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Lokales
Coordination gegen BAYER-Gefahren: „Konzerne angemessen besteuern!“
Die Steuertricks der BAYER AG
Von Jan Pehrke
BAYER-Vorstandsvorsitzender
Marijn Dekkers
Die meisten Niederlassungen hat der Leverkusener Multi in seinem Stammland. Dann folgen die Staaten mit den größten Absatzmärkten wie die USA und China. Nur der prominente Platz einer Nation in der Aufstellung verwundert: der Hollands. 15 Filialen betreibt der Konzern dort. Mit den heimatlichen Gefühlen seines niederländischen Vorstandsvorsitzenden Marijn Dekkers hat das allerdings wenig zu tun. Der Nachbar wirbt vielmehr aggressiv mit seinem günstigen „Fiskal-Klima“ und offeriert vielfältige Angebote zum Sparen von Unternehmenssteuern. So ist die Nutzung von geistigem Eigentum oder Namensrechten in so genannten Patent-Boxen für unschlagbare fünf Prozent Körperschaftssteuer zu haben. Auf diese Weise können die BAYER-Töchter die Gebühren, die sie etwa für eine ASPIRIN-Lizenz entrichten müssen, steuermindernd geltend machen, während diese in Holland als Einnahmen finanzamt-technisch kaum ins Gewicht fallen. Auch als Standort für eine konzern-interne Bank, die den Teilgesellschaften Geld für Investitionen leiht, eignet sich das Land. In diesem Fall wirken die für die Kredite zu zahlenden Zinsen steuermindernd, indessen sie in Mijdrecht bei BAYER WOLRD INVESTMENTS B. V. den Gewinn nicht groß schmälern.
Steuerstandort BENELUX
Heimische Wohltaten
Gewinne dort anfallen zu lassen, wo es nichts kostet und Verluste da, wo der Fiskus droht – „eine veränderte regionale Ergebnis-Verteilung“ nennt BAYERs Finanz-Vorstand Werner Baumann diese Operation. In seiner Abteilung gibt es eine Extra-Stelle für „Global Tax Projects“. Die Angestellten dort befassen sich unter anderem mit dem „Tax Planning“ und dem „Transfer Pricing“, also der Ermittlung von Preisen für konzern-interne Deals mit Markenrechten, Lizenzen oder realen Produkten.
Dabei bedürfte es einer solchen „Ergebnis-Umverteilung“ eigentlich gar nicht groß, denn in heimischen Gefilden lebt es sich auch ganz steuerparadiesisch. Und für das sonnige Klima hat der Global Player nicht zuletzt selbst gesorgt. 1999 wechselte mit Heribert Zitzelsberger nämlich der Finanz-Chef des Unternehmens als Staatssekretär ins Finanzministerium. „Wir haben mit Herrn Zitzelsberger unseren besten Mann entsandt und gehen davon aus, dass er in unserem Sinn tätig wird“, kommentierte der damalige Vorstandsvorsitzende Manfred Schneider auf der Hauptversammlung den Wechsel. Und jener enttäuschte die Erwartungen seines ehemaligen Bosses nicht. „Keinem der Berliner Großkopfeten hat die deutsche Großindustrie so viel Wohltaten zu verdanken wie Heribert Zitzelsberger“, konstatierte die Berliner Zeitung einmal.
Die unter seiner Federführung konzipierte, 2001 in Kraft getretene „Unternehmenssteuer-Reform“ senkte den Körperschaftssteuersatz von 40 auf 25 Prozent ab. Wenn die Unternehmen ihren zu den alten Bedingungen versteuerten Gewinn nachträglich an die AktionärInnen ausschütteten, konnten sie sogar noch rückwirkend in den Genuss der Herabsetzung kommen. Der Leverkusener Multi ließ sich das nicht zweimal sagen, erhöhte seine Dividende auf astronomische 1,40 Euro und erhielt vom Finanzamt 250 Millionen zurück. Zudem stellte das Gesetzes-Werk Veräußerungsgewinne steuerfrei. Die Konzerne brauchten aus diesem Grund für den Erlös aus dem Verkauf von Unternehmensteilen keinen Cent mehr an den Fiskus abzuführen. Auch den Einkauf gestaltete der Staatssekretär günstiger. „In Deutschland können als einzigem Industrie-Land der Welt alle Ausgaben (...) de facto voll steuerlich abgesetzt werden“, kritisierten Lorenz Jarass und Gustav M. Obermair in ihrem Buch „Geheimnisse der Unternehmenssteuern“ Zitzelbergers Werk.
