt kein Problem!” Was haben Ihre Forschungen bezüglich der langfristigen Auswirkungen von niedriger Strahlenbelastung ergeben?
Rosalie Bertell: Nun, ich bin eine Forscherin. Und so habe ich zunächst die Auswirkungen der Strahlenbelastung durch Röntgenuntersuchungen untersucht, beim Zahn- und beim Bruströntgen. Dafür stand uns eine riesige Population zur Verfügung, die wir über 3 Jahre beobachteten: wir hatten eine Studie von 64 Millionen Personenjahren, eine sehr große Anzahl. Wenn man eine so große Population und messbare Röntgendosen hat, kann man Aussagen über eine Population treffen. Meine Vorgangsweise war also zunächst, die Auswirkungen der Röntgenstrahlen zu untersuchen und dann auf die größeren Auswirkungen der Strahlung in der Umwelt zu blicken...
Es kommt also auf die Perspektive an. Wenn man eine große Population untersucht und die Frage beantworten möchte, welche Auswirkung die Strahlung auf die Menschen hat, ist das nicht die richtige Fragestellung. Die Menschen fragen: Wie viele Krebserkrankungen gehen auf Kosten der Strahlendosis in den Röntgenuntersuchungen? Darum geht es, wie ich denke, nicht. Wenn man auf das Leben im Allgemeinen blickt, ist es offensichtlich, dass wir ein hohes Alter erreichen. Und wir werden in einer bestimmten systematischen Art alt, und in diesem Spektrum sind die Krebserkrankungen Alterserkrankungen. Daher habe ich die Fragestellung in der Weise geändert, dass ich gefragt habe: Wie hoch ist die Strahlendosis, die einen um ein Jahr schneller altern lässt? Das ist eine ganz andere Forschungsfrage. Um das natürliche Altern zu messen, verwendete ich die nicht-lymphatische Leukämie. Es ist vergleichbar mit einem Zinsdepot:
Die Rate der Erkrankungen an nicht lymphatischer Leukämie steigt in einer großen Population wie beim Zinseszins jährlich um 3 bis 4% von einem Alter von 15 Jahren an gemessen. Wenn man mit 16 oder auch 20 Jahren Kapital auf der Bank hat, ist der Zinsanteil noch gering, im Alter von 60 ist der Zinsanteil erheblich gewachsen, ebenso der Anteil derer, die an dieser Krebsart erkranken. Daher die hohe Rate an Erkrankungen im Alter.
So habe ich diese Fragestellung als Maßstab für meine Untersuchungen verwendet: Wieviel Strahlung würde meinen Alterungsprozess um ein Jahr beschleunigen? Ich habe also den Alterungseffekt von Zahn- und Bruströntgenuntersuchungen gemessen. Was mich dabei überrascht hat: Es ist dieselbe Dosis, die jeder/jede von uns innerhalb eines Jahres als ‘natürliche’ Strahlung aus der Umgebung aufnimmt. Es hat also keinen Unterschied gemacht, ob man die Dosis im Rahmen eines Bruströntgens schnell verabreicht bekam oder ob man sie über das Jahr verteilt aus der natürlichen Umgebung aufnahm. Der Alterungsprozess hat sich durch die Untersuchung beschleunigt. Was das praktisch bedeutet ist Folgendes: Wenn man 20 oder auch 30 Jahre alt ist und nach einem Unfall extensive Röntgenuntersuchungen hat, wird man diese nicht besonders spüren. Diese Röntgendosis beschleunigt jedoch den Alterungsprozess, die Gesamtdosis erhöht sich und führt letztlich zu einer größeren Zahl von Krebserkrankungen. Die Anfälligkeit für Krebserkrankungen steigt mit dem Alter.
