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Aktueller Online-Flyer vom 21. Dezember 2024  

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Inland
"Schiedsstellen in CETA im Widerspruch zu europäischem Recht"
Gutachter geben CETA keine Chance
Von Rolf-Henning Hintze

Das von Kanada und der EU-Kommission ausgehandelte Handelsabkommen CETA ist nach einem Gutachten zweier Bremer Rechtswissenschaftler weder mit dem deutschen Verfassungsrecht noch mit europäischem Recht vereinbar. Johan Horst, der das von ihm gemeinsam mit Rechtsprofessor Andreas Fischer-Lescano (Universität Bremen) verfasste Gutachten vergangene Woche erstmals auf einer von Attac einberufenen Pressekonferenz in München vorstellte, bezweifelt stark, dass das Abkommen in seiner jetzigen Form sowohl vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) als auch vor dem Bundesverfassungsgericht Bestand haben dürfte.
 

Rechtsprofessor Andreas Fischer-Lescano
Das von Attac München in Auftrag gegebene Gutachten begründet die Rechtswidrigkeit hauptsächlich mit den vorge-sehenen privaten Schieds-stellen, vor denen Konzerne gegen Staaten klagen könnten. Zugleich hält es aber auch die mangelnde Verankerung der Menschen- und Umweltrechte sowie die erhebliche Macht, die einem "Gemeinsamen Ausschuss" (Joint Committee), den die EU und Kanada neben anderen Ausschüssen bilden sollen, für hochproblematisch. Als gefährdet werden auch die nach europäischen Recht geschützten kommunalen Selbstverwaltungsrechte angesehen.
 
Die internationalen Schiedsstellen des CETA-Abkommens verstoßen nach Ansicht von Gutachter Johan Horst gegen die Rechtsordnung der EU, weil sie das Monopol des Europäischen Gerichtshofs für die Auslegung des Unionsrechts unterlaufen könnten. Die Schiedsstellen würden faktisch auch Handlungen der EU-Organe überprüfen und ihre Entscheidungen könnten "einen unionsrechtswidrigen Zustand herbeiführen". In ihrer derzeitigen Fassung seien die CETA-Schiedsverfahren "europarechtswidrig".
 
Als problematisch beurteilen die Bremer Gutachter weiter, dass das Abkommen keine strikte Menschenrechtsklausel enthält. Die Schiedsstellen im CETA würden damit "nicht hinreichend" auf die Gewährleistung von Menschen- und Umweltrechten verpflichtet. Die Rechte Dritter würden nicht gewährleistet, sie würden nicht am Verfahren beteiligt.
 
Deutliche Kritik übt das Gutachten auch an der vorgesehenen Schaffung eines eigenen admistrativen Unterbaus durch eine Ausschuss-Struktur mit einem "Join Committee" an der Spitze. Dieser aus Exekutivvertretern der EU und Kanadas gebildete Ausschuss "bildet nicht nur das CETA fort, er beaufsichtige auch die speziellen Ausschüsse und mache ihnen weitgehende Vorgaben. Der Ausschuss könne z.B. die Befreiung von Einfuhrzöllen erwirken und auch andere Regeln erweitern. Es sei völlig unklar, so Johan Horst, wie die Partizipation des EU-Parlaments sichergestellt werden solle.
 
Als sehr bedenklich sieht das Gutachten der Bremer Wissenschaftler auch eine drohende Beeinträchtigung der kommunalen Selbstverwaltung, die bisher im EU-Recht garantiert ist, durch CETA an. Das CETA nehme nur wenige Formen der Daseinsvorsorge von der grenzüberschreitenden Liberalisierung aus und eröffne damit im kommunalen Bereich den Marktzugang "in einer Weise, die eine am Gemeinwohl orientierte Kommunalpolitik erschwert". Durch sehr niedrige Schwellenwerte bei der Vergabe kommunaler Aufträge (teilweise ab 228.000 Euro) gerieten kommunale Aufträge selbst bei Krankenhäusern und sozialen Diensten in einen Ausschreibungszwang, der es den Gemeinden unmöglich mache, "Aufträge privilegiert an eigene, gemeinnützige oder ortsansässige Unternehmen zu vergeben".
 
Ferner würde die vorgesehene Sperrklinkenklausel (Ratchet Clause) eine Revision einmal vorgenommener Privatisierungen z.B. durch eine Rekommunalisierung künftig unmöglich machen.
 
Das 41seitige Gutachten der Bremer Rechtswissenschaftler wird im vollen Wortlaut demnächst auf der Webseite von Attac München - www.attac-m.org - nachzulesen sein. (PK)
 
Rolf-Henning Hintze, geboren 1942 in Berlin, ist seit über 40 Jahren als Journalist tätig, früher als Redakteur der Frankfurter Rundschau, des Norddeutschen Rundfunks und der Deutschen Welle dann als freier Journalist (mit Schwerpunkt Afrika- und Entwicklungspolitik); mehrjährige Erfahrungen als Betriebsrats- bzw. Personalsratsmitglied bei der Frankfurter Rundschau und beim NDR; Landesbeauftragter des Deutschen Entwicklungsdienstes in Sambia, 1984/85 stellvertretender Bundesvorsitzender der Deutschen Journalisten-Union in der IG Druck und Papier.


Online-Flyer Nr. 483  vom 05.11.2014



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