Und von seinen Nachfolgern gab es dann noch einmal Nachschlag. 2008 senkte die Große Koalition mit Peer Steinbrück als Finanzminister die Körperschaftssteuer auf 15 Prozent ab. Dass der SPD-Politiker im Gegenzug mittels einer Zinsschranke den Verkehr auf den konzern-internen Steuer-Verschiebebahnhöfen einschränkte und auch Leasing-Gebühren wieder in größerem Maße der Abgabe-Pflicht unterwarf, schmälerte den Wert des Steuergeschenkes nur wenig: Auf sechs Milliarden Euro bezifferte es die damalige Bundesregierung selber. Zwei Jahre später folgte mit dem „Wachstumsbeschleunigungsgesetz“, das der in Folge der Finanzkrise darbenden Konjunktur Beine machen sollte, die nächste kleine Aufmerksamkeit. 2,4 Milliarden Euro an Steuer-Entlastungen brachte diese mit sich. CDU und FDP hoben die Zinsschranke wieder an und gestatteten den Unternehmen, beim Kauf von Firmen auch deren Verlust-Vorträge mit in die eigene Rechnung zu übertragen. Zudem erleichterten die Parteien BAYER & Co. die steuer-optimierende „regionale Ergebnis-Verteilung“ zwischen Tochter- und Muttergesellschaften. Und sogar Rationalisierungen konnten die Multis nun von der Steuer absetzen. Schwarz-Gelb ließ nämlich „den Abzug von Verlusten bei Umstrukturierungen innerhalb verbundener Unternehmen“ wieder zu.
Die Armrechenkünste international operierender Konzerne kosten die hiesigen Finanzämter rund fünf Milliarden Euro. Im Vergleich zu mittelständischen Unternehmen mit Deutschland als einzigem Standort zahlen die Big Player 30 Prozent weniger Steuern auf ihren Umsatz. Und so haben zwar die Gewinne der Multis die Finanzkrise längst hinter sich gelassen, das insgesamt von den Gesellschaften erbrachte Abgaben-Aufkommen aber nicht, da dieses vor allem die kleineren Firmen tragen müssen bzw. „die Gewerbesteuer die Rolle als stärkste Unternehmenssteuer übernommen hat“, wie es der langjährige Steuerausschuss-Vorsitzende des „Bundesverbandes der deutschen Industrie“, Bernd Jonas, ausdrückt. Unterm Strich spielen jedoch sogar Gewerbe- und Körperschaftssteuer zusammen nur eine Nebenrolle. Gerade einmal 1,8 Prozent der Finanzamt-Einnahmen stammen aus diesen Quellen. Für den Rest sorgen die abhängig Beschäftigten.
In anderen Staaten stellt sich die Situation ähnlich dar. Seit Mitte der 1980er Jahre, als sich mit dem Neoliberalismus die angebotsorientierte, verstärkt auf das Wohl der Konzerne ausgerichtete Wirtschaftspolitik durchsetzte, hat ein Steuerabsenkungswettlauf ohnegleichen begonnen. In den Industrieländern sanken die Steuerhöchstsätze in dem Zeitraum von 45 auf 25 Prozent. Gleichzeitig boten sich den Konzernen immer mehr Möglichkeiten zur „kreativen Steuer-Gestaltung“. Nach Schätzungen der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) haben sie ca. 1.500 Milliarden Euro auf die Reise in die besten Steuer-Standorte geschickt und dem Zugriff der heimischen Behörden entzogen.
Leverkusen darbt
OECD vs. BAYER & Co.?
Gute Aussichten
Online-Flyer Nr. 494 vom 21.01.2015
Coordination gegen BAYER-Gefahren: „Konzerne angemessen besteuern!“
Die Steuertricks der BAYER AG
Von Jan Pehrke
Was APPLE, GOOGLE, STARBUCKS und andere wegen ihrer ganz legalen Steuertricks momentan in der Kritik stehenden Global Player können, kann BAYER schon lange. Auch der Leverkusener Multi nutzt jede Gelegenheit, um sich vor dem Fiskus noch ärmer zu rechnen als er es steuertechnisch nach den unzähligen Gesetzes-„Reformen“ seit 2001 ohnehin schon ist. Und so kommt es dann, dass mit Leverkusen die Stadt, an dem Deutschlands wertvollster Konzern seinen Firmen-Sitz hat, ein Sparpaket nach dem anderen verabschieden muss.
BAYER-Vorstandsvorsitzender
Marijn Dekkers
NRhZ-Archiv
Steuerstandort BENELUX
Darum hat der Global Player die Besitz-Verhältnisse innerhalb seines Imperiums binnen der letzten Jahre ein wenig neu geordnet. 2012 verschob er Anteile an seinen US-Gesellschaften im Wert von 1,4 Milliarden Euro nach Holland zu BAYER WORLD INVESTMENTS, und BAYER GLOBAL INVESTMENTS bekam 526 Millionen Euro schwere Anteile von BAYERs französischen Teilgesellschaften zugewiesen. Darüber hinaus hat der Konzern in den Niederlanden zu günstigen Konditionen eine Euro-Anleihe über 1,3 Milliarden Euro begeben, für welche die BAYER CAPITAL CORPORATION eine Haftungsverpflichtung eingegangen ist.
