SUCHE
Unabhängige Nachrichten, Berichte & Meinungen
Lokales
BAYER-Generaldirektor verantwortlich für Giftgas-Einsatz und Zwangsarbeit
Dortmund: Carl-Duisberg-Straße wird umbenannt
Von Peter Kleinert
Die Dortmunder Carl-Duisberg-Straße wird in Kleine Löwenstraße umbenannt. Die Bezirksvertretung Innenstadt-West folgte damit am 26. November einer Empfehlung des Dortmunder Stadtarchivs. Keine der Fraktionen stimmte gegen eine Namensänderung. Bis 1926 war Duisberg bei den BAYER-Werken tätig, von 1925 bis 1935 war er Aufsichtsratsvorsitzender der I.G. Farbenindustrie AG, in der die Farbenfabriken, vormals Friedr. Bayer & Co., aufgegangen waren.
Carl Duisberg um 1930 auf einer Fotografie
von Nicola Perscheid
Jan Pehrke, Vorstandsmit- glied der Coordination gegen BAYER-Gefahren, begrüßt das Votum in Dortmund: „Carl Duisberg, der geistige Vater der IG FARBEN, ging für Profite buchstäblich über Leichen. Wegen seiner Mitverantwortung für Gaskrieg, Zwangsarbeit und die enge Zusammenarbeit mit dem Nazi-Regime taugt er nicht als Vorbild für künftige Genera-tionen. Auch die verbleiben- den nordrhein-westfälischen Carl-Duisberg-Straßen in Bonn, Krefeld, Leverkusen, Marl und Dormagen sowie das Wuppertaler Duisberg-Gymnasium sollten nun umbenannt werden.“
Online-Flyer Nr. 487 vom 03.12.2014
BAYER-Generaldirektor verantwortlich für Giftgas-Einsatz und Zwangsarbeit
Dortmund: Carl-Duisberg-Straße wird umbenannt
Von Peter Kleinert
Die Dortmunder Carl-Duisberg-Straße wird in Kleine Löwenstraße umbenannt. Die Bezirksvertretung Innenstadt-West folgte damit am 26. November einer Empfehlung des Dortmunder Stadtarchivs. Keine der Fraktionen stimmte gegen eine Namensänderung. Bis 1926 war Duisberg bei den BAYER-Werken tätig, von 1925 bis 1935 war er Aufsichtsratsvorsitzender der I.G. Farbenindustrie AG, in der die Farbenfabriken, vormals Friedr. Bayer & Co., aufgegangen waren.
Carl Duisberg um 1930 auf einer Fotografie
von Nicola Perscheid
Das Dortmunder Stadtarchiv hatte die Umbenennung von sechs Straßen mit historisch belasteten Namensgebern vorgeschlagen. In der Bewertung von Duisberg schrieb das Stadtarchiv: „Während des Ersten Weltkriegs wurde unter seinem Vorsitz Giftgas für den Kriegseinsatz produziert. (…) Duisberg gehörte zu den führenden deutschen Industriellen, die während des Krieges die - auch nach dem damals geltenden internationalen Kriegsrecht illegale - Deportation belgischer Zivilisten zur Zwangsarbeit nach Deutschland durchsetzten.“ Die Überprüfung aller Dortmunder Straßennamen ging auf einen Antrag des früheren Ratsmitglieds Richard Kelber sowie eine Kampagne der Coordination gegen BAYER-Gefahren zurück.
Zum 150. Geburtstag von Carl Duisberg vor drei Jahren hatten sich unter anderem in Wuppertal, Leverkusen, Frankfurt und Marburg Initiativen gebildet, um Straßen, Schulen und Wohnheime, die den Namen des ehemaligen BAYER-Generaldirektors tragen, umzubenennen. Auch ein Entzug der Leverkusener Ehrenbürgerwürde war gefordert worden. In Frankfurt läuft ein Umbenennungsverfahren der dortigen Duisbergstraße; in Marburg führte das Engagement dazu, am dortigen Carl-Duisberg-Haus eine Plakette mit einer „Kritischen Würdigung“(1) anzubringen.
Weitere Stationen aus Duisbergs Leben:
Schon 1900 hatte Carl Duisberg rücksichtslos die Vermarktung von Heroin als angeblich harmlosem Hustenmittel betrieben. Als Wissenschaftler das Suchtpotenzial von Heroin anprangerten, äußerte Duisberg - zu diesem Zeitpunkt Prokurist bei BAYER -, man müsse die „Gegner mundtot schlagen“. Obwohl sich rasch die Gefahr der Abhängigkeit herausstellte, ließ Duisberg den gewinnbringenden Verkauf mehr als ein Jahrzehnt lang fortführen.
Duisberg engagierte sich in der vom antisemitischen „Alldeutschen Verband“ gesteuerten Kriegszielbewegung. Er forderte die Annexion des besetzten Belgien und von Nordfrankreich, etwas später auch „deutschen Lebensraum“ in Polen und Russland. Besonders auffällig ist Duisbergs Hass auf das „englische Krämervolk“, das man notfalls völkerrechtswidrig - wie er selbst einräumte - aus der Luft bombardieren sollte.
Duisberg forderte den uneingeschränkten U-Boot-Krieg, Friedensverhandlungen lehnte er vehement ab. 1917 trat er in die Deutsche Vaterlandspartei ein. Der Historiker Hans Ulrich Wehler nennt diese Partei eine „rechtsextreme Massenorganisation mit deutlich präfaschistischen Zügen“. Zum Kriegsende befand sich Duisberg auf den Auslieferungslisten der Alliierten. Da er eine Anklage als Kriegsverbrecher fürchtete, floh er in die neutrale Schweiz.
Während der Weimarer Republik organisierte Duisberg, inzwischen Aufsichtsratsvorsitzender der IG FARBEN, Spenden an nationalistische Parteien, ab 1930 auch an die NSDAP. Im Gegenzug für ihre Millionen-Spenden erhielt die IG FARBEN von den Nationalsozialisten Absatzgarantien für synthetischen Treibstoff und Kautschuk. Kein anderes Unternehmen kollaborierte in der Folgezeit so eng mit dem Dritten Reich wie die IG FARBEN.
Philipp Mimkes vom Vorstand der Coordination gegen BAYER-Gefahren kommt zu dem Ergebnis: „Aus unserer Sicht muss Duisberg als verbrecherisches Genie bezeichnet werden. Duisberg war nicht nur ein `Kind seiner Zeit´, sondern trug entscheidend zu den mörderischen Entwicklungen im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts bei. Daher sollten auch in anderen betroffenen Städten die politischen Instanzen und die Bürgerschaft aktiv werden.“ (PK)
Weitere Informationen zum Leben von Carl Duisberg: www.cbgnetwork.org/4071.html
Online-Flyer Nr. 487 vom 03.12.2014