Und so habe ich begonnen, junge Leute zu untersuchen, die Leukämie hatten, im Wesentlichen die unter 45-jährigen. Und bei bestimmten Gruppen habe ich gefunden, dass es in dieser jüngeren Gruppe eine um das etwa 6-fach erhöhte Wahrscheinlichkeit gab an Leukämie zu erkranken. Und wenn junge Leute bereits an Diabetes oder Arthritis leiden, altersbedingte Krankheiten, dann ist die Wahrscheinlichkeit, an Leukämie zu erkranken, zwölfmal so hoch. Da gibt es also einige Hinweise für uns, dass diese Menschen vorzeitig gealtert sind, und dass diese Personen anfälliger sind für die Aufnahme von Strahlung. Es ist so, also hätten sich diese Menschen in der Liste nach oben bewegt. Und es ist nicht notwendigerweise das Röntgen, das diese Auswirkungen hat. Einige herzkranke Menschen, zum Beispiel, werden ständig der Röntgenstrahlung ausgesetzt. Andere haben nur alle 5 oder 6 Jahre diese Röntgenuntersuchungen. Und es waren jene, die häufiger geröntgt worden waren, die auch häufiger an Leukämie erkrankten. Und so habe ich die Menschen nach ihrem medizinischen Alter = die Häufigkeit ihrer Röntgenuntersuchungen, gereiht. Und das hat dann viele biologische Phänomene erklärt. Es scheint einen beschleunigten Alterungsprozess zu geben, der mit den Röntgenuntersuchungen zusammenhängt.
Eines der bemerkenswertesten Phänomene ist, dass in Strahlungsstudien Männer und Frauen unterschiedlich hohe Strahlungsdosen aufweisen. Ich habe beide auf ihr ‘Strahlungsalter’ gesetzt, also das biologische Alter plus die Anzahl der Röntgenuntersuchungen. Bei den Frauen war das medizinische Alter nicht höher als das biologische und das hing damit zusammen, dass es kulturelle (geschlechtsspezifische) Unterschiede bei der Anwendung von Röntgenuntersuchungen gibt. Junge Männer haben viel mehr Röntgenuntersuchungen, weil sie immer wieder Sportverletzungen haben.
Rosalie Bertell (3.v.l.) – leitet 1993 die “International Medical Commission Bhopal” – fotografiert mit weiteren Mitgliedern der Kommission: Drs. Gianni Tognoni, Ingrid Eckerman, Sushma Acquilla, Birger Heinzow und Ramana Dhara – 1996 ist sie Leiterin der “Internationalen Ärzte-Kommission Tschernobyl“ in Wien
Frauen fangen mit den Röntgenuntersuchungen erst an, wenn sie schwanger sind. Und dann sind dies meistens Zahnröntgen. Es gibt also einen Unterschied, wie häufig wir Männer und Frauen bzw. Buben und Mädchen Röntgenuntersuchungen aussetzen.
Frage: Konnten Sie das auch in Beziehung setzen zur radioktiven Strahlung, die wir durch Atomtests oder Tschernobyl in der Atmosphäre vorfinden?
Rosalie Bertell: Wenn wir den Bereich der Nuklearindustrie betrachten, ob das nun der Uranabbau oder die Uranaufbereitung, die Atomkraftwerke oder die Verwendung von Waffen oder auch der Atommüll sind, haben wir es mit einer besonderen Form von Strahlung zu tun, die wir entweder einatmen oder über das Wasser oder das Essen aufnehmen. Diese Art von Strahlenbelastung bleibt in unserem Körper und kann spezifisch nur einige Organe der Strahlung aussetzen, andere hingegen nicht. Diese kleinen Strahlendosen wirken im Körper und verursachen, wie ich das nennen würde, das ‘spezifische Altern’. Viele Probleme, die in diesem Zusammenhang auftreten, sind darauf zurückzuführen, wie lange die Strahlenmenge im Körper bleibt, bzw. wo sie sich ablagert. (Wirkung auf Schilddrüsen, Knochen, dadurch Blutzellen betroffen, Zusammensetzung des Bluts)
Frage: Sie würden also sagen, dass diese allgemeinen Reaktionen der Regierungen im Falle eines Atomunfalls, dass keine Gefahr für die BürgerInnen bestehe, falsch ist?