Aber auch nach Belgien steuerflüchtet der Agro-Mogul. Das Land gewährt nämlich Zinsen auf Eigenkapital und lockt damit ausländisches Geld zur Steuer-Veranschlagung an. Deshalb verdoppelte der Leverkusener Multi 2011 die Mittel seiner in Antwerpen ansässigen Tochter-Gesellschaft auf acht Milliarden Euro und konnte seinen Gewinn von 254,8 Millionen Euro fast komplett wieder mit nach Hause nehmen. Lediglich 10,8 Millionen Euro musste er dort lassen – das entspricht einer Steuerquote von 4,3 Prozent. Zur Erklärung heißt es aus der Zentrale des Global Players lediglich: „BAYER nutzt wie einige andere Unternehmen das günstige makrowirtschaftliche Klima in Belgien, das durch den Abzug für Risikokapital geschaffen wurde.“ In Luxemburg hingegen nutzt der Pharma-Riese das günstige versicherungswirtschaftliche Klima und hat dort sowohl die INDURISK RÜCKVERSICHERUNG AG als auch die PANDIAS RE AG angesiedelt.
Aber auch nach Belgien steuerflüchtet der Agro-Mogul. Das Land gewährt nämlich Zinsen auf Eigenkapital und lockt damit ausländisches Geld zur Steuer-Veranschlagung an. Deshalb verdoppelte der Leverkusener Multi 2011 die Mittel seiner in Antwerpen ansässigen Tochter-Gesellschaft auf acht Milliarden Euro und konnte seinen Gewinn von 254,8 Millionen Euro fast komplett wieder mit nach Hause nehmen. Lediglich 10,8 Millionen Euro musste er dort lassen – das entspricht einer Steuerquote von 4,3 Prozent. Zur Erklärung heißt es aus der Zentrale des Global Players lediglich: „BAYER nutzt wie einige andere Unternehmen das günstige makrowirtschaftliche Klima in Belgien, das durch den Abzug für Risikokapital geschaffen wurde.“ In Luxemburg hingegen nutzt der Pharma-Riese das günstige versicherungswirtschaftliche Klima und hat dort sowohl die INDURISK RÜCKVERSICHERUNG AG als auch die PANDIAS RE AG angesiedelt.
Heimische Wohltaten
Gewinne dort anfallen zu lassen, wo es nichts kostet und Verluste da, wo der Fiskus droht – „eine veränderte regionale Ergebnis-Verteilung“ nennt BAYERs Finanz-Vorstand Werner Baumann diese Operation. In seiner Abteilung gibt es eine Extra-Stelle für „Global Tax Projects“. Die Angestellten dort befassen sich unter anderem mit dem „Tax Planning“ und dem „Transfer Pricing“, also der Ermittlung von Preisen für konzern-interne Deals mit Markenrechten, Lizenzen oder realen Produkten.
Dabei bedürfte es einer solchen „Ergebnis-Umverteilung“ eigentlich gar nicht groß, denn in heimischen Gefilden lebt es sich auch ganz steuerparadiesisch. Und für das sonnige Klima hat der Global Player nicht zuletzt selbst gesorgt. 1999 wechselte mit Heribert Zitzelsberger nämlich der Finanz-Chef des Unternehmens als Staatssekretär ins Finanzministerium. „Wir haben mit Herrn Zitzelsberger unseren besten Mann entsandt und gehen davon aus, dass er in unserem Sinn tätig wird“, kommentierte der damalige Vorstandsvorsitzende Manfred Schneider auf der Hauptversammlung den Wechsel. Und jener enttäuschte die Erwartungen seines ehemaligen Bosses nicht. „Keinem der Berliner Großkopfeten hat die deutsche Großindustrie so viel Wohltaten zu verdanken wie Heribert Zitzelsberger“, konstatierte die Berliner Zeitung einmal.
