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Krieg und Frieden
Rede auf der Friedensmahnwache am 19. Juli in Berlin
Im Zeichen von Solidarität mit Gaza
Von Evelyn Hecht-Galinski
Heute ist ein ganz besonderer Tag für mich, als Berlinerin, hier zu sprechen. Wir Berliner wissen, was Blockade und Abriegelung bedeuten. Wir Berliner wissen was eine Mauer ist, die eine Stadt trennt. So frage ich heute und hier: Wann werden wir den Tag erleben, an dem die israelische Apartheidmauer - die tief durch geraubtes und palästinensisches Land geht - so fällt wie die Berliner Mauer? Dieser heutige 19. Juli ist zudem der 22. Todestag meines Vaters Heinz Galinski, dem überzeugten Kämpfer für Gerechtigkeit und stolzen Berliner Ehrenbürger, dessen Lebensmotto ich mir zueigen gemacht habe: "Ich habe Auschwitz nicht überlebt, um zu neuem Unrecht zu schweigen."
Online-Flyer Nr. 468 vom 23.07.2014
Rede auf der Friedensmahnwache am 19. Juli in Berlin
Im Zeichen von Solidarität mit Gaza
Von Evelyn Hecht-Galinski
Heute ist ein ganz besonderer Tag für mich, als Berlinerin, hier zu sprechen. Wir Berliner wissen, was Blockade und Abriegelung bedeuten. Wir Berliner wissen was eine Mauer ist, die eine Stadt trennt. So frage ich heute und hier: Wann werden wir den Tag erleben, an dem die israelische Apartheidmauer - die tief durch geraubtes und palästinensisches Land geht - so fällt wie die Berliner Mauer? Dieser heutige 19. Juli ist zudem der 22. Todestag meines Vaters Heinz Galinski, dem überzeugten Kämpfer für Gerechtigkeit und stolzen Berliner Ehrenbürger, dessen Lebensmotto ich mir zueigen gemacht habe: "Ich habe Auschwitz nicht überlebt, um zu neuem Unrecht zu schweigen."
Heinz Galinski, 1967 vor dem jüdischen Gemeindehaus, war der erste und vierte Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland.
Quelle: NRhZ-Archiv
Warum, so frage ich mich, nimmt der Staat Israel diese schreckliche Vergangenheit, nicht als Mahnung an, niemanden zu unterdrücken, oder sein Land zu stehlen?
Juden in Israel und in der Welt sollten wissen, was Vertreibung und Enteignung, was Ausgrenzung und Ermordung bedeuten. Und sich nicht solidarisieren mit diesem "jüdischen Staat" wenn er ein Massaker an den Palästinensern durchführt - ich sage, nicht in meinem Namen!
Die historische Verantwortung unserer Geschichte treibt mich an in meinem Kampf für einen gerechten Frieden in Palästina. Ich fühle mit den von Israel unterdrückten und besetzten Palästinensern, die den erbarmungslosen Luftangriffen durch Israel ausgesetzt sind.
Das Leid in Gaza ist mir zu wichtig, als das ich nicht nach Berlin gekommen wäre.
Schweren Herzens musste ich Palästinensern absagen, die leider zur gleichen Zeit ihre Demonstrationen geplant haben. Gerade aber Palästinenser brauchen unsere uneingeschränkte Solidarität!
Ich stehe hier in Solidarität mit dem palästinensischen Volk, speziell mit den eingeschlossenen 2 Millionen Menschen in Gaza, die in einem unvorstellbaren Elend, im Ghetto von Gaza in Angst und Schrecken leben müssen und schwerste Traumatisierungen erleiden. Sie sind angewiesen auf die Hilfe von Hilfsorganisationen; eine Feuerpause am Donnerstag ermöglichte es, sie notdürftig mit Lebensmitteln, Medikamenten und Wasser zu versorgen. Am Freitag begann Israel eine Bodenoffensive unvorstellbarer Grausamkeit. Die Propaganda spricht von Tunnelzerstörungen als Ziel. In Wirklichkeit müssen hunderttausende Palästinenser vor den palästinensischen Angriffen fliehen, aus der Luft, vom Wasser und vor Bodentruppen. Mittlerweile suchen schon 70.000 Palästinenser Schutz in UN- Einrichtungen. Um die Menschen nach der Bodenoffensive vor einer Bombardierung aus ihren Häusern zu jagen, setzt diese so "moralische Armee" auch stinkendes Gas ein.
