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Gedenktag der bewaffneten Selbstbefreiung des KZ Buchenwald
Nach 69 Jahren: Buchenwald 2014
Von Brigitte Krabbeck

Schon am Vortag des 13. April kamen wir nach Weimar, um noch den sowjetischen Ehrenfriedhof besuchen zu können und dort einige Fotos zu machen. Besonders das Tor mit dem roten Stern in der Mitte gefiel uns. Beim Betrachten der Grabsteine, deren Beschriftung besagt, dass der Mensch, der hier begraben liegt, 19 oder 25 Jahre alt wurde, kam wieder Trauer und Wut hoch angesichts der Tatsache, wie aggressiv der deutsche Imperialismus schon wieder an führender Stelle die Welt mit Krieg überzieht. Welch hohen Blutzoll hatte die Sowjetunion bezahlt, um uns zu befreien!


Quelle der aktuellen Fotos: www.buchenwald gedenken.de

Natürlich versäumten wir nicht, auch das Thälmann-Denkmal zu besuchen. Hier werden wir uns am 18. August, dem Todestag Ernst Thälmanns treffen, der von 1925 bis zu seiner Verhaftung durch die Gestapo im Jahr 1933 Parteivorsitzender der KPD war. Er wurde auf direkten Befehl Adolf Hitlers am 17. August 1944 aus dem Zuchthaus Bautzen nach Buchenwald gebracht und dort am 18. August im Krematorium erschossen und verbrannt.
 

Ernst Thälmann
Quelle: VVN-BdAKaiserslautern
Nur zu gern ermordet hätten die Nazis auch den Juden und Kommunisten Emil Carlebach, der als 20jähriger 1934 wegen antifaschistischer Flugblätter verhaftet und 1938 nach Buchenwald gebracht worden war. Dort war er im Untergrund eines der führenden Mitglieder der illegalen internationalen Widerstands-organisation. Nach der Selbstbe-freiung der Häftlinge vor dem Einmarsch der US-Armee kehrte er in seine Heimatstadt Frankfurt zurück, wurde dort mit einer US-Lizenz einer der sieben Gründer der "Frankfurter Rundschau", was deren Chefredakteuren mit wenigen Ausnahmen bis heute peinlich ist und bei entsprechenden Anlässen in der Regel verschwiegen wird. Mit Beginn des Kalten Krieges wurde Carlebach nämlich als Mitglied der KPD durch den US-Militärgouverneur Clay aus der Chefredaktion entfernt und durch den SPD-Mann Karl Gerold ersetzt. Seine Vorstellungen von einer nichtkommerziellen Presse durften ebenso wenig Schule machen wie die Sozialisierungsartikel in der Hessischen Verfassung, an der er als Landtagsabgeordneter mitgearbeitet hatte.

Den engagierten Gewerkschafter in der Deutschen Journalisten-Union in der IG Druck und Papier, heute ver.di, hat sein Kollege Peter Kleinert, damals stellvertretender Vorsitzender der dju, heute Herausgeber und Redakteur der NRhZ im dju-Vorstand kennengelernt und später zwei Filme mit ihm und über Buchenwald gedreht. Einen davon können hier in dieser NRhZ-Ausgabe sehen.


Emil Carlebach
Quelle:
DKP Frankfurt am Main
Am nächsten Tag, dem offiziellen Gedenktag der bewaffneten Selbstbefreiung des KZ, waren wir, wie voriges Jahr auch mit Flyern und Sowjetfahnen in Buchenwald. GenossInnen aus Bochum führten eine wunderschön bestickte Originalfahne der Sowjetunion mit. Viele, vor allem junge Leute, ließen sich mit dieser Fahne fotografieren. Die Erinnerung lebt eben in den Herzen und Köpfen der Menschen weiter. Dies zum Ausdruck zu bringen, indem wir des heldenhaften Kampfes der Roten Armee gegen die Hitler-Wehrmacht gedenken, verstehen wir als unsere Aufgabe. Wir kamen immer wieder ins Gespräch mit BesucherInnen, so z. B mit einer Jugendgruppe aus Frankreich, in der sich die kommunistische Stadträtin für Erinnerungsarbeit der Stadt Dieppe befand. Sie fragten uns interessiert nach der Geschichte der KPD und war erstaunt zu erfahren, dass es in Deutschland immer noch das KPD-Verbot gibt. Wir erzählten von den tausenden verfolgten Kommunistinnen im Zuge des Verbotsurteils im Jahr 1956, und sie wollten wissen, ob es die "Berufsverbote" immer noch gäbe. 