Die unter seiner Federführung konzipierte, 2001 in Kraft getretene „Unternehmenssteuer-Reform“ senkte den Körperschaftssteuersatz von 40 auf 25 Prozent ab. Wenn die Unternehmen ihren zu den alten Bedingungen versteuerten Gewinn nachträglich an die AktionärInnen ausschütteten, konnten sie sogar noch rückwirkend in den Genuss der Herabsetzung kommen. Der Leverkusener Multi ließ sich das nicht zweimal sagen, erhöhte seine Dividende auf astronomische 1,40 Euro und erhielt vom Finanzamt 250 Millionen zurück. Zudem stellte das Gesetzes-Werk Veräußerungsgewinne steuerfrei. Die Konzerne brauchten aus diesem Grund für den Erlös aus dem Verkauf von Unternehmensteilen keinen Cent mehr an den Fiskus abzuführen. Auch den Einkauf gestaltete der Staatssekretär günstiger. „In Deutschland können als einzigem Industrie-Land der Welt alle Ausgaben (...) de facto voll steuerlich abgesetzt werden“, kritisierten Lorenz Jarass und Gustav M. Obermair in ihrem Buch „Geheimnisse der Unternehmenssteuern“ Zitzelbergers Werk.
Und von seinen Nachfolgern gab es dann noch einmal Nachschlag. 2008 senkte die Große Koalition mit Peer Steinbrück als Finanzminister die Körperschaftssteuer auf 15 Prozent ab. Dass der SPD-Politiker im Gegenzug mittels einer Zinsschranke den Verkehr auf den konzern-internen Steuer-Verschiebebahnhöfen einschränkte und auch Leasing-Gebühren wieder in größerem Maße der Abgabe-Pflicht unterwarf, schmälerte den Wert des Steuergeschenkes nur wenig: Auf sechs Milliarden Euro bezifferte es die damalige Bundesregierung selber. Zwei Jahre später folgte mit dem „Wachstumsbeschleunigungsgesetz“, das der in Folge der Finanzkrise darbenden Konjunktur Beine machen sollte, die nächste kleine Aufmerksamkeit. 2,4 Milliarden Euro an Steuer-Entlastungen brachte diese mit sich. CDU und FDP hoben die Zinsschranke wieder an und gestatteten den Unternehmen, beim Kauf von Firmen auch deren Verlust-Vorträge mit in die eigene Rechnung zu übertragen. Zudem erleichterten die Parteien BAYER & Co. die steuer-optimierende „regionale Ergebnis-Verteilung“ zwischen Tochter- und Muttergesellschaften. Und sogar Rationalisierungen konnten die Multis nun von der Steuer absetzen. Schwarz-Gelb ließ nämlich „den Abzug von Verlusten bei Umstrukturierungen innerhalb verbundener Unternehmen“ wieder zu.
Die Armrechenkünste international operierender Konzerne kosten die hiesigen Finanzämter rund fünf Milliarden Euro. Im Vergleich zu mittelständischen Unternehmen mit Deutschland als einzigem Standort zahlen die Big Player 30 Prozent weniger Steuern auf ihren Umsatz. Und so haben zwar die Gewinne der Multis die Finanzkrise längst hinter sich gelassen, das insgesamt von den Gesellschaften erbrachte Abgaben-Aufkommen aber nicht, da dieses vor allem die kleineren Firmen tragen müssen bzw. „die Gewerbesteuer die Rolle als stärkste Unternehmenssteuer übernommen hat“, wie es der langjährige Steuerausschuss-Vorsitzende des „Bundesverbandes der deutschen Industrie“, Bernd Jonas, ausdrückt. Unterm Strich spielen jedoch sogar Gewerbe- und Körperschaftssteuer zusammen nur eine Nebenrolle. Gerade einmal 1,8 Prozent der Finanzamt-Einnahmen stammen aus diesen Quellen. Für den Rest sorgen die abhängig Beschäftigten.
In anderen Staaten stellt sich die Situation ähnlich dar. Seit Mitte der 1980er Jahre, als sich mit dem Neoliberalismus die angebotsorientierte, verstärkt auf das Wohl der Konzerne ausgerichtete Wirtschaftspolitik durchsetzte, hat ein Steuerabsenkungswettlauf ohnegleichen begonnen. In den Industrieländern sanken die Steuerhöchstsätze in dem Zeitraum von 45 auf 25 Prozent. Gleichzeitig boten sich den Konzernen immer mehr Möglichkeiten zur „kreativen Steuer-Gestaltung“. Nach Schätzungen der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) haben sie ca. 1.500 Milliarden Euro auf die Reise in die besten Steuer-Standorte geschickt und dem Zugriff der heimischen Behörden entzogen.