Es ist zu hoffen, dass es zu dem angekündigten Waffenstillstand kommt. Allerdings ist ein Waffenstillstand ohne Aufhebung der Blockade gegenstandslos. Es ist ein fortschreitender Völkermord, der von Israel an den Palästinensern betrieben wird. Schluss mit den israelischen Kriegsverbrechern, die völkerrechtswidrig Zivilisten ermorden, Häuser zerstören, die gesamte Infrastruktur vernichten, keinen Halt machen vor Krankenhäusern, Schulen und Behinderten-Einrichtungen von Wohltätigkeitsorganisationen.
Am Mittwochabend ermordete die israelische Armee vor den Augen von Journalisten, die im Hotel auf einer Terrasse hautnah erleben konnten, wie Israel sich dann rühmt, dass sie die einzige Armee in der Welt haben, die vor Luftangriffen warnt, also den Menschen, die Gelegenheit gibt, noch aus den Häusern zu fliehen. Was für eine Perversität dieses "jüdischen Staates", diese "Nach Anruf Mord, Knock on the Roof"-Strategie in der Welt zu verkaufen.
Evelyn Hecht-Galinski und ihre Zuhörer bei der Mahnwache
Foto: Arbeiterfotografie
Wem nützt es? Israel, das mit diesem Massaker und dem Laboratorium von Gaza sein Riesenrüstungsgeschäft an lebenden Objekten, den hilflosen Menschen von Gaza so hautnah vorführen kann. Neue Bomben, Drohnen, die "eiserne Kuppel", dieses in Israel entwickelte Raketenabfangsystem. Israelische Militärsprecher brüsten sich noch damit, dass die ganze Miltärfachwelt nach Israel pilgert um sich selbst davon zu überzeugen, dass Israels Waffen Meister im humanen Morden sind.
Ganz klar: Israel braucht keinen Frieden, sie haben ja den Iron Dome.
Gaza hat keine Raketenabwehrsysteme,
Gaza hat keine Luftschutzbunker, um sich zu schützen.
In den über 2 Wochen sind schon mehr als 505 Palästinenser ermordet worden, und es gibt über 3000 Verletzte. Über 80% der Opfer sind Zivilisten - vor allen Dingen Frauen und Kinder!
Vier Kinder wurden am Mittwochabend von einem israelischen Kriegsschiff am Strand von Gaza ermordet, während sie spielten. Drei weitere retteten sich schwer verletzt in ein Hotel, wo sie von französischen Reportern versorgt wurden, die diesen Vorfall dokumentiert und die israelische Armee damit schwer belastet haben. Angeblich waren Hamas Terroristen das Ziel des Angriffs, getötet wurden aber ausschließlich unschuldige Kinder.
Es ist eine Schande, dass sich die israelische Regierung unter Netanjahu noch sicher sein kann, dass dieser Völkermord von den westlichen Politikern unterstützt wird. Außenminister Steinmeier und Kanzlerin Merkel irren, wenn sie Israel in ihrer uneingeschränkten Solidarität das Recht zur angeblichen Selbstverteidigung einräumen. Es ist nämlich keine Selbstverteidigung, es ist die Verteidigung der Besatzung.
Außenminister Steinmeier sollte sich auch besser über die wahren Hintergründe die zu diesem Konflikt führten, informieren, anstatt - neben Netanjahu stehend - sofort Hamas zu verurteilen. Eine Schande ist das für die deutsche Außenpolitik.
Kanzlerin Merkel betonte am Freitag, bevor sie sich in den Sommerurlaub verabschiedete, Israel habe ein Recht auf Selbstverteidigung. Deutschland stehe in dieser Frage fest an der Seite Israels. Das müsse natürlich angemessen durchgeführt werden. "Angemessen morden", Frau Merkel? Können Sie das mit ihrem Gewissen vereinbaren?