Rosalie Bertell: Sie sind im Grunde falsch. Sie sind deshalb falsch, weil diese Partikel Energie freisetzen. Die DNA, die all unser genetisches Material enthält, oder die RNA, unsere Botenmoleküle, die unseren Körper ‘antreiben’ …. Deshalb müssen wir fragen: Wie viel Energie braucht es, um sie zu zerstören? Es braucht nur 6 bis 10 Elektronenvolts an Energie, um diese großen Moleküle zu zerstören. Wenn wir uns das Uran näher ansehen, das nicht als sehr radioaktiv gilt: nur ein Atom bzw. ein Anlassfall, bei dem ein Alphapartikel freigesetzt wird, erzeugt eine Energiemenge von 4 Millionen Elektronenvolts. Man kann das nicht im Gewebe freisetzen und keinen Schaden anrichten. Wenn wir also von Wahrscheinlichkeiten sprechen, dann gehen wir von der Tatsache aus, dass die DNA und die RNA beschädigt werden, dass die Membrane der Zelle zerstört werden kann, dass Dinge wie die Mitochondrien, die die Energie in den Zellen regulieren, beschädigt werden können.
Man kann sagen, dass man sich um all den angerichteten Schaden nicht kümmert, wir kümmern uns erst darum, wenn dieser Schaden zu einer tödlichen Krebserkrankung führt.
Das ist der einzige Anlassfall, der zählt. Man kann die Wahrscheinlichkeit der durch Strahlung ausgelösten Erkrankungen kleiner machen, wenn man einige dieser Erkrankungen ausscheidet und sagt: Wir kümmern uns nicht darum, wenn die Menschen Diabetes bekommen, wenn ihr Immunsystem geschwächt wird. Wir ignorieren all diese nicht unmittelbar zum Tod führenden Krankheiten.
Frage: Iraq DU (Depleted Uranium, d.Üb.) – Können Sie etwas zum im Irakkrieg verwendeten abgereicherten Uran in Waffen sagen?
Rosalie Bertell: Abgereichertes Uran ist der Abfall, der beim Urananreicherungsprozess entsteht, ein Prozess, der sowohl für die zivilen Kraftwerke als auch für die atomaren Waffen gebraucht wird. Was die USA betrifft, so ist der meiste nukleare Abfall abgereichertes Uran. Dieses ist radioaktiv und erfordert eine Lizenz für seine Verwendung. Und wenn sie in den USA die Tests mit diesen Waffen durchführen, dann tun sie das in einer völlig isolierten ‘Superbox’, so wie sie auch ihre Experimente für die biologische Kriegsführung mit chemischen Substanzen durchführen würden. Es gibt also einen sehr hohen Sicherheitsstandard, sogar in der Testphase.
Man muss dies als chemische Kriegsführung bezeichnen, weil Uran ein Schwermetall ist, ein sehr giftiges Schwermetall. Und man muss auch von radiologischer Kriegsführung sprechen, weil dieses Metall radioaktiv ist. In diesem Prozess der Verwendung des Urans für die Waffenherstellung geschieht etwas Besonderes. Das abgereicherte Uran ist nicht vergleichbar mit radioaktivem Staub in einer Mine oder einer Fabrik. Wenn sie es in eine Kugel oder eine Rakete stecken und diese treffen ein Ziel, setzt der Aufprall das Objekt sofort in Brand und erzeugt dabei eine sehr hohe Temperatur. Dabei bildet sich ein Aerosol aus Keramik oder aus Glas, vergleichbar mit Getöpfertem, das auch zu Keramik wird, wenn man es in einem Ofen brennt. Es entstehen also sehr kleine radioaktive Glaspartikel, die eingeatmet werden können. Sie sind auch so leicht, dass sie über große Distanzen verstreut werden, etwa in einem Umkreis von 40 km vom ursprünglichen Aufprall.