Leverkusen darbt
Wie sehr diese Konzern-Beglückung dem Gemeinwesen schadet, zeigt das Beispiel „Leverkusen“. Die Stadt, die der Stammsitz des wertvollsten bundesdeutschen DAX-Konzerns ist, darbt bereits seit zwei Dekaden. Mehrere Jahre lang musste die Kommune mit Nothaushalten über die Runden kommen, weil BAYER weniger Gewerbesteuern überwies – und manchmal wie 1999, 2001, 2003 und 2004 – auch gar keine. 2013 blieb ihr deshalb nichts anderes übrig, als dem Stärkungspakt Stadtfinanzen beizutreten. „So viel Schwimmbäder können wir gar nicht schließen, um die Steuerausfälle abzufangen“, klagte der Oberbürgermeister Paul Hebbel (CDU) 2002, nachdem der Pharma-Riese das Kunststück fertig gebracht hatte, den Skandal um den todbringenden Cholesterin-Senker LIPOBAY per Verlustvortrag von der Steuer abzusetzen. Die Verantwortlichen der ebenso gepeinigten Standort-Stadt Dormagen erhoben sogar Zweifel an der Seriosität der BAYER-Zahlen. „Dass der Gewinn bei Null liegt, kann mir keiner erklären. Und solange mir das keiner erklären kann, glaube ich es nicht“, so der damalige Kämmerer Jürgen Alef. Der Global Player gab ihm dann ein wenig Nachhilfe in Steuer-Arithmetik: „Wir müssen deutlich unterscheiden zwischen dem Bilanz-Gewinn eines Unternehmens und dem so genannten steuerpflichtigen Gewerbe-Ertrag, der für die Gewerbesteuer maßgeblich ist.“
2011 reichten dem Pharma-Riesen dann genau acht Buchstaben, bzw. deren Tilgung, um das Finanzamt zu düpieren. Er hatte die Entscheidung gefällt, keine Medikamente mehr unter dem Namen SCHERING zu vertreiben, und da der Wert der Marke in der Bilanz – aus welchen Gründen auch immer – mit 405 Millionen Euro angesetzt ist, schrumpfte der steuerpflichtige Gewinn entsprechend. Die letzte Hiobsbotschaft von BAYER erreichte Leverkusen erst Anfang Mai 2014 im Zusammenhang mit der Entscheidung des Pillen-Produzenten, vom US-Unternehmen MERCK die Sparte mit den nicht verschreibungspflichtigen Produkten zu erstehen. Im Zuge des Geschäfts versprach er zwar sogleich ein um zwei Prozent höheres Ergebnis pro Aktie und bezifferte den Effizienz-Gewinn auf 400 Millionen Euro, aber die Stadt profitiert nicht nur nicht davon, ihr erwachsen aus dem, was das Unternehmen seinen AktionärInnen gegenüber als zusätzliche „Synergie-Effekte“ pries, sogar noch erhebliche Nachteile. „BAYER rechnet ab dem ersten Jahr nach dem Vollzug mit signifikanten Steuer-Einsparungen“, hatte der Gen-Gigant zur Feier des Tages nämlich verlautbart. Im September 2014 gab er dem Stadtkämmerer Frank Stein die genaue Größe bekannt. Und der kam ganz geplättet aus dem Chemie-„Park“ zurück. Er muss als Synergie-Defekt nicht nur „Einbrüche im zweistelligen Millionen-Bereich“ hinnehmen, sondern für die beiden letzten Jahre auch noch – wohl vornehmlich an BAYER – Gewerbesteuer-Einnahmen zurückerstatten. Gerade einmal 60 Millionen Euro Gewerbesteuer wird die Kommune einnehmen. Zum Vergleich: 1990 hatte allein der Chemie-Multi das Doppelte überwiesen. Der Haushaltsentwurf ist nun ebenso ein Fall für den Schredder wie das Entschuldungskonzept. „Der Sparkommissar winkt“, droht Oberbürgermeister Reinhard Buchhorn schon, und sein Kämmerer blickt düster in die Zukunft. Bei der Gewerbesteuer „müssen wir künftig von ganz anderen Volumina ausgehen“, so Stein.