Heinz Galinski und Preisträgerin Angela Merkel
Montage: Arbeiterfotografie
Abriegelung ist genau dasselbe wie Besatzung und muss nach dem Völkerrecht genauso behandelt werden. Nicht die Raketen aus Gaza waren der Beginn für die jüngste Gewalt.
Es war die gezielte Ermordung eines Hamas-Führers am 29.Juni. Ebenso waren Auslöser die Ermordung von zwei palästinensischen Jugendlichen am 15 Mai diesen Jahres am Nakba-Tag, dem Tag des Gedenkens an die Katastrophe bei der Staatsgründung Israels 1948, durch israelische Sicherheitskräfte. Danach kam die Ermordung von zwei palästinensischen Kindern durch einen jüdischen Extremisten, einen Siedler. Nichts darüber finden Sie in deutschen Medien.
Diese Kette der Ereignisse setzte sich am 2. Juni fort in der Bildung einer neuen palästinensischen Einheitsregierung, die endlich den Zwist zwischen Fatah und Hamas beenden sollte. Sofort drohte Israel, diese Regierung zu zerstören. Israels Wut steigerte sich, als die USA und die EU bereit waren mit dieser Technokraten-Regierung zusammen zu arbeiten.
Als dann die drei Talmudschüler bei Hebron im besetzten Westjordanland entführt wurden, sah Israel die Chance gekommen, diese Regierung und die verhasste Hamas zu zerschlagen.
Ohne Beweise beschuldigte man die Hamas der Entführung. Was für einen Nutzen hätte diese Tat für die Hamas gehabt, die sich ja gerade ausgesöhnt hatte mit den Fatah-Brüdern?
Schon direkt nach der Entführung wusste der israelische Geheimdienst, dass diese drei Jugendlichen tot waren, ließ aber die Öffentlichkeit und sogar die Familien in dem Glauben, dass die drei noch am Leben waren. Denn nur für Israel war so der Nutzen vorhanden, eine Auflösung der Regierung zu erlangen - Kollektivbestrafung und Sippenhaft für das ganze palästinensische Volk.
Bis zum heutigen Tag macht die israelische Regierung weiter mit ihren Kriegsverbrechen.
Vergessen wir aber nicht, es gibt nur eine Ursache: Die Blockade des Gazastreifens und die Besatzung. Diese Verzweiflung, diese Hoffnungslosigkeit, dieses Leben in Unfreiheit, Armut, Enge, Not und Verzweiflung fordert Widerstand heraus.
Lassen wir uns auch nicht täuschen, wenn immer verglichen wird, was wir wohl machen würden, wenn unsere Städte bombardiert würden. Unsere Städte werden eben nicht bombardiert, weil wir keine Besatzer sind und kein Volk abriegeln, denn wir haben aus der Geschichte gelernt.
Ken Jebsen interviewt Evelyn Hecht-Galinski nach ihrer Rede
Foto: Arbeiterfotografie
Wo ist der Bundespräsident Gauck, der doch immer von Freiheit spricht, aber bei der Freiheit für die Palästinenser, da schweigt er. Deutschland müsse im Kampf für Menschenrechte an der Seite der Unterdrückten stehen und notfalls auch zu den Waffen greifen, sagt er. Heißt das etwa, dass Palästinenser nicht unterdrückt werden, oder dass sie eben keine Menschenrechte besitzen? Wie können Sie das als Pastor eigentlich mit ihrem christlichen Weltbild vereinen? Zivilcourage ist gefragt. Im Protest gegen den israelischen Genozid in Gaza, gegen Kriege in der Ukraine, oder sonst wo.
Protestieren wir gegen die deutschen Medien, die uns beschönigend und vertuschend informieren. Das sollte unsere gemeinsame Pflicht sein im Kampf gegen Falschinformationen. Lassen Sie sich nicht von der israelischen Propaganda einschüchtern, in der man uns als Antisemiten verunglimpft, wenn wir diese israelischen Kriegsverbrechen verurteilen. Wir sind keine Antisemiten, wir sind Kritiker der israelischen Unrechtspolitik!