Weil diese Partikel aus Glas sind, sind sie nicht wasserlöslich, und das ist sehr wichtig, weil es bedeutet, dass sie länger im Körper verbleiben. Zum besseren Verständnis: wenn man 15 Minuten in der Sonne sitzt, ist das nicht dasselbe, als wenn man sich 12 Stunden der Sonne aussetzt. Wenn man ein gut lösliches Uran zu sich nimmt, kann es innerhalb von 12 Stunden den Körper passieren. Ein weniger lösliches Uran kann über Jahre im Körper verbleiben. Und dieses abgereicherte Uran, von dem wir sprechen, braucht 10 Jahre oder noch länger, um wieder ausgeschieden zu werden. Wie wir bei den Veteranen des Golfkriegs feststellen – sie waren dem abgereicherten Uran 1991 ausgesetzt und jetzt haben wir 1999 (am Ende der Untersuchung) – scheiden sie immer noch täglich zwischen 4 und 5 Mikrogramm des abgereicherten Urans über den Urin aus. Das ist völlig inakzeptabel. Kein Wunder, dass sie medizinische Probleme haben. Es schädigt ihr Blut, die Knochen, die Leber, die Milz, die Lymphknoten und die Nieren. Man hat dieses Material neun, zehn Jahre lang im Körper. Deshalb haben wir es mit einem solch massiven und auch mysteriösen medizinischen Syndrom zu tun.
Irak: 400.000 Soldaten mit abgereichertem Uran verseucht
Laut dem Pentagon waren 400.000 amerikanische Veteranen dem abgereicherten Uran ausgesetzt: die Verseuchung betraf damals den ganzen südlichen Teil des Irak. Daher kann man von 400.000 Soldaten ausgehen. Man sagt, dass sich 200.000 von ihnen seit ihrer Rückkehr in medizinische Behandlung begeben haben, vermittelt von den Veteranenorganisationen. 115.000 von ihnen sind mit dem Golfkrieg-Syndrom diagnostiziert worden, was bedeutet, dass diese Männer und Frauen arbeitsunfähig sind. Viele von ihnen sind schon verstorben. Ich habe unterschiedliche Schätzungen, die besagen, dass zwischen 8000 und 10.000 bereits gestorben sind. Die anderen sind arbeitsunfähig, leiden unter chronischer Müdigkeit, Übelkeit und Erbrechen, nachlassender Sehkraft, Kopfschmerzen, Schlaflosigkeit, Atemproblemen, chronischen Schmerzen und Krämpfen …. Sie haben auch eine größere Zahl von behinderten Kindern gezeugt. Das abgereicherte Uran ist auch in ihrer Samenflüssigkeit nachgewiesen worden. Wir haben es also mit einem sehr ernsten Problem zu tun. Wenn ich eine Schätzung abgeben müsste, in welchem Ausmaß das Golfkrieg-Syndrom auf abgereichertes Uran zurückzuführen ist, würde ich sagen zu 50%.
Sie kommen natürlich auf die Verwendung von abgereichertem Uran, weil es nichts kostet. Es ist radioaktiver Abfall. Es spart dem Waffenhersteller Geld. Sonst müsste man Geld aufwenden für Sicherheitsmaßnahmen, um es von der Biosphäre abzuschirmen. Man kann diese Waffen mit abgereichertem Uran auch mit den Landminen vergleichen, sie töten auch noch lange nach Kriegsende. Es wird die Frauen und Kinder töten, weil sich das Uran in ihrem Gewebe ablagert, im Brust- und Uterusgewebe, das auf Strahlung sensibler reagiert. Kinder speichern es vermehrt in ihren Knochen und haben langfristig ein höheres Krebsrisiko. Es ist auch eine Verletzung von Internationalem Recht, weil es sich dabei um gravierende Umweltschäden handelt, die vor nationalen Grenzen nicht Halt machen. Es ist lächerlich, von treffsicherem Bombardement (‘precision-bombing’) zu sprechen. Es ist sicher kein solches. Und es stellt auch die Behauptung der NATO in Frage, wonach dies ein humanitärer Krieg sei, denn wie sie hier das Land und die Menschen, das Wasser und die Nahrung vergiften, ist ganz bestimmt nicht humanitär. Es steht völlig in Widerspruch zu dem, wofür sie vorgeben einzutreten.