2011 reichten dem Pharma-Riesen dann genau acht Buchstaben, bzw. deren Tilgung, um das Finanzamt zu düpieren. Er hatte die Entscheidung gefällt, keine Medikamente mehr unter dem Namen SCHERING zu vertreiben, und da der Wert der Marke in der Bilanz – aus welchen Gründen auch immer – mit 405 Millionen Euro angesetzt ist, schrumpfte der steuerpflichtige Gewinn entsprechend. Die letzte Hiobsbotschaft von BAYER erreichte Leverkusen erst Anfang Mai 2014 im Zusammenhang mit der Entscheidung des Pillen-Produzenten, vom US-Unternehmen MERCK die Sparte mit den nicht verschreibungspflichtigen Produkten zu erstehen. Im Zuge des Geschäfts versprach er zwar sogleich ein um zwei Prozent höheres Ergebnis pro Aktie und bezifferte den Effizienz-Gewinn auf 400 Millionen Euro, aber die Stadt profitiert nicht nur nicht davon, ihr erwachsen aus dem, was das Unternehmen seinen AktionärInnen gegenüber als zusätzliche „Synergie-Effekte“ pries, sogar noch erhebliche Nachteile. „BAYER rechnet ab dem ersten Jahr nach dem Vollzug mit signifikanten Steuer-Einsparungen“, hatte der Gen-Gigant zur Feier des Tages nämlich verlautbart. Im September 2014 gab er dem Stadtkämmerer Frank Stein die genaue Größe bekannt. Und der kam ganz geplättet aus dem Chemie-„Park“ zurück. Er muss als Synergie-Defekt nicht nur „Einbrüche im zweistelligen Millionen-Bereich“ hinnehmen, sondern für die beiden letzten Jahre auch noch – wohl vornehmlich an BAYER – Gewerbesteuer-Einnahmen zurückerstatten. Gerade einmal 60 Millionen Euro Gewerbesteuer wird die Kommune einnehmen. Zum Vergleich: 1990 hatte allein der Chemie-Multi das Doppelte überwiesen. Der Haushaltsentwurf ist nun ebenso ein Fall für den Schredder wie das Entschuldungskonzept. „Der Sparkommissar winkt“, droht Oberbürgermeister Reinhard Buchhorn schon, und sein Kämmerer blickt düster in die Zukunft. Bei der Gewerbesteuer „müssen wir künftig von ganz anderen Volumina ausgehen“, so Stein.
OECD vs. BAYER & Co.?
Aber die FinanzministerInnen der 20 größten Wirtschaftsmächte (G 20) wollen jetzt zu einer Rückhol-Aktion ansetzen, da das Treiben von BAYER & Co. zunehmend ihre Haushaltsplanung gefährdet. „Die G 20 sehen in der aggressiven Steuerplanung ein ernstes Risiko für die Steuereinnahmen, die Souveränität und für faire Steuersysteme weltweit“, erklärten die Industrienationen. Auf ihrem Moskauer G20-Treffen im Sommer 2013 beschlossen die PolitikerInnen unter anderem, bis zum September 2015 Regelungen zu einer verbesserten Steuer-Transparenz zu schaffen, Steuer-Schlupflöcher zu schließen und die Auswahl an ganz legalen Steuertricks zu beschränken. Zudem beabsichtigen sie, die steuermindernde Preisgestaltung bei konzern-internen Geschäften zu regulieren, welche die Finanzämter oft vor Probleme stellt. „Wie soll man als Finanz-Fahnder kontrollieren, ob die Herstellung von 20 ASPIRIN-Tabletten drei Euro oder drei Cent kostet“, klagte etwa ein Finanzbeamter einmal. 60 Prozent des Welthandels machen solche internen Geschäfte der OECD zufolge schon aus.
Auf ihrem Weg hin zu mehr Steuergerechtigkeit musste der Industrieländer-Verbund allerdings schon kräftig Federn lassen. So gelang es bei der 2014er-Zusammenkunft der G20-FinanzministerInnen im australischen Cairns nicht, eine Übereinkunft zu den Patentboxen zu treffen. Darum beschreiten immer mehr Länder den umgekehrten Weg und führen selbst eine solche Regelung ein. Zuletzt stieß Irland dazu. Auf internationalen Druck hin schloss das Land das berühmt-berüchtigte Steuer-Schlupfloch „Double Irish“ und schnitt den Konzernen damit den Weg auf die Bermudas via Dublin ab – um dann mit der Patentbox aber gleich ein neues aufzumachen.
BAYER hätte hierzulande ebenfalls gerne solch eine praktische Einrichtung. Immer wieder hatte der Konzern, auf die Praxis in anderen Ländern verweisend, die Einführung gefordert und schreckte dabei nicht einmal vor Drohungen zurück: „Es liegt auf der Hand, dass solche Unterschiede auch bei Standort-Entscheidungen den Ausschlag geben können“. Die Große Koalition macht nach der Devise „If you can’t beat them, join them“ jetzt auch Anstalten nachzuziehen, es könnte sich dabei allerdings auch um ein taktisches Manöver handeln, um andere Länder dazu zu bewegen, die Regelung wieder abzuschaffen. Gespräche darüber hat es auf der „Berlin Tax Conference“ Ende Oktober 2014 bereits gegeben – und sogar schon eine Deadline: 2020 haben die PolitikerInnen als Zeitpunkt für das Auslaufen des Steuerspar-Modells ins Auge gefasst. Ab dann soll es nur noch für die wirklich in dem jeweiligen Land erbrachten Forschungsleistungen Rabatte geben. Aber wenn eine solche einheitliche Regelung wirklich kommt, darf BAYER sich im Zuge der „Harmonisierung“ berechtigte Hoffnungen auf mehr „Forschungsförderung“ auch in heimatlichen Gefilden machen.