Beteiligen Sie sich an Demonstrationen, gegen das Massaker in Gaza!
Zeigen Sie Zivilcourage und Mut, auch gegen alle Widerstände!
Das ist Bürgerpflicht!
Dieser Palästina-Konflikt hat Europa erreicht und muss hier zu Protesten gegen das israelische Regime führen.
Warum werden gegen Russland Sanktionen beschlossen, aber gegenüber Israel wird immer mit zweierlei Maß gemessen? Diese israelischen Kriegsverbrecher gehören vor das Haager Kriegstribunal! Israelische Kriegsverbrechen sind genau so zu bewerten, wie andere auch und das muss offen angesprochen werden. Wann werden deutsche Medien so objektiv berichten, wie es ausländische tun?
Wann wird endlich der Responsibility to Protect, die Schutzverantwortung der Prevention of Genozid, der Verhinderung von Völkermord, auch für Israel angewendet?
Der UN-Weltgipfel 2005 nannte diese Fälle, wo diese Schutzverantwortung in Kraft treten sollte: Bei Völkermord, Kriegsverbrechen, Ethnischen Säuberungen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Alles das trifft auf die israelischen Schandtaten zu.
Es muss endlich Schluss sein mit der internationalen Unterstützung für die Luftangriffe und Kriegshandlungen in Gaza. Es muss Schluss sein mit den Waffengeschäften mit Israel.
Boykott, Desinvestitionen, Sanktionen, bis Israel die Besatzung und Blockade beendet!
Unsere Forderungen sollten sein:
Sofortiger Stopp der militärischen Aggressionen der israelischen Armee gegen die palästinensische Bevölkerung!
Aufhebung der Blockade Gazas durch Israel und Ägypten!
Sofortige humanitäre und medizinische Hilfe für die abgeriegelten Menschen in Gaza!
Sofortiger Stopp jeglicher Zusammenarbeit mit dem Apartheid-Staat Israel!
Keine Staatsräson für Israels Sicherheit, die nur die Besatzung sichern soll!
Alle Bürger sollten sich dafür stark machen, dass es endlich einen gerechten Frieden in einem freien Palästina für alle seine Bürger gibt, egal welcher Religionen oder Ethnien. Südafrika hat es hinter sich, Israel/Palästina hat es noch vor sich.
Wo Besatzung zu Recht wird, wird Widerstand zur Pflicht, und dieser ist durch das Völkerrecht gedeckt! Obwohl die Belagerung ein kriegsverbrecherischer Akt ist, legitimiert sie alles!
Die Menschen in Palästina brauchen unsere Solidarität! Das wäre in meinen Augen auch ein wichtiges, ein anzustrebende Ziel für die Montagsmahnwachen in Deutschland.
Sagen wir alle, nicht in unserem Namen!
In der ganzen Welt protestierten und protestieren Bürger gegen die israelischen Menschenrechtsverletzungen und Kriegsverbrechen, von London bis Paris, von Oslo, New York, bis Hong Kong und bis Australien. Gegen Krieg, Gewalt und Aggression in Gaza.
Für Freiheit, Gerechtigkeit, Menschenwürde und Frieden in Palästina!
Freiheit für Palästina!
Frieden für uns alle!
From the River to the Sea, Palestine has to be free! (PK)
Hier können Sie Evelyn Hecht-Galinski per Video während ihrer Rede hören und sehen:
http://sicht-vom-hochblauen.de/evelyn-hecht-galinskis-berliner-rede-zu-gaza-friedensmahnwache-19-7-2014/
Siehe auch:
Gemeinsam Imperialismus und Krieg überwinden - Fotogalerie zur bundesweiten Friedensmahnwache am 19. Juli 2014 in Berlin
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=20586
Siehe auch:
Gemeinsam Imperialismus und Krieg überwinden - Fotogalerie zur bundesweiten Friedensmahnwache am 19. Juli 2014 in Berlin
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=20586
Online-Flyer Nr. 468 vom 23.07.2014