Rosalie Bertell, Unitarian Church of the Messiah, Montreal, Kanada, 25. Mai 1982 (fotografiert von Robert del Tredici)
Experten des Internationalen Rechts sagen, dass wir für das Verbot dieser Waffen keine neue Konvention brauchen, da dieser Tatbestand schon durch Internationales Recht gedeckt ist. Nach Meinung des Menschenrechtsgerichtshofes in Genf ist diese Waffe eine, die auf Massenvernichtung und wahllose Zerstörung abzielt und daher außerhalb des Gesetzes steht. Die Vereinten Nationen haben zur Klärung dieses Sachverhalts einen Bericht angefordert und dieser wird im August dieses Jahres (2010, d. Üb.) vorgelegt werden. Die WHO versucht gerade, eine Untersuchungskommission einzurichten, die die Schadensersatzansprüche des Irak prüfen soll. Im Irak haben sie nämlich eine sechsfach erhöhte Krebsrate bei Kindern und eine zwischen fünf- bis sechsfach erhöhte Rate bei Lymphknotenkrebs und Leukämie bei den irakischen Veteranen, die den Waffen mit abgereichertem Uran ausgesetzt waren, festgestellt. Die WHO hat für die geplante 3-jährige Studie im Irak um Spenden und Freiwillige gebeten. Wir haben noch nicht alle relevanten Informationen sammeln können, aber es ist schon jetzt klar, dass (der Einsatz dieser Waffen, d.Üb.) internationales Recht verletzt, und dass es auch Verstöße gegen eine wahrheitsgemäße Information der Öffentlichkeit über diesen Krieg gibt.
Frage: Das Marshall-Islands-Beispiel - Gibt es ernsthafte Folgen für zukünftige Generationen?
Rosalie Bertell: Es wird Konsequenzen geben. Ich habe viel auf den Marshall Inseln gearbeitet, wo die Menschen dem Fallout der Atomwaffentests ausgesetzt waren. Die dort lebenden Menschen, die Rongalap, sterben aus, der ganze Stamm. Am Beispiel der Marshall Inseln kann man sehen, welche Folgen die Atomwaffentests hatten. Diese Tests haben dazu geführt, dass die Unfruchtbarkeit der Menschen gestiegen ist. Frauen sind über einen Zeitraum von 5 Jahren nicht schwanger geworden. Dann fingen sie an, spontane Abgänge zu haben. Sie nannten sie Jellyfish-Babys. Der Fötus schaut wie ein Tumor aus, das Kind konnte nicht ausgebildet werden. Es ist eine Gewebe-Schwangerschaft. Dann brachten sie missgebildete Kinder zur Welt. Dazu ist die Geburtenrate des ganzen Stamms dramatisch gesunken, die Menschen sterben jünger, mit 30 bzw. 40 Jahren. Es ist ganz offensichtlich, dass dieser Stamm stirbt, dass er nicht überleben wird. Durch unser Tun treffen wir gerade die Entscheidung, wie viele zukünftige Generationen noch auf der Erde (über-)leben können. Wie sehr dieser Generationenzyklus verkürzt wird, hängt davon ab, wie sorglos wir weiter experimentieren. Wir haben diesen Zyklus schon verkürzt. Sooft wir einen genetischen Defekt verursachen, führen wir letztlich den Tod der Betroffenen herbei. Einige werden noch 2 Generationen leben, andere 7.
Zahl der Generationen, die uns folgen werden, bereits dezimiert
Wenn man einer konstant niedrigen Strahlung ausgesetzt ist, führt man damit Fehler in den Genpool ein. Und diese Fehler werden schließlich wirksam werden und die Erblinie, die Zelllinie, die Gattungslinie töten. Vom Ausmaß des verursachten Schadens hängt ab, ob dies in 2, 7 oder 10 Generationen geschehen wird. Was wir gerade machen, ist, dass wir durch die Einführung von Fehlern in die DNA oder den Genpool die Zahl der überlebensfähigen Generationen auf unserem Planeten verringern.