Und noch andere Schmankerl kündigen sich für BAYER & Co. an. Eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs nährt nämlich Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Zinsschranke, weshalb sie vor einer ungewissen Zukunft steht. Zudem fühlen sich die Multis berufen, weitere Veränderungen anzumahnen. „Dringende Verfahrensvereinfachungen sind in der Einkommens-, der Umsatz-, der Gewerbe- und der Körperschaftssteuer erforderlich“, schrieben acht Wirtschaftsverbände unisono an die FachpolitikerInnen. Eine „Win-Win-Situation“ versprachen sie bei Vollzug. Und in Zeiten abschwächender Konjunktur-Daten wächst die Bereitschaft der Bundesregierung, die Wunschliste der Unternehmen weiter abzuarbeiten. Der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Hubertus Heil stellte etwa schon einmal bessere Abschreibungsmöglichkeiten in Aussicht.
Auf ihrem Weg hin zu mehr Steuergerechtigkeit musste der Industrieländer-Verbund allerdings schon kräftig Federn lassen. So gelang es bei der 2014er-Zusammenkunft der G20-FinanzministerInnen im australischen Cairns nicht, eine Übereinkunft zu den Patentboxen zu treffen. Darum beschreiten immer mehr Länder den umgekehrten Weg und führen selbst eine solche Regelung ein. Zuletzt stieß Irland dazu. Auf internationalen Druck hin schloss das Land das berühmt-berüchtigte Steuer-Schlupfloch „Double Irish“ und schnitt den Konzernen damit den Weg auf die Bermudas via Dublin ab – um dann mit der Patentbox aber gleich ein neues aufzumachen.
BAYER hätte hierzulande ebenfalls gerne solch eine praktische Einrichtung. Immer wieder hatte der Konzern, auf die Praxis in anderen Ländern verweisend, die Einführung gefordert und schreckte dabei nicht einmal vor Drohungen zurück: „Es liegt auf der Hand, dass solche Unterschiede auch bei Standort-Entscheidungen den Ausschlag geben können“. Die Große Koalition macht nach der Devise „If you can’t beat them, join them“ jetzt auch Anstalten nachzuziehen, es könnte sich dabei allerdings auch um ein taktisches Manöver handeln, um andere Länder dazu zu bewegen, die Regelung wieder abzuschaffen. Gespräche darüber hat es auf der „Berlin Tax Conference“ Ende Oktober 2014 bereits gegeben – und sogar schon eine Deadline: 2020 haben die PolitikerInnen als Zeitpunkt für das Auslaufen des Steuerspar-Modells ins Auge gefasst. Ab dann soll es nur noch für die wirklich in dem jeweiligen Land erbrachten Forschungsleistungen Rabatte geben. Aber wenn eine solche einheitliche Regelung wirklich kommt, darf BAYER sich im Zuge der „Harmonisierung“ berechtigte Hoffnungen auf mehr „Forschungsförderung“ auch in heimatlichen Gefilden machen.
Und noch andere Schmankerl kündigen sich für BAYER & Co. an. Eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs nährt nämlich Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Zinsschranke, weshalb sie vor einer ungewissen Zukunft steht. Zudem fühlen sich die Multis berufen, weitere Veränderungen anzumahnen. „Dringende Verfahrensvereinfachungen sind in der Einkommens-, der Umsatz-, der Gewerbe- und der Körperschaftssteuer erforderlich“, schrieben acht Wirtschaftsverbände unisono an die FachpolitikerInnen. Eine „Win-Win-Situation“ versprachen sie bei Vollzug. Und in Zeiten abschwächender Konjunktur-Daten wächst die Bereitschaft der Bundesregierung, die Wunschliste der Unternehmen weiter abzuarbeiten. Der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Hubertus Heil stellte etwa schon einmal bessere Abschreibungsmöglichkeiten in Aussicht.
Gute Aussichten
Eine Kehrtwende in Sachen „Unternehmenssteuern“ haben BAYER & Co. also nicht mehr zu befürchten. Die Faz schreibt schon die ganze OECD-Initiative ab. „Niemand sollte sich zu viel davon versprechen“, mahnt die Zeitung. Allenfalls „die eine oder Ungereimtheit im internationalen Steuerrecht“ könnte am Ende auf der Strecke bleiben. Und Grundsätzliches wie die Hinterfragung der Berechtigung konzern-interner Geschäfte, globale Mindeststeuersätze, einheitliche Bemessungsgrundlagen, eine nach Ländern aufgeschlüsselte Veröffentlichung der Steuer-Zahlungen oder die Einführung von Quellensteuern – also der Pflicht, Abgaben dort zu entrichten, wo die wirkliche Produktion stattfindet –, kam gar nicht erst auf den Verhandlungstisch.