 
Die offizielle Feier, besucht von ca. 500 Menschen, darunter viele mit Fahnen verschiedener Organisationen, wie z. B. SDAJ, KPD, RFB, VVN, Linke, autonome Antifa und MLPD, hatte dieses Jahr im Gegensatz zu den Jahren vorher keine geschichtsverfälschende Intention. Im Gegenteil, zwei ehemalige Internierte aus Frankreich erinnerten an die bewaffnete Selbstbefreiung durch das internationale Lagerkomitee. Auch die Ermordung von Ernst Thälmann wurde von einem der Redner, erwähnt, der von dieser am nächsten Morgen erfuhr. Sie hatte in seiner unmittelbaren Nähe in aller Heimlichkeit stattgefunden. Er erzählte auch, wie 903 der ca. 1000 in den letzten Tagen in Buchenwald in schrecklichem Zustand eingetroffenen Kinder das Leben durch den Schutz der Genossen des internationalen Lagerkomitees gerettet werden konnte. Deutlich wurde dabei, wie das Überleben jedes Einzelnen von der Solidarität aller abhing. Es fehlte auch nicht der Hinweis, dass sich Deutschland heute wieder an Kriegen beteiligt und wie empörend der Umgang mit Flüchtlingen hierzulande ist. Doch alles das wurde allerdings anschließend von den bürgerlichen Medien nicht gesendet, und bei der Berichterstattung z. B. der Tagesschau fiel auf, dass kein Schwenk über die TeilnehmerInnen der Veranstaltung gezeigt wurde, denn diese war von roten Fahnen und DDR-Symbolen dominiert.


 
Im Anschluss an diese Veranstaltung, trafen sich die kommunistischen TeilnehmerInnen wie immer an dem Platz im Krematoriumshof, wo unser damaliger Vorsitzender Ernst Thälmann ermordet wurde. Wir legten Blumen und Gebinde nieder. Genosse Kurt von der KPD hielt die Gedenkrede, in der er den Bogen vom Kampf gegen den Faschismus zur heutigen Notwendigkeit schlug nicht nur diesen, sondern auch den deutschen Imperialismus zu bekämpfen. Er zitierte Liebknechts Worte vom Hauptfeind, der immer im eigenen Land steht. Das müsse der Ansatz unseres Kampfes sein, denn der Faschismus entsteht nicht zufällig, sondern ist der geplante Angriff des Kapitals auf die Arbeiterklasse, wenn diese droht, seine Raubzüge zu vereiteln. Auch die Rolle der PDL, die teilweise erstmals einem Auslandseinsatz der Bundeswehr zugestimmt hatte, erwähnte er kritisch. (1)



Wir von buchenwald-gedenken verstehen uns als Teil des Kampfes in der Tradition der KPD. Wir haben uns vorgenommen, auch im nächsten Jahr wieder mit einem Aufruf zu erscheinen. Hoffentlich gelingt es uns dann, wieder mehr Menschen, gerade aus der DKP anzusprechen und zur Teilnahme zu veranlassen, die dieses Jahr unverständlicherweise fehlten.


Wir wollen den Kontakt zu den alten GenossInnen auch nicht missen, die selbstverständlich - einige trotz erheblicher gesundheitlicher Einschränkungen - den Weg nach Buchenwald fanden, die auch am Todestag Thälmanns da sein werden, und von denen wir uns Interessantes aus der Vergangenheit in der DDR erzählen lassen werden. Der Kontakt zu ihnen ist für uns eine große Bereicherung. Wir sind stolz darauf, Teil der kommunistischen Geschichte zu sein. Gerade, weil wir so wenige sind, haben wir eine große Verantwortung für die Zukunft.
(PK)


 








(1) Die Rede findet man auf der Seite www.buchenwald-gedenken.de

Online-Flyer Nr. 455  vom 23.04.2014



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