Wir haben die Zahl der Generationen, die uns folgen werden, dezimiert. Wir haben das bereits getan. Wir haben die Überlebensfähigkeit von lebenden Systemen auf dem Planeten reduziert, ob unser Planet sich von diesen Eingriffen erholt, oder auch nicht. Wir haben keine außerirdische Quelle, die uns neue DNA bereitstellen kann. Wir haben die DNA, die wir eben haben, und wer immer in Zukunft auf unserem Planeten leben wird, ist in der vorhandenen DNA angelegt. Wenn wir sie jetzt schädigen, können wir sie nicht von einem anderen Ort beziehen, bzw. ersetzen. Es wird in der Zukunft kein Lebewesen auf der Erde geben, das nicht schon jetzt in der Samenbank vorhanden ist, in einem Samen oder in einer Eizelle aller Lebewesen, Pflanzen, Tiere und Menschen. Es ist bereits alles da. Es wird nicht vom Mars oder irgendwo anders her kommen. Lebewesen bilden sich aus Lebewesen. Wir tragen diesen sehr kostbaren Samen in uns. Und wenn wir diesen schädigen, wirkt sich dies zweifach aus: Wir erzeugen einen Organismus, der sich unserer Umwelt weniger anpassen kann und daher weniger lebensfähig ist. Gleichzeitig belasten wir unsere Umwelt mit giftigem und radioaktivem Abfall. Man findet also eine schädlichere Umwelt vor UND einen geschwächten Organismus. Das ist ein Todessyndrom (gar Todesurteil, d. Üb.) für die Gattung, nicht nur für das Individuum. Wir werden härtere Lebensbedingungen vorfinden. UND der Körper wird weniger in der Lage sein, mit Stress fertig zu werden, und gleichzeitig wird er mehr Stress aushalten müssen.
Wir sind verantwortlich für das, was wir der nächsten Generation hinterlassen. Das erstaunt mich immer wieder, weil ich die Tochter europäischer Einwanderer bin, die nach Kanada oder in die USA kamen und dort ein besseres Leben für ihre Kinder suchten. Es scheint so, dass unsere Generation sich nicht um die Zukunft kümmert. Das ist nicht unser Erbe. Unser Erbe ist doch, unseren Kindern etwa Besseres zu hinterlassen, als wir erhalten haben. Aber das scheint uns nicht zu kümmern. Ich finde das sehr eigenartig und ich glaube, unsere Großeltern würden sich im Grabe umdrehen, wenn sie wüssten, was wir tun.
Wir werden sicher unsere Stimme erheben müssen, und es gibt sehr gute Möglichkeiten, diese Botschaft zu verbreiten. Ich bin der Meinung, wir brauchen auch einen Schutz in Form von Gesetzen. Wir denken da an ein Sieben-Generationen-Gesetz, das jedes Gesetz, das verabschiedet wird, auf seine Auswirkung auf unsere EnkelInnen und UrenkelInnen hin überprüft. Diese Frage muss geklärt werden, bevor große Vorhaben umgesetzt oder große Gesetzesänderungen oder neue Gesetze verabschiedet werden. Das ist eine Regel der nordamerikanischen indigenen Völker, dass die Sicherheit der Enkelkinder der Enkelkinder gewährleistet sein muss. Sonst wird ein Vorschlag nicht akzeptiert.
Es gibt keinen wirksamen Schutz gegen die Strahlung, aber man kann die Auswirkungen durch einige Maßnahmen verringern. Bleiben Sie im Haus bei geschlossenen Fenstern während dieser Tests für so lange wie möglich. Das Hauptaugenmerk sollte darauf gerichtet sein, möglichst wenig verstrahlte Nahrung zu sich zu nehmen. Es gibt einige ausleitende Stoffe. Sie leiten anorganische Stoffe aus lebendigem Gewebe aus. Ein sehr einfaches und mildes ausleitendes Mittel ist destilliertes Wasser. Man kann destilliertes Wasser zum Kochen von Gemüse verwenden. Wenn das Gemüse mit Uran verseucht war, würde das Uran mit dem destillierten Wasser ausgeschwemmt. Man kann das destillierte Wasser statt abgefülltem oder gefiltertem oder auch statt Leitungswasser trinken. Das destillierte Wasser leitet das Uran aus dem Körper aus. Es hat die Eigenschaft, unerwünschte anorganische Stoffe auszuleiten. Ein anderes Mittel, das man verwenden kann, ist Spirulina, eine blaugrüne Alge, die man in Bioläden kaufen kann. Das ist ebenfalls ein mildes ausleitendes Mittel, das dem Körper hilft, einige der im abgereicherten Uran enthaltenen Giftstoffe wieder loszuwerden. Man kann die Ausleitung auch über Schwitzkuren herbeiführen. Saunieren. Wenn man die Giftstoffe über die Haut ausscheidet, schont man die Nieren. Die Giftstoffe sollten sich nicht im Gewebe, im Blut oder sonstwo im Körper ablagern.