Gute Aussichten also für den Global Player. Und wie sollte ihm auch ausgerechnet im Kapitalismus, der nichts anderes will, als den Konzernen optimale Rahmenbedingungen für die Kapital-Verwertung zu liefern, die Steuer-Gesetzgebung zu Schaden gereichen? Falls dann die politische Landschaft doch einmal der besonderen Pflege bedarf, so stehen BAYER & Co. dafür genügend Möglichkeiten offen. Der Leverkusener Multi hat das schon in den 20er Jahren des vorigen Jahrhunderts kultiviert. „Alle Schwierigkeiten lassen sich nur überwinden durch planmäßige Beeinflussung“, hielt der damalige Generaldirektor Carl Duisberg fest und gab die Marschroute vor: „Wo wir einwirken können und müssen, das ist die Parteipolitik ... Was ist zur Durchsetzung unserer Gedanken notwendig? Geld“. Heutzutage findet diese Einwirkung unter anderem durch die Schmalenbach-Gesellschaft statt, in dessen Arbeitskreis „Steuern“ BAYERs „Head of Tax“ Bernd-Peter Bier sitzt. Diese illustre Runde verfolgt nach eigener Aussage „das Ziel, die Entwicklungen des Unternehmensteuerrechts in der Bundesrepublik durch Veröffentlichungen und Diskussionsveranstaltungen zu begleiten. Ziel dieser Bemühungen ist es, im Sinne der Schmalenbach-Gesellschaft den Prozess der Gesetzgebung in Deutschland und die Aktivitäten in Europa zu begleiten und auf diese Weise an der Gestaltung der Unternehmensbesteuerung mitzuwirken.“ In Brüssel finden sich da noch Mitbegleiter wie die Lobby-Organisationen „Bundesverband der deutschen Industrie“ und „Business Europe“ sowie Steuerspar-Dienstleister wie PRICE WATERHOUSE COOPERS (PwC), über die der Leverkusener Multi die Steuer-Politik der EU steuern kann. Denn wie notierte der ehemalige US-Präsident Rutherford B. Hayes schon 1876 in sein Tagebuch: „Dies ist keine Regierung des Volkes, durch das Volk und für das Volk mehr. Dies ist eine Regierung von Unternehmen, durch Unternehmen und für Unternehmen.“(PK)
Gute Aussichten also für den Global Player. Und wie sollte ihm auch ausgerechnet im Kapitalismus, der nichts anderes will, als den Konzernen optimale Rahmenbedingungen für die Kapital-Verwertung zu liefern, die Steuer-Gesetzgebung zu Schaden gereichen? Falls dann die politische Landschaft doch einmal der besonderen Pflege bedarf, so stehen BAYER & Co. dafür genügend Möglichkeiten offen. Der Leverkusener Multi hat das schon in den 20er Jahren des vorigen Jahrhunderts kultiviert. „Alle Schwierigkeiten lassen sich nur überwinden durch planmäßige Beeinflussung“, hielt der damalige Generaldirektor Carl Duisberg fest und gab die Marschroute vor: „Wo wir einwirken können und müssen, das ist die Parteipolitik ... Was ist zur Durchsetzung unserer Gedanken notwendig? Geld“. Heutzutage findet diese Einwirkung unter anderem durch die Schmalenbach-Gesellschaft statt, in dessen Arbeitskreis „Steuern“ BAYERs „Head of Tax“ Bernd-Peter Bier sitzt. Diese illustre Runde verfolgt nach eigener Aussage „das Ziel, die Entwicklungen des Unternehmensteuerrechts in der Bundesrepublik durch Veröffentlichungen und Diskussionsveranstaltungen zu begleiten. Ziel dieser Bemühungen ist es, im Sinne der Schmalenbach-Gesellschaft den Prozess der Gesetzgebung in Deutschland und die Aktivitäten in Europa zu begleiten und auf diese Weise an der Gestaltung der Unternehmensbesteuerung mitzuwirken.“ In Brüssel finden sich da noch Mitbegleiter wie die Lobby-Organisationen „Bundesverband der deutschen Industrie“ und „Business Europe“ sowie Steuerspar-Dienstleister wie PRICE WATERHOUSE COOPERS (PwC), über die der Leverkusener Multi die Steuer-Politik der EU steuern kann. Denn wie notierte der ehemalige US-Präsident Rutherford B. Hayes schon 1876 in sein Tagebuch: „Dies ist keine Regierung des Volkes, durch das Volk und für das Volk mehr. Dies ist eine Regierung von Unternehmen, durch Unternehmen und für Unternehmen.“(PK)
Die vollständige Untersuchung finden Sie hier: www.cbgnetwork.org/5947.html
Online-Flyer Nr. 494 vom 21.01.2015