Militär weltweit abschaffen
Wir müssen lernen, miteinander auszukommen, denn wir leben auf einem kleinen Planeten. Wenn wir um ihn Krieg führen, werden alle verlieren. Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass wir die natürliche Regenerationsfähigkeit der Erde schwächen. Üblicherweise regeneriert sich die Erde innerhalb eines Jahres. Aber wenn wir einmal nachrechnen, wie viele Ressourcen wir der Erde entnehmen (Fisch, andere Nahrung, Eisen, Kohle, Öl), die unserem Lebensstil geschuldet sind: Wir entnehmen der Erde 1.33 mal soviel, als auf der Erde wieder nachwachsen kann. Wir erzeugen damit also ein ökologisches Defizit. 1992 war die Maßzahl noch 1.25. Sie steigt also. Die Menschen sorgen sich um das finanzielle Defizit, aber das ist nichts im Vergleich zum ökologischen. Das Anwachsen des ökologischen Defizits bedeutet, dass wir die Trag- und Lebensfähigkeit der Erde ständig verringern. Gleichzeitig wächst die Weltbevölkerung. Wenn wir nichts gegen all das unternehmen, steht uns eine Krise von globaler Dimension bevor. Mein wichtigster Vorschlag wäre, das Militär weltweit abzuschaffen. Das Militär verschlingt den größten Anteil unserer Ressourcen. Wenn wir das Militär weltweit abschafften, würden wir das ökologische Defizit, das wir jedes Jahr ansammeln, sofort ausgleichen. Damit würden wir Zeit gewinnen, um ein besseres Leben auf diesem Planeten aufzubauen. Ja, wir brauchen die Globalisierung im Kopf. Was wir nicht brauchen, ist die Monokultur, stattdessen müssen wir lernen, wie wir auf der Erde zusammenleben können, wie wir unsere Konflikte ohne Militär lösen können. Ja, wir brauchen die Polizei, ja, wir brauchen Gesetze und Gerichte und Ähnliches. Aber wir brauchen das Militär nicht. Das Militär ist eine Abnormalität. Es zerstört unsere Kultur, unsere Umwelt, alles, wofür wir uns einsetzen. Daher ist es Zeit, das Militär abzuschaffen.
Frage: 7 Generationen?
Rosalie Bertell: Ich würde die Gesundheit dieses schönen lebenden Planeten so sehr stärken, wie ich könnte, und ich würde sagen: Ich gebe dir das mit all meiner Liebe. Bewahre es und gib es weiter an so viele Generationen, als du nur kannst. Das Leben kann gut sein. Und das Leben ist wirklich ein schönes Geschenk. Keine/r von uns hat darum gebeten. Keine/r von uns verdient es. Es sollte aber auch keine Katastrophe für jede/n von uns sein. Wir sollten es genießen, und daher müssen wir es anders anpacken, als wir das gegenwärtig tun. Für die meisten Menschen ist das Leben schrecklich. Sie begehen Selbstmord, weil sie das Leben abstoßend finden. Aber so sollte das Leben nicht sein. Keine Gattung begeht Selbstmord, so wie die Menschen dies tun. So wie wir uns verhalten, verhalten wir uns radikal falsch. (PK)
Interview übernommen von "Planetare Bewegung für Mutter Erde":
http://www.pbme-online.org/wp-content/uploads/2013/03/Bewegung.8.Info-Brief.letzte.doc
Online-Flyer Nr. 436 vom 11